04 November 2025

Der zweite Original-Einsatz für James Bond

Ich habe nie einen der Originalromane von Ian Fleming gelesen, die dieser über seinen Agenten James Bond verfasst hat. Ich kenne auch nicht alle Filme. Man kann schließlich nicht alles kennen, und ich bin kein »James Bond«-Fan. Die Comic-Version von »Leben und sterben lassen« wollte ich mir aber nicht entgehen lassen – und die ist ziemlich gut geworden.

Es handelt sich um eine Adaption des zweiten »James Bond«-Romans. Die Handlung ist in der fiesen Zeit des Kalten Krieges angesiedelt. In den USA herrscht eine paranoide Furcht vor russischen Angriffen, die Geheimdienste aus Ost und West bekämpfen sich mit brutalen Mitteln. Bonds Gegenspieler ist diesmal ein Amerikaner, der sich Mr. Big nennt und der in Harlem residiert.

Mit Mr. Big wird ein Gegenspieler etabliert, der schwarz und böse ist. Er ist gemein und intelligent zugleich, am Ende erhält er natürlich seine verdiente Strafe. Da dürfte der Comic sehr klar und eindeutig seiner literarischen Vorlage folgen.

Van Jensen erzählt die Comic-Version sehr spannend; die Szenen folgen rasch aufeinander und vermitteln ein Stimmungsbild der späten fünfziger Jahre, das ich für realistisch halte. Dass die Handlung manchmal ziemlich brutal ist, liegt nicht an den Comic-Texten, sondern sicher am Original-Roman.

Mit seiner Grafik konnte mich Kewbe5 Baal meist überzeugen. Die Dekors sind stimmig, vor allem Autos, Gebäude und Kleidung wirken realistisch und sehen aus, als seien sie sauber recherchiert worden. Action schafft der Illustrator auch; das sieht nicht immer elegant aus, dafür aber knallig. Er schwächelt bei den Gesichtern, das muss man akzeptieren.

»Leben und sterben lassen« ist eine spannende Comic-Adaption eines klassischen »James Bond«-Romans. Wer die Figur kennt und mag, sollte sich auf jeden Fall die Leseprobe anschauen – packend ist das allemal!

03 November 2025

Drei Superheldinnen für Paris

Für einige Tage schien es für die Medien in Deutschland kaum ein anderes Thema zu geben: In den Louvre in Paris war eingebrochen worden, zudem auf eine besonders dreiste Art und Weise, und die Einbrecher hatten es geschafft, echte Wertsachen mitzunehmen. Wer die Fernsehserie »Cat’s Eyes« kennt, die unter anderem in Paris spielt, konnte sich darüber nicht wundern: Die drei Hauptfiguren sind ständig damit beschäftigt, irgendwelche Einbrüche zu begehen …

Tatsächlich ist die Serie, deren erste Staffel immer noch in der ZDF-Mediathek anzuschauen ist, sehr unterhaltsam, wenngleich nicht unbedingt hochgeistig. Aber das brauche ich echt nicht ständig; manchmal gefällt es mir einfach, eine spannende Geschichte zu sehen, in der drei junge Frauen auf dem Eiffelturm, im Louvre, in Versailles, in einem Schloss auf dem Land und in einem Ausflugsboot unterwegs sind. Es geht um Kunstdiebstahl und ihren Vater, der angeblich tot ist, aber offensichtlich in mysteriöse Machenschaften verwickelt war.

Die acht Folgen sind allesamt gut gemacht; kein Wunder, dass bereits an einer zweiten Staffel gedreht wird. Man darf nicht immer nach der Handlungslogik fragen; ich saß einige Male vor dem Fernseher und sagte verblüfft, »wo haben sie denn das jetzt her?« oder »seit wann können die das?« – aber solche Fragen stellt man sich ja auch nicht, wenn man irgendwelche Marvel- oder DC-Filme anguckt. Sobald man die drei coolen Frauen bei »Cat’s Eyes« als Superheldinnen betrachtet, wird alles ein bisschen einfacher …

Ernsthaft: Die Serie bietet kunterbunte Unterhaltung. Das ist Zeiten, in denen die Nachrichten von Zynikern der Macht beherrscht werden, nicht das Dümmste.

31 Oktober 2025

Hornsignale 377 gelesen

Das Fanzine »Hornsignale« gehört zu den Heften, die ich immer gleich lese, wenn ich sie erhalte. Das liegt unter anderem daran, dass der Umfang immer so ist, dass man die Lektüre auch in einem überschaubaren Zeitraum schaffen kann. Okay, der wirkliche Grund ist: Herausgeber der »Hornsignale« ist der Einhorn-Clan, der zum Fantasy-Club FOLLOW gehört – das ist eine extrem verkürzte Darstellung, ich weiß – und in dem ich seit Jahrzehnten ein stilles Mitglied bin, das sich nur sehr selten zu Wort meldet.

Die aktuelle Ausgabe 377 wurde von Zilly Heywood zusammengestellt. Das Fanzine umfasst 32 Seiten im A5-Format, enthält mehrere farbige Fotos und präsentiert sich in einem sehr schönen Layout. Sein inhaltlicher Schwerpunkt ist das Fest der Fantasie, das in diesem August veranstaltet wurde. Wer das nicht versteht, möge sich nicht grämen: Beim Fest der Fantasie treffen sich die Angehörigen des Fantasy-Vereins, um gemeinsam zu feiern, zu diskutieren, viel zu trinken und zu reden und auch das Ewige Spiel weiter zu betreiben.

Den größten Anteil des Heftes nimmt ein Festbericht ein, den Hermann Ritter verfasst hat. Der Titel »Nicht alle Begegnungen sind Leben« wirkt auf Außenstehende sicher kryptisch; wer nicht vor Ort war – so wie ich – wird natürlich nicht alle Anmerkungen und Andeutungen verstehen können.

Als Leser erhalte ich einen schönen Einblick in die Veranstaltung und ihren Ablauf. Das hat mich sehr gefreut; ich bekam fast das Gefühl, selbst wieder bei so einem Fest dabei gewesen zu sein. Gelungenes Fanzine!

28 Oktober 2025

5000 Zeichen mit Andreas Eschbach

Die zweite Folge des neuen Podcasts »5000 Zeichen« ist am Start, und ich habe sie angehört. Der Podcast ist relativ neu; er wird von Ben Calvin Hary und Oliver Fröhlich als Gastgeber betrieben und beschäftigt sich mit dem Schreiben. Beide Autoren sind mir seit vielen Jahren bekannt, wir arbeiten zusammen, und ich schätze sie sehr. Das heißt: Ich kann nicht wirklich objektiv über ihren Podcast schreiben.

Die Eschbach-Folge habe ich sehr gern angehört. In gut einer Stunde wird zwar auch einiges geblödelt – das ist bei Podcasts ja irgendwie normal –, aber es werden viele Informationen vermittelt. Letztlich geht es darum, wie man es als Autor anstellt, vom Schreiben leben zu können. Was muss man beachten, welche Schritte sind allgemein nötig, und wie hat es Andreas Eschbach vor gut einem Vierteljahrhundert angestellt?

Fröhlich und Hary stellen kritische Fragen, bringen eigene Erfahrungen ein und entpuppen sich als Eschbach-Fans. Das fand ich sehr witzig und gleichzeitig ehrlich: Es hat einem Autor noch nie geschadet, sich von einem anderen Schriftsteller wichtige Ratschläge oder Inspirationen zu holen.

Eine unterhaltsame Podcast-Folge – nicht nur für Fans der drei Autoren, sondern auch für alle Menschen, die selbst gerne schreiben oder sich für das Handwerk des Schreibens interessieren. Lohnt sich!

27 Oktober 2025

Eine Woche ohne »taz«

Der Selbstversuch läuft seit dem 17. Oktober: Wie komme ich damit klar, dass ich nicht mehr jeden Tag eine neue gedruckte Tageszeitung in den Händen halte? Werde ich mich nur noch online informieren, oder lese ich eine andere Tageszeitung, und was fange ich mir der irrsinnig vielen Zeit an, die ich auf diese Weise gewonnen habe?

Die Wahrheit ist: Zwar habe ich leichte Phantomschmerzen, aber die Umstellung auf »keine Zeitung« fiel mir erstaunlich leicht. Es gibt genügend Dinge, die ich ansonsten als Lektüre daheim habe und die mir den morgendlichen Blick in die Zeitung vom Vortag ersparen.

Zum Hintergrund: Die »taz«, die ich seit Jahrzehnten lese, hat ihre gedruckte tägliche Zeitung eingestellt; es gibt weiterhin die gedruckte Wochenend-Ausgabe, ansonsten aber erscheint das Blatt nur noch in einer digitalen Version. Ich bestellte das Abo ab, weil ich – so meine Begründung – eh den ganzen Tag am Rechner sitze und dann am Feierabend lieber mit Papier raschle als mir die Augen weiterhin mit digitalem Geflimmer zu verderben.

Ich hatte mir vorgenommen, gelegentlich auszuprobieren, wie es mir mit dem Blick auf die Online-»taz« so geht. Ich hatte mir vorgenommen, jeden Tag auf die Website zu gehen, und auch, dort den »taz zahl ich«-Button anzuklicken. Fakt ist: Ich habe diese Seite in der ganzen Woche nicht aufgerufen; mir fehlten dazu Lust und Energie.

Irgendwie ist das schon erschütternd: So schnell verliere ich die Tageslektüre von Jahrzehnten aus den Augen. Aber ich finde ich es auch positiv: Ich kann mich offenbar rasch aus alten Abhängigkeiten lösen.

23 Oktober 2025

Ein Anstecker aus Russland

Zu den Dingen, die mir zum FreuCon 92 nach über 30 Jahren immer noch gut im Gedächtnis sind, zählen die vielen positiven Besucher aus fremden Ländern. Unter anderem kamen Leute aus der Ukraine und Russland, die sich untereinander prächtig zu verstehen schienen.

(Ganz anders die verschiedenen Fraktionen aus Rumänien, die sich gegenseitig als Feinde behandelten, obwohl sie im gleichen Reisebus nach Freudenstadt kamen. Aber das ist eine andere Geschichte, die viel über Politik und Revolution aussagt.)

Einige der Fans aus Russland hatten durchaus Probleme mit dem Geld. Sie hatten wohl ihr russisches Geld in westliche Währungen eingetauscht, was aber nicht weit reichte. Also hatten sie in ihrer Heimat allerlei Produkte angefertigt, die sie auf dem Con verkauften. Unter anderem brachten sie Merchandise zum FreuCon mit, ohne uns vorher groß zu fragen, und boten es an ihrem Verkaufsstand an.

Ich war einigermaßen verblüfft, als ich das sah. Das Logo hatten sie einem Bild von Frans Stummer entnommen, natürlich auch, ohne diesen zu fragen. Ich war allerdings nicht sauer und fand das Engagement sehr nett. Immerhin schenkten sie mir einige Anstecker für meine private Sammlung – und einen davon hielt ich dieser Tage wieder einmal in der Hand. Den halte ich seit all dieser Zeit in Ehren, und ich finde ihn immer noch schön.

Als ich die russischen Fans drei Jahre später auf dem WorldCon in Glasgow wieder traf, veranstalteten sie eine Room Party; offensichtlich hatte sich das Problem mit westlichen Währungen gelöst. Sie füllten mich derart mit russischem Wodka ab, dass ich danach nicht mehr geradeaus gucken konnte. Aber das ist auch eine andere Geschichte.

Über den Anstecker freute ich mich. Immer noch! Sie waren sehr nett, diese russischen Science-Fiction-Fans, positiv und aufgeschlossen ...

22 Oktober 2025

Mal sarkastischer, mal trauriger Blick auf Israel und Palästina

Wieder mal ein Roman, bei dessen Titelbild ich eigentlich keinen Blick wagen würde. Das Motiv signalisiert mir, dass es sich um ein trauriges Frauenbuch handelt. Dabei ist »Who The Fuck Is Kafka?« von Lizzie Doron ein unglaublich unterhaltsamer Roman, der sich sehr leicht liest und mit all seiner Leichtigkeit eine Reihe von schweren Themen transportiert.

Die Autorin engagiert sich in ihrem Heimatland für den Frieden und für die Aussöhnung mit den palästinensischen Nachbarn. Bei einer Konferenz in Rom trifft sie auf einen Palästinenser. Die beiden sprechen miteinander, sie streiten sich, aber sie kommen sich auch näher. Und aus ihren Streitereien wird langsam eine Freundschaft, die aber ständig auf harte Proben gestellt wird.

Für einen Palästinenser scheinen alle Israelis nichts anderes als Besatzer zu sein. Für sie als Israelin ist ein Mann aus Palästina zuerst jemand, den sie als Terrorist verdächtigt. Jeder der beiden hat in seiner Familie und in seinem familiären Umfeld allerlei Opfer der langjährigen Konflikte. Man wohnt nebeneinander und ist sich gleichzeitig unglaublich fremd.

Die Schriftstellerin Lizzie Doron schafft es, aus diesem komplexen Thema einen Roman zu machen, in dem sich – wie man schnell merkt – persönliche und biografische Erfahrungen mit allerlei Themen verbinden, die sich die Autorin ausgedacht hat. Es handelt sich also im weitesten Sinn um einen autobiografischen Roman, der harte Themen mit viel Humor verbindet.

Man kann bei den scharfzüngigen Dialogen, die sich die Israelin und der Palästinenser liefern, immer mal wieder schmunzeln, aber gleichzeitig die Verzweiflung kaum unterdrücken: Wie soll auf so einer Basis voller Hass und Misstrauen irgendwann wirklich Frieden entstehen?

»Who The Fuck Is Kafka?« ist großartig. Das Buch unterhält hervorragend, und es gibt einen Blick auf einen Konflikt wieder, der für europäische Leser wie mich weit entfernt und trotzdem sehr nah wirkt. Man muss übrigens nicht alle Ansichten teilen, die Lizzie Doron äußert – man hat ihr teilweise eine zu große Nähe zu palästinensischen Organisationen vorgeworfen –, und kann sich trotzdem von dem Buch informieren und unterhalten lassen.

Klar: Wer Grundlagen über den Konflikt im Nahen Osten haben möchte, sollte vielleicht ein Sachbuch lesen. Als spielerische Annäherung an das Thema mit sehr vielen ernsten Bezügen ist das Buch aber sehr gut geeignet.

21 Oktober 2025

Berlin im Jahr 2099

Autos gibt es keine mehr, die Menschen gehen zu Fuß, und die Meilen, die man dabei zurücklegt, gelten als eine Art Währungseinheit: So sieht Berlin im Jahr 2099 aus, zumindest in dem französisch-deutschen Comic-Projekt »Metropolia«. Der erste Band ist vor wenigen Monaten erschienen und macht schon auf die Fortsetzung neugierig.

Für die Texte ist Fred Duval verantwortlich, der hierzulande bereits durch mehrere Comics bekannt geworden ist. Er schrieb Western und Krimis, aber auch Phantastik – da passt eine coole Science-Fiction-Geschichte gut hinein. Die Grafik stammt von Ingo Römling, der sich seit vielen Jahren in der Comic-Szene tummelt, der »Star Wars« ebenso zeichnete wie die Erfolgsserie »Malcolm Max«.

Hauptfigur des Comics ist Sasha, der im Berlin der Zukunft als eine Art Privatdetektiv arbeitet. Er träumt davon, so viel Geld zu verdienen, um die Reise nach Amerika antreten zu können. Dort lebt seine Freundin, mit der er nur digitalen Sex haben kann – aber ob er jemals so viel Geld haben wird, ist zweifelhaft. Deshalb nimmt Sasha auch Aufträge an, die heikel sind.

Um eine Mörderin zu finden, schleust er sich als Mieter in ein Hochhaus ein. Er gibt sich als Architekt aus und beginnt seine Nachforschungen, lernt andere Mieter kennen und legt sich mit der Künstlichen Intelligenz des Wohnhauses an. Zwischen Cyberspace-Szenen und hektischen Verfolgungsjagden entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Sasha und einer attraktiven und frech auftretenden Kurierfahrerin …

Die Geschichte ist rasant erzählt und spielt mit einigen Versatzstücken der Science Fiction und des Krimis. Der coole Ermittler, einige seltsame Morde, eine mysteriöse Killerin – das sind Elemente, die bekannt vorkommen. Sie mischen sich bei diesem Comic aber mit modernen Themen wie einer Künstlichen Intelligenz und einem Blick auf eine Zukunft, die nicht unrealistisch erscheint.

In seiner Geschichte greift Duval somit eine Reihe von schönen Science-Fiction-Ideen auf. Wenn Gehen von der Gesellschaft quasi bezahlt wird und es eine Währung namens »Miles« gibt, ist es nachvollziehbar, dass Manipulationen an diesem System vorkommen. Und wenn man ein Haus von einer KI regulieren lässt, ist diese nicht vor Attacken sicher.

Das alles setzt Ingo Römling in eine faszinierende Grafik um. Sein Berlin der Zukunft unterscheidet sich stark von der heutigen deutschen Hauptstadt, aber es gibt zahlreiche Dinge, an denen man die bisherige Stadt erkennen kann. Moderne Gebäude überragen die alten Stadthäuser, die Straßen sind nicht mehr dieselben, und es leben viel mehr Menschen in Berlin – trotzdem handelt es sich um dieselbe Stadt. Vor allem Leserinnen und Leser, die Berlin kennen oder gar dort wohnen, haben sicher einigen Spaß daran, Unterschiede und Parallelen festzustellen.

Unterm Strich bleibt der Einstieg in ein neues Comic-Universum, das vor allem von seinen ungewöhnlichen Figuren lebt, denen man gerne folgt. »Metropolia« ist ein internationales Science-Fiction-Projekt, dessen Start mir sehr gut gefallen hat.

Erschienen ist der erste Band von »Metropolia« als schöne Hardcover-Ausgabe im Splitter-Verlag. Die »normale« Ausgabe ist 56 Seiten stark und kostet 18,00 Euro. Es gibt zudem eine limitierte Vorzugsausgabe, die 96 Seiten stark ist und 35,00 Euro kostet. Sie enthält Bonusmaterial – beispielsweise Skizzen der wichtigsten Figuren und Designstudien – sowie einen signierten Kunstdruck von Ingo Römling. Ich empfehle auf jeden Fall einen Blick in die Leseprobe – die Optik von »Metropolia« überzeugt in beiden Varianten.

(Diese Rezension erschien bereits im September auf der PERRY RHODAN-Seite. Hier wiederhole ich sie aus dokumentariscen Gründen.)

20 Oktober 2025

Ein Preis für das Lebenswerk

Da staunte ich schwer: Auf dem BuchmesseCon in Dreieich, den ich am Samstag, 18. Oktober 2025, besuchte, erhielt ich einen Preis. Es war der BuCon-Ehrenpreis für mein Lebenswerk; so zumindest wurde er benannt.

Die Laudatio hielt der Autor Bernd Robker, mit dem ich seit Jahren zusammenarbeite, und ich hatte echt Tränen der Rührung in den Augen. Danach stammelte ich einige Worte, weil ich mich sehr freute, und lobte die Veranstaltung, die ich zum wiederholten Mal mit großem Vergnügen besuchte.

Hinterher spöttelte ich ein wenig: Eigentlich bekommt man Preise für ein Lebenswerk doch erst, wenn man das Werk abgeschlossen hat, also langsam in Rente geht. Das aber habe ich noch nicht vor …

17 Oktober 2025

Tschüss, taz!

Der heutige Tag ist für mich ziemlich einschneidend: Zum letzten Mal erscheint die tägliche Ausgabe der »taz« noch in gedruckter Form. Sie wird digital weitergeführt, verabschiedet sich also vom Druck. Die Wochenend-Ausgabe mit erhöhtem Umfang bleibt als »wochen-taz« erhalten. Ob sich das Blatt dann noch »taz« nennen kann, was je letztlich die Abkürzung von »tagszeitung« ist, finde ich diskutabel.

Ich habe mein Abonnement fristgemäß gekündigt. Wer den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt – sogar unsere Telefone im Verlag laufen über den Computer –, möchte abends oder zum Frühstück nicht auch noch auf einen Monitor starren. Die »wochen-taz« habe ich weiter abonniert. Und ich werde mir wohl ab und zu die »Süddeutsche Zeitung« oder die »Frankfurter Rundschau« kaufen, wenn mir danach ist.

Die »taz«-Leute haben ihren Schritt gut begründet, und ich kann ihn gut verstehen. Für mich ist es trotzdem nicht sinnvoll, so leid es mir tut. Ich kann das »taz zahl ich«-Modell ergreifen und einzelne Artikel digital lesen und gelegentlich bezahlen. Aber ich glaube nicht, dass ich das oft machen werde – und ich werde vor allem randständige Themen wie Kolumnen, die ich sonst immer wieder gern gelesen habe, sicher nicht im Netz anklicken.

Damit geht eine Tradition für mich zu Ende. Ich las meine erste »taz« in den späten 70er-Jahren, weil sie bei uns im Jugendzentrum auslag. Als Dorfjugendlicher war die »taz« für mich ein Fenster zur Welt, über das ich von Demos und politischen Zusammenhängen erfuhr, die mir sonst verborgen geblieben wären. (Ab 1981 fand ich zeitweise Sachen wie die »Graswurzelrevolution« toller, aber das ist ein anderes Thema.)

In den 90er-Jahren abonnierte ich die Zeitung; ich habe sie bestimmt seit gut dreißig Jahren oder mehr im Abonnement. Ich gewöhnte mich an den speziellen Stil mancher Mitarbeitenden, mochte die eine mal mehr, den anderen mal weniger, las aber immer wieder Texte, die mich sonst nicht interessieren würden – weil sie auf einer Seite waren, die sich mit anderen Themen beschäftigte.

Die gedruckte »taz« wird mir echt fehlen. Ich finde den Verlust sehr traurig. Der Zeitung und den dort beschäftigten Menschen drücke ich die Daumen, dass die Transformation klappt. Wir lesen uns!

15 Oktober 2025

Diverse Blicke in eine recht nahe Zukunft

Ein 17 Jahre alter Junge hat Krebs, und weil er im Bett liegen muss, kocht in ihm andauernd schlechte Laune. Da kommt ihm ein Angebot gerade recht, auf dem Mars den größten Berg zu besteigen. Das verändert seine Sicht auf die Welt …

So schildert es die Science-Fiction-Geschichte »Der letzte Wunsch«, einer der Texte in der Anthologie »Klima-Zukünfte 2050 – wie werden wir leben«. Verfasst wurde sie von Lea Schnichels, einem 15 Jahre alten Mädchen.

Ihr Text bietet einen interessanten Gegensatz zu der Erzählung »QAJAQ« von Burkhard Wetekam. Dieser wiederum hat als Autor schon mehrere Romane veröffentlicht; seine Erzählung in der vorliegenden Anthologie weist nur einen sehr geringen Science-Fiction-Anteil auf, erzählt von einer Flut und ihren Auswirkungen auf einzelne Menschen und überzeugt vor allem durch die starken Charaktere.

Die Bandbreite in dieser aktuellen Anthologie ist enorm. Kein Wunder – sie entstand durch einen Literatur-Wettbewerb, an dem mehr als 350 Personen mitgewirkt hatten. Eine Jury wählte insgesamt zwölf Texte aus, die nun in einer schön gestalteten Anthologie im Hirnkost-Verlag präsentiert werden. Was mir dabei gut gefiel: Trotz des Themas, das zu kritischen Texten geradezu einlud, versinken die Geschichten nicht allesamt im Pessimismus.

Eine der besten Geschichten des Buches trägt den Titel »Living Nightlights« und wurde von Lisa-Viktoria Niederberger geschrieben. Die Autorin erzählt von einer Zukunft am Ende des 21. Jahrhunderts, in der eine alte Frau einen Brief schreibt und sich mit den Kindern vergleicht. Diese wachsen in einer neuen Welt auf, in der es nachts keine künstliche Beleuchtung mehr gibt – und dennoch kommen ihr die Kinder glücklich vor. Die Geschichte ist sprachlich reduziert, und sie baut auf wenigen Seiten eine faszinierende Welt auf – sehr gelungen!

In Jürgen de Bassmanns Story »In der Heat-Shift« wird die Arbeit in der nahen Zukunft thematisiert: Ein Baum soll gefällt werden. Der Erzähler trägt einen schweren Hitzeanzug und plagt sich mit Gedanken an die Vergangenheit – der Autor verbindet dabei eine starke Innensicht auf seine Hauptfigur mit kurzen Darstellungen der eigentlich düsteren Zukunft.

Der interessanteste Text der Anthologie stammt von einer 16 Jahre alten Schülerin. Marlene Stahl erzählt in »Die verlorene Welt« von Überlebenden der Klimakatastrophe, die nach einer neuen Zukunft für die Menschheit suchen. Der Texte ist das Debüt der jungen Autorin, und er hat einen phantastischen Zug – ich fand das unterm Strich sehr beeindruckend.

Die Geschichten werden durch ein Vor- und ein Nachwort umrahmt; der amerikanische Science-Fiction-Autor Kim Stanley Robinson äußert sich ebenfalls zum Thema. Entstanden ist so eine kompakte Anthologie, die auf 242 Seiten einen interessanten Blick auf das mögliche Jahr 2050 und vor allem auf neue Autorinnen und Autoren gibt.

Erschienen ist »Klima-Zukünfte 2050 – wie werden wir leben« im Hirnkost-Verlag. Das schöne Hardcover kostet in gedruckter Form 25,00 Euro und kann mithilfe der ISBN 978-3-98857-132-8 überall im Buchhandel bestellt werden. Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop liefern das Buch ebenfalls.

(Diese Rezension veröffentlichte ich im August auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Redaktion. Ich teile sie dann gern und bewusst und vor allem verspätet an dieser Stelle hier ...)

14 Oktober 2025

Browser History ist wieder da!

Im Juli klagte ich öffentlich darüber, dass ein Podcast, den ich sehr schätzte, auf einmal nicht mehr zu hören war. »Browser History« war Geschichte, und das fand ich sehr traurig. Die Gründe für die Einstellung des Podcasts sind mir nicht bekannt; ich könnte mir vorstellen, dass er sehr aufwendig zu produzieren war: Es musste schließlich viel recherchiert werden, und er bot auch nicht »einfach nur Gelaber«, sondern es gab immer wieder akustische Zitate, die ja jemand vorbereiten musste.

Seit einiger Zeit ist der Podcast wieder da. Aktuell kann man sich zwei neue Folgen anhören. Die zwei Leute, die den Podcast moderieren, machen auf eigene Faust weiter – also ohne eine Firma, die sie letztlich finanziert und unterstützt. Da kann man nur hoffen, dass sich das wirtschaftlich rechnet.

Wer den Podcast nicht kennt und meine Begeisterung dafür nicht nachvollziehen kann: »Browser History« erzählt die Geschichte des Internets in Form von Geschichten. Das heißt, es kann durchaus um einen Messenger-Dienst der späten 90er-Jahre gehen oder einen aktuellen Trend (»The Dress«), von dem ich dann garantiert noch nie gehört habe.

Manchmal werden Phänomene aufbereitet, die ich am Rand mitbekommen habe, ohne wirklich zu wissen, worum es da geht. Ein schönes Beispiel ist der Drachenlord (wer nicht weiß, wer oder was das ist, hat nicht viel verpasst – zeitweise war das echt ein wichtiges Internet-Thema), ein anderes der DogeCoin.

Das ist sowohl unterhaltsam als auch informativ. Nicht jede Folge war ein Knaller, auch nicht jede künftige Folge wird mich begeistern. Aber mich freut, dass der Podcast wieder da ist! (Wer ihn suchen mag: »Browser History« gibt’s überall da, wo man Podcasts hören kann.)

13 Oktober 2025

Wie viele Erden braucht der Mensch?

Ich hatte von Gloria Friedmann noch nicht gehört, kenne mich aber mit moderner Kunst so gut wie gar nicht aus und weiß vor allem nichts über moderne Bildhauerei. Aber die Ausstellung, die in der HAB Galerie in Nantes gezeigt wurde, klang sehr interessant – also spazierten wir dort hin. Wir schauten uns ohnehin nicht nur einmal auf der faszinierenden Insel der Maschinisten um ...

Überall in Nantes findet man Kunst, ein grünes Band verbindet die Kunstwerke und Ausstellungen, so dass man sich nicht verirren kann. Die HAB-Galerie liegt unweit der Gegend, in der es die eigentliche Halle der Maschinisten gibt und wo der mechanische Elefant herumläuft. Eine Ansammlung von Lagerschuppen wurde dort in Restaurants und Ausstellungsflächen verwandelt.

Die Ausstellung von Werken der Künstlerin Gloria Friedmann fragte »Combien de terres faut-il à l'homme?«, also »wie viele Erden braucht der Mensch?« – in der französischen Sprache ist das mit der »Erde« wie im Deutschen; gemeint ist sowohl der Planet, auf dem wir leben, als auch die Erde, die wir zu Überleben nutzen, als Ackerfläche beispielsweise.

Die Kunstwerke spielten allesamt mit diesem Wortspiel. Die Erde wurde durch riesige Kugeln versinnbildlicht; Kunstwerke bestanden aus Laub und Erde. Meine Mutter hätte gesagt: »De isch ja älles Dreck.« Und damit hätte sie nicht unrecht gehabt.

Ich fand die Vielzahl der Darstellung spannend – und nicht überfrachtet. Nach gut einer Stunde hatten wir alles zu Genüge angesehen und gingen wieder hinaus ins Freie – es gab noch genügend anderes zu sehen.

10 Oktober 2025

Die Digedags auf dem Titel

Wenn ich eine neue Ausgabe des Comic-Magazins »Alfonz« erhalte, lese ich es nicht gleich, sondern blättere es erst einmal interessiert durch. Die eigentliche Lektüre kommt oft Wochen und Monate später; meist beschränke ich mich auf einzelne Artikel oder lese die Rezensionen – das Heft ist immer so umfangreich, dass einfach nicht alles zu schaffen ist. Die Ausgabe 53, die bereits im Sommer erschienen ist, bildet eine Ausnahme: Ich las sie fast komplett – aber das dauerte dann doch seine Zeit.

Klar, das Magazin ist umfangreich: 100 farbige Seiten im A4-Format, das dauert halt eine Weile. Dabei lohnt es sich immer. Man kann es durchblättern, man kann einen Text lesen und einen anderen nur überblättern – oder man liest einfach alles.

Ich fand den Artikel über die den Zeichner Hannes Hegen besonders interessant. »Mosaik« lese ich immer noch, seine »Digedags« kenne ich allerdings nur vom Hörensagen. Er war einer der wichtigsten Comic-Künstler im deutschen Sprachraum, vor allem für die Leser in der DDR war er extrem wichtig.

Die vielen anderen Artikel fand ich ebenfalls lesenswert. Dabei schreckt »Alfonz« vor keinem Thema zurück. Superhelden-Comics werden ebenso vorgestellt wie neue Adaptionen der Lovecraft-Horror-Geschichten oder der Zeichner Ralf König. Ergänzt wird das alles durch unzählige Rezensionen, die einem einen sehr guten Einblick in das aktuelle Comic-Geschehen geben.

Wie immer ein lohnens- und lesenswertes Heft! (Und die neue Ausgabe kam diese Woche ins Haus … Wann ich die lese, weiß ich allerdings noch nicht.)

09 Oktober 2025

Als NoMeansNo kaum jemand kannte

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«


Ich weiß nicht mehr, wer die Information anbrachte: In Waiblingen sollte Destination Zero spielen, eine Band aus Hamburg. Wir kannten sie nicht, aber wir erfuhren, dass bei ihnen jemand von Slime mitspielen sollte. Das fanden wir interessant – also fuhren wir von Freudenstadt im Schwarzwald nach Waiblingen; die Strecke legte ich damals oft genug zurück.

Um es kurz zu machen: Destination Zero waren ganz okay, sie spielten als erste Band. Dann trat eine kanadische Gruppe auf die Bühne, von der wir nicht einmal wussten, dass sie aus Kanada war, die sich NoMeansNo nannte. Und als die loslegten, blieb uns der Mund vor Staunen offen.

Das war 1989, und ich dachte, ich hätte schon echt Ahnung von Punkrock. Was NoMeansNo boten, war aber anders als alles andere, was ich zuvor gehört hatte, und es war vor allem live großartig. Die Musiker standen keine Sekunde lang auf der Bühne still, und im Saal herrschte nach kurzer Zeit auch ordentlich Bewegung.

Mein Foto von diesem Konzert ist schlecht. Ich versuchte damals, immer ohne Blitz zu fotografieren, weil geblitzte Bilder immer so künstlich aussahen. Weil die Band aber so zappelig war, sehen die Bilder so verwischt aus. Aber das ist dann auch schon wieder interessant, finde ich …

08 Oktober 2025

Ein »Montalbano«, der keiner war

Ich mag die Reihe der »Montalbano«-Krimis, die der italienische Schriftsteller Andrea Camilleri verfasste. Der Autor ist bereits vor einigen Jahren verstorben, aber nach wie vor erscheinen neue Romane von ihm in deutscher Sprache – Bastei-Lübbe hinkt der Veröffentlichung einfach einige Jahre hinterher. Dass dabei auch Romane herauskommen, die nicht so gelungen sind, belegt »Die Mission des Kochs«, der 2024 in den Handel kam.

Es ist kein typischer Roman um den häufig griesgrämigen Ermittler aus Sizilien, wie der Autor in seinem Nachwort erläutert. Der Roman basiert auf einem Konzept, das Camilleri für einen Kinofilm geschrieben hatte. Weil dieser nie verwirklicht wurde, machte er daraus eben einen »Montalbano«-Roman – der ist natürlich unterhaltsam und lässt sich leicht lesen, strotzt aber in einem Maß von Übertreibungen, dass einem die Lektüre schon ein bisschen schwer werden kann.

In der wilden Räuberpistole gibt es allerlei Verwicklungen und Ränkespiele. Montalbano wird in den Zwangsurlaub versetzt, sein Kommissariat offiziell aufgelöst, dann wird er ebenfalls offiziell entlassen. Das alles dient nur dazu, um auf die Spur eines Schiffes zu kommen, auf dem sich internationale Bosse treffen.

Das FBI spielt eine wesentliche Rolle; attraktive Frauen und Drogenhändler sind mit von der Partie ... am Ende hätte eigentlich nur noch ein Raumschiff gefehlt, das die Geschichte »abgerundet« hätte.

Wie eingangs erwähnt: Unterhaltsam ist die Geschichte dennoch; die Figuren aus den anderen »Montalbano«-Romanen spielen schließlich wichtige Rollen, und der dauernde Streit mit Vorgesetzten oder Journalisten gehört einfach dazu. Innerhalb der gesamten Reihe handelt es sich bei »Die Mission des Kochs« aber ganz eindeutig um ein Werk, das schwach ausfällt und das man nur als Fan lesen sollte. Leider ...

Der Harry und ich

Die Frage verwunderte mich, als sie mir in einem Telefonat mit einem Freund gestellt wurde. »Was hast du denn für ein Verhältnis zu Harry Potter?«

»Welches Verhältnis sollte ich denn zu ihm haben?«, gab ich zurück. »Ich las die ersten zwei Bände und fand sie super, auch den dritten und vierten Band las ich sehr gern, aber der fünfte Band liegt seit Jahrzehnten ungelesen daheim herum. Die Filme mochte ich alle sehr. Aber was …«

»Das meine ich nicht. Dein negatives Verhältnis zu dem guten Zauberlehrling …«

»Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«

»Du gehörst zu den Leuten, die ›Harry Potter‹ abgelehnt haben.«

»Was? So ein Unsinn! Wer behauptet denn so was?«

»Doch, doch. Das steht im Internet. Und du kannst davon ausgehen, dass es Leute gibt, die das glauben. Viele Leute.«

»So blöd kann niemand sein!«

»Doch, doch. Ich zitiere ..« Er wechselte die Stimmlage, als sei er eine andere Person. »Das erinnert mich daran, dass eine damals unbekannte englische Autorin bei KNF Ende der 90er Jahre angefragt hatte, ob er nicht für VPM als ganzes Interesse an einer kleinen Buchreihe über einen Zauberschüler hatte. KNF hat dankend abgelehnt. --- Es geht um Harry Potter.‹ Das steht so wortwörtlich im Internet, in so einem Forum.«

»So ein Unfug! An der Geschichte ist nichts dran, da kann auch nichts dran sein. Wenn mir damals Manuskripte angeboten wurden, leitete ich sie immer an den Buchverlag weiter, oder ich schrieb den Leuten gleich, dass wir keinen Platz dafür hatten – schließlich hatten wir kein Programm für Science Fiction, Fantasy oder sonstige Literatur mehr. Und überhaupt hätte Rowling mich damals nie direkt angeschrieben – das ging ja alles über die Agenturen.«

»Das sagst du jetzt, aber es steht nun mal anders im Internt.«

»Das wird niemand glauben. Jeder, der kurz mal nachdenkt, wird erkennen, welcher Blödsinn diese Asssage ist.«

Er lachte schallend. »Manchmal bist du ganz schön naiv! Du weißt doch, wie das Internet tickt. Gerüchte bleiben erhalten, und angeblich vergisst das Internet auch nichts. Diese Information steht derzeit in diesem Forum, und man wird sie zitieren und weiterverbreiten. In zehn Jahren wird sie als festgefügt Tatsache in der Wikipedia stehen, verlass dich drauf.«

»Du spinnst doch. Wer sollte ein Interesse daran haben, so einen Quatsch aufzublasen?«

Er seufzte. »Ich wiederhole mich: naiv …«

»Und nun? Was soll ich machen?«

»Keine Ahnung. Betrachte es als Experiment. Ich meine: Was kann dir groß passieren?«

»Stimmt eigentlich.« Nun lachte ich auch. Harry Potter und ich … wer kam auf solche Ideen? Kopfschüttelnd wechselte ich das Thema.

07 Oktober 2025

Großartige Kritzelbilder

Den Comic-Zeichner Haggi – in Wirklichkeit Hartmut Klotzbücher – habe ich nie persönlich kennengelernt, seine Werke lese ich aber seit Jahrzehnten. Von ihm stammen skurrile Comics wie der Piccolo »Ferdi«, die Comic-Verneigung vor Klassikern in »Die Lösung von Kringeln«, Hefte wie »Der tödliche Müllschlucker« oder Fanzines wie »Au Weia«. Am liebsten mochte ich aber immer die »Hartmut«-Geschichten.

Dass es davon auch Sammelbände gibt, wusste ich bis vor kurzem nicht. Ich kannte nur die Hefte. Ich besorgte mir die drei Sammelbände, und ich las den »Sammelbant 2«, der den schönen Titel »Di allerzweiten Abenteuer vom Hartmut« trägt und bei Gringo Comics erschienen ist. (Enthalten sind Geschichten, die vorher in einzelnen Heften veröffentlicht wurden.) Das ist kein Band, den man am Stück durchliest, aber einer, der mir viel Freude bereitet hat.

»Der Hartmut« ist ein kleiner Junge, der vom Zeichner in Form extrem schlichter Strichzeichnungen dargestellt wird. Das wirkt kindlich, ist aber echt klasse gemacht. Das gleiche gilt für die Sprache: Hartmut spricht in Kindersprache, und das wird dann auch so geschrieben. Es heißt also nicht »Hartmut erzählt«, sondern »der Hartmut ferzehlt«.

Aus der Sicht eines Kindes blickt Hartmut also auf die Welt. Das ist meist sehr komisch, auch wenn ernste Themen – Hartmut erklärt zwischendurch sogar mal den Krieg – in diesem witzigen Stil abgearbeitet werden.

Meist handelt es sich um einseitige Geschichten. Dieser Sammelband, pardon: Sammelbant, enthält allerdings auch längere Geschichten wie etwas Hartmuts Reise zu den Baiern – jede von diesen besteht aber letztlich aus Einseitern – oder generell im Urlaub.

Ich weiß, dass dieser Humor nicht jedermanns Geschmack sein kann. Ich kann mich über Hartmut sehr amüsieren und greife immer mal wieder zu einem solchen Sammelband. Die Verbindung aus Kritzelzeichnung und angeblichem Kinderwitz ist nämlich – für mich – originell und witzig zugleich!

06 Oktober 2025

Vorfreude auf den BuchmesseCon

Ich habe mir heute mal angesehen, was auf der Internet-Seite des BuchmesseCons schno alles über die geplante Veranstaltung in diesem Jahr zu lesen ist. Da Programm kann man sich anschauen, aber ich habe es bislang nur überflogen; mir ist ja im Voraus schon klar, dass ich nur sehr wenige Lesungen oder Präsentationen besuchen kann.

Der BuchmesseCon findet seit vielen Jahren in Dreieich statt, und eigentlich müsste er mittlerweile umgetauft werden. Längst ist es keine Veranstaltung mehr, die irgendwie parallel zur Buchmesse in Frankfurt verläuft. Es handelt sich dabei um eine eigenständige Veranstaltung, die sich an Leute aus der Science-Fiction- und Fantasy-Szene richtet, die sich für Literatur interessieren und denen die Messehallen in Frankfurt gar nicht mehr so viel geben.

In Dreieich präsentieren sich viele der kleineren Verlage im weiten Feld der Phantastik; wer mag, kann den Con als eine Messe der Phantastik-Verlage betrachten. Dazu kommen Autorinnen und Autoren, die als Selfpublisher ihre eigenen Stände haben, und einige Vereine; das alles summierte sich zu einem wunderbaren Durcheinander aus Büchern, die höchst unterschiedliche Genres in ebenso unterschiedlichen Niveaustufen bedienen.

Jedes Jahr nehme ich mir vor, in Dreieich mehr zu machen, als nur »meinen« Programmpunkt zu besuchen. Meist klappt es nicht. Ich werde auch 2025 viele Gespräche führen, die meisten hoffentlich positiv, und freue mich schon sehr darauf! 

02 Oktober 2025

Wenn Emos mal stressen wollen …

Auch in den 90er-Jahren konnte man in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt werden, wenn man sich auf ein Punkrock- oder Hardcore-Konzert begab. Meist hielten sich die Streitereien untereinander in Grenzen – außer es waren zu viel Alkohol oder zu viele Drogen oder alles auf einmal im Spiel –, und meist erwiesen sich irgendwelche Glatzen oder sonstigen Schlägertypen als die Gegner.

Ich erinnere mich an die eine oder andere Stresserei, bei der meine Hände oder Füße mal in einem anderen Gesicht landeten. Deshalb fällt es mir leicht, mir entsprechende Geschichten auszudenken.

Die aktuelle Folge 57 von »Der gute Geist des Rock’n’Roll« ist hierfür ein gutes Beispiel. Veröffentlicht wurde dieser Teil meines Fortsetzungsromans in der Ausgabe 182 des OX-Fanzines, die mittlerweile bei allen Abonnenten sein sollte und die man auch im Zeitschriftenhandel kaufen kann.

Erzählt wird darin von einem Emocore-Konzert irgendwo in der Provinz, bei dem es Ärger mit örtlichen Schlägertypen gibt. Die können aber offensichtlich nur austeilen, wenn sie es mit Jugendlichen zu tun haben, und sind ernsthaft verwirrt, wenn plötzlich ein Pulk von Emo-Jugendlichen auf sie einprügelt oder eintritt.

Wieviel von der Szenerie, die ich da beschreibe, auch nur ansatzweise autobiografisch ist, kann sich jeder selbst ausdenken. Die geschilderten Szenen sind auf jeden Fall frei erfunden, könnten sich aber so – oder eben ähnlich – irgendwo in der badischen oder pfälzischen Provinz zugetragen haben …

01 Oktober 2025

Wenn ein Amerikaner in London ...

So langsam werde ich zum Fan des amerikanischen Krimi-Klassikers Ross Thomas. Der Autor wird seit einiger Zeit vom Alexander Verlag veröffentlicht, der sein Gesamtwerk in einer schicken Taschenbuchausgabe herausbringt. Und bisher war jeder Roman, den ich aus dieser Reihe las, richtig gut. Bei »Zu hoch gepokert« mag das zudem an der Übersetzung durch Gisbert Haefs liegen – aber sogar ein Übersetzer dieses Niveaus könnte aus einer schlechten Vorlage kein Meisterwerk machen.

Der Reihe nach: Philip St. Ives ist eine Figur, die Ross Thomas in mehreren Romanen auftauchen lässt. Streng genommen ist St. Ives kein Detektiv, sondern er versucht eben, wohlhabenden Leuten die Dinge zu beschaffen, die sie unbedingt benötigen oder die ihnen aus irgendwelchen Gründen fehlen.

Im aktuellen Fall soll er ein Schwert auftreiben, das angeblich Ludwig dem Heiligen gehört hat. Aus diesem Grund reist er nach London, wo er sich mit einem Informanten treffen soll, dann aber zusammengeschlagen wird und im Gewahrsam der Polizei wieder zu sich kommt. Und so stolpert St. Ives durch einen Fall, der immer komplizierter wird, in dem Diebe und Betrüger mitmischen und in dem die eine oder andere Person ums Leben kommt.

Ross Thomas hat einen Stil, der die üblichen lakonischen Formulierungen anderer klassischen Krimis aufweist. Seine Figuren sind oft Männer, die nüchtern und abgeklärt auf die Welt blicken. In diesem Roman ist dieser Blick zusätzlich ironisch eingefärbt: Philip St. Ives verzweifelt gelegentlich an den Sitten der Briten und kommt mit mancherlei Details in London nicht klar.

Das liest sich amüsant und macht bei der Lektüre viel Freude. Dass der Roman in den 70er-Jahren geschrieben wurde und deshalb in dieser Zeit spielt, erhöht den Reiz noch.

Auch wenn »Zu hoch gepokert« zu einer kleinen Serie gehört, steht der Roman für sich. Man kann ihn ohne Vorkenntnisse lesen und hat – wenn man sich auf die Figur einlässt – viel Freude daran.

30 September 2025

Start in eine neue »Batman«-Variante

Seit Jahrzehnten bin ich ein Freund des Dunklen Ritters und der Stadt Gotham, ihrer Superhelden und Superschurken. Und ich mag es, wenn immer wieder neue Kreativ-Teams ans Werk gehen und dieses Comic-Universum in einem neuen Licht darstellen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist »Absolute Batman«, dessen erster Band im Juli erschienen ist und der mir trotz einiger Schwächen gut gefallen hat.

Geschrieben wird die neue Serie von Scott Snyder, einem der besten Autoren, die es – für meinen Geschmack – derzeit bei den Superhelden-Comics gibt. Er weiß, wie man Charaktere aufbaut und sie durch spannende Geschichten führt. Das zeigt er auch in diesem Paperback, das die ersten drei amerikanischen Hefte der neuen Serie in deutscher Übersetzung zusammenfasst.

In dieser Story ist Bruce Wayne ein junger Mann, aber nicht stinkreich. Sein Vater war Lehrer, kein extrem wohlhabender Arzt. Deshalb hat Batman auch keinen Butler und kann sich viele Dinge nicht leisten, die der klassische Batman im ebenso klassischen Gotham City sein eigen nennt. Ein schöner »Move«, wie man das heute wohl nennt, ist dann noch, dass Pennyworth in diesem Universum nicht der leicht schnöselige Butler ist, sondern ein Typ mit Bart, der offensichtlich gut mit Waffen umgehen kann und sicher nicht auf der Seite des Gesetzes steht.

Solche Dinge muss man schlucken, wenn man sich auf eine neue Version des »Batman«-Mythos einlässt. Ich finde, dass es gut klappt: Die Geschichte packt einen, die Figuren sind interessant, die Verbrecher bewegen sich auf einem Niveau, das nachvollziehbar ist.

Mit Nick Dragotta kommt ein Künstler zum Einsatz, dessen Bilder mit nicht immer gefallen. Er zeichnet Batman und die Stadt sehr dynamisch; das sieht cool aus und vor allem nicht so wie bei den anderen »Batman«-Künstlern. Manchmal sind mir die Muskelpakete allerdings zu dick, während der Kopf dagegen winzig wirkt. Darauf muss man sich einlassen – hier empfehle ich unbedingt den Blick auf die Leseprobe.

Der Einstieg zu »Absolute Batman« hat mir gut gefallen und lässt mich auf die Fortsetzung warten. Das ist eine interessante und neue Interpretation eines klassischen Themas, die sich zudem als vergleichende Lektüre empfiehlt …

29 September 2025

Zwei phantastische Live-Bands

Der Mittwochabend, 24. September 2025, war grau und regnerisch. Ein ideales Wetter eigentlich, um daheim zu bleiben, depressive Musik zu hören und Rotwein zu trinken. Aber mich trieb es aus dem Haus und in die »Alte Hackerei«, weil dort an diesem Abend ein Konzert stattfinden sollte. Mit Dead Bob spielte eine Band, von der ich noch nie ein Stück gehört hatte, und ich erwartete nicht, dass viel los sein würde.

Ich hatte mich schwer getäuscht, stellte ich fest, als ich die »Alte Hackerei« betrat. Im hinteren Bar-Bereich gab es eine gut besuchte Konferenz von Spiele-Entwicklern, bei der unter anderem Powerpoint-Vorträge gehalten und Schnittchen gefuttert wurden, im vorderen Bereich war es ebenfalls ziemlich voll. Der Raum sah aus, als sei die Bude ausverkauft; es gab allerdings noch kein Gedränge. Viele Männer mit grauen Haaren waren im Publikum, es war ganz offensichtlich die Hardcore-Generation der späten 80er- und der 90er-Jahre, die sich eingefunden hatte.

Die erste Band passe da hervorragend: Trust Issues aus dem Saarland lieferten ein kompaktes Hardcore-Paket ab, knallige Musik und launige Ansagen inklusive. Die Band ist nicht rasend schnell, die Musiker wissen aber genau, was sie tun. Ihre Stücke waren auch an diesem Abend druckvoll und abwechslungsreich, das Publikum ging gut mit, der Applaus war groß.

Danach räumten Dead Bob ab. Das Schlagzeug stand rechts auf der Bühne, nicht im Hintergrund. So kannte ich es von den Konzerten von NoMeansNo, die ich vor mehr als dreißig Jahren gesehen hatte. Klar: John Wright, der Schlagzeuger bei Dead Bob, war in all der Zeit auch der Schlagzeuger von NoMeansNo, und offensichtlich hatte er keine Lust, sich aufs Altenteil zurückzuziehen. Begleitet wurde er von drei Männern und einer Frau, allesamt jünger als er, allesamt versierte Musiker.

Was die fünf von der Bühne ins Publikum bollerten, war großartig. Man hielt sich nicht groß mit Firlefanz auf, verzichtete auf lange Ansagen, sondern spielte ein rasantes Stück nach dem anderen. Die Stücke waren meist rhythmusbetont, da kam die alte NoMeansNoSchule eindeutig durch; gesungen und gebrüllt wurde von allen. Melodien waren Nebensache, bei diesem Auftritt ging es um rohe Energie, die musikalisch auf den Punkt gebracht wurde.

Die Orgel wummerte, der Bass knallte, zwischendurch kamen Trompeten zum Einsatz – es war eine furiose Mischung, die den Saal gut in Bewegung brachte. Es wurde kein Pogo-Konzerte, aber es bewegten sich alle, es wurde frenetisch gejubelt und applaudiert, und die Band konnte am Ende nicht gehen, ohne noch ordentlich Zugaben zu spielen. (Ob das nun Punkrock war oder Hardcore oder Noise-Rock, das ist mir egal. Darüber sollen sich die Gelehrten streiten.)

Was für eine großartige Stimmung, was für ein großartiger Abend! Als ich später durch den kalten Nieselregen nach Hause fuhr, strahlte ich über das ganze Gesicht – ich hatte zwei starke Live-Band in bester Spiellaune gesehen!

26 September 2025

Ein Zineklatsch in Memoriam

Ich habe nie einen Zineklatsch besucht; im Nachhinein ist das sehr schade. Veranstaltet wurde das Treffen für Leute, die sich für Fanzines aller Art begeistern können, über Jahre hinweg von Christian Schmidt. An diesem Wochenende findet der Zineklatsch zum fünfundzwanzigsten Mal statt, und ich kann auch nicht dabei sein – Berlin ist halt doch ein Stückchen weg von Karlsruhe.

Diesmal wird der Zineklatsch »in Memoriam« organisiert. Man erinnert an Christian Schmidt, der im August des vergangenen Jahres gestorben ist. Ich kannte ihn seit den 90er-Jahren, wir hatten in jenem Jahrzehnt unsere Fanzines getauscht und uns immer mal wieder bei Veranstaltungen gesehen. In den Nullerjahren war er sogar mit einer Ausstellung über Fanzines auf Tour, was ich höchst interessant war.

Christian war immer einer der Leute, die – wie ich – Fanzines als ein Kulturgut verstanden. Er nahm's wissenschaftlicher und ernster als ich, wir hatten nicht immer die gleichen Ansichten. Fanzines, die er mochte, waren mir oft zu künstlerisch; dafür konnte er wohl nicht so viel mit meiner Faszination für alte Science-Fiction-Hefte anfangen.

Ich find's traurig, dass Christian Schmidt schon gestorben ist. Wenn am Sonntagmittag der Zineklatsch stattfindet, werde ich – quasi in Gedanken – mein Glas in Erinnerung an ihn erheben.

25 September 2025

Werbung für Eawy

Eines der Fanzines, die anfangs der 80er-Jahre mit frischen Inhalten in die Science-Fiction-Szene starteten, war »Eawy«, das der umtriebige Udo Popp aus Obertheres veröffentlichte. Ich lernte ihn im Herbst 1980 kennen, als wir beide im gleichen Zimmer der Jugendherberge übernachteten, wo man uns während des WeltCons in Mannheim einquartiert hatte. Wir freundeten uns ein wenig an, und er besuchte mich in der Folge auch in Dietersweiler.

Im Juni 1981 brachte Udo Popp schon die fünfte Ausgabe seines Fanzines heraus. Dafür machte er fleißig Werbung, die er unter anderem auf Cons unter die Leute brachte: Es war ein rotes Blatt Papier, das im Format DIN A 5 gedruckt wurde. Wie es sich für die damalige Zeit »gehörte«, warb man mit den Namen von Mitarbeitern, die schon in anderen Fanzines vertreten waren.

Einige der Leute von »damals« sind heute noch aktiv. Mit Rainer Nagel arbeite ich immer mal wieder bei redaktionellen Themen zusammen. Und Mychael Wallensteyn war damals das Pseudonym eines Fans, der heute unter dem Namen Michael Haitel den interessanten Kleinverlag p. machinery betreibt.

Udo Popp wirbelte in den Jahren 1981 und 1982 weiter und veröffentlichte mehrere Fanzines. Unter anderem engagierte er sich für Lyrik. Anfang 1983 schied er viel zu früh aus dem Leben.