26 Mai 2021

Polizeiroman mit erzählerischer Dichte

Garry Disher zählt zu den Autoren, die ich kenne und schätze, von denen ich aber bislang zu wenig gelesen habe. Also kaufte ich mir »Drachenmann«, den ersten Band seiner Reihe um Inspector Challis, die in einer schönen Ausgabe bei Metro erscheint, einem Imprint des Unionsverlags. Der Roman wurde 1999 erstmals veröffentlicht.

Mit der Geschichte wirft einen der Autor hinein in das Geschehen auf einer Halbinsel in der Nähe von Melbourne, also im südlichen Australien. Hal Challis ist Polizist, verantwortlich für Mordermittlungen, und er muss mit einer Gruppe anderer Polizisten zusammenarbeiten. In der Vorweihnachtszeit – da ist es in Australien besonders warm – verschwindet eine junge Frau, offenbar ist ein Verbrechen geschehen ...

Das Interessante an dem Roman ist, wie viele Charaktere der Autor aufbietet. Klar ist Challis die Hauptperson, und der Inspector wird einem mit seiner Manie, Flugzeuge zu reparieren, und mit seiner Ehefrau, die im Gefängnis sitzt, recht schnell sympathisch, obwohl er ganz eindeutig einen Knacks hat. Dazu werden aber gut ein Dutzend weiterer Polizisten in das Geschehen eingeführt, alte und junge, korrupte und ehrliche, uniformierte und »zivile«.

Mit »Drachenmann« präsentiert Disher ein komplettes Polizeirevier. Klar, das ist der Ausgangspunkt für eine Serie – am Anfang stellt man sich als Leser aber erst einmal auf einen Haufen von Charakteren ein, mit denen man sich peu à peu vertraut machen muss. Schnell springen die Szenen, immer wieder aus einem anderen Blickwinkel erzählt, dabei aber stets so sauber und klar, dass man als Leser kaum die Orientierung verlieren kann.

Garry Disher weiß, was er tut. Er lenkt den Verdacht des Lesers, er legt aber auch Hinweise. Man kann herausbekommen, wer der Mörder ist; zumindest hatte ich irgendwann einen Verdacht. Aber letztlich ist die Suche nach dem Mörder nur ein Aspekt des Romans.

Daneben geht es um junge Männer, die sich auf der Straße herumtreiben und sich als Einbrecher versuchen, wenn sie nicht gerade Briefkästen abfackeln. Es geht um eine Frau, die offenbar in einem Zeugenschutzprogramm untergebracht ist. Und es geht um Polizisten, die zwischen ihrem Beruf und ihrem Privatleben zerrieben werden.

»Drachenmann« ist spannend erzählt, wirkt auf mich extrem glaubhaft und machte mich neugierig auf weitere Geschichten mit Inspector Challis. Ein echt gelungener Einstieg, Respekt!

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Weitere Informationen zu »Drachenmann« von Garry Disher gibt's auf der Internet-Seite des Unionverlages. Hier:
http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2662