25 September 2019

Dann enteignet halt!

Zu den Dingen, die ich in der aktuellen Diskussion um das sogenannte Klimapaket nicht verstehe – und das ist eine ganze Menge! –, gehört unter anderem der Mangel an Visionen. Diejenigen, die sich auskennen, sind sich einig: Man muss rasch handeln, wir haben nicht mehr so viel Zeit. Aber warum wird nicht gehandelt? Warum machen unsere Regierenden an den Stellen nicht schneller voran, wo sie vergleichsweise einfach etwas verändern können?

Mein Lieblingsthema: Mit einem vernünftigen und vor allem schnellen Ausbau der Wind- und Sonnenenergie wäre es rasch möglich, das Land aus der Kohleverbrennung und der Kernspaltung zu führen. Man müsste es nur wollen. Anscheinend fehlt es aber bei solchen Themen am politischen Willen.

Und es hapert ausgerechnet bei so einem Thema an der Durchsetzungskraft. Windkraftanlagen werden verhindert, weil sich Menschen um tote Tiere und abgeholzte Bäume sorgen. Stromtrassen werden bekämpft, weil diese den legendären Elektrosmog mit sich bringen könnten. Es formieren sich seltsame Allianzen aus Bürgerinitiativen, besorgten Bürgern und strammen Rechtsradikalen.

Das verstehe ich nicht. Wenn der Staat will – und die Gerichte geben da ja meist recht –, kann er Menschen auch enteignen. Wenn beispielsweise eine Autobahn gebaut werden soll, ist der Staat in der Lage, Bauern ihr Land wegzunehmen und eine Autobahn quer durchs Land zu schlagen. Wenn die Regierenden wollen, können sie einen unsinnigen Bahnhof gegen den Willen der Bevölkerung in eine Landeshauptstadt setzen. An Beispielen herrscht kein Mangel.

Ausgerechnet bei der Wind- und Sonnenergie wird aber eingeknickt. »Dann enteignet halt!«, möchte ich da den Regierenden entgegenrufen. (Ich glaube übrigens nicht, dass sich an dieser Feigheit etwas ändern wird, wenn die Grünen in eine wie auch immer geartete Bundesregierung eintreten sollten.) Wenn sie wollten, könnten die Regierenden die Energiewende entschieden vorantreiben.

Meine Meinung: Sie wollen es nicht. Die Gründe kann sich jeder selbst zusammenreimen; ich weiß es nicht genau und kann auch nur spekulieren. Aber wer wollte, könnte in diesem Land sehr schnell etwas zum Positiven ändern.

(Und jetzt fange bitte niemand an, lauthals und öffentlich um die Tiere zu trauern, die einem Windrad zum Opfer fallen. Wenn jede Nacht in ganz Deutschland einige tausend Igel, Kaninchen oder Mäuse überfahren werden, interessiert das doch auch niemanden. Wenn wir unseren Lebensstandard weiterhin so haben wollen, wie er ist, muss man tote Tiere offenbar in Kauf nehmen. Aber sie jetzt als Widerspruchsgegenstand zu benutzen, um Windkraft zu verhindern, ist echt absurd!)

4 Kommentare:

Christina hat gesagt…

Jeder will was zu sagen haben – das sind die Nachteile einer Demokratie. In Kombination mit mangelnder Nächstenliebe wird jeder das Recht und die Meinung für sich beanspruchen. So sind wir Menschen leider.

Alex hat gesagt…

Danke Klaus, man kann es nicht besser sagen!

Anonym hat gesagt…

Es geht viel einfacher und ist seit der Weimarer Republik möglich. Es gibt das Flurbereinigungsgesetz um Autobahnen und sonstige Großverfahren durchzuführen. Bei diesen Verfahren werden Flächen aufgekauft und der Eigentümer der "im Weg ist" wird aus der Trasse verschoben (Surogationsverfahren).
Sowas gibs auch für die Gestaltung von Siedlungsgebieten. Dort gehts über das BauGB. Dann werden sogenannte Umlegungsverfahren angelegt.
Die Stadt Karlsruhe hat z. B. eine eigene Umlegungsabteilung (30.11.2018 - Umlegung "Ehemalige Artilleriekaserne" in Karlsruhe-Nordweststadt).

Alles ist möglich, aber der politische Wille fehlt hier absolut.
von Twitter/Follower: @senfdazugeben

My. hat gesagt…

Ich lebe jetzt in einer Gegend - Nordfriesland -, die vom Anblick der Windräder geprägt ist. Es gibt viele Gründe, die gegen solche Bauten sprechen - und sie sind alle Bullshit angesichts dessen, was uns bereits heute erwartet, wenn sich die deutsche (und internationale) Energiepolitik nicht ändert.