»Du arbeitest doch in einem Verlag.« So beginnen viele Gespräche, die dann schnell unangenehm werden. »Ich habe einen Gedichtsband geschrieben«, geht's in solchen Fällen gern weiter, »und den könntet ihr doch herausbringen.« Mein bescheidener Hinweis, wir würden in meinem Bereich vor allem buntbedruckte Raketenheftchen veröffentlichen, hilft leider selten.
Schön ist aber, wenn einen Menschen auf vergleichbare Themen ansprechen, von denen man glaubt, sie seien »vom Fach«. Dann wird man eben gefragt, so im aktuellen Fall, ob man dem »Sohn eines Freundes« weiterhelfen könne. Dieser sei nämlich jetzt unter die »ernstzunehmenden Fantasie-Autoren« gegangen – und genauso wurde das geschrieben – und suche einen Verlag.
Der ernstzunehmende Autor suchte nicht irgendeinen Verlag, sondern einen, der »epische und mit Tiefgang angelegte Fantasieliteratur« veröffentlichen wolle. Ich sei doch bestimmt in der Lage, hier entsprechende Kontakte herzustellen. »Nach all den Jahren kennst du sicher viele Leute.«
Ich war nach diesem Vorschlag eine Weile lang zutiefst beeindruckt, dann eierte ich herum. Wir könnten so etwas nicht selbst veröffentlichen, und ich hätte derzeit auch keinen Liste mit Verlagen und Ansprechpartnern zur Hand; diese müsste ich zuerst zusammenstellen, und dazu hätte ich keine Zeit.
Der junge Mann möge doch einfach in eine Buchhandlung seines Vertrauens gehen, dort mal schauen, was es an Fantasy gebe, dann die entsprechenden Verlage herausschreiben und auf eigene Faust weitersuchen. So garstig war ich zu dem Menschen, der mich angesprochen hatte.
Falls ich also jetzt den nächsten »Harry Potter« von der Bettkante geschubst oder aus dem Büro geworfen habe, tut's mir schrecklich leid. Aber einer von den vielen Fantasiebuchverlegern, die ich kenne, wird womöglich bald freundliche Post bekommen. Soll er oder sie doch einfach alle Bestseller-Ehrungen selbst einstecken, wenn ich zu doof dafür bin!
1 Kommentar:
Salvate, Klaus.
Die sieben Eigenheiten der Höflichkeit scheinen manchen Zeitgenossen eher nebliges Neuland; im Ideal der Fälle würde man/frau bestenfalls einen guten Freund mit ähnlichen Anfragen konfrontieren. Theoretisch - denn als solche würde jeder wissen, dass wöchentlich erscheinende "Raketenheftchen" eher keine Schnittmengen mit Eigen-Lyrik vorweisen.
Wie übehaupt nicht aufdringlich in der gefühlten Penetranz, wenn der vorgeschobene "Freundesnachwuchs" als quasi Reinkarnation eines John Ronald Reuel Tolkien proklamiert wird.
Wäre nicht verwunderlich, wenn von Dir, nebst Visitenkarten renomierter Weltverlage, auch ein Empfehlungsschreiben erwartet worden wäre.
Wovon träumen besagte Leute eigentlich in der Nacht!?
bonté
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