Mit dem politischen Bewusstsein des Jungautors, als der ich mich im Jahr 1983 fühlte, war es nicht so weit her: Am 22. Dezember 1983 entstand das kurze Gedicht »Na ja, und Marx?«, das mit rebellischer Attitüde beginnt, in einer Mixtur aus wütendem Punk und linkem Agitprop, und dann mit einem Bekenntnis zum Nichtstun endet.
Es wurde aus nachvollziehbaren Gründen nie veröffentlicht; das erschien mir damals wohl zu heikel. Ich war seit einigen Monaten ein Mitglied bei den Jusos, engagierte mich – durchaus ernsthaft – in der Lokalpolitik und für unser Jugendzentrum, jobbte in einem Supermarkt und an der Tankstelle, und natürlich träumte ich davon, mit meiner Science-Fiction-Zeitschrift »Sagittarius« irgendwann mal richtig Geld zu verdienen.
So schrieb ich das Gedicht mit dem schönen Titel, tippte es später sauber ab, lochte es und hefte es in einen Ordner ab. In diesem vergammelte es dann Jahrzehnte.
Mal ganz ernsthaft: Das liest sich doch, als habe es jemand im Jahr 2017 geschrieben? Aber ebenso ernsthaft: Das ist kein Fake. Solche Dinge schrieb ich eben 1983; da war ich gerade mal zwanzig Jahre alt geworden und sollte mich eigentlich aufs Abitur vorbereiten.
Ach ja – hier ist es:
Na ja, und Marx?
Weltrevolution aus den Gossen,
die unteren Schichten rennen an
gegen die Bonzen,
gegen die Macht der Geldgeilen,
gegen den Wahn der Rüstungsbosse,
gegen Geistlosigkeit und Idiotie,
zertrümmern die letzten Mauern
alter Herrschaftsstrukturen.
Die Bonzen haben keine Chance
gegen das Aufbegehren der Masse.
Und ich liege im Garten,
trinke mein Bier leer.
Was geht's mich an?
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