16 November 2017

Als Vorlesepate in einer Grundschule

24 Augenpaare schauten mich erwartungsvoll an, gelächelt wurde kaum, eher schlug mir ein wenig Skepsis entgegen: Ich hatte meine erste Lesung in einer ersten Klasse. Selbstverständlich brachte ich kein Buch mit, das ich selbst geschrieben hatte, das wäre für die sechsjährigen Kinder sicher nicht ideal gewesen – ich hatte ein Buch von Astrid Lindgren unterm Arm.

Die Lehrerin stellte mich vor, ich erzählte ein wenig von mir und meiner Arbeit. Um zu zeigen, was ich beruflich mache, zeigte ich ihnen Silberbände. Die Kinder waren hin und weg; Raumschiffe und Aliens, dazu Wackelbilder und Silberumschlag – es war danach echt schwierig, sie auf das Vorlesen zu konzentrieren.

Ich las den Anfang von »Michel aus Lönneberga«, konkret, die Geschichte mit Michel und dem Suppentopf. (Wer die nicht kennen sollte, möge sie sich dringend besorgen und ebenso dringend den Text lesen.) Dabei stellte ich fest, dass die Geschichte für heutige Kinder schon fremdartig wirken kann: Wissen die wirklich, was ein Pferdefuhrwerk ist und dass man auf einem Hof durchaus auch Knechte und Mägde beschäftigt?

Die Aufmerksamkeit der Kinder war durchaus wechselhaft. Manche waren völllig fasziniert und hörten konzentriert zu, andere konnten keinen fünf Sekunden lang still sitzen. (Übrigens egal, ob es »biodeutsche« Kinder oder Migrantenkinder waren.) Ich las deshalb auch nicht am Stück vor, sondern zeigte Bilder oder stellte – zusammen mit der Lehrerin – mal eine Zwischenfrage.

Ich brachte die Unterrichtsstunde ganz gut rum, denke ich. Hinterher bedankten sich die Kinder alle einzeln, so nach dem Motto, »das war toll, dass du uns vorgelesen hast«. Dann stürmten sie in den Pausenhof hinaus; das war doch spannender als so ein alter Mann und seine Bücher.

Um es klar zu sagen: Ich war abschließend verschwitzt, ich fand das anstrengend. Mein Respekt vor Lehrerinnen und Lehrern in der Grundschule, der sowieso schon groß ist, war weiter gewachsen.

1 Kommentar:

Christina hat gesagt…

Vielleicht hättest du eine Gucky-Geschichte vorlesen sollen, um den Nachwuchs unter den Perryfans zu fördern.
:-)