15 Dezember 2015

Der beste phantastische Film des Jahres

Das Jahr neigt sich mit rasendem Tempo seinem Ende zu. Zeit also, einige Allgemeinplätze zu verkünden und ein erstes Fazit zu ziehen: Der beste phantastische Film des Jahres 2015 trägt den wunderbaren Titel »Das brandneue Testament«, ist unglaublich komisch, manchmal echt traurig und einfach hervorragende Unterhaltung.

Da in diesem Jahr sowieso kein vernünftiger Science-Fiction-Film mehr zu erwarten ist, muss ich allen SF- und Fantasy-Fans empfehlen, diesen Streifen anzuschauen. Und allen, die gerne einen originellen Film sehen wollen, der sich Genre-Klischees verweigert, empfehle ich das gleich zweimal.

Der Film geht schon witzig los: Gott lebt nämlich, wie wir erfahren. Er lebt in Brüssel, in einem Hochhaus, in einer Wohnung, die ein wenig vor sich hinschmuddelt. Er schikaniert seine Frau, schlurft mit einem alten Bademantel durch die Gegend, jammert gelegentlich über seinen verstorbenen Sohn, der ja immer solche Flausen im Kopf hatte, und streitet sich mit seiner viel zu pfiffigen Tochter herum.

Soweit der Ausgangspunkt. Mir sagte der Name Jaco Van Dormael bisher nichts. Der Mann ist für den Film verantwortlich, von ihm muss ich mir wohl noch mehr anschauen.

Wie er »seinen« Gott in Szene setzt, ist großartig. Gott ist bei ihm ein miesepetriger Mann um die fünfzig, der vor allem andere Leute an seiner Laune teilhaben lässt. Bis seine Tochter ihm – mit Billigung des Sohnes – einen Streich spielt, der die Menschheit auf einen Schlag in ein neues Zeitalter katapultiert.

Wie die Tochter hinauszieht in die Welt, um sich sechs Apostel zu suchen – der Bruder hatte ja schön zwölf –, ist wunderbar geschildert. Der Film entwickelt sich von der reinen Komödie weg zu einer tragischen Geschichte, in der man zwischen Lachen und Weinen wechseln möchte.

Und er zeigt Menschen, die über sich selbst hinaus wachsen. Da beschließt ein Junge auf einmal, sich wie ein Mädchen zu kleiden. Da beschließt die Frau, die von der »grande dame« Catherine Deneuve gespielt wird, lieber Sex mit einem Gorilla zu haben. Und da verlieben sich ganz unterschiedliche Menschen ineinander.

Es fällt mir schwer, die vielen gelungenen Details des Filmes alle herauszuarbeiten. Man muss ihn gesehen haben; er hält zahlreiche Überraschungen bereit. Und ich halte ihn schon jetzt für ein Meisterwerk.

8 Kommentare:

Enpunkt hat gesagt…

Hier ist die Website zum Film »Das brandneue Testament«; viele Infos enthalten:
http://www.dasbrandneuetestament-derfilm.de/

Enpunkt hat gesagt…

Wer einfach nur den Trailer von »Das brandneue Testament« sehen will ... soviel Zeit bei YouTube muss sein:
https://www.youtube.com/watch?v=kPTpMOSKkK8

Pogopuschel hat gesagt…

Den hätte ich auch furchtbar gerne im Kino gesehen, leider läuft er bei mir in der Umgebung nicht in einem einzigen Kino in auch nur einer Vorstellung. Hauptsache "Star Wars" füllt die Kassen.

Von Jaco Van Dormael kann ich den SF-Film "Mr. Nobody" sehr empfehlen. Sehr ungewöhnlich, aber auch sehr sehenswert.

Enpunkt hat gesagt…

Danke für den Hinweis. Ich hab mir eben den Trailer zu »Mr. Nobody« angeschaut und den Film auf meine Liste gesetzt. (Ist während der Arbeitszeit geschehen. Aber hey, ich bin SF-Redakteur, und das ist ein SF-Film ...)

RoM hat gesagt…

Havo dad, Klaus.
Obiger Film dürfte demnach die Tradition von Claude Faraldos 'Themroc' fortführen; "stellen wir uns doch einmal die Ordnung der Welt kopfüber vor".
Aus der reaktionären Fundi-Ecke wird dann gern dagegen mit Höllenfeuern oder gleich dem Kehlschnitt gedroht.

bonté

Elena hat gesagt…

Hört sich nach einem schrägen und humorvollen Film an. Der Trailer ist klasse! Irgendwie tragikomisch, da will sich einer umbringen und irgendetwas ist immer im Weg! Oh mein "Gott"! :D

Enpunkt hat gesagt…

»Themroc« ist natürlich ein Meisterwerk. Allerdings kann man's nicht soo ganz vergleichen.

RoM hat gesagt…

@themroc
...liegen jetzt auch über vier Jahrzehnte zwischen beiden Filmen. :-)
Mir kam dann noch Hal Hartleys 'The Book of Life' in den Sinn; Jesus soll das "Ende der Welt" lostreten, hat dann allerdings allerlei Probleme mit dem angeordneten Genozid - schließlich widerspricht er allem, was er vor zwei Jahrtausenden so von sich gegeben hat. Nächstenliebe sieht doch irgendwie anders aus, denkt er sich.

bonté