Was für ein Gegner, was für ein Rivale! In dem Roman »Maigret und sein Rivale« des belgischen Schriftstellers Georges Simenon bekommt es Kommissar Maigret nicht nur mit Ermittlungen in der Provinz zu tun, sondern auch noch mit einem Gegner, den er widerwärtig findet. Und damit der Leser das klar kapiert, wird der Gegner sogar als »Inspektor Cadavre« bezeichnet.
Bei jedem anderen Schriftsteller hätte ich angesichts einer solchen Ausgangsposition abgewinkt. Wie kann man aus einem solchen Gegner, der einen derartigen »Talking Name« trägt, überhaupt eine vernünftige Handlung erschaffen?
Wie kaum anders zu erwarten, kriegt es Simenon hin. Sein 24. »Maigret«-Roman, den er 1943 während des Krieges verfasste, spielt in der Vendée, in jener ländlichen Region also, in die sich der Autor während der Besatzungszeit unter der deutschen Wehrmacht zurückzog. Knietief wühlt sich der Kommissar durch die dörflichen Verhältnisse, durch Intrigen und Klassengegensätze – ein knallharter Blick in eine in sich gespaltene Gesellschaft.
Dabei liegt anfangs gar kein »echter« Mord vor. Ein junger Mann hat sich offensichtlich umgebracht, er wurde von einem Zug erfasst. Doch jetzt gehen Gerüchte um, hinter seinem Tod stünde ein wohlhabender Gutsbesitzer ... Als Maigret ermittelt, stellt er rasch fest, dass noch mehr dahintersteckt.
Dörfliche Sittenstrenge, moralische Diskussionen, eine ungeplante Schwangerschaft und Gerüchte aus dem Wirtshaus: Simenons »Maigret und sein Rivale« fängt die streckenweise widerwärtige Stimmung im Dorf hervorragend ein. Der Roman ist keine leichte Lektüre, vor allem am Anfang bereitete er mir Schwierigkeiten – dann aber packt einen die dörfliche Atmosphäre mit all dem, was damit zusammenhängt.
Der Roman ist streckenweise düster, sein Gesamtbild ist geradezu negativ, die Weltsicht des Autors scheint komplett depressiv. Das liegt möglicherweise daran, dass der Roman in einer düsteren Zeit entstand. Ein hervorragender Krimi ist es dennoch ...
2 Kommentare:
Ich habe auch angefangen, Maigret-Romane zu lesen. Habe aber erst 6 Romane geschafft. Liest du die Romane nach der lfd. Nummer oder so, wie es gerade kommt?
Ich habe mir auch schon die sehr schön gebundene Ausgabe der Maigret-Geschichten gekauft, die zwischen 1936 und 1950 entstanden sind.
Die Maigret-Hörspiele höre ich besonders gern.
Ich lese die Maigret-Romane tatsächlich nach der Nummerierung; allerdings bin ich bei den letzten Nummern ein wenig durcheinandergekommen ... sonst aber ... Ich kaufe immer dann zwei neue Bücher, wenn ich keine ungelesenen Maigrets mehr daheim habe, und normalerweise sollte das die korrekte Leserichtung sichern.
Die Maigret-Geschichten habe ich noch nicht gelesen; das möchte ich auch noch machen.
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