12 Dezember 2014

Kritischer Blick auf die Vermarktung der Jugend

Wenn ein erfahrener Jugendforscher wie der Wiener Bernhard Heinzlmaier einen Blick auf die »Jugend von heute« wirft, kann man davon ausgehen, dass er nicht bei den üblichen Klischees stehen bleiben wird. Sein Buch »Performer Styler Egoisten« ist extrem kritisch, sieht die Jugendlichen in einem System von Marktabhängigkeiten und gibt dem Leser eine Reihe interessanter Einblicke.

Der Untertitel zeigt, dass Heinzlmaier Jugendliche sehr differenziert betrachtet – und vor allem anders als beispielsweise die meisten Journalisten: »Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben«. Heinzlmaier geht durchaus wissenschaftlich vor, zitiert Soziologen und Psychologen, vergleicht Ökonomie und Sozialwissenschaften, schreibt über den Postmaterialismus und andere Dinge – das alles aber stets im Blick darauf, was aktuelle gesamtgesellschaftliche Entwicklungen mit Jugendlichen zu tun haben.

»Die Jugend lebt in einer Selbstdarstellungsgesellschaft, in einer Gesellschaft, in der die Form vor dem Inhalt kommt«, so Heinzlmaier. »Der ästhetische Schein bestimmt das Bewusstsein.« Jugendliche versuchen seit Jahrzehnten, sich über optische Kodes auszudrücken; sie tragen spezielle Kleidung, sie hören möglichst individuelle Musik, sie ordnen sich gleichzeitig freiwillig in Jugendkulturen ein, in der es festgelegte Rituale gibt.

Doch die Freiheit von Jugendlichen wird längst durch die Gesetze des Marktes eingeschränkt. Sie werden in der Schule reglementiert und in der Universität oder Lehre auf ein geregeltes Leben vorbereitet, das eigentlich keine echte Freiheit mehr zulässt. Heinzlmaier spricht von »ängstlichen Kreaturen«, sieht in der »Jugend von heute« eine, die ohne Rebellion und Widerstand auskommt.

Der Jugendforscher argumentiert sehr direkt und durchaus radikal, er verweist auf den Wertewandel in der Gesellschaft und vergleicht dies mit früheren Zeiten. In einer Gesellschaft, die den Regeln des Marktes alles unterordnet, wären eigentlich Jugendproteste zu erwarten, sind diese aber nur jeweils ein kurzes Aufflackern, bevor sie vom »Mainstream« aufgefressen werden.

Heinzlmaiers Aussagen muss man nicht zustimmen, er treibt seine kritische Argumentation oft auf die Spitze, zusätzlich angereichert durch wissenschaftliches Vokabular mit vielen Fremdwörtern. Gleichzeitig bleibt er ironisch, regt damit zum Nachdenken an. Die Lektüre ist nicht immer einfach, man muss dranbleiben und darf sich nicht von mancher komplexen Formulierung abschrecken lassen.

Mit »Performer Styler Egoisten« legt der Autor ein Sachbuch vor, das ich vor allem jenen Leuten empfehlen möchte, die entweder beruflich – als Lehrer oder Sozialarbeiter – oder durch die Familie – als Eltern beispielsweise – mit Jugendlichen zu tun haben. Möglicherweise erlaubt die Lektüre einen kritischen Blick auf das Verhalten der anderen, aber auch auf das eigene Verhalten ...

Erschienen ist das Buch als schickes Hardcover, das man gern in die Hand nimmt. Es umfasst 196 Seiten und kostet 18 Euro; mithilfe der ISBN 978-3-94377443-6 kann man es in jeder Buchhandlung bestellen. Das Buch ist selbstverständlich auch als E-Book erhältlich, in dieser Version kostet es 9,99 Euro. Wer mag, kann es direkt über den Shop des Archivs der Jugendkulturen bestellen.

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