26 September 2024

Originelle Science Fiction im kleinen Format

Was mir beim neuen Roman von Becky Chambers zuerst auffällt, ist die Größe der deutschsprachigen Ausgabe. Zwar liegt der Hardcover-Band gut in der Hand, dafür hat er ein deutlich kleineres Format als ein herkömmliches Taschenbuch – man hat es also mit einem speziellen Sonderformat zu tun. Für Leser wie mich, die ohnehin kürzere Werke mögen, ist das ein Kaufargument ...

Der Roman trägt den Titel »Ein Psalm für die wild Schweifenden«, und bei ihm handelt es sich um den ersten Band eines Zweiteilers. Der zweite Band liegt ebenfalls schon in deutscher Übersetzung vor, ich habe ihn aber noch nicht gelesen. Die unspektakulär wirkende Geschichte kommt ohne Action-Szenen aus, und in ihr herrscht eine eher ruhige Erzählweise vor.

Sie spielt auf einem Mond namens Panga, über dessen weitere Lage man nichts erfährt. Der Mond hatte vor längerer Zeit – das wird nicht weiter erläutert – eine große Krise. In deren Verlauf trennten sich die Menschen von ihren Robotern, die daraufhin in den Wäldern verschwanden, und änderten ihre Wirtschaft. Was zuvor ein industriell genutzter Mond war, entwickelte sich zu einem »grünen« System, in dem die Ökologie im Vordergrund steht.

Wenn man es genau nimmt, präsentiert die Autorin in ihrem Roman die Vision einer »Erde«, in der sich die Menschen der Natur anpassen und sich die Tier- und Pflanzenwelt nicht brutal unterwerfen. Das zeigt sich an den vielen Details zum Alltagsleben oder auch an der Tatsache, dass es außerhalb der Siedlungsgebiete riesige Landstriche gibt, die »ungenutzt« bleiben, in denen sich aber Hinterlassenschaften der technischen Vergangenheit finden.

Auf diesem Mond und in dieser Zeit ist Dex unterwegs. Bei Dex handelt es sich um einen Teemönch, der/die mit einem Fahrrad sowie einem Wohnanhänger unterwegs ist. Wo Dex anhält, bietet er/sie im Prinzip therapeutische Sitzungen an, womit er/sie den jeweiligen Menschen mit ihren Problemen hilft. Dass Dex ein nonbinärer Charakter ist, weshalb er auch als »Geschwister Dex« bezeichnet wird, läuft als Thema im Hintergrund mit.

In der Handlung wird das Nonbinäre durch die Pronomen kenntlich gemacht. Da Dex weder weiblich noch männlich ist, werden für ihn/sie weder »er« noch »sie« verwendet, sondern Mischformen. Das war in der Übersetzung nicht einfach, denke ich. Für mich als Leser war's eher ungewohnt, und ich brauchte einige Zeit, bis ich mich darauf eingestellt hatte.

Tatsächlich lebt »Ein Psalm für die wild Schweifenden« von diesen Beschreibungen und von seiner schrulligen Hauptfigur. Die trifft im späteren Verlauf auf einen Roboter – und das leitet dann zur direkten Fortsetzung über.

Der Roman ist in einem ansprechenden Stil geschrieben, wenngleich er nicht spannend ist in dem Sinne, dass man von Kapitel zu Kapitel fiebert. Becky Chambers lässt ihre Figur in aller Ruhe über den Mond reisen und ihre Erfahrungen sammeln. Damit vermittelt sie eine phantastische Welt, die sich anders präsentiert als das, was man sonst aus der Science Fiction kennt. Ich finde das originell, an manchen Stellen eben gewöhnungsbedürftig. Wer ruhige Science Fiction mit einem Schuss Experimentierfreude mag, sollte diesen kurzen Roman antesten.

Erschienen ist er als Hardcover mit Lesebändchen im Carcosa-Verlag. Zum Einlesen bietet der Verlag auf seiner Internet-Seite weitere Informationen sowie eine Leseprobe zu dem Buch. Es ist 188 Seiten stark und kostet in gedruckter Form 18,00 Euro. Das E-Book gibt's für 12,99 Euro. 

(Die Rezension veröffentlichte ich im April auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie. Hier wird sie aus dokumentarischen Gründen auch veröffentlicht.)

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Wer weitere Informationen zu »Ein Psalm für die wild Schweifenden« möchte oder auch mal in die Leseprobe reingucken will, gehe auf die Internet-Seite des Carcosa-Verlags.

Hier:
https://carcosa-verlag.de/unsere-buecher/chambers-dex-und-helmling-1/