Das Wetter spielte mit, auch wenn ich anfangs immer mal wieder sorgenvoll zum Himmel blickte. Am frühen Abend des Samstags, 15. Juni 2024, radelte ich in den Osten von Karlsruhe, eigentlich schon außerhalb der eigentlichen Stadt. Dort existiert seit über dreißig Jahren ein selbstverwalteter Bauwagenplatz, und in der dortigen Wagenburg wurde das alljährliche Sommerfest gefeiert.
Zwischen Wohnwagen, Traktoren und viel Grün – der Bauwagenplatz ist von großen Büschen umgeben, überall wächst und gedeiht etwas – tummelten sich im Verlag des Abends wohl bis zu 200 Leute. Weil man sich zwischen Lagerfeuer, Essensbereich, Biertischen und Konzer verteilte, war die Zahl schwer zu schätzen. Ich kannte vielleicht ein Dutzend von ihnen, und mit einigen unterhielt ich mich beim einen oder anderen Bier sehr ausgiebig.
Die Mischung war angenehm: einige jüngere Bunthaarige waren da, ältere Crust-Punks, grauhaarige Alt- und Ex-Punks, ehemalige Autonome, ein bisschen Skinhead, ein wenig alternde Hippies, dazu viele Kinder aus der Wagenburg und Jugendliche, die allesamt ihren Spaß hatte. Es gab Bier und Flammkuchen, bezahlt wurde auf Spendenbasis, und an einem speziellen Stand wurden Olchi-Cocktails gemischt.
Nachdem zuerst ein sehr junger Wagenburg-Bewohner – gerade mal 15 Jahre alt – allein mit seiner Gitarre auf der Bühne gestanden hatte, um einige Stücke zum Besten zu geben, kamen später sein kleiner Bruder sowie sein Vater, den ich seit über dreißig Jahren kenne, hinzu, und die drei musizierten gemeinsam. Alte Quetschenpaua-Stücke kommen auch 2024 noch gut, fand ich.
Danach traten die Neurutics auf, eine in Deutschland lebende Band aus Russen. Musikalisch wurde eine Mischung als Polka und Rockmusik geboten, manchmal durchaus punkig, unterm Strich stets sehr tanzbar. Die Musik ging gut in den Kopf und in die Beine. Ich überließ das Tanzen den jüngeren Leuten, wackelte aber mit dem Kopf, applaudierte eifrig und freute mich über klare politische Äußerungen.
Ein »FCKPTN«-Aufkleber an der Monitor-Box sagte klar, wo sich die Band politisch verortete. Der Sänger sagte zudem zwischendurch, dass er russischer Staatsbürger sei, den Krieg gegen die Ukraine aber ablehne. Es wurde »Freiheit für die Ukraine« gefordert und kostenloser Schnaps gegen Putin ausgeschenkt. Das war alles sehr eindeutig.
Ich grinste irgendwann nur noch selig vor mich hin, trank viel Bier und packte zu später Stunde meinen Kram, bevor ich mein Fahrrad nicht mehr finden würde. Dann eierte ich durch den Wald und die Stadt nach Hause – es war ein wunderbares Fest!
1 Kommentar:
Es lohnt sich durchaus, die Neurutics zu entdecken. Die in Deutschland lebende russische Band hat auch eine Website, wo man sich Stücke anhören kann:
http://www.neurutics.de/index.php/band/
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