16 Januar 2019

Der Junge muss an die frische Luft

Man kann nicht sagen, dass ich ein Fan von Hape Kerkeling bin. Ich kenne seine Figuren seit vielen Jahren; da ich aber keine Comedy-Sendungen im Fernsehen angucke, habe ich all seine berühmten Auftritte im Verlauf der Jahre verpasst. Man hat sie mir erzählt, ich habe mir den Witz von »Hurz« erzählen lassen – aber ich bin kein Fan.

Trotzdem ging ich dieser Tage ins Kino und sah mit »Der Junge muss an die frische Luft«. Dabei handelt es sich um die Verfilmung eines Romans von Hape Kerkeling, in dem er seine Zeit als Junge verarbeitete. Ich war im Vorfeld durchaus kritisch: Deutsche Komödien sind häufig ein wenig bemüht, und die Vorberichterstattung kam mir für meinen Geschmack sogar zu positiv.

Dann aber sah ich den Film. Der Saal war voll. Rings um mich wurde gelacht und geweint, mir liefen auch die Tränen übers Gesicht, die komplette Mixtur aus Trauer, Kitsch und Komik prasselte von der Leinwand auf mich herab. Und als ich aus dem Kino kam, war ich der festen Ansicht, dass der Film wirklich sehenswert ist.

Das Ruhrgebiet in den frühen 70er-Jahren: Hans-Peter ist ein dicklicher Junge, der große Freude daran hat, sich zu verkleiden und seine kranke Mutter mit albernen Späßen zu erfreuen. Zum Karneval geht er als Prinzessin, nicht als Cowboy, und bald schafft er es, die Nachbarinnen erfolgreich nachzuahmen. Somit ist der Junge die offenbar einzige Quelle der Freude für die depressive Mutter.

Der Schauspieler, der die Rolle des jungen Hape Kerkeling übernommen hat, spielt großartig. Wie der Junge es hinbekommt, die Zeit der frühen 70er-Jahren erfolgreich abzubilden, ist wirklich sensationell. In drei Jahren spielt sich ein großes Drama ab, sterben Menschen, gibt es feuchtfröhliche Feiern, wird getanzt und geweint, gesungen und gestritten.

Wer diesen Film mit Deko-Material ausstatten durfte, hatte sichtlich Freude. Angefangen von den Tapeten bis hin zu den Zeitungen und Zeitschriften, der Werbung und den Verpackungen von Nahrungsmitteln, dem Laden an der Ecke und den kleinen Autos auf der Straße – ein Sammelsurium von glaubhaften Dingen, die mich an meine eigene Kindheit erinnerten. (Der Film richtet sich offenbar auch an eine Ü40-Zielgruppe. Im Kino herrschte eine eher gehobene Altersgruppe vor.)

Ein starkes Drehbuch, eine Gruppe hervorragender Schauspieler und eine gelungene Abfolge von lustigen und traurigen Szenen: Deutsches Kino kann mich also doch begeistern. Ich empfehle den Film gern weiter!

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