23 Dezember 2016

Ein Filialist, der auf Niveau setzt

Das Klischee sitzt tief in den Köpfen, auch in meinem Kopf ist es verankert: Die großen Buchhandlungen setzen immer stärker auf »Schnelldreher« und Bestseller, also gängige Titel, die so platziert werden, dass sie auch vom Laufpublikum gekauft werden können. Das führe, so die Theorie, letztlich dazu, dass Buchhandlungen immer mehr die Einheitsware präsentieren.

Und das wiederum bringe es mit sich, dass der Kunde eben den neuen Dan-Brown-Roman oder sonst einen Bestseller auch direkt bei einem Internet-Versandhändler oder einem x-belebigen Kaufhaus erstehen könne. Die Massenmarkt-Buchhandlungen sorgen also durch ihre falsche Arbeit dafür, dass die Kundschaft abwandert – so eine gängige Klischee-Vermutung.

Erstaunlicherweise gilt das nicht immer. Ein schönes Beispiel ist die britische Ladenkette WH Smith. Vor vielen Jahren war das tatsächlich ein Filialnetz von Buchhandlungenm, läst aber verkaufen die einzelnen Läden vor allem allerlei Snacks oder sonstigen Krimskram. Jetzt aber scheint man auf »edel« zu setzen.

»The Bookshop by WH Smith« heißt das neue Konzept, das vor allem an den großen Flughäfen in Großbritannien verwirklicht werden soll. Die Läden sollen vorrangig Bücher anbieten, sie werden zwischen anderen Shops platziert, die hochpreisige Waren anbieten – man zielt also auf eine Kundschaft, die nicht auf den Cent oder Penny schaut –, und sie stellen nicht »Schnelldreher« in den Eingangsbereich, sondern klassische Literatur und Lyrik-Bände.

Lyrik? Das verkaufe sich doch nicht – zumindest erzählt man sich das in der Medienbranche seit vielen Jahren. Niemand will Lyrik lesen, die Auflagen von Gedichtsbänden sind erschütternd gering. Lyrik sei etwas für Kleinstverlage und darbende Dichter.

Schauen wir mal, wie lange WH Smith das Konzept durchhält. Bisher finde ich den Ansatz echt spannend. Flugreisende könnten in der Tat – weil sie ja die Muße haben –, während ihrer Reise auch etwas lesen, das den Kopf beschäftigt, anstatt ihn mit Massenmarkt-Lteratur eher einzulullen. Das wäre »in diesen Zeiten« ja nicht der dümmste Ansatz.

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