06 April 2013

Nachts am Markusplatz


Erinnerung an den Venedig-Trip zu Ostern 2012

Ich hatte den Markusplatz in Venedig einmal an einem sonnigen Frühsommertag gesehen: ein Alptraum aus Tauben und Touristen, als Lärm und Gestank, aus flatternden Flügeln, rennenden Füßen und dem Brummen Tausender von Stimmen.

An diesem Abend aber war es kurz vor Mitternacht und kühl: Nur einige wenige Paare oder kleine Gruppen schlenderten über den Platz, und wir waren ebenfalls unterwegs. Wir trugen dünne Jacken und lange Hosen, es war frisch in diesem April.

Das Wasser der Lagune schwappte gegen den Kai, Lichter glitzerten überall. Große Pfützen bedeckten weite Bereiche des Platzes, manche von ihnen einige Zentimeter tief. Es war keine Hochwassergefahr, aber in den Tagen zuvor hatte es einige Male geregnet, und in Venedig gab es häufig Überschwemmungen.

Wir kletterten über die Stege, die überall auf dem Platz errichtet worden waren, und genossen das Panorama. Unsere Schritte hallten auf dem metallischen Untergrund, wir klapperten und scharrten, und am Ende des Steges sprangen wir herunter und liefen über die feucht glänzenden Steinplatten.

Ein sehr blondes, langhaariges Mädchen tanzte durch die Pfützen, barfuß trotz der Kälte; es drehte sich im Kreis, eine Bewegung nach der anderen, ohne Pause und sichtliche Erschöpfung, einen Ausdruck von Freude im Gesicht. Der dünne Rock hob sich ein wenig, die nackten Beine schimmerten im Mondlicht, die Kameras klickten.

Dann war Mitternacht. Ein wuchtiger Gong schlug an dem großen Turm, der den Platz überragte, und jeder Schlag ließ die Oberfläche der Pfützen vibrieren. Jeder Schlag war voll und laut, jeder Schlag hallte zwischen den alten Palästen wieder.

Es war ein magischer Moment. Einige Sekunden nur dauerte es, aber in diesen Sekunden fühlte ich mich allein mit den Glockenschlägen und dem Markusplatz.

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