11 Januar 2016

Lakonischer und ungewöhnlicher Krimi

Es ist eine Weile her, seit ich zum letzten Mal einen Roman des amerikanischen Schriftstellers Charles Willeford gelesen habe. Dieser Tage knöpfte ich mir »Seitenhieb« vor, den dritten Teil einer vier Teile umfassenden Serie, in welcher der Polizist Hoke Moseley im Zentrum steht. Er ist ungewöhnlich erzählt, wirkt zeitweise fast wie ein Familienroman und bildet ganz nebenbei das Lebensgefühl der 80er-Jahre gut ab.

Die Handlung läuft auf zwei Ebenen ab. Hoke Moseley ist von seinem Beruf frustriert und leidet buchstäblich an einem »Burnout«. Er zieht sich aus Miami zurück, will nicht mehr länger als Polizist tätig sein und wird zu einer Art Hausmeister.

Die andere Handlungsebene schildert das Leben eines alten Mannes, der aufgrund einer »Irritation« völlig unschuldig im Gefängnis landet und dort mit einem Schwerverbrecher in Kontakt gerät. Als er nach kürzester Zeit aus dem Gefängnis entlassen wird, will er in sein früheres Leben zurück – das ist aber nicht so einfach möglich. Dann taucht der Gangster bei ihm auf, und der Alte wird zum Komplizen eines mörderischen Verbrechens.

Lange Zeit laufen die zwei Handlungsebenen völlig parallel nebeneinander her, erst gegen Ende berühren sich. Bis zum »Höhepunkt« des Romans, der übrigens völlig ohne echten »Showdown« auskommt, verfolgt man als Leser eigentlich zwei unterschiedliche Lebensgeschichten.

Und das ist durchaus spannend, wenngleich nicht typisch für einen Krimi. Hoke schlägt sich mit seinen minderjährigen Töchtern herum und hat Ärger mit einigen Mietern; ganz nebenbei kümmert er sich um eine verprügelte junge Frau und klärt eine Diebstahlserie auf. Der alte Mann hingegen verliert sein Ansehen in der Öffentlichkeit, weil man ihn für einen Sexualstraftäter hält, lässt sich auf die Zusammenarbeit mit Kriminellen ein und bekommt lange Zeit nicht mit, was wirklich um ihn herum vorgeht.

Willeford war ein Autor, der den Realismus schätzte. Seine Dialoge sind knapp, seine Beschreibungen allerdings durchaus mal tiefergehend. Im Vergleich zu Robert B. Parker, den ich sehr mag, ist Willeford geradezu ausschweifend – aber das ist nur relativ. Seine Geschichte erzählt er ohne Umschweife, seine Figuren verhalten sich stets nachvollziehbar, und so steuert er seine Geschichte unweigerlich auf ihren Höhepunkt zu.

Ich fand's klasse, ebenso wie ich die ersten zwei Hoke-Moseley-Fälle mochte. Den vierten Krimi der Reihe habe ich in einem meiner vielen Stapel ... den werde ich bei Gelegenheit wohl auch hervorzerren und durchschmökern. Allen anderen empfehle ich, nach den Werken dieses Autors mal Ausschau zu halten.

(Erschienen ist der Roman im Alexander-Verlag, er ist derzeit nur noch antiquarisch zu erhalten. Allerdings dürfte es kein großes Problem sein, das Taschenbuch irgendwo aufzutreiben.)

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