Dienstag abend, 24. Februar 2015: Der erste offizielle Aufmarsch der »Pegida Karlsruhe« sollte ablaufen, und ich wollte dabei sein, um diesen Aufmarsch mitzublockieren. In ziemlicher Hektik fuhr ich von der Arbeit nach Hause, zog mir wärmere Kleidung an und machte mich auf den Weg in die Innenstadt von Karlsruhe.
Weil ich mit dem Rad unterwegs war, nahm ich die Route entlang des Stephanplatzes, der großmaßstäblich von der Polizei abgeriegelt war. Überall waren Gruppen von Männern unterwegs, die dem Platz zuströmten. Das typische Nazi-Ornat trugen die wenigsten, viele von ihnen wirkten aber miesepetrig und schlechtgelaunt.
Ich stellte mein Rad an der Karls-Apotheke ab und wollte zum Ludwigsplatz. Zu meinen Bekannten ließ mich die Polizei erst nach einiger Diskussion durch. Offensichtlich überforderte mein Aussehen ihr Schema – dann stand ich bei den Gegendemonstranten.
Es blieb lange Zeit langweilig. Die Polizei riegelte den Stephanplatz ab, auf dem die Pegidioten ihre Kundgebung abhielten. Wir konnten sie kaum sehen, geschweige denn hören. Wir standen am Ludwigsplatz, froren und brüllten ab und zu mal irgendwelche Parolen. Von der anderen Seite des Stephanplatzes her kamen andere Demonstranten; es gab dort auch Rangeleien, aber wir sahen nichts konkretes.
Irgendwann liefen die Pegidioten los. Die nächste Stunde war ein Katz-und-Maus-Spiel in der Innenstadt. Überall waren Gruppen von Demonstranten unterwegs, überall rannten Einsatzkräfte der Polizei durch die Gegend. Wir wollten den Nazi-Aufmarsch blockieren, die Polizei riegelte ständig irgendwelche Straßen ab.
Am Zirkel – auf Höhe des Badischen Kunstvereins – wurden wir sogar eine Viertelstunde lang von Polizeiketten »eingekesselt«. Die Pegidioten marschierten vorbei, es kam zu einigen hektischen Aktionen. Hier flog der eine Böller, durch dessen Detonation es zu den zwei verletzten Polizisten gab.
Unsere Gruppe wollte zum Schlossplatz, wo wir die Schlusskundgebung der Pegida anschauen wollten; wir gingen als Ortskundige irgendwelche Schleichwege, liefen durch die Ritterstraße und standen auf einmal dem kompletten Pegida-Mob gegenüber, der bereits auf dem Rückweg vom Schloss war. Ich war in dem Moment sehr froh, dass die Polizei zwischen uns und denen stand ...
Zu sehen gab es rund 200 beinharte Nazis, zwischen denen sich einige normale, bürgerlich gekleidete Menschen aufhielten, die Plakate in die Luft hielten, auf denen sie ihre Meinung äußerten. Der Großteil der Pegida-Demo bestand aber aus sehr kräftig aussehenden Jungmännern mit schlechter Laune.
Die Pegida-Demo war zwischen Polizeiketten und der Unterführung entlang des Schlossplatzes eingekeilt. Auf der anderen Seite der Unterführung kam es zu Gerenne; wir sahen Demonstranten, die von der Polizei gescheucht wurden – während die Pegidioten begeistert johlten. Dabei kam es zu den zwei weiteren verletzten Polizisten, die beim Rennen unglücklich stürzten.
Unsere kleine Gruppe schrie eifrig »Nazis raus!« – wobei ich schon froh war, dass die Polizei zwischen uns und denen stand. Hinter uns hatte man mittlerweile die Straße abgesperrt, so dass keine Verstärkung zu uns durchkam.
Ein Polizist sprach mich beim Vorbeigehen halblaut auf Badisch an: »Sie haben ja so recht.« Ein anderer sagte zu einer Frau aus unserer Gruppe: »Es ist Ihnen schon klar, dass die Kundgebung aufgelöst ist. Die können jetzt heimgehen, wir stehen zu Ihrem Schutz da.« Die Pegida-Demo skandierte mittlerweile »Danke, Polizei!«
Danach wurde es wieder hektisch. Die Polizei machte den Weg für die abmarschierende Pegida frei – wir gingen freiwillig aus dem Weg; vereinzelt kam es gegenüber unserer Gruppe zu Schubsereien. Unter wütendem »Nazis Raus«-Gebrüll wurden die Pegidioten durch die Stadt geführt; wieder gab es überall Polizeispaliere und Gruppen von Gegendemonstranten. In meinen Augen war die Innenstadt von Karlsruhe voller aufgebrachter Leute.
Am Stephanplatz endete alles. Es kam zu einer Rangelei zwischen einer Gruppe Nazis und einer Gruppe Demonstranten, es kam zu gegenseitigem Beschimpfen – dann war es vorüber. Die Pegida war marschiert und hatte sich dabei als knallharter Nazi-Aufmarsch entpuppt. Wieder einmal etwas auf der Straße gelernt ...
1 Kommentar:
Ich finde es sehr löblich, dass du dich gegen solch eine Ansammlung stellst.
Und ich kann deine Auffassung nur teilen, dass die Leute auf der Gegenseite immer mies gelaunt sind. Was müssen die für ein anstregendes Leben haben ... dauernd diese schlechte Laune, oft auch noch ohne Grund, aufrecht zu erhalten?
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