29 März 2011

Ein spießbürgerliches Schattenspiel

Am besten sind die Romane von Georges Simenon, wenn er in die Untiefen der spießbürgerlichen Gesellschaft eintaucht. Das belegt aufs vorzüglichste der Roman »Maigret und das Schattenspiel«, der zwölfte in der Maigret-Gesamtausgabe, den ich zuletzt las. Das Werk ist streckenweise fast ein Kammerspiel, denn er spielt vor allem im Innenhof eines großen Stadthauses mitten in Paris, in dem es nicht nur Wohnungen, sondern auch Büroräume gibt.

Ein Firmenleiter wird an seinem Schreibtisch erschossen, der Tresor hinter ihm ist geplündert. Verdächtig sind viele, denn im Haus wohnen neben seiner aktuellen Frau auch seine Exfrau und deren neuer Mann in einer eigenen Wohnung.

Es gibt eine tratschende Concierge und eine neugierige alte Frau, es gibt Fenster, von denen aus man wunderbar in andere Wohnungen und vor allem in das Büro schauen kann – und vor allem gibt es die »massige Gestalt« des Kommissar Maigret, der sich des Falls annimmt.

Simenon schafft es erneut, die Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren, ihre Lügen und ihre kleinen Intrigen bloßzustellen, indem er sie nüchtern schildert. Maigret, der sich selbst ekelt, wenn er mit den schmierigen Verdächtigungen umgeht, ermittelt in der ihm eigenen Art, langsam und behäbig und dennoch zielstrebig.

Kein packender Spannungskracher, das sind die Maigret-Romane eh nicht, aber ein intensives Schauspiel, das mich von Seite zu Seite mehr packte. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall!

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