21 Februar 2024

Wortkarger Hamburg-Krimi

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts: In Hamburg hat sich eine rumänische Familie, die unter der Fuchtel eines ominösen Cousins in den Karpaten steht, einen gewissen Ruf erarbeitet. Die Männer sind in der Immobilienbranche tätig, verkaufen Gebrauchtwagen nach Afrika oder betreiben Diskotheken. Sie sind in ein Netzwerk eingewoben, zu dem ein bekannter Journalist, ein Abgeordneter der SPD und ein einflussreicher Rechtsanwalt zählen. Der Filz funktioniert hervorragend – doch als auf einmal ein 16 Jahre alter Jugendlicher an einer Überdosis stirbt, verändert sich sehr schnell sehr viel.

So lässt sich der figurenreiche und zugleich schmale Roman »Die Stadt, das Geld und der Tod« gut zusammenfassen. Verfasst wurde er von Frank Göhre, von dem ich vor Jahren schon einmal einen sehr guten Krimi gelesen hatte. Göhre schrieb zahlreiche Romane, wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und war als Drehbuchautor erfolgreich.

Dieser Roman ist in einem Stil geschrieben, den ich als »karg« bezeichnen würde. Die Sprache ist extrem reduziert, die Beschreibungen sind superknapp, die Dialoge kommen auf den Punkt, hier ist kein Wort zu viel. Es treten viele Personen auf, die sich alle kennen – als Leser muss man der Handlung konzentriert folgen.

Gleichzeitig entfaltet diese Sprache, die mich oft an Kurzgeschichten erinnert, einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Die Figuren sind klar charakterisiert, ihre Rollen im Beziehungsgeflecht werden eindeutig geschildert, und manche Handlungen führen zu unausweichlichen Konsequenzen.

Eine lohnenswerte Lektüre! Nicht nur für Leute, die Hamburg kennen, nicht nur für Leute, die Krimis mögen. 

Erschienen ist der Roman bereits 2021 im Culturebooks-Verlag; er ist vergleichsweise dünn, was ich als positiv empfinde, und ein wenig hochpreisig, was ich auf die mutmaßlich geringe Auflage zurückführe. Aber er lohnt sich für einen kritischen und ohne unnötiges Wort auskommenden Blick auf die Hansestadt Hamburg.

4 Kommentare:

Enpunkt hat gesagt…

Informationen zu »Die Stadt, das Geld und der Tod« gibt es auf der Internet-Seite des Culturebooks-Verlages.
Hier:
http://www.culturbooks.de/portfolio/frank-goehre-die-stadt-das-geld-und-der-tod/

Thomas Harbach hat gesagt…

Frank Göhre ist einer der Hamburger Krimiautoren. Im Grunde der lebende Hamburger Krimiautor Zwischen 1971 und 2008 hat er eine Reihe von Hamburg Krimis mit einem Schwerpunkt Kiez geschrieben. "St. Pauli Nacht" wurde verfilmt. Das Milieu um die Reeperbahn hat er immer gut getroffen. Seine Antihelden sind immer Verlierer. Legendär sind die kleinen schwarzen Hefte des Hamburger Abendblatts, im Din A 6 Format, meistens um die 60- 70 Seiten von namhaften Krimiautoren geschrieben. Da war Frank Göhre einer der aktivsten Autoren Seit 2020 schreibt der Mann wieder Krimis, als wenn keine 15 Jahre seit seinem letzten Buch vergangen sind.

Enpunkt hat gesagt…

Danke, Thomas, für die Ergänzung. Ich kenne von dem Autor ja bisher nur den hier rezensierten Roman sowie ein älteres Werk; das ist alles schon echt gut, finde ich. Außergewöhnlicher Stil halt und nichts, was ich jeden Tag lesen wollte ...

Thomas Harbach hat gesagt…

In unserem gesetzten Alter sollten wir auch nicht jeden Tag auf den Kiez oder in ähnliche Viertel bei Dir gehen