Für mich ist »Watchmen« einer der besten Comics aller Zeiten, sicher der eindrucksvollste Comic-Band der 80er-Jahre und ein wegweisendes Werk für die Comic-Schaffenden in den Vereinigten Staaten. Es lag nahe, dass irgendwann mal eine Reihe wie »Before Watchmen« kommen würde, und es war auch klar, dass sie nicht jeden Geschmack treffen könnte.
Ich kam erst dieser Tage dazu, »Silk Spectre« zu lesen. In Amerika erschien die Miniserie in vier Heften, hierzulande kam sie als Paperback bei Panini in den Handel. Trotz einiger Schwächen und eines unbefriedigenden Schlusses – allerdings wäre es kaum anders gegangen – hat mir dieser Comic sehr gut gefallen.
Silk Spectre ist eine Superheldin, zur Zeit des »Watchmen«-Comics ist sie eine der »Wächter«. Wie der Serientitel »Before Watchmen« nahelegt, erzählt der Comic ihre Vorgeschichte. Und wer mag, kann diese Geschichte als Superheldinnen-Erzählung lesen, ebenso aber als eine Geschichte vom Erwachsenwerden in der Zeit von »Flower Power«. Schaut man den Comic unter diesem Aspekt an, ist die Geschichte richtig gut.
Es geht letztlich um eine junge Frau, die ihren eigenen Weg gehen möchte, weg von ihrer übermächtigen Mutter – die eine Superheldin war –, hin zu den Idealen der Hippie-Bewegung. Dazu zählen Sex und Musik, allerlei Drogen sowie eine politische Orientierung, die in den USA auch heutzutage nicht gerade »Mainstream« ist.
Der Autor des Comics ist Darwyn Cooke, den ich für seine Neu-Interpretation von »Catwoman« sehr schätze, der aber auch die »Parker«-Krimis in beeindruckende Comic-Romane umsetzte. Cooke weiß einfach, wie man eine Geschichte erzählt, die mit nur geringen Klischees auskommt. Seine Heldin muss sich gegen gesellschaftliche Konventionen stemmen und ihren eigenen Weg finden; das geht nicht so einfach, und das schildert er packend.
Die Comic-Künstlerin Amanda Conner ist mir von diversen Superhelden-Geschichten her bekannt. Sie schafft es, psychedelische Sequenzen ebenso in den Comic einzubauen wie knallharte Action, die sehr realitätsnah vermittelt wird. Es gibt harte Kämpfe und Drogenerlebnisse – das alles packt sie in Bilder, die mich überzeugt haben.
So ist »Silk Spectre« sicher ein Comic, der sich an »Watchmen«-Fans richtet, weil nur diese alle Anspielungen verstehen können. Gleichzeitig aber ist er ein Comic, in dem die Hippie-Bewegung der späten 60er-Jahre in ein abwechslungsreiches Bild gerückt wird.
Sehr schön. Mein Tipp: Guckt in das Paperback rein! Noch kann man es kaufen, noch steht die Leseprobe im Internet zur Verfügung.
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