30 September 2025

Start in eine neue »Batman«-Variante

Seit Jahrzehnten bin ich ein Freund des Dunklen Ritters und der Stadt Gotham, ihrer Superhelden und Superschurken. Und ich mag es, wenn immer wieder neue Kreativ-Teams ans Werk gehen und dieses Comic-Universum in einem neuen Licht darstellen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist »Absolute Batman«, dessen erster Band im Juli erschienen ist und der mir trotz einiger Schwächen gut gefallen hat.

Geschrieben wird die neue Serie von Scott Snyder, einem der besten Autoren, die es – für meinen Geschmack – derzeit bei den Superhelden-Comics gibt. Er weiß, wie man Charaktere aufbaut und sie durch spannende Geschichten führt. Das zeigt er auch in diesem Paperback, das die ersten drei amerikanischen Hefte der neuen Serie in deutscher Übersetzung zusammenfasst.

In dieser Story ist Bruce Wayne ein junger Mann, aber nicht stinkreich. Sein Vater war Lehrer, kein extrem wohlhabender Arzt. Deshalb hat Batman auch keinen Butler und kann sich viele Dinge nicht leisten, die der klassische Batman im ebenso klassischen Gotham City sein eigen nennt. Ein schöner »Move«, wie man das heute wohl nennt, ist dann noch, dass Pennyworth in diesem Universum nicht der leicht schnöselige Butler ist, sondern ein Typ mit Bart, der offensichtlich gut mit Waffen umgehen kann und sicher nicht auf der Seite des Gesetzes steht.

Solche Dinge muss man schlucken, wenn man sich auf eine neue Version des »Batman«-Mythos einlässt. Ich finde, dass es gut klappt: Die Geschichte packt einen, die Figuren sind interessant, die Verbrecher bewegen sich auf einem Niveau, das nachvollziehbar ist.

Mit Nick Dragotta kommt ein Künstler zum Einsatz, dessen Bilder mit nicht immer gefallen. Er zeichnet Batman und die Stadt sehr dynamisch; das sieht cool aus und vor allem nicht so wie bei den anderen »Batman«-Künstlern. Manchmal sind mir die Muskelpakete allerdings zu dick, während der Kopf dagegen winzig wirkt. Darauf muss man sich einlassen – hier empfehle ich unbedingt den Blick auf die Leseprobe.

Der Einstieg zu »Absolute Batman« hat mir gut gefallen und lässt mich auf die Fortsetzung warten. Das ist eine interessante und neue Interpretation eines klassischen Themas, die sich zudem als vergleichende Lektüre empfiehlt …

29 September 2025

Zwei phantastische Live-Bands

Der Mittwochabend, 24. September 2025, war grau und regnerisch. Ein ideales Wetter eigentlich, um daheim zu bleiben, depressive Musik zu hören und Rotwein zu trinken. Aber mich trieb es aus dem Haus und in die »Alte Hackerei«, weil dort an diesem Abend ein Konzert stattfinden sollte. Mit Dead Bob spielte eine Band, von der ich noch nie ein Stück gehört hatte, und ich erwartete nicht, dass viel los sein würde.

Ich hatte mich schwer getäuscht, stellte ich fest, als ich die »Alte Hackerei« betrat. Im hinteren Bar-Bereich gab es eine gut besuchte Konferenz von Spiele-Entwicklern, bei der unter anderem Powerpoint-Vorträge gehalten und Schnittchen gefuttert wurden, im vorderen Bereich war es ebenfalls ziemlich voll. Der Raum sah aus, als sei die Bude ausverkauft; es gab allerdings noch kein Gedränge. Viele Männer mit grauen Haaren waren im Publikum, es war ganz offensichtlich die Hardcore-Generation der späten 80er- und der 90er-Jahre, die sich eingefunden hatte.

Die erste Band passe da hervorragend: Trust Issues aus dem Saarland lieferten ein kompaktes Hardcore-Paket ab, knallige Musik und launige Ansagen inklusive. Die Band ist nicht rasend schnell, die Musiker wissen aber genau, was sie tun. Ihre Stücke waren auch an diesem Abend druckvoll und abwechslungsreich, das Publikum ging gut mit, der Applaus war groß.

Danach räumten Dead Bob ab. Das Schlagzeug stand rechts auf der Bühne, nicht im Hintergrund. So kannte ich es von den Konzerten von NoMeansNo, die ich vor mehr als dreißig Jahren gesehen hatte. Klar: John Wright, der Schlagzeuger bei Dead Bob, war in all der Zeit auch der Schlagzeuger von NoMeansNo, und offensichtlich hatte er keine Lust, sich aufs Altenteil zurückzuziehen. Begleitet wurde er von drei Männern und einer Frau, allesamt jünger als er, allesamt versierte Musiker.

Was die fünf von der Bühne ins Publikum bollerten, war großartig. Man hielt sich nicht groß mit Firlefanz auf, verzichtete auf lange Ansagen, sondern spielte ein rasantes Stück nach dem anderen. Die Stücke waren meist rhythmusbetont, da kam die alte NoMeansNoSchule eindeutig durch; gesungen und gebrüllt wurde von allen. Melodien waren Nebensache, bei diesem Auftritt ging es um rohe Energie, die musikalisch auf den Punkt gebracht wurde.

Die Orgel wummerte, der Bass knallte, zwischendurch kamen Trompeten zum Einsatz – es war eine furiose Mischung, die den Saal gut in Bewegung brachte. Es wurde kein Pogo-Konzerte, aber es bewegten sich alle, es wurde frenetisch gejubelt und applaudiert, und die Band konnte am Ende nicht gehen, ohne noch ordentlich Zugaben zu spielen. (Ob das nun Punkrock war oder Hardcore oder Noise-Rock, das ist mir egal. Darüber sollen sich die Gelehrten streiten.)

Was für eine großartige Stimmung, was für ein großartiger Abend! Als ich später durch den kalten Nieselregen nach Hause fuhr, strahlte ich über das ganze Gesicht – ich hatte zwei starke Live-Band in bester Spiellaune gesehen!

26 September 2025

Ein Zineklatsch in Memoriam

Ich habe nie einen Zineklatsch besucht; im Nachhinein ist das sehr schade. Veranstaltet wurde das Treffen für Leute, die sich für Fanzines aller Art begeistern können, über Jahre hinweg von Christian Schmidt. An diesem Wochenende findet der Zineklatsch zum fünfundzwanzigsten Mal statt, und ich kann auch nicht dabei sein – Berlin ist halt doch ein Stückchen weg von Karlsruhe.

Diesmal wird der Zineklatsch »in Memoriam« organisiert. Man erinnert an Christian Schmidt, der im August des vergangenen Jahres gestorben ist. Ich kannte ihn seit den 90er-Jahren, wir hatten in jenem Jahrzehnt unsere Fanzines getauscht und uns immer mal wieder bei Veranstaltungen gesehen. In den Nullerjahren war er sogar mit einer Ausstellung über Fanzines auf Tour, was ich höchst interessant war.

Christian war immer einer der Leute, die – wie ich – Fanzines als ein Kulturgut verstanden. Er nahm's wissenschaftlicher und ernster als ich, wir hatten nicht immer die gleichen Ansichten. Fanzines, die er mochte, waren mir oft zu künstlerisch; dafür konnte er wohl nicht so viel mit meiner Faszination für alte Science-Fiction-Hefte anfangen.

Ich find's traurig, dass Christian Schmidt schon gestorben ist. Wenn am Sonntagmittag der Zineklatsch stattfindet, werde ich – quasi in Gedanken – mein Glas in Erinnerung an ihn erheben.

25 September 2025

Werbung für Eawy

Eines der Fanzines, die anfangs der 80er-Jahre mit frischen Inhalten in die Science-Fiction-Szene starteten, war »Eawy«, das der umtriebige Udo Popp aus Obertheres veröffentlichte. Ich lernte ihn im Herbst 1980 kennen, als wir beide im gleichen Zimmer der Jugendherberge übernachteten, wo man uns während des WeltCons in Mannheim einquartiert hatte. Wir freundeten uns ein wenig an, und er besuchte mich in der Folge auch in Dietersweiler.

Im Juni 1981 brachte Udo Popp schon die fünfte Ausgabe seines Fanzines heraus. Dafür machte er fleißig Werbung, die er unter anderem auf Cons unter die Leute brachte: Es war ein rotes Blatt Papier, das im Format DIN A 5 gedruckt wurde. Wie es sich für die damalige Zeit »gehörte«, warb man mit den Namen von Mitarbeitern, die schon in anderen Fanzines vertreten waren.

Einige der Leute von »damals« sind heute noch aktiv. Mit Rainer Nagel arbeite ich immer mal wieder bei redaktionellen Themen zusammen. Und Mychael Wallensteyn war damals das Pseudonym eines Fans, der heute unter dem Namen Michael Haitel den interessanten Kleinverlag p. machinery betreibt.

Udo Popp wirbelte in den Jahren 1981 und 1982 weiter und veröffentlichte mehrere Fanzines. Unter anderem engagierte er sich für Lyrik. Anfang 1983 schied er viel zu früh aus dem Leben.

24 September 2025

Eine Dokumentation innerhalb eines Comics

Ich weiß noch, wie verblüfft ich war, innerhalb der Comic-Serie »XIII« ein dickes Album zu lesen, das vor allem aus Dokumentationen bestand. Gemeint ist der Teil der Serie mit dem Titel »Die Untersuchung«, der zwar auch Comic-Seiten enthält, ansonsten aber viele Fotos und Seiten, die praktisch nur aus Text bestehen. In der Zusammenstellung der Gesamtausgabe ist dieses Comic-Album nach wie vor ein Fremdkörper – aber man nimmt ihn anders wahr.

Ich las dieser Tage endlich den vierten Teil der »XIII«-Gesamtausgabe. Neben dem Dokumentationsband sind zwei »normale« Comic-Geschichten enthalten, was eine interessante Mixtur ergibt. Die zwei Comic-Geschichten zeigen die typischen »XIII«-Handlungsmuster: spannende Kämpfe und Verfolgungsjagden, ein böser Gegenspieler, der den Helden immer weiter ins Verderben stößt, attraktive Frauen und eine Prise Sex.

Entstanden sind die drei Bände dieser Gesamtausgabe ursprünglich Ende der 90er- und zu Beginn der Nuller-Jahre. Sowohl der Texter Jean van Hamme als auch der Zeichner William Vance standen auf einem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft und Popularität. Die Geschichten sind spannend erzählt und stark gezeichnet; viel besser kann man Comics im Thriller-Genre kaum machen.

Nach wie vor ist die Serie mit ihrem Hang zur Verschwörungstheorie hervorragend und reißt mich auch bei wiederholter Lektüre mit. Ein eher zäher Band wie die Dokumentation innerhalb des Comics reduziert das Lesevergnügen nur ein wenig – insgesamt macht der vierte Band der Gesamtausgabe wieder viel Freude.

23 September 2025

Raspelkurz

»Wie sehen Sie denn aus?« Die Überraschung stand dem Marktleiter ins Gesicht geschrieben. »So erkenne ich Sie kaum wieder.«

»Wieso?«, gab ich zurück. Zu mehr Spontaneität reichte es in diesem Augenblick nicht.

Ich ärgerte mich über mich selbst. Da kam ich an meinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub in den Supermarkt zurück, spazierte über den Personaleingang in den Aufenthaltsraum und packte dort einige Dinge in meinen Spind, und dann lief mir ausgerechnet als erste Person der Marktleiter über den Weg. Sein Büro hatte er in nur wenigen Metern Entfernung zu dem Bereich, wo sich die Angestellten und Arbeiter des Supermarkts zu ihrer Pause trafen. Von dieser Stelle aus hatte er einen prachtvollen Blick über den Parkplatz und den Eingangsbereich.

Er zeigte auf mich. »Was haben Sie denn mit Ihren Haaren gemacht?«

»Abschneiden lassen.« Die Antwort war nicht korrekt, meine Haare wurden abrasiert und hatten danach eine Länge von wenigen Millimetern gehabt. Mittlerweile waren sie ein wenig nachgewachsen.

»Das sehe ich selbst. Aber warum?«

»Ich war im Urlaub, in Marokko, und weil es dort sehr heiß ist, wollte nicht so schwitzen, und …«

»Verstehe.« Er betrachtete mich zweifelnd. »In Marokko. So so. Ist das nicht gefährlich?«

»Nein.« Ich winkte ab. »Mich hat man in Ruhe gelassen.«

Einen Teil der Wahrheit verschwieg ich ihm aus gutem Grund. Die meisten Deutschen, die ich in diesem Sommer in Marokko angetroffen hatte, waren mit langen Haaren unterwegs, letzte Ausläufer der Hippie-Bewegung. Mit meinem raspelkurzen Haupthaar war ich geradezu aufgefallen. Und während die langhaarigen Reisenden alle drei Meter angesprochen wurden, ob sie nicht Haschisch oder Marihuana kaufen wollte, hatte man mich völlig in Ruhe gelassen oder gar einen Bogen um mich gemacht. Ich passte offenbar nicht ins Raster.

»Klingt gut«, sagte der Marktleiter. Er wies auf meinen Kopf. »Mit dem Haarschnitt hätten sie auch zur Bundeswehr gehen können.«

Ich grinste humorlos. »Das steht mir wohl im nächsten Jahr bevor.«

»Und dann?«

»Keine Ahnung.« Ich hob die Schultern. »Hauptberuflicher Weltreisender. Das würde mir ja schon gefallen.«

Er lachte. »Das glaube ich gern.« Der Marktleiter nickte mir zu. »Sie wissen ja, wir suchen immer fähige Leute – und Sie könnten bei uns echt Karriere machen, nicht nur hier im Haus.«

»Ich werde es beherzigen«, log ich und blickte auf meine Uhr. »Aber jetzt muss ich los, Frau Petermann wartet auf mich.«

Wir verabschiedeten uns voneinander, und ich eilte durch den Gang zur Treppe, die hinunter zur Information und in den Markt führte. In Gedanken fuhr ich mir durch die Haare; es knisterte ein wenig, wenn ich mit den Fingern über die Stoppeln fuhr. Ein gutes Gefühl, vielleicht sollte ich das so lassen.

Aber was ich im kommenden Jahr machen wollte, wusste ich nicht. In diesem Sommer 1983 erwartete ich mir nicht viel von der Zukunft. Aber das wollte ich weder dem Marktleiter noch meinen Kollegen auf die Nase binden.

Ich ging die Treppe hinunter und erreichte die Information. Irene bereitete gerade die neuen Preislisten für die Kassiererinnen vor, die diese auswendig lernen mussten.

Als sie mich sah, starrte sie mich an. »Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«, stammelte sie grußlos.

Ich nickte nur kurz. Dieser Tag würde anstrengend werden, das war damit klar.

22 September 2025

Science Fiction oder Lovestory?

Wenn ein Film einen Titel wie »Zum Mars oder zu dir?« trägt, muss ich ihn unbedingt anschauen. Auch wenn mir durch die inhaltlichen Hinweise klarwurde, dass es sich um eine Liebeskomödie und nicht um einen Science-Fiction-Film handeln würde ... Er steht derzeit bei einem Streamingdienst zur Verfügung, dort guckte ich ihn mir am Wochenende an.

In den USA wurde der Film 2022 produziert. In Deutschland kam er 2024 in den Handel, dann aber nur als DVD, nicht im Kino. Er ist also recht aktuell, wirkt aber durch einen Umstand, als sei er aus der Zeit gefallen: Mehrmals wird auf den Klimawandel hingewiesen und auf die Tatsache, dass die Menschen den Planeten zerstören – all das sind Aussagen, die heutzutage als »links« oder »woke« oder sonstwie gefährlich gelten dürften.

Die Hauptperson ist ein junger Mann, der davon träumt, zum Mars zu fliegen. Er weiß, dass es eine Reise ohne Wiederkehr ist: Er soll zum Mars reisen, dort im Auftrag eines privaten Unternehmens die erste Marskolonie aufbauen, und am Ende irgendwann auf dem Mars sterben. Als er eine junge Frau kennenlernt, die ihn vom ersten Moment an bezaubert, sprich, in einen stammelnden Idioten verwandelt, ändert sich langsam sein Denken.

Seien wir ehrlich: Die Liebesgeschichte ist sehr vorhersehbar, was aber nicht stört. Die beiden junge Leute geben ein schönes Paar ab, und in Zeiten wie diesen muss man sich ja schon freuen, dass es ein »gemischtrassiges« Paar ist oder wie immer der politisch unkorrekte Fachausdruck dafür lautet.

Schön ist die Mars-Idee, an die der junge Held glaubt. Sie ist nicht blöd, sie klingt ein wenig utopisch, aber ich kann seinen Traum gut nachvollziehen. In jungen Jahren träumte ich schließlich selbst oft davon, mit einem Raumschiff durchs All zu gondeln. (Eher mit der SOL oder der MARCO POLO, aber das ist ein anderes Thema …)

Stark sind die familiären Konflikte. Die Eltern züchten Blumen, man wohnt irgendwo in Rhode Island, und es gibt ein Thema, über das niemand spricht: der viel zu frühe Tod des allseits beliebten Bruders. Hinter der harmlosen Liebesgeschichte gibt es also den einen oder anderen Abgrund.

Seien wir ganz ehrlich: »Zum Mars oder zu dir?« ist ein ausgesprochen netter Film, den man sich angucken kann, der nicht langweilt und einige richtig gelungene Szenen enthält. Ich mochte ihn.

19 September 2025

Ein Sonnengeflecht gehört

Die Horror-Serie »Dorian Hunter« existiert derzeit in Form von Romanen und Hörspielen. Beide Varianten beruhen auf der schon klassischen Heftromanserie »Dämonenkiller«, die von Ernst Vlcek und Kurt Luif begründet und zu einem großen Teil auch geschrieben wurde. Da Ernst Vlcek, mit dem ich ja auch lange Jahre zusammenarbeitete, die Zyklenstruktur von PERRY RHODAN bei seiner Horror-Serie übernommen hat, gibt es diese nun auch bei »Dorian Hunter«.

Dass das ziemlich komplex verlaufen kann, belegt die aktuelle Folge 53, die den Titel »Das Sonnengeflecht« trägt. Sie spielt auf zwei Zeitebenen: Während Dorian Hunters Freundin, die Hexe Coco Zamis, in der Gegenwart der Serie versucht, ihren verschwundenen Sohn wiederzufinden, wird die Vergangenheit lebendig: Georg Rudolf Speyer, eine frühere Inkarnation des Dämonenkillers, erzählt aus der Vergangenheit des 16. Jahrhunderts.

Das ist echt spannend, wenngleich streckenweise grob. Die Handlung spielt in Konstanz und Wittenberg, also in diversen Gegenden des deutschen Reiches. Die Inquisition ist wichtig und gefährlich zugleich, Hexen werden verbrannt. Doch es gibt tatsächlich Menschen, die mit dem Teufel und seinen Dämonen im Bunde stehen. Und es gibt den mysteriösen Doktor Faustus …

Das alles wird rasant erzählt, mit starken Geräuschen und knalligen Dialogen. Faszinierendes Gruselkino für die Ohren, allerdings nicht unbedingt für Neulinge geeignet – aber wer nun bei »Dorian Hunter« einsteigt, hat einen hochklassigen Horror- und Phantatik-Stoff vor sich!

18 September 2025

Über Gefühle schreiben

Als ich Ende des Jahres 1982 in einer wahren Welle einige Dutzend Texte schrieb, die ich mutig als »Gedichte« bezeichnete, dachte ich nicht daran, sie jemals zu veröffentlichen. Offenbar ging es mir eher darum, meine Ängste und Sorgen auszudrücken – ich war 18 Jahre alt und hatte keine konkreten Ziele für mein Leben.

Der Text »Hinter Mauern«, den ich auf ein A4-Blatt notiert hatte, ist dafür ein typisches Beispiel. Er stammt vom 5. November 1982; zumindest besagt das die Notiz. Rein inhaltlich finde ich den Text heute gar nicht schlecht, er ist vor allem angenehm kurz und kommt ohne allzugroßes Jammern aus.

(Das war damals in vielen Texten junger Gedichteschreiber üblich. Das lyrische Ich der frühen 80er-Jahre kommt mir mit dem Blick von heute sehr wehklagend vor.)

Hinter Mauern 

Eingeschlossen in Salz,
in einem großen Block,
verbannt zur Bewegungsunfähigkeit.
Die Sinne sind erstorben,
die Gefühle verstummt.

Wir sehnen uns nach Liebe,
doch den Salzblock durchdringt
nur gespiegeltes Gefunkel.
Kein echtes Licht,
nur unwirklicher Abglanz.

17 September 2025

Vermüllung als Dauerthema

Ich arbeite seit den frühen 90er-Jahren in Rastatt und habe die Stadt in all der Zeit nicht als sonderlich sympathisch empfunden. Ich habe immer wieder nette Leute kennengelernt, aber ich stoße gleichzeitig oft auf Situationen, die mich kopfschüttelnd zurücklassen.

Ein aktuelles Beispiel entwickelt sich in der Nähe meines Arbeitsplatzes; ich stelle mein Auto häufig nur wenige Meter davon ab. Die Container werden mit Kleidung gefüllt, die in Säcken abgepackt ist. Gelegentlich kommt es vor, dass Menschen diese Säcke herausziehen und durchwühlen; womöglich suchen sie nach Kleidungsstücken, die sie nutzen können. Die aufgerissenen Säcke bleiben dann liegen.

Das bleibt aber nicht so. Recht schnell gilt das offensichtlich als Signal: Zu den aufgerissenen Säcken kommen Mülltüten, Kissen, Matratzen und andere Dinge. Es entsteht eine wilde Müllkippe, die wächst und gedeiht. Alte Stühle werden hinter den Container abgelegt, weiteres Gerümpel kommt hinzu.

Es geschieht nicht zum ersten Mal. Ist der Haufen groß genug, kommt irgendwann wohl die Stadtreinigung – oder sonst jemand – und räumt auf. Aber es vergehen nur wenige Wochen, bis das Spiel von vorne beginnt. Ich gestehe: Das verwirrt mich sehr …

16 September 2025

Künstlerische Umsetzung eines Klassikers

Zu den vielen Klassikern der Literaturgeschichte, die ich nicht gelesen habe, gehört »Dorian Gray« von Oscar Wilde. Die Geschichte des Mannes, der nicht altert, während sich ein Gemälde von ihm über die Zeit hinweg verwandelt, wurde längst sprichwörtlich: Es gibt Bands und Diskotheken, die sich darauf beziehen, und es existieren haufenweise wissenschaftliche Arbeiten darüber. Ich war deshalb sehr neugierig, wie die Comic-Umsetzung des Romans gelingen würde, die der Künstler Enrique Corominas erarbeitet hat und die im Splitter-Verlag erschienen ist.

Da ich das Original nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, ob die Geschichte gut umgesetzt wurde. Man versteht die Erzählung auf jeden Fall gut, taucht bei der Lektüre tief ein in die gehobene Gesellschaft am Ende des 19. Jahrhunderts und lernt wohlhabende Männer kennen, die nicht arbeiten müssen und ihre Zeit mit Müßiggang und Theaterbesuchen verbringen. Das alles wird mit einer gewissen Distanz erzählt, bei der es mich ein bisschen gruselt: Arbeitendes Volk findet nur am Rand statt, die Dialoge der wohlhabenden Männer stehen im Vordergrund. Homosexualität wird nicht offen angesprochen, ist aber offensichtlich ein Dauerthema im Hintergrund.

Umgesetzt wird das in Bilder, die wie gemalt wirken. Die Dekors sind schwelgerisch, die Häuser und die Kleidung der Personen sehen glaubhaft und sauber recherchiert aus. Cocominas, der mir bislang nicht bekannt war, schafft somit eine lebendige Szenerie, die durchaus Freude macht.

Dass ich die Geschichte nicht so richtig toll fand, lag an ihrem Inhalt, mit dem ich fremdelte – keine der Figuren war mir bei der Lektüre sympathisch – und nicht an der teilweise echt beeindruckenden Grafik. Hier gilt wieder einmal: Man schaue sich unbedingt die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags an!

15 September 2025

Der letzte Gong

Das Seminar, an dem ich an diesem Wochenende in Wolfenbüttel teilnahm, war ein schöner Abschluss meiner Laufbahn als Dozent: Seit 1995 habe ich mehrere Dutzend Seminare als Dozent an der Bundesakademie für kulturelle Bildung absolviert. Mit wie vielen Autorinnen und Autoren ich dabei zusammengearbeitet habe, kann ich nicht sagen; es ist eine dreistellige Zahl, aber mehr weiß ich nicht.

Entscheidend ist, dass es mir in all den Jahren viel Freude bereitete. Die Gespräche über das Schreiben und Veröffentlichen, die Diskussionen über Science Fiction und Fantasy, Horror und Politik, Musik und Sport waren immer unterhaltsam und bereichernd. Ich nahm bei jedem Seminar einiges für mich selbst mit und hoffte stets, dass die teilnehmenden Personen ebenfalls profitierten.

Nach dreißig Jahren hörte ich an diesem Wochenende auf. Man ermunterte mich, noch einmal an den großen Pausengong zu gehen und ihn zu betätigen. Das tat ich gern; das hatte ich immer gern getan. Die beiden Bilder, die Olaf Brill geschossen hat, belegen das.

Es war tatsächlich der letzte Gong. Nach dreißig Jahren habe ich aufgehört. Ich bin tatsächlich traurig, auch deshalb, weil das Seminar im Wochenende mit seinen starken Autorinnen und Autoren so gut gelaufen ist. Aber es ist und war richtig, nach all der Zeit einen Strich zu ziehen.

Mit einem letzten Gong eben …


11 September 2025

An der Bäckereitheke

Die Verkäuferin hinter der Theke war allein; sonst arbeitete dort meist zwei oder gar drei Frauen. Sie wirkte gestresst und angespannt, und sie hatte schlechte Laune.

»Da erfährst du morgens, dass du allein bist«, sagte sie einem Mann, der auf der anderen Seite stand, einen Meter von mir entfernt Er führte einen Einkaufswagen mit sich, der randvoll mit Grundnahrungsmitteln war. Er hatte im Supermarkt eingekauft und besorgte sich – wie viele andere – hinterher noch Brot und Brezeln. »Die eine ist im Urlaub, das ist schon schwer genug, dann wird die andere krank, und ich bekomme keinen Ersatz.«

Sie sprach den Dialekt der Gegend, und sie klang, als komme sie aus dem Dorf, zu dem der Supermarkt gehörte. Kurz sah sie mich an, ob ich mich vielleicht ins Gespräch mischen wollte, dann redete sie sich weiter in Fahrt.

»Man wird halt von morgens bis abends beschissen, nichts klappt, und niemand sagt einem Bescheid«, sagte sie in rasendem Wortschwall. »Ich kann nicht mal aufs Klo. Die Kunden stehen Schlange, ich muss ständig nachfüllen und daneben auch noch Brötchen und Brezeln aufbacken. Dann kommen Leute, die wollen einen Kaffee, und andere, die wollen etwas aufgebacken haben. Ich komm‘ nicht mal dazu, so richtig Luft zu holen.«

Mit fahrigen Handbewegungen kassierte sie den Mann ab, während sie redete, und gab ihm dann das Wechselgeld zurück. Der Mann trug eine schwarze Jeans und einen schwarzen Kapuzenpullover mit irgendwelchen Logos, die ich nicht erkannte; seine Haare waren grau und fielen ihm tief in den Nacken.

»Da kannst du nichts machen«, sagt er lakonisch, als er das Geld einsteckte. »Das ganze Land rutscht ab, wir gehen alle vor die Hunde, aber das kümmert ja niemanden.«

Er sah mich an, als ob ich dazu etwas sagen sollte. Ich hatte meinen »Interessiert mich nicht«-Blick aufgesetzt und blickte ihm ausdruckslos in die Augen. Fast erwartete ich schon, dass einer der beiden die AfD lobpreisen oder zum Sturz der Regierung aufrufen würde. Dann hätte ich vielleicht etwas gesagt, aber ich wusste nicht, was die beiden von mir hören wollten.

Vielleicht sollten Leute aus der Politik sich ab und zu mal in eine Bäckerei stellen und den Leuten zuhören, dachte ich dann, trat näher, begrüßte die Verkäuferin und gab meine Bestellung auf.

10 September 2025

Gelungene Gesellschaftssatire

Eine dreiköpfige Familie zieht aus Hamburg hinaus aufs Land. Man möchte seine Ruhe haben und sich im Dorf eine neue Existenz aufbauen, will aber den Kontakt zur Stadt nicht verlieren. Während der Mann ab sofort auf ökologische Weise – mit dem Roller und der Bahn – in die Stadt pendelt, versucht sich die Frau an einem Podcast, während die Tochter damit anfängt, sich immer mehr auf Social-Media-Plattformen zu tummeln.

Alles könnte so schön sein … doch dann fängt ein Maulwurf an, den Garten umzugraben.

Mark Spörrle schrieb den Roman »Der Maulwurf«, den ich als Lektüre für den Sommer empfehlen möchte. Der Autor ist vor allem als Journalist tätig, er arbeitet für die Wochenzeitung »Die Zeit« und schreibt quasi nebenbei seine Bücher. Damit war er schon erfolgreich, denn ihm gelingt offenbar immer wieder, den teilweise abstrusen Alltag auf ironische Weise in Geschichten zu verpacken.

Das schafft er bei diesem Roman auch. Die Geschichte einer Kleinfamilie, die sich auf dem Land mit den Nachbarn anfreunden muss, die an verschiedenen Stellen aneckt und von einem Maulwurf sehr gestresst wird, ist sehr lustig erzählt und macht bei der Lektüre große Freude.

Spörrle spitzt die Lage immer weiter zu, er schildert sie amüsant und mit der richtigen Dosis an Übertreibung. Beim Lesen musste ich immer wieder schmunzeln, manche der geschilderten Szenen stecken voller Komik, die manchmal an eine Slapstick-Komödie erinnert.

Der Autor nutzt geschickt die »Fallhöhe« seiner Figuren. Sowohl der Mann als auch die Frau kommen aus dem bürgerlichen Mittelstand; sie halten sich für politisch korrekt und ordentlich. Sie wollen Freunde und Nachbarn beeindrucken, sie leben gut mit sich und ihrer liberalen Weltsicht. Schwierig wird es dann, wenn die Weltsicht auf die Realität trifft und beispielsweise ein Maulwurf alle Pläne zunichtemacht, einen schönen und trotzdem naturnahen Garten zu haben.

Mir gefielen an dem Roman vor allem die Szenen, in denen die Erwachsenen sich ihrer Realität stellen müssen: Während er sich um seine Karriere in der Firma sorgt, plant sie ihre Karriere mit Podcasts. Dabei bekommen sie kaum mit, was die Tochter in ihrer Freizeit macht …

Das alles beschreibt der Autor mit großem Vergnügen am Detail: Er scheint aus persönlichem Erleben oder Beobachten zu wissen, wie Firmen funktionieren und sich Teenager entwickeln.

»Der Maulwurf« ist sicher kein Roman für die Ewigkeit. Er gibt allerdings einen wunderbaren Einblick in das Deutschland in der Mitte der zwanziger Jahre, ist sehr unterhaltsam und locker geschrieben und bietet immer wieder sarkastische Seitenhiebe. Wer noch einen unterhaltsamen Roman für den Sommer sucht, sollte zugreifen. Hier geht es direkt zur Leseprobe.

Er erschien zu Beginn des Jahres 2025 als schön gestaltetes Paperback und umfasst 352 angenehm bedruckte Seiten. Mithilfe der ISBN 978-3-453-42983-3 kann man »Der Maulwurf« überall im Buchhandel bestellen,.

(Die Rezension erschien im August auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie und wird an dieser Stelle aus dokumentarischen Gründen wiederholt.) 

09 September 2025

Realistische Comic-Kurzgeschichten

Der alte Ladenbesitzer Henk gibt auf: Er verkauft sein Ladengeschäft in New York an eine Pizza-Kette und zieht nach Florida. In Sunshine City will er seinen Ruhestand verbringen. Doch seine Töchter und vor allem sein Schwiegersohn sehen manche Neuerung in seinem Leben mit Argwohn ...

So beginnt die Kurzgeschichte »Sunshine Dity«, die dem gleichnamigen Comic-Band den Titel gibt. Veröffentlicht wurde das Buch bereits 1989 im Feest-Verlag, und ich las das Album dieser Tage noch einmal. Geschrieben und gezeichnet wurde es von Will Eisner, der mit seimem »Spirit« einen echten Comic-Klassiker schuf und mit »Vertrag mit Gott« die vielleicht erste Graphic Novel überhaupt veröffentlichte – bis heute übrigens einer meiner liebsten Comics.

Bei »Sunhine City« handelt es sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, die zwischen den 30er- und 80er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts spielen, meist in New York. Sie erzählen von einfachen Leuten und ihren Problemen, haben aber auch mal einen phantastischen Charakter oder spielen mit den Elementen eines Krimis – damit entsteht eine sehr unterhaltsame Abfolge von Geschichten.

Eine richtig lange Erzählung zeigt die Entstehung der Comic-Studios in den dreißiger Jahren. Die Hauptfigur dürfte Will Eisner seinem früheren Ich nachempfunden haben; die Erzählung steckt voller Details und spiegelt die Zeit somit sehr gut wider.

Zeichnerisch bleibt Eisner dem Stil treu, den er schon bei »Vertrag mit Gott« eingesetzt hat: Die Zeichnungen basieren auf einem harten Schwarzweiß-Kontrast, Grautöne oder gar Farbe werden vermieden. Sie sind realistisch, zeigen vor allem die Mietshäuser und die Straßen sehr klar und deutlich, rutschen bei den Gesichtern leicht in die Karikatur ab, sind insgesamt aber stark: Die einzelnen Charaktere treten klar und deutlich hervor, jede Figur ist ein Individuum, das für sich steht und spricht.

»Sunhine City« ist ein richtig guter Comic-Band, der seit seinem ersten Erscheinen in den 80er-Jahren nicht gealtert ist und den man immer wieder in die Hand nehmen kann. Sehr schön!

08 September 2025

Ein besonderes Gebäude

Warum ich auf diesem Hügel saß, wusste ich nicht. Von ihm aus hatte ich einen guten Blick über die Landschaft und auf ein großes Gebäude, das wie ein riesiges Atrium gestaltet war: groß und wuchtig, mit einem Innenhof, in den ich einen kleinen Einblick hatte. In meiner Nähe hielten sich einige Leute auf und blickte ebenfalls auf das Gebäude. Einer von ihnen fiel mir besonders auf, ein vierschrötiger Mann mit einem dunklen Vollbart.

Der Mann mit Bart telefonierte mit jemandem, und er hatte sein Telefon auf laut gestellt; so bekam ich jedes Wort mit. »Jetzt geht es los!«, rief er begeistert.

Ich verstand nicht, was er meinte, und sah abwechselnd zu ihm und zu dem Gebäude, auf das er seine Aufmerksamkeit richtete. Es war offensichtlich ein Gefängnis, wie mir auf einmal bewusst wurde, und in seinem Innern hatte ein Aufstand begonnen. Rauch stieg auf, Sirenen ertönten, aus dem Telefon drangen aufgeregte Stimmen.

»Das ist so geil!«, schrie der Mann mit Bart neben mir und sprang auf und ab.

Die Sirenen in dem Gebäude unterhalb des Hügels wurden lauter; dann schien es auf einmal im Boden zu versinken. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen: Offenbar hatten sich allerlei Luken geöffnet, durch die das Gebäue langsam in die Tiefe sackte. Und als es weit genug im Untergrund verschwunden war, schoben sich aus der Seite irgendwelche Teile, die das Loch verschlossen.

Es vergingen nur wenige Augenblicke, dann war das Gefängnis aus meinem Blickfeld entfernt. Eine Rasenfläche mit einigen Büschen bedeckte die Stelle, wo sich vorher das Gebäude befunden hatte.

Ich war völlig verwirrt. »Was soll denn das?«, murmelte ich. Dann wachte ich endlich auf.

05 September 2025

Zwischen L. A. und Texas

Wenn ich gelegentlich ein Hörspiel aus der Horror-Serie »John Sinclair« anhöre, achte ich selten auf Handlungslogik. Würde ich das tun, könnte ich mir die meisten der Stücke nicht zu Gemüte führen. Mein Lieblingsbeispiel: Dank eines magischen Kreuzes ist John Sinclair praktisch unbesiegbar, aber er setzt es – wenn überhaupt – immer erst im allerletzten Moment ein. Schon klar, sonst wäre die Geschichte nicht so spannend, aber …

Aktuell beschäftigte ich mich mit der Folge, die die Nummer 150 und den Titel »Eisherz« trägt und in den USA spielt, genauer gesagt, auf der Straße zwischen Los Angeles und einer Klinik in Texas sowie in der Klinik selbst. Dort soll der Freundin des Geisterjägers John Sinclair ein neues Herz eingesetzt werden. Das geht natürlich nicht ohne Komplikationen. Und so entwickelt sich die Handlung auf zwei Erzählebenen bis zu ihrem knalligen Höhepunkt einigermaßen folgerichtig.

Einige der Szenen sind echt brutal; Ghoule spielen schließlich mit, und die essen nun mal gerne Leichen. Geballert wird ebenfalls viel: Amerikanische Soldaten versuchen verzweifelt, einen riesigen Truck zu stoppen, der mit Benzin befüllt ist und über die Autobahn rast. Woher dann auf einmal ein magischer Schutzschirm kommt, der Schüsse ins Nichts leitet oder gar zurückwirft, und warum der nicht bei anderen Gelegenheiten von den Bösewichten eingesetzt werden kann, ist mir ein bisschen schleierhaft – aber zur Handlungslogik schrieb ich eingangs ja schon etwas.

Die Handlung an sich verläuft erwartbar, die Helden siegen am Ende. Es gibt sogar einen Hang zur Eigenironie; mir ist ein echter Insiderwitz aufgefallen: »Diese Folge wurde noch nicht vertont«, heißt es, als die Helden über etwas sprechen, das sie offensichtlich nicht nicht wissen können …

Nett. Wie immer gut gemacht, was die Sprecher und die Geräusche angeht!

04 September 2025

Bei Manu auf der Straße

Wir waren ein bisschen hungrig und wollten vor allem etwas trinken. Die vielen Restaurants, Cafés, Bistros und Brasserien im Gassengewirr von Nantes sprachen uns zwar an, verwirrten uns aber auch: Wo sollte man sich da hinsetzen, wo würde es denn wirklich gut schmecken? Als wir in einer kleinen Straße an »Chez Manu« vorbeikamen, guckten wir interessiert, spazierten dann zuerst weiter und kehrten nach wenigen Metern wieder um: Das sah doch interessant aus!

Einige Tische standen auf der Straße, an denen Leute saßen, miteinander redeten, viel lachten und tranken. Im Innern der klein wirkenden Räumlichkeiten war niemand. Aber der erste Eindruck war der eines Ortes, an dem die Stimmung gut und die Gäste trinkfest waren.

»Chez Manu« war das, was meiner Vorstellung von einer Wein-Bart am nächsten kommt. Der Besitzer erwies sich als großer Mann mit Bauch und längeren grauen Haaren, der viel lachte und viel Wein trank, der ständig rauchte und mit allen Gästen gleichzeitig im Gespräch zu sein schien. Er trug ein verwaschenes schwarzes T-Shirt mit dem Logo einer Metal-Band, eine Jeans, deren Schwarz bereits verblichen war, und schwarze Stiefel, die in ihrem früheren Leben vielleicht einmal bei einer Armee zum Einsatz gekommen waren.

Der Wein, den er ausschenkte, war sehr gut, nicht unbedingt preiswert. Man konnte bei ihm natürlich auch ganze Flaschen bestellen, wir hielten uns an kleine Gläser mit Weißwein aus der Region und tranken uns vorsichtig durch die Karte. Wasser zum Trinken gab es keins: Er habe doch hier eine Wein- und keine Wasser-Bar, machte Manu uns klar.

Immerhin gab es zu essen: Wir bestellten einen Teller mit Käse, mehr nicht. Was wir bekamen, war ein großes Vesperbrett mit leckeren Käsestücken aus verschiedenen Regionen Frankreichs, die wir uns probieren konnte und die allesamt überzeugten. Dazu reichte er Brot, bei dem er auch nachlieferte, nachdem wir das erste Körbchen leergefuttert hatten. Am Ende waren wir pappsatt.

Es war ein richtig schöner Abend vor dieser Weinbar. Wir lachten viel, wir aßen und tranken, die Flugzeuge donnerten dicht über unsere Köpfe hinweg – zumindest gefühlt –, und irgendwann gewöhnten wir uns fast schon an sie. Der Weg zurück zum Hotel war dann nicht ganz einfach, glückte aber.

03 September 2025

Ein Boxer mit feiner Ironie

Robert E. Howard wurde vor allem durch eine Figur bekannt, mit der er bis heute einen Teil der phantastischen Literatur beeinflusst. Gemeint ist Conan der Barbar, der sich mit einem Schwert und knallharten Muskeln seinen Weg durch zahlreiche Fantasy-Länder erkämpft. Dass Howard darüber hinaus viele andere Figuren erschuf und in praktisch jedem Genre seiner Zeit kürzere und längere Texte schrieb, ist weniger bekannt.

Unter anderem verfasste er Geschichten, die im Boxer-Milieu spielten. Diese bietet der Blitz-Verlag in einem Sammelband an, der den schlichten Titel »Steve Costigan – Seemann und Boxer« trägt und als Taschenbuch erschienen ist. Und um es gleich vorwegzunehmen: Die Übersetzung ist leider streckenweise nicht gut, und das Lektorat war auch nicht optimal. Das verdarb mir gelegentlich die Lektüre ganz schön.

Dabei sind die Geschichten an sich unterhaltsam und auf ihre schlichte Art spannend. Steve Costigan ist Matrose und reist mit einem Schiff über die Weltmeere. In den Häfen lässt er sich auf Boxkämpfe ein, häufig, weil er vorher provoziert worden ist. Die Kämpfe werden als sehr hart geschildert: Blut spritzt, Knochen brechen, Gegner gehen verletzt zu Boden.

Howard schafft es, diese Kämpfe sehr realistisch zu zeichnen. Auf eine inhaltliche Distanz verzichtet er. Costigan erzählt in der Ich-Perspektive – außer in der letzten Geschichte des Bandes, in der er nur eine Randfigur ist –, wodurch ein starkes Gefühl für die Realität aufkommt.

Dabei zeigt sich Costigan als ein ziemliches Großmaul, der sich selbst für einen großen Boxer hält und ständig in Raufereien gerät. Das ist amüsant zu lesen, weil der Charakter bei aller Schlichtheit nicht so superheldenhaft erscheint.

Moralisch wird vor allem die letzte Geschichte, in der ein anderer Boxer die Hauptrolle spielt. Bei ihm spielt im Hintergrund eine unglückliche Liebe mit, und diese Geschichte erscheint geradezu vielschichtig.

An heutigen Maßstäben kann man Robert E. Howard nicht messen. In seiner Zeit mussten Autoren in der Unterhaltungsbranche sehr schnell und sehr viel schreiben. Das schaffte der Schriftsteller auf vielen Gebieten – auch als Autor von Boxgeschichten. Wer Howard mag und mehr über ihn wissen möchte als nur die »Conan«-Geschichten, sollte sich dieses Taschenbuch zulegen.

02 September 2025

Die Show feierte ein Jubiläum

Ich weiß nicht, wann ich »The Rocky Horror Picture Show« zum ersten und zum letzten Mal gesehen habe. Ich sah den Kinofilm in den 80er-Jahren zweimal, daran erinnere ich mich sehr gut: Beides Mal saß ich mit Freunden in einem Kino in Freudenstadt und hatte einen großen Spaß an dem skurrilen Streifen und seiner schmissigen Musik. Ich kaufte mir in den 80er-Jahren auch die Schallplatte, die ich mir mal wieder anhören sollte.

Tatsächlich ist der Film ja viel älter; er kam im August 1975 in die Kinos, konnte in diesen Tagen also seinen fünfzigsten Geburtstag feiern. Dass es zu diesem Film eine Vorgeschichte gab, die bereits 1973 in einem Theater in London begonnen hatte, wusste ich damals natürlich nicht. So etwas kann man heute problemlos in der Wikipedia oder einschlägigen Film-Seiten im Netz nachlesen; damals war das kein allgemein verfügbares Wissen.

Ich erinnere mich, dass ich den Film beim ersten Mal verwirrend fand. Die queeren Szenen verstörten mich nicht, ich fand sie eher schräg und witzig. Aber weil mein Englisch so schlecht war, verstand ich die Dialoge teilweise schlicht nicht. Die Handlung erschloss sich trotzdem – und unterm Strich war’s für mich eben ein besonderer Science-Fiction-Film.

Bis heute habe ich den Film erstaunlich gut im Gedächtnis. Ich könnte ihn sicher weder mitsprechen noch die Lieder mitsingen, aber die wichtigsten Szenen kenne ich alle noch. Ob ich ihn mir einmal wieder anschauen würde? Vielleicht wäre es mal angebracht – mehr als vierzig Jahre nach dem ersten Mal …

01 September 2025

Ein Tag in der Touristenstadt

Das Ziel für den Urlaub auf Kreta war im Juni klar und eindeutig: viel schlafen, viel lesen, am Strand herumgammeln und ab und zu ins Wasser springen. Das hielt ich eisern durch, und so wurde der Urlaub sehr faul und sehr gemütlich; wegen des guten Essens, das unser Hotel auf Kreta anbot, war ich am Ende sicher zwei Kilo schwerer.

Einmal aber musste dann doch der Ausflug in die nahe gelegene Stadt Rethymno sein. Mit dem öffentlichen Bus ging es flott dorthin, entlang der Küste war das Gefährt teilweise ordentlich vollgestopft. Da ich es schätze, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, empfand ich das als unterhaltsam; es ist immer wieder nett, anderen Leuten zuzuschauen.

Rethymno selbst erwies sich als ausgesprochen hübsch. In der Stadt gibt es viele alte Häuser zu bewundern, die alte Zitadelle besichtigte ich sogar. Ansonsten bummelte ich durch die Straßen und Gassen, nahm das eine oder andere Getränk zu mir und guckte sogar in den einige Läden hinein.

Man merkt auf Schritt und Tritt, dass die Stadt und ihre Umgebung vom Tourismus leben; nicht allein, das ist klar, aber zu einem großen Teil. Andenkenläden und Souvenir-Shops gab es reichlich, man kam überall mit ein bisschen Englisch durch. 

Trotzdem fand ich die Stadt nicht »übertouristisch«, sondern immer noch lebenswert. Abends dürften die Straßen auch anders aussehen als tagsüber ...

Auffallend waren die vielen Parolen, die Freiheit für Gaza oder ein Ende des aktuellen Krieges forderten; der ist von Kreta nicht so weit entfernt wie bei uns. Ich sah Plakate, die in englischer Sprache und mit hebräischen Schriftzeichen – womöglich die gleiche Aussage – die israelischen Urlauber beleidigten, die es auf Kreta auch gab. 

Ignorierte man die politischen Aussagen, war Rethymno eine hübsche Stadt, in der man sich gut bewegen konnte, auch wenn viel los war. Ich bereute den Ausflug nicht, war dann aber sehr froh, am späten Nachmittag wieder am Strand auf der Liege herumdösen zu können ...