31 Juli 2013

Der arme Herr Lammert

Er kann einem wirklich leid tun, der Bundestagspräsident. Ein Polit-Aktivist hat damit begonnen, Plagiatsvorwürfe gegen Norbert Lammert ins Netz zu stellen; ein Thema für die Nachrichten und vor allem für das Sommerloch. Lammert reagierte aus meiner Sicht sehr gut: Er ging die Sache offensiv an, stellte seine Dissertation auf die eigene Internet-Seite und bat die Universität um Prüfung.

Nur ... heute bekam er öffentlich »Post von Wagner«. Der sogenannte Journalist, der für die BILD-Zeitung schreibt, formuliert in seiner üblichen Art: »Der Plagiatsvorwurf wird an Ihren Schuhsohlen kleben wie ein Kaugummi, das Sie nicht mehr loswerden.«

In einigen Stammel-Halbsätzen ärgert er sich über das »Internet-Geschwätz«. Und er hofft öffentlich, »dass der große Norbert Lammert überlebt«. Da stellt sich mir nur eine Frage: Kann denn niemand den Bundestagspräsidenten vor solchen »Freunden« schützen?

30 Juli 2013

Gesehen: The Company You Keep

Man muss sich ein wenig für Politik, Geschichte und die USA interessieren, um überhaupt jemals vom Weather Underground gehört zu haben. Ich hätte darüber nie einen Artikel schreiben können, aber immerhin wusste ich, um was es sich handelt: Es war ein Pendant zur Roten Armee Fraktion in Deutschland, junge Leute in den 60er-Jahren also, die dem Massenmord an den Vietnamesen nicht länger zuschauen wollten und deshalb den Terrorismus als Krieg an der Heimatfront eröffneten.

Das ist Hintergrund eines neuen Films, den Robert Redford produziert hat und in dem er die Hauptrolle spielt: »The Company You Keep« greift die alte Geschichte aus den 70er-Jahren auf, verlegt sie ins Hier und Jetzt und verknüpft sie mit modernen Thriller-Elementen.

Nach über dreißig Jahren kommt ein Journalist auf die Spur des untergetauchten Ex-Weatherman Nick Sloane – gespielt von Robert Redford. Der ist Rechtsanwalt und alleinerziehender Vater. Als seine Tarnexistenz gelüftet ist und eine alte Mordanklage ausgegraben wird, bleibt ihm nur die Flucht. Sie ist gleichzeitig nach Jahrzehnten sein Versuch, seine Unschuld zu beweisen. Während der junge Journalist weiterschnüffelt, macht das FBI mobil und jagt den alten Ex-Terroristen.

Seien wir fair: Die Action ist sehr zurückhaltend. Robert Redford geht stramm auf die 80 zu, sieht aber mit der braunen Lederjacke immer noch sehr sportlich aus. Wenn er vor der Polizei wegrennt, wirkt er sehr flott, aber bald verlässt ihn die Puste. (Übrigens dürften sogar konservativste Zuschauer den ehemaligen Kriminellen sympathisch finden.)

Spannend ist der Film trotzdem, unterhaltsam sowieso. Robert Redford und seine Schauspielerkollegen, darunter eine Reihe von bekannten Stars, verstehen ihr Handwerk – das ist klasse gemacht. Fürs Bildungsfernsehen taugt der Film nicht, stattdessen geht es um die Familie und eine alte Liebe und die Frage, ob militanter Widerstand gegen ein »Schweinesystem« berechtigt ist oder nicht.

In politikarmen Zeiten wie diesen, wo sich politisches Interesse nur entzündet, wenn man selbst stark betroffen ist (Verkehrslärm, Kita-Plätze, Überwachungsstaat, Stromtrassen), ist so ein Film richtig wichtig. Und das ist er sogar, auch wenn er sich nicht als sooooo politisch gibt und sich eher als ein gemütlicher Thriller klassischer Machart erweist.

29 Juli 2013

Moleküle in Drei-D

Viele der modernen Drei-D-Programme machen ja den Anschein, sie wurden nur dazu entwickelt, um unnötige Filme unnötigerweise aufzublähen. Im Karlsruher Museum für Kunst und Medientechnologie, kurz ZKM, gibt es derzeit eine Installation, die nicht einmal Eintritt kostet und die ich mir dieser Tage anschaute. Der schöne Titel: »Molecules that changed the World«.

Man steht in einem dunklen Raum, hat eine Drei-D-Brille auf der Nase und kann mit einer Art von Joystick dreidimensionale Elemente durch denRaum Bewegen. Gezeigt werden Moleküle wie Wasser oder Ammoniak, aber auch Ethanol und eine DNS-Schleife; man kann sie richtig schön angucken und bekommt gezeigt, wie Wasserstoff oder Sauerstoff oder Kohlenstoff im Molekül-Modell zu sehen sind.

So was hätte man früher im Chemie-Unterricht gebraucht. Damit wird das ganze Thema auf einen Schlag richtig plastisch und klar.

Alternative-Rock aus der Schweiz

Zu den schlimmen Musikbegriffen gehört seit gut eineinhalb Jahrzehnten ja »Alternative-Rock«; hier packen mehr oder weniger findige Musikjournalisten und Musik-Promoter alles rein, was sie sonst nirgends unterkriegen. Aber für die aus der Schweiz stammende Band Keadaar fällt mir ebenfalls kein brauchbarer Begriff ein ...

Was die Band macht ist Rock-Musik, sie klingt nicht unbedingt massenkompatibel, findet aber unter dem Label Alternative sicher eine zahlenmäßig große »Zielgruppe«. Wer mag, darf die Band übrigens unter Grunge-Rock einordnen, aber das ist mehr als zwanzig Jahre nach der Blütezeit dieses Sub-Genres vielleicht nicht so optimal.

Hin wie her: Die drei Musiker, deren Nachnamen auszugsweise den Bandnamen bilden, spielen seit vielen Jahren in unterschiedlichsten Bands zusammen und haben mit »Monosound« jetzt eine ordentliche CD herausgebracht. Das rockt manchmal recht flott und dynamisch, mit wuchtigen Gitarren, ist aber meist in ruhigem Tempo eingespielt; ganz selten rotzt die Musik so, dass sie auch für Punkrocker geeignet ist.

Der Sänger hat eine gute Stimme, die oft melancholisch klingt, auch bei den schnelleren Stücken. Leider ist das ganze unterm Strich ein wenig lahm, sogar die rockieren Stücke kommen mit angezogener Handbremse um die Ecke.

»Monosound« ist eine CD, die ich mir gut anhören kann, die mich nicht ärgert, die mich aber nicht packt. Nach dem dritten Anhören ist nicht viel hängen geblieben – immerhin aber das Gefühl, dass die Band etwas kann, aber nicht unbedingt bei mir landet.

28 Juli 2013

Bier im Vogelpark

Obwohl ich seit bald zwanzig Jahren in Karlsruhe wohne, gibt es immer wieder Ecken, bei denen ich verblüfft stehenbleibe und sage »boah, was ist das denn?«. Dazu zählt die Existenz des dschungelartigen Mini-Naturschutzgebietes zwischen Ölhafen und Rhein, durch das ich dieser Tage radelte und das ich unbedingt ein mal fotografieren muss, ebenso wie der Biergarten im Vogelpark in Neureut, rund sieben oder acht Kilometer von der heimatlichen Wohnung entfernt.

Man sitzt auf Plastikstühlen, die wiederum stehen auf Kiesboden; das ist nicht sonderlich bequem. Das griechische Essen ist für Fleischfreunde sicher gut; für den Vegetarier gibt es immerhin fettreiche Speisen, die ganz gut schmecken. Das Bier ist gut gekühlt und zischt dadurch ruckzuck runter.

Das beste ist aber die »Location«, wie das so schön neudeutsch heißt: Auch wenn man nicht weit von den bewohnten Teilen der Stadt entfernt ist, kommt man sich vor wie in einem Urwald. Vögel kreischen, am Teich ist richtig was los, rings um einen herum wuchert das Grün bis weit in die Höhe.

Fast erwartet man, dass irgendwelche Zebras oder Gnus an die Tränke kommen – aber in der Ecke gibt es nicht einmal Wildschweine. Stattdessen gammeln einige Ziegen reichlich faul zwischen Wiese und Sträuchern herum.

Alles in allem ein lohnenswertes Ausflugsziel für mich: nicht unbedingt aus lukullischen Gründen, aber eher aus Gründen der Ruhe und der frischen, vergleichsweise kühlen Luft.

27 Juli 2013

Gustave und seine Nacht-Abenteuer


Zu den ungewöhnlichsten und besten Autoren phantastischer Literatur zählt für mich Walter Moers: Seine Zamonien-Romane, die ich allesamt gelesen habe, stellen einen Kontinent voller phantasievoller Geschichten und Wesen vor; die Ideenflut des Schriftstellers wirkt unerschöpflich. (Dass ich auch seine »Kleines Arschloch«-Comics mochte, wird wohl niemanden überraschen.)

Mit seinem Roman »Wilde Reise durch die Nacht«, dessen Lektüre ich erst dieser Tage beendete, hat er allerdings ein Werk vorgelegt, das sich herkömmlicher Beurteilung verwiegert. Der Roman, der erstmals 2001 veröffentlicht wurde, ist auch phantastisch, spielt aber nicht im Zamonien-Universum.

Im wesentlichen handelt es sich um eine Hommage an den französischen Künstler Gustave Doré; von ihm stammen die 21 Holzstiche, an denen sich die Handlung des Romans gewissermaßen entlanghangelt. Der Künstler selbst ist auch die Hauptfigur, und im Prinzip ist das ganze nichts anderes als eine große Traumreise – eben quer durch die Nacht.

Der zwölf Jahre alte Gustave, ein cleverer Junge, der gerne Künstler werden möchte, beginnt sein Abenteuer als Kapitän eines Schiffes. Später trifft er den Tod und seine wahnsinnige Schwester, dann erhält er eine Reihe von Aufgaben. Er muss einen Drachen töten und begegnet schrecklichen Monstern, er fliegt mit einem riesigen Schwein und reist durch die Zeit, er besucht den Mond und erreicht schließlich den Morgen ...

Das klingt nicht nur absurd, das ist es streckenweise auch. Das Buch steckt voller Ideen, ist aber ziemlich haarsträubend. Lässt man sich darauf ein, dass es sich um eine Traumgeschichte handelt, macht es sogar Spaß. Zu den »Muss-Büchern« des Autors zählt es allerdings nicht. Kann man also lesen, muss man also beim besten Willen nicht ...

26 Juli 2013

Erinnerungen an die Nuller-Jahre

Auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie unterhalte ich seit mehreren Jahren eine Kolumnen-Reihe, die den schönen Titel »Der Redakteur erinnert sich« trägt. Immer wieder gehe ich da auf konzeptionelle Erwägungen der Vergangenheit, frühere fannische Sünden oder Begegnungen mit Science-Fiction-Kollegen ein. Heute beleuchte ich mal wieder einige dieser Kolumnen.

Dieser Tage erst erschien »Erste Gespräche mit Lübbe-Audio«, eine Kolumne, die sich auf das Jahr 2004 bezieht. Damals planten wir die Hörspielserie zum »Sternenozean«-Zyklus, ich fuhr erstmals nach Bergisch Gladbach – und einige Jahre danach hatten wir eine wunderschöne Hörspiel-Edition veröffentlicht.

In »Weiterplanung für Andromeda« ging es um das Jahr 2002 und eine Konzeption von Robert Feldhoff. Wir hatten damals vor, neue Taschenbücher zu produzieren, die in Lizenz im Heyne-Verlag erscheinen sollten; die ersten Planungen werden in dieser Kolumne beleuchtet.

Die direkte Fortsetzung dazu erschien unter dem Titel »Robert informiert über den Schattenspiegel«; ich schreibe in dieser Kolumne über die weiteren Arbeiten an dem Heyne-Sechsteiler. Er sollte in den Nuller-Jahren übrigens zu einem unserer großen Erfolge werden, der mehrfach nachgdruckt und als Paperback verwertet wurde, den es jetzt auch als Hörbuch und E-Book gibt.

25 Juli 2013

Über die Jugend von heute

Das neue Aufreger-Thema wird vom »Spiegel« hochgekocht und vom halben Facebook nachgeplappert: Die Jugend von heute ist rüpelhaft, ungezogen, laut und faul. Als ob wir das nicht immer schon gewusst hätten ...

Vor zwanzig Jahren diskutierte ich mit zwei Autoren und einem sehr belesenen Science-Fictio-Fan über dasselbe Thema. Zwei der Anwesenden waren sich einig, dass die Jugendlichen nicht mehr in der Lage seien, komplexe Texte zu verstehen, und sowieso nur Scheißmusik hören würden. Es sei zudem schlimm, wie schlecht sich manche Jugendliche verhielten.

Angeblich hat sich schon Sokrates über die Jugendlichen zu seiner Zeit geärgert. Wahrscheinlich hörten die damals auch Scheißmusik, benutzten schmutzige Ausdrücke und furzten in aller Öffentlichkeit. Nichts neues also unter unserer Sonne.

Zu meiner Zeit machten sich die Erwachsenen nicht nur Sorge um mich und mein Lotterleben, sondern auch um die gesamte Jugend. Wir seien die »No-Future-Jugend«, hieß es in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren, und wir bekämen nichts auf die Reihe, seien nur auf Saufen und Party aus; gewalttätiger seien wir sowieso.

Wenn es nicht so erbärmlich wäre, müsste man nur darüber lachen. Die Klischees wiederholen sich. In den zwanziger Jahren hat man garantiert über die vergnügungssüchtige Jugend gelästert. Und die gewalttätigste Jugend des zwanzigsten Jahrhunderts war die Generation, die in den 40er-Jahren ganz Europa in einen Sumpf aus Blut und Gewalt verwandelt hat ...

Allerdings muss ich feststellen, dass heutzutage wirklich einiges im Argen liegt. Da ich einige Lehrer im Bekanntenkreis habe, höre ich immer wieder Geschichten, bei denen ich nicht weiß, ob ich lachen oder weinen soll. (Die haben sich garantiert meine Lehrer damals auch untereinander erzählt ...)

Nur: Es ist meine Generation, die die heutige Jugend so »gemacht« hat, die Generation jener Männer und Frauen, die heute zwischen 35 und 55 Jahren alt ist. Und es ist dieselbe Generation, die über jene Jugend herzieht. Es ist erbärmlich und witzig zugleich ...

24 Juli 2013

Google-Brillen sind doch hilfreich

Ich kann ja nicht behaupten, dass ich amerikanischen Humor immer verstehe: weder in Filmen, in Comics und in Musik noch in der »wirklichen Welt«. Aber manchmal gibt es Dinge im Netz, über die kann ich doch amüsieren. Das aktuelle Beispiel ist eine Werbung für Google Glass – übrigens ein Produkt, dessen Sinn ich noch nicht so richtig kapiere – und eigentlich sowieso für einen Internet-Laden, in dem man Sexspielzeug und anderen Kram kaufen kann.

Auf jeden Fall griff dieser Laden den Wunsch der Google-Leute auf, fleißig Filmchen zu machen, in dem es um den Sinn von Google Glass geht. Wie es sich bei der Produktpalette der Firma gehört, ging es prompt um Sex. Also nahm man sich zwei bekannte Sex-Darsteller, deren Namen ich peinlicherweise noch nie gehört hatte, und ließ diese eine Sex-Szene drehen. Die kann man jetzt bei Youtube angucken, sie ist aber jugendfrei.

James Deen und Andy San Dimas unterhalten sich fleißig, während sie über den Schreibtisch rutschen, scannen sich mit ihren tollen Google-Brillen und nutzen alle nur erdenklichen Möglichkeiten, während der wichtigen Tätigkeitkeit, mit der sie sich beschäftigen, ihrem Shopping-Vergnügen nachzugehen. Hm ... man muss amerikanischen Humor nicht immer verstehen – aber das finde ich jetzt witzig.

23 Juli 2013

Die Kaos-Conspiracy auf CD


Es war eines der besten Punk-Konzerte des Jahres 2012: Dangerman aus Norwegen und die Bone Idles aus Karlsruhe gemeinsam auf der Bühne und ein Mob von einigen Dutzend Leuten, die wie besessen durch die Gegend sprangen. Unter dem Titel »Kaos Conspiracy« erschien kurz vor Weihnachten die dazu passende CD. Sie enthält die Split-Langspielplatte der beiden Bands sowie die EP, die es eh nur innerhalb der Holz-Box zu den Konzerten gab und gibt.

Man muss da nicht sooo viel schreiben: Beide Bands machen die Art von Punk, wie sie Ende der 80er-Jahre durch westdeutsche Jugendzentren und besetzte Häuser tobte. Kein Wunder: Die Mitglieder beider Bands sind schon seit Jahren und Jahrzehnten in der Szene aktiv, und sie haben in der Zeit nichts verlernt.

So klingt auch ihre Musik, und das meine ich positiv: einerseits ruppiger Hardcore der klassischen Sorte, andererseits druckvoller Punk der alten Ami-Schule, beidesmal energiegeladen, mitreißend und euphorisch, ein Sound, der einen live zum Hüpfen bringt und den man auch von der CD nicht bewegungslos anhören kann.

Keine Harte-Männer-Musik, kein Metal, kein Heulsusen-Sound, sondern schlicht Hardcore-Punk. Da krieg' ich gleich Pipi in den Augen vor Begeisterung! Und überlege mir, ob ich mir nicht wieder entweder ein Karohemd anziehen oder einen Iro schneiden lassen soll.

(Eine Kurversion dieser Besprechung erschien übrigens bereits im OX-Fanzine.)

Neulich auf dem Rheindamm

Ich war wieder einmal mit dem Rad unterwegs und fuhr recht flott durch die Rheinauen, hielt mich dabei auf einem schönen Weg, der auf einem Rheindamm entlang in Richtung Süden führte. Rechts und links standen die Bäume, ab und zu blubberte rechts von mir ein sumpfig wirkender Altrheinarm vor sich hin.

Auf jeden Fall kam ich gut voran; ich atmete schlau durch die Nase, damit ich nicht ein Viertelpfund Mücken pro Kilometer verspeiste. Es machte richtig Spaß, weil ich das Gefühl hatte, die Landschaft flöge nur so an mir vorüber.

Ein Ehepaar kam mir entgegen, beide recht gemütlich, beide ordnungsgemäß auf ihrer Seite und schön hintereinander. Die grauen und weißen Haare leuchteten in der Abendsonne; ein älteres Ehepaar auf dem Weg zum Feierabendbier im Nachbardorf.

Bis der alte Herr, der vor seiner Frau herfuhr, auf einmal die Seite wechselte ... Er kam mir direkt entgegen, nahm mich aber nicht wahr und guckte sich irgendwelche Bäume seitlich von uns an.

Bei meinen rasenden Gedanken kam ich mir vor wie der Action-Held in einem Thriller: Wich ich jetzt aus, kam ich auf Gras und vor allem auf den Rand der Böschung; ich würde, wenn alles gut ging, durch die Brennesseln fliegen und im modrigen Wasser landen. Wenn ich bremste, flog ich unweigerlich von der Strecke; falls ich das bei meinem Tempo überhaupt nicht schaffte. Und wenn ich nichts tat, krachte es.

Ich schrie »Aus dem Weg!«, die Frau schrie »Bass doch uff!«, der Mann guckte irritiert in die Höhe, sah mich, eierte zur Seite – und schon war ich vorbei. Auf den folgenden eineinhalb Kilometern, die ich auf dem Rheindamm blieb, überlegte ich mir, ob mir ein Helm wirklich geholfen hätte ...

22 Juli 2013

Auf der Titanic


Es gab eine Zeit, in der ich mindestens einmal pro Woche in der Kneipe »Titanic« war. Diese liegt in der Innenstadt von Karlsruhe, und in den 90er-Jahre versammelte sich unter dem großen grünen Wandbild und am Tresen eine bunte Mischung an Menschen: Fußballfans und Punkrocker, Arbeitslose und Feierabendbiertrinker, Studenten und Rentner, alles bunt gemischt.

Die Musik war nicht immer gut, um es höflich zu sagen, das Essen nicht unbedingt immer richtig lecker. Aber die Atmosphäre machte es, die »Athmo«, wie das jetzt neudeutsch heißt, und wir hatten zeitweise eine Art Stammtisch im »Titanic«.

In den Nullerjahren flaute das ganze für mich ab, und dieser Tage war ich zum ersten Mal seit mehreren Jahren mal wieder im »Titanic«. Mittag war es, an einem Arbeitstag, den ich zu Hause mit einem Manuskript und meinem Computer verbrachte, und ich wollte im Biergarten sitzen.

Außer mir waren drei weitere Gäste da, ansonsten war alles wie leergefegt. Im Innern der Kneipe wirkte alles recht sauber, das grüne Wandbild fehlte komplett. Die Musik war so leise oder so unwichtig, dass ich sie nicht wahrnahm.

Die Saftschorle schmeckte, die Bedienung war nett, und die Käsespätzle konnte man essen. Aber ich hatte nicht das Gefühl, nach all den Jahren gewissermaßen heimgekommen sein. Es war nicht mehr das »Titanic« in meiner Erinnerung, und ich hätte Stein und Bein geschworen, dass das nicht an mir allein lag ...

21 Juli 2013

Noch neun Wochen

Wenn ich es mir recht überlege, ist es nicht mehr weit bis zur Bundestagswahl. Die völlig unfähige und korrupte schwarz-gelbe Koalition muss weg, da sind sich eigentlich alle Menschen einig, die einen einigermaßen wachen Verstand besitzen. Meine Gedanken an eine rot-grüne Koalition sind allerdings auch nicht sonderlich positiv – im Moment neige ich dazu, ungültig zu wählen, überhaupt nicht wählen zu gehen oder mein Kreuzchen bei irgendwas unsinnigem zu machen.

Es gibt eine Reihe von Menschen, die mich in diesem Punkt nicht verstehen. Man müsse doch zumindest das »kleinere Übel« wählen, heißt es dann; um Merkel abzulösen, müsse man nötigenfalls Steinbrück in Kauf nehmen. Der sei zumindest nicht so schlimm. »Nicht so schlimm« ... das sagt schon alles ...

Ich sitze bei solchen Gesprächen mittlerweile da und weiß nicht, ob ich schreien soll. Mit genau diesen Sprüchen kamen Schröder und seine Bande an die Macht; an den Folgen laboriert die Gesellschaft immer noch herum. Außer dem »Nein!« zur direkten Teilnahme am Irak-Krieg hat die Regierung Schröder wenig positives hingekriegt.

Kann mir irgend jemand erklären, warum ich unbedingt das eine Gesindel gegen das andere eintauschen soll? Warum ich mir künftig die Lügen der anderen Bande anhören soll? Warum ich künftig von einer anderen korrupten Klasse ausgebeutet werden soll?

Vielleicht wähle ich die Linkspartei, zum ersten Mal in meinem Leben. Nicht weil ich neuerdings die Vermengung aus alten Gewerkschaftsheinis, ebenso alten Ex-Kommunisten und pseudomodernen Pop-Linken gut fände. Nicht weil ich glaube, dass diese Bande mich auch nur ansatzweise besser »regieren« würde ...

Sondern schlichtweg aus dem Grund, weil die hoffentlich nicht an die Macht kommen werden und sich vielleicht im Parlament ein wenig für soziale Gerechtigkeit einsetzen werden. Oder sich zumindest dafür einsetzen, dass arme Menschen nicht permanent ausgegrenzt, für miese Gangster gehalten oder von Staatsbütteln kontrolliert werden.

20 Juli 2013

Der Kiloton Room und anderes

Wenn ich schon mal im ZKM war, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, dann wollte ich das auch ausnutzen. Vieles in dem Museum finde ich überdimensioniert und überteuert, aber grundsätzlich ist es super, so ein Museum in der Stadt zu haben.

Und weil ich nach der offiziellen Eröffnung und dem Besuch von »Die Gernsback-Prophezeiung«, der Ausstellung über den »Erfinder der Science Fiction«, noch Zeit hatte, stromerte ich weiter im Museum für Neue Kunst herum. Vor der Tür war es brühwarm, im Innern des Museums herrschten angenehme Temperaturen – es war also gar keine schlechte Alternative an diesem Freitag abend, 19. Juli 2013.

Es gab einige beeindruckende Gemälde, die ich richtig toll fand; von den Künstlern hatte ich noch nie zuvor gehört, und ich vergaß die Namen gleich wieder. Es gab haufenweise Dinge, die ich seltsam und wenig ansprechend fand, aber dann aber Installationen, bei denen ich staunend stehen blieb.

Es gab eine bemerkenswerte Zusammenstellung von Kunst aus den Palästinensergebieten: Frauen, die sich mit eigenen Arbeiten an die Öffentlichkeit wagten. Das war spannend, wenngleich ich davon nichts persönlich in mein Wohnzimmer hängen würde.

Stark war die Ausstellung von Matthew Day Jackson, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Der Mann ist Jahrgang 1974, gilt als richtig wichtig, und die Ausstellung steht unter dem Titel »Total Accomplishment«.

Die Einleitung bildet ein riesiges Wandplakat, das den Weltraum zeigt, wie er von dem Hubble-Teleskop aufgenommen worden ist. Das Bild ist unglaublich groß: rund 14 auf rund 25 Meter; davor stehen zwei riesige Metall-Plastiken. Die eine zeigt einen Globus mit allerlei Verbeulungen als Modell des Universums, die andere ist im Prinzip das umgebaute Cockpit eines Bombers.

Am beeindruckendsten ist aber der riesige Kiloton Room, der ein Kantenmaß von 8,46 Metern aufweist. Benannt ist er nach der minimalen Sprengkraft einer Atombombe ... Von außen stellt es sich als Holzgebilde auf Stangen dar, über Treppen kommt man ins Innere des Gebildes.

Steht man innen drin, wird man von grellem Licht und strahlend weißen Wänden geblendet. An der Wand hängt eine riesige Plastik aus sorgsam abgefackeltem Holz: »August 6, 1945« ... eine Darstellung von Paris, wie es aussehen würde, wenn eine Atombombe die Innenstadt der französischen Metropole vernichtet hätte.

Ganz ehrlich: Ich kam wie betäubt aus dem Raum heraus; dagegen verblassten die anderen Kunstwerke und Ausstellungen in diesem Museum. Man muss sich darauf einlassen, aber: Dieser Raum allein lohnt schon den Besuch!

19 Juli 2013

Konfuse Fantasy mit schöner Optik

Ich bin ein großer Freund des Splitter-Verlages und der Comics, die in diesem Verlag veröffentlicht werden. Sie kommen als schicke Hardcover heraus, sie sind schön gedruckt, und sie decken inhaltlich eine riesige Bandbreite an Science Fiction und Fantasy ab; das muss erst einmal einer nachmachen.

Allerdings gibt's auch im Splitter-Programm gelegentlich einen Comic, der mich ratlos zurücklässt. Aktuelles Beispiel: die Fantasy-Trilogie »Ganarah« von Fabrice Meddour. Im französischen Original verging jeweils recht viel Zeit zwischen den drei Alben, und auch hierzulande dauerte es einige Zeit, bis die Serie abgeschlossen war.

Das hat durchaus Vorteile: Ich kann als Betrachter der einzelnen Seiten beobachten, wie der Künstler von Mal zu Mal besser wird und sogar seinen Stil verändert. Die Action-Szenen sind knallig, die fremden Wesen wirken faszinierend, die halbnackte Titelheldin wirkt ein wenig mangaesk. Aber das ist alles schon ziemlich cool.

Problematisch ist allerdings die Geschichte. Irgendwie geht es um ein Fantasy-Land, in dem es Gestaltwandler, Arenakämpfe, menschenähnliche Monsterwesen, aufrecht gehende Schatten und Energiefluxe gibt – alles recht faszinierend, aber unterm Strich sehr verwirrend und konsus. Die Heldin ist eine ehemalige Königin, Amazone und Arenakämpferin, die aus ihrer Heimatstadt verbannt wurde, jetzt aber zurück möchte.

Die Story springt von Bild zu Bild, und als Leser bekomme ich keinen Gesamteindruck. Bis zum Ende des dritten Bandes kapiere ich nicht, wie das alles zusammenhängt. Fabrice Meddour scheint ein Comic-Künstler zu sein, dem man unbedingt einen guten Texter zur Seite stellen muss: Geschichten zeichnen und malen kann er, aber nicht unbedingt selbständig erzählen.

»Ganarah« ist ein Comic, den man eigentlich nur den Comic-Sammlern sowie den beinharten Fantasy-Fans empfehlen kann. Und das finde ich angesichts der durchaus vorhandenen optischen Qualität durchaus schade ...

18 Juli 2013

Klischee auf Rädern


Ich fuhr mit dem Rad durch die Bismarckstraße; es war mitten am Tag, und es herrschte ordentlicher Verkehr. Rechts und links parkten Autos, manche standen in der zweiten Reihe. Kamen sich zwei Autos entgegen, musste immer ein wenig geschaut werden, wer den anderen vorließ.

Vor mir fuhr ein blaues Auto, irgendein französisches Modell mit Karlsruher Kennzeichen. Das Auto fuhr sehr langsam, ich hätte mit einigem Druck locker überholen können. Da ständig Gegenverkehr kam, ließ ich das sein. Aber es nervte, mit dem Fahrrad hinter so einem lahmen Auto herzustrampeln.

Eine Kreuzung kam, eine dieser typischen »Rechts-vor-links«.Kreuzungen, mit denen erstaunlich viele Menschen ihre Probleme haben. Das Auto blinkte nach links und fuhr langsam in die Mitte der Straße.

Ich freute mich, trat in die Pedale, hielt mich zur rechten Seite und wollte vorbeifahren. In diesem Moment bog das Auto, immer noch links blinkend, nach rechts ab. Fluchend bremste ich ab, konnte ein »Hey, du Arsch« nicht unterdrücken.

Während das Auto direkt vor meiner Nase vorbeifuhr, keinen Zentimeter vor meinem Vorderrad, schaute ich durch das Beifahrerfenster ins Innere. Eine Frau saß am Steuer, sie sah weder nach rechts noch nach links, hatte mich ganz offensichtlich nicht mal wahrgenommen.

In diesem Augenblick fielen mir alle Klischeesprüche über »Frau am Steuer – ungeheuer!« ein, die ich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte gehört hatte. Dann lachte ich leise und fuhr weiter.

Das Kommando mit der Nummer sechs


Wer sich mit Punkrock aus deutschen Landen beschäftigt, ist im Verlauf der vergangenen zwei Dutzend Jahren sicher einmal auf eine Band gestoßen, bei der Jens Rachut singt. Die Genialität des schrägen Texters hat mittlerweile sogar die »normale Presse« erkannt und feiert ihn in Porträts ab. Hier und heute soll es mir aber um die aktuelle sechste Platte seiner Band Kommando Sonne-nmilch gehen; die heißt »You Pay I Fuck« und ist richtig punkig.

Das ist nicht selbstverständlich, denn das Kommando hat im Verlauf der Jahre sehr experimentielle Dinge produziert: mal mehr Elektro, mal mehr Hörbuch. Die aktuelle Platte ist vor allem in der ersten Hälfte richtig toller Punkrock: starke Gitarren, ein ausdrucksstarker Gesang, originelle Melodien.

Die Band hat ja nicht nur den auffälligen Sänger, sondern besteht zudem aus hervorragenden Musikern, die sich gelungenen Punkrock mit viel Schmackes nur so aus den Ärmeln zu schütteln scheint. Erst in der zweiten Hälfte der Platte, die es als CD und als Vinyl gibt, taucht das eine oder andere Experiment auf.

Damit Jens Rachut nicht allein durch die Gegend singt, frischt die Band schon immer gern den Sound mit Frauen-Chören auf; das ist auc diesmal klasse. Stücke wie »Kranke Bunker« finde ich super, und wer sich ein Science-Fiction-lastiges Stück wie »Satellitenhirten« einfallen lässt, hat bei mir sowieso doppelt gewonnen.

Die neue Platte ist fast schon massenkompatibel, man benötigt nicht unbedingt ein Herz fürs Schräge, um sie gut zu finden. Im Gesamtwerk von Jens Rachut gehört sie damit für mich zu den besten überhaupt; großartig!

17 Juli 2013

Drei Sängerknaben auf der Burg

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Es war der Sommer 1985 – und ich war auf dem Fest der Fantasie. Das fand in diesem Jahr auf der Burg Niederalfingen statt, grob zwischen Stuttgart und Nürnberg gelegen, auf der Schwäbischen Alb. Für diese Veranstaltung war die Burg ideal: Fantasy-Fans konnten sich dort in Verkleidung aufhalten, ohne dass zu viele Schaulustige mit blöden Bemerkungen um die Ecke kamen.

Und man konnte singen ... Es gab im Verlauf dieses Festes nämlich einen »Barden-Wettstreit«. Krischan Holl, Hermann Ritter und ich setzten uns eines Abends zusammen, tranken viel Bier und dachten uns Lieder aus. Geistreich war das nicht unbedingt, aber wir hatten viel Spaß.

Aus »Es gibt kein Bier auf Hawaii« wurde »Es gibt kein Bier in Testar«, womit ein Landstrich auf der Fantasy-Welt Magira gemeint war. Die anderen Lieder brauche ich an dieser Stelle nicht wiederzugeben, da kaum jemand die Bezüge zur Realität einerseits und zu Magira anderseits wiedergeben könnte.

Am folgenden Tag sangen wir dann. Jeder halbwegs klar denkende Mensch weiß, dass ich unmusikalisch bin – im Gegensatz zu den anderen beiden. Aber das schreckte uns nicht: Wir waren jung, und wir wollten den Erfolg. Und so standen wir im Burghof, sangen ein Lied nach dem anderen, das Volk jubelte, und wir sangen weiter.

Den Preis gewannen wir. Einige der Lieder gingen in das Liedgut des Fantasy-Vereins FOLLOW ein und werden dort angeblich noch heute gesungen. Und ich hätte die Sache fast vergessen, hätte mir nicht Gustav Gaisbauer aus Passau dieses Foto hier geschickt, das er damals geschossen hatte: Es zeigt – von links – mich, dann Hermann Ritter und Krischan Holl. Ich finde, wir sehen allerliebst aus ...

16 Juli 2013

Krabbenfischer und Aristokraten

Dass ich die »Maigret«-Romane des französischen Schriftstellers Georges Simenon sehr schätze, habe ich schon hundertmal erzählt und verkündet. Richtig schlecht fand ich bislang keinen, und auch die »gewöhnlichen« stecken voller erzählerischer Kraft. Ein Beispiel dafür ist »Maigret im Haus des Richters«, der ein wenig aus der Reihe fällt.

In diesem Roman ist Maigret von Paris aus an die französische Westküste versetzt worden, als Strafe gewissermaßen. Nun muss er in einem Dorf zwischen Nantes und La Rochelle die Zeit absitzen. Als ausgerechnet im Haus eines vornehmen Richters eine Leiche gesehen worden ist, beginnt er nach gewohnter Manier mit einer Mordermittlung.

Recht schnell gibt es bei diesem Fall eine Reihe von Verwicklungen, die mit gesellschaftlichem Status und sexueller Verwirrung zu tun haben. Der Richter, der eher in gehobenen Kreisen verkehrt, und die einfachen Fischer und Bauern der Region haben eigentlich wenig miteinander zu tun – und doch gibt es Freundschaft und Liebe, aber auch Neid und Missgunst.

Wie Maigret das Geflecht der Beziehungen erforscht, wie er hinter das Geheimnis eines viel älteren Mordes kommt, wie er nacheinander alle in seiner üblich-mürrischen Art verhört: Das alles schildert der Autor faszinierend und packend zugleich. Der Roman ist kein Action-Reißer, außer einer einzigen Schlägerei gibt es keine Action-Szene, aber ich kann mich der Faszination der Sprache, der sauberen Beschreibungen und der Stimmung nicht entziehen.

Auf nicht einmal 180 Seiten entwirft Simenon das Panorama einer kleinen Landgemeinde mit allen Stärken und Schwächen ihrer Bewohner; die heutzutage altmodisch anmutenden Verhörmethoden tragen zum besonderen Reiz der Geschichte bei. »Maigret im Haus des Richters« ist keiner der Simenon-Romane, die man kennen muss, aber es ist ein guter bis sehr guter Roman.

Kaput Krauts fragen nach Quo Vadis


Die Kaput Krauts stammen aus Berlin, wo sie seit einigen Jahren ihren Deutschpunk spielen. Wobei Deutschpunk für die Band womöglich eine Beleidigung ist – oder zumindest kurz davor. Mit »bierseliger, harmloser, zufriedener Kacke« beschimpft die Band in ihrem Stück »Gemütlichkeitspunk's Not Dead« einen Teil der heutigen Punkrock-Szene.

Die Band gründete sich irgendwann in der Mitte der Nullerjahre, ich habe sie noch nie live gesehen, kannte sie bislang vor allem über Veröffentlichungen zusammen mit Bands wie Nein Nein Nein. Da passen die fünf Männer auch gut rein: Ihr Punk ist musikalisch modern, ohne sich an aktuellen Zeitgeschmack anpassen, ist weit weg vom klassischen Uffta-Uffta der frühen 80er-Jahre, verzichtet aber auf metallische oder hardrockige Peinlichkeiten der Neuzeit.

Das zeigt die Platte »Quo Vadis, Arschloch?« sehr schön, die es bereits seit einigen Jahren gibt und die bei Twisted Chords veröffentlicht worden ist. Die Stücke sind schnell gespielt und durchaus abwechslungsreich, die Texte durch die Bank ein wenig kryptisch und vor allem reichlich schlau, dazu durchaus auch szenekritisch.

Für Punkrock-Puristen, die geistig in den Jahren 1977 oder 1982 hängen geblieben sind, ist das vielleicht nicht so optimal. Ich mag das und höre die Platte richtig gern.

15 Juli 2013

Die Prise Glück

Diesmal fuhr ich mit dem Rad eine Strecke, die ich in all den Jahren nicht zurückgelegt hatte: über die Dörfer Eggenstein und Leopoldshafen, dann durch die Rheinaue bis an den Rhein selbst; von dort aus ging es direkt am Fluss entlang. Rechts von mir standen die Bäume oder blubberten irgendwelche Rheinarme vor sich hin, links von mir strömte der Fluss.

Ich kam am Zugang zur Insel Rott vorbei, die ich bislang von dieser Seite aus noch nie angefahren hatte, und fuhr einfach weiter. Der Weg wurde schwieriger, weil er nicht geteert war und auch kein Rollsplitt oder dergleichen lag, sondern streckenweise Kieselsteine geschüttet worden waren. Aber ich kam bis ans Ende einer Landzunge.

Dort machte ich Rast. Ich saß auf den Steinen, ließ mich von der Sonne bescheinen und genoss die Ruhe. Rechts von mir war irgendwo Mannheim, links von mir war irgendwo Karlsruhe, aber ich sah keine Menschenseele: vor mir der Fluss, rechts von mir der Altrhein, rechts und links säumten große Bäume das Ufer. Kein Auto war zu sehen, kein Mensch schien unterwegs zu sein; sogar der Schiffverkehr legte eine Pause ein.

So einfach geht glücklich, dachte ich andächtig und staunte.

14 Juli 2013

Wieder Werderstraße

Bereits im vergangenen Jahr amüsierte ich mich sehr beim Werderstraßenfest. Und weil das Wetter an diesem Wochenende so schön war, verschlug es mich am Samstag, 13. Juli 2013, zu vorgerückter nachmittäglicher Zeit wieder in die Südstadt. Das kühle Bier schmeckte, die Sonne strahlte vom Himmel, und Hunderte von netten Leuten waren unterwegs – wie im vergangenen Jahr auch.

Leider fiel das Konzert der örtlichen Punkrockband Blutwurst aus, auf das ich mich sehr gefreut hatte. Es spielten andere Bands, die eher HipHop oder Elektro machten und mich nicht so interessierten. Das aber machte nichts: Schließlich gab es haufenweise Menschen, die allerlei Subkulturen entstammten, mit denen ich mich gut unterhalten konnte.

Immerhin war ich beim Auftritt von Rantanplan vorne. Die Band aus Hamburg hatte ich – wenn mich meine Erinnerung nicht trügt – irgendwann um 1998 einmal gesehen. Ska- und Skapunk können mich ja mittlerweile echt nerven, aber an diesem Abend gefiel es mir. Die Band war schmissig und verbreitete gute Laune; im Publikum gab es vom Ausdruckstanz bis zum dezenten Stiefelpogo alles zu beobachten, und der Applaus kam reichlich.

Als die Dämmerung der Nacht wich, sah die Südstadt richtig sympathisch aus: Überall waren junge Leute unterwegs, viele davon subkulturell geprägt; sie saßen in Trauben auf irgendwelchen Treppen oder auf Gehsteigen, sie tranken Bier und rauchten und unterhielten sich. Wir landeten noch im »Milano«, wo wir zu vorgerückter Stunde das eine oder andere Bier tranken – ein sehr netter Abschluss eines gelungenen Werderstraßenfestes.

13 Juli 2013

Comic Report 2012 endlich gelesen

Eigentlich ist es erschütternd, aber offensichtlich kaum zu ändern: Über ein Jahr nach seinem Erscheinen bin ich mit der Lektüre des »Comic Reports 2012« fertig geworden. Das ist jetzt kein Zeichen, das gegen das Sachbuch spricht, sondern eher ein Beweis dafür, dass ich über ein Jahr hinweg immer wieder lesenswerte Beiträge fand, die ich durchschmökern konnte.

Geboten wird auf den 192 Seiten, die durchgehend vierfarbig gedruckt sind, sehr viel: Zahlreiche Artikel beschäftigen sich mit dem Comic-Markt, beleuchten die Manga-Szene oder die eComics, schauen in die Vergangenheit oder beschäftigen sich mit einem Verein wie dem Interessenverband Comic. In zahlreichen Mini-Interviews kommen die Verantwortlichen der Comic-Verlage zu Wort oder werden einzelne Comic-Bände rezensiert.

Was mir sehr gut gefällt, ist die inhaltliche Bandbreite. Da steht eben ein Artikel über den Mädchen-Comic »Wendy« gleichberechtigt neben einem über das knallige Comic-Magazin »Menschenblut«; da geht es um »Die Blauen Boys« gleichrangig wie um einen »Boy Love«-Comic aus Japan.

Das alles ist sehr sachkundig geschrieben und macht Spaß. Inhaltlich richtet sich das Buch durchaus an Leute, die sich mit der Comic-Branche auskennen oder die viel Spaß an Comics haben; es ist aber kein Fachbuch, in dem es von Fremdwörtern und Fachausdrücken nur so wimmelt. Alles in allem ist das richtig gut gemacht.

Man kann die meisten Artikel übrigens auch nach einem Jahr immer noch mit einem Erkenntnisgewinn lesen – ich habe das ja bewiesen ... Das Paperback kostet 14,95 Euro, und über die Internet-Seite der Edition Alfons ist es immer noch zu beziehen.

12 Juli 2013

Ein Bier im Dali

Erinnerung an den Belgien-Trip im Sommer 2006

Ein Restaurant, das nach dem katalanischen Künstler Salvatore Dali benannt ist: Das mussten wir doch betreten! Zumindest war das ein Impuls, als ich vor dem Schild des Restaurants in der belgischen Stadt Gent stand.

Der wichtigere Grund war: Nach einer längeren Fahrt hatten wir Gent erreicht, hatten im Hotel eingecheckt und wollten zu vorgerückter Stunde noch etwas trinken. Das Restaurant Dali, das von außen nicht besonders schmuck wirkte, lag in direkter Nähe einer Fußgängerbrücke, die über einen der Kanäle führte.

Es war kurz vor Mitternacht, ein August-Tag im Jahr 2006, und ich hatte Lust auf ein Bier. Es waren nur wenige Gäste da, die Atmosphäre war ruhig. Ein Barmann stand hinter der Theke und sorgte für die Versorgung der Gäste, leise Musik lief, und auch die Gespräche waren eher ruhig.

Wir saßen an einem Tisch am Fenster, tranken Bier und Cocktails, blickten hinaus auf die ruhige Straße und ließen so langsam Mitternacht verstreichen. Nach der Reise hatten wir das Gefühl, im Restaurant Dali gut angekommen zu sein; Gent konnte kommen. Und ich hatte vor allem die Ahnung, dass der Aufenthalt in der belgischen Stadt richtig schön werden würde ....

11 Juli 2013

Schon wieder nominiert

Jetzt bin ich aber baff: Meine Kurzgeschichte »Im Käfig«, die bereits den Kurd-Lasswitz-Preis als beste Science-Fiction-Kurzgeschichte des Jahres 2012 gewonnen hat, wurde jetzt auch für den »Deutschen Science Fiction Preis« (nur echt mit fehlenden Bindestrichen ...) nominiert.  Für diesen Preis sind »alle im Original in deutscher Sprache im Jahr 2012 erstmals in gedruckter Form erschienenen Texte des Literatur-Genres Science Fiction relevant«.

Mit mir wurden Autoren wie Matthias Falke (aus Karlsruhe; mit ihm habe ich mir schon einmal eine Lesebühne geteilt), Marcus Hammerschmitt (aus Tübingen), Karsten Kruschel (schlief schon bei uns im Jugendzentrum auf dem Fußboden), Michael Marrak (den ich zuletzt bei einem Open-Air-Festival gesehen habe, als wir beide aufs Klo mussten ...) oder Michael K. Iwoleit (mit dem ich mir schon 1982 in Mönchengladbach eine Lesebühne teilte!) nominiert. Das ist eine Konkurrenz, die durchaus »hart« ist und bei der ich sehr auf das Ergebnis gespannt bin.

Der Unterschied dieses Preises zu anderen ist eindeutig: Er ist nominiert, und verliehen wird er von einem Komitee, das auf ehrenamtlicher Basis tätig wird. Verliehen wird der Preis dann im Oktober in München; so lange muss ich also zittern und bangen.

10 Juli 2013

Ohne Kommentar

Nachdem ich an diesem Sonntag mehrere Stunden mit Manuskripten und Texten einer bestimmten Romanheftserie verbrachte hatte, beschlosse ich, den schönen Tag auch privat zu nutzen. Ich radelte über den Rhein, durch die Pfalz, ins Elsass und zurück. Und als ich richtig schön erschöpft war, entschloss ich mich, an einem Sportheim in der Pfalz kurz anzuhalten und etwas zu trinken.

Vor der Tür saßen Leute an mehreren Tischen, eher jüngeres Publikum. Man lümmelte in Plastikstühlen und trank irgendwas, die Gespräche waren halblaut. An der Eingangstür stand ein Mann mit Kochschürze, der mich anstarrte. Ich grüßte freundlich und ging an ihm vorbei.

Im Innern des Sportheims saß niemand; hinter der Theke standen eine junge Frau und ein junger Mann. Sie räumte Flaschen ein, er trocknete Gläser ab. Beide erstarrten buchstäblich in der Bewegung, als sie mich sahen.

Ich trat näher. »Ich hab' Durst«, sagte ich und nahm meine durchgeschwitzte Mütze ab. »Kann ich was zu trinken haben?«

Der Mann schien aus seiner Starre zu erwachen und polierte weiter, blickte mich aber stur an. Die Frau nickte. »Was?«, fragte sie.

»Ein großes Glas Spezi bitte«, sagte ich.

Ein Mann trat neben mich, jung und blond und sommerlich gekleidet. Er ignorierte mich. »Zwei Slivovitz«, sagte er zu der Frau.

Sie nickte und bückte sich, fischte eine Schnapsflasche hervor. Drei Männer sahen der Frau zu, wie sie die zwei Schnäpse einschenkte. Dann schob sie die Gläser über die Theke.

Der Typ murmelte etwas, nahm die Gläser und verschwand. Ich wartete. Der Mann mit dem Trockentuch wartete. Die Frau stand herum und schaute mich an. Ich ging nicht.

Dann schenkte sie mir ein Glas Spezi ein. »Zwei Euro«, sagte sie und schob es über den Tresen. Der Mann mit dem Trockentuch nahm ein weiteres Glas und polierte es. Er schaute mich an.

Auf der Terrasse waren die Gespräche verstummt. Die Menschen auf den Plastikstühlen schauten durch die geöffneten Fenster in die Kneipe herein und schauten mich an.

Ich bedankte mich, fischte ein Zwei-Euro-Stück aus meiner Tasche und legte es auf die Theke. »Bitteschön.«

Die Frau nahm es wortlos, steckte es ein, verließ den Platz an der Theke und ging hinaus ins Freie. Der Mann mit dem Trockentuch sah mich an und sagte kein Wort. Langsam polierte er ein Glas.

Ich legte ein Fünfzig-Cent-Stück als Trinkgeld auf den Tresen und trank. Das Spezi war köstlich und kalt zugleich; ich fühlte mich wieder lebendig. Der Mann mit dem Trockentuch polierte weiter und sah mir beim Trinken zu.

Lang brauchte ich nicht. Zügig schüttete ich den halben Liter Zuckerwasser hinunter. Ich stellte das leere Glas ab, nickte dem Mann mit dem Trockentuch zu und verließ die Gaststätte.

Als ich vor die Tür stand, sahen mich alle an. Keiner sagte ein Wort. Die Frau, die mir vorher das Getränk gegeben hatte, saß auf einem Plastikstuhl. Sie sah mich an und sagte nichts.

»Schönen Tag noch«, wünschte ich, setzte die Mütze auf, stieg auf mein Rad und fuhr los. Das Schweigen hinter mir schien in der Sonne zu brodeln.

09 Juli 2013

Harzer Septemberwind

Ich lese täglich die »taz« aus Berlin, teilweise tu' ich das aus Verbundenheit – nach zwei Dutzend Jahren eben –, teilweise aber auch deshalb, weil ich immer wieder Themen finde, auf die ich sonst nicht aufmerksam würde. So am Montag, 8. Juli 2013: Da informierte die Zeitung über den »Harzer Septemberwind«, das Youtube-Filmchen mit dem Lied eines SPD-Kandidaten.

Der Mann heißt Mario Hennig und war mir bis vor wenigen Stunden völlig unbekannt. Seit ich sein Stück kenne, das ich schon auswendig mitpfeifen kann, überlege ich mir, ob ich nicht eine Fan-Seite für ihn bauen soll: Völlig ironiefrei und völlig unmusikalisch trällert der Mann sich durch sein Lied, die Texte sind ebenfalls ironiefrei: »Es wird ein irres Jahr, wie es schon lang nicht war« ist so eine Zeile, die mich fassungslos zurücklässt.

Laut »taz« vom Montag wurde der Youtube-Link bisher 700 mal angeklickt; mittlerweile sind es schon über 1000 Klicks. Die Zahl wächst, und ich werde auch alles tun, damit noch mehr Menschen auf dieses Lied aufmerksam werden.

Denn: Die deutschen Kicker waren dann international am besten, wenn sie am schlimmsten gesungen haben. Wer damals 1974 oder 1990 Weltmeister wurde, war musikalisch jenseits von Gut und Böse – aber konnte offensichtlich eifrig Tore schießen. Vielleicht hat die SPD mit Mario Hennig ebenso viel Glück; die bisherige »Performance« der Partei war ja eher schwach.

Denn: »Er ist unser Kandidat für den Deutschen Bundestag / er ist wie wir und kommt von hier.« Na dann.

08 Juli 2013

Aktuelles aus deutschen Landen

Eigentlich wollte ich am Sonntag abend, 7. Juli, eine Sendung über Punkrock in Kanada machen, aber dann entschied ich mich um. Aus diesem Grund gab's im Freien Radio Querfunk in Karlsruhe eine Enpunkt-Radiosendung, die auf »aktuelle Platten aus deutschen Landen« setzte; dabei ist der Begriff »aktuell« schon recht weit gespannt.

Diejenigen, die auf deutschsprachigen Punk stehen, um mal die Floskel Deutschpunk zu vermeiden, kamen mit Wärters Schlechte aus Stuttgart oder Frau Mansmann aus Berlin sicher auf ihre Kosten. Ebenfalls deutschsprachige Klänge kamen von den Bottrops, ebenfalls aus Berlin, sowie den Fro-Tee Slips aus Flensburg.

Englischsprachig kamen die Junktones aus Heidelberg daher, und einen kräftigen Schuss IndieRock lieferten die 4 Tune Cookies aus Limburg. Den Abschluss der Sendung bildeten übrigens die göttlichen Münchener Punkrocker von Todeskommando Atomsturm.

07 Juli 2013

Revolütion aus Zürich


Die aus Zürich stammende Band Überyou war live eine echte Überraschung für mich. Die Burschen spielten 2013 in Karlsruhe in der »Alten Hackerei« auf; wo sonst eigentlich? Der großmäulig auftrumpfende Sänger überzeugte, dazu kam eine kompakte Musik-Bande, die einen guten Punkrock-Sound spielte. Das klang alles in allem wie klassischer Punkrock mit einer schönen Ami-Kante, der ein wenig nach dem frühen Kalifornien klang; live machte das Spaß, und ich kaufte die Platte der Band.

Die heißt »Revolütion«, nur echt mit dem »ü« und wurde im November 2012 veröffentlicht. Die Langspielplatte ist superschön gestaltet: mit einem richtigen Albumcover, mit dezenten Bildern in »Sepia«, das alles auf nur 300 Exemplare limitiert. Musikalisch liefert die Band dasselbe überzeugende Paket wie beim Live-Auftritt ab: Punkrock mit Melodie und Schmackes, immer gutgespielt und mit Sinn für gelungene »Ohoooo«-Chöre.

Sehr schön! Wer mag, findet über die Band übrigens auf ihrem Bandcamp-Auftritt mehr und kann sich dort ein wenig einhören. Es lohnt sich.

06 Juli 2013

Klang der Welt

Dass ich seit anno dunnemals Mitglied in einem Fantasy-Club bin, ist für mich nicht unbedingt karriereschädigend. »Welche Karriere denn?«, wäre in diesem Zusammenhang sowieso die einzig richtige Frage. Aber egal: Seit 1979 bin ich »Follower«, spiele im Fantasy-Club e.V. die sehr geringe Rolle des zahlenden und still konsumierenden Mitgliedes und freue mich immer über die neuen Publikationen.

Meist schaffe ich es nicht, sie zu lesen, von »komplett« kann keine Rede sein. Die aktuelle Ausgabe 418 des Mitglieder-Fanzines »Follow«, die mit stolzen 390 Seiten aufwartet, habe ich zumindest sehr gründlich geblättert und immer wieder gelesen, habe mich damit also sehr umfangreich beschäftigt. Und wieder war ich durchaus beeindruckt von der Vielzahl an Kreativität, die Fantasy-Fans an den Tag legen: Kulturbeschreibungen, Bilder, witzige Anmerkungen, Kurzgeschichten und so weiter.

Am liebsten habe ich aber den Fortsetzungsroman »Der Klang der Welt« gelesen, für den Manfred Müller aus Köln verantwortlich zeichnet. Kampf und Intrigen, szenische Beschreibungen und Dialoge – der Autor fährt ein gelungenes Fantasy-Panorama auf, dessen Details natürlich nur diejenigen Leser mitbekommen, die wissen, was Clanthon oder andere Begriffe bedeuten. Eine schöne Lektüre!

05 Juli 2013

Eis aus Kamelmilch


Erinnerung an den Dubai-Trip im Mai 2013

Die riesige Dubai Mall gehört zu den Höhepunkten der Metropole am Persischen Golf, zumindest für jene, die gern einkaufen. Ich hatte sie schon einmal gesehen und war vor allem von dem großen Aquarium fasziniert, das gewissermaßen das Zentrum des Einkaufszentrums bildet. Wer mag, kann hier Haie, Rochen und andere Fische bewundern.

Auf derselben Ebene wie das Aquarium liegt »The Souk«, eine Reihe von Läden und Verkaufsständen, die in einem arabisch wirkenden Ambieten untergebracht sind: Mit Bögen und gelbem Licht wird ein arabischer Markt simuliert, die Angebote sind teilweise entsprechend.

Zu bewundern gibt es beispielsweise Modegeschäfte, in denen die modebewusste Dame sich eine besonders schöne Burka oder einen adretten Gesichtsschleier aussuchen kann. Selbstverständlich werden auch Schmuck und andere Dinge angeboten.

Wir machten an einem Stand halt, an dem es Produkte aus Kamelmilch gab. Wir kauften Kamelmilch-Schokolade, die lecker schmeckte, und tranken Kamelmilch, die ein wenig an Ziege erinnerte.

Vor allem aber ließen wir uns Kamelmilch-Eis schmecken: Wenn man schon einmal eine solche Leckerei angeboten bekommt und sich sowieso an einem derart dekadenten Ort aufhält, darf das nicht fehlen ...

Das Eis schmeckte sehr gut, dass Kamelmilch die Basis bildet, hätte ich nicht erkannt. Trotzdem ein guter Effekt: Wieder einmal hatte ich etwas dazu gelernt!

Aktueller Punkrock angekündigt

Wieder eine Vorankündigung: Am Sonntag, 7. Juli 2013, gibt es erneut eine Sendung mit Punkrock, Hardcore und artverwandter Musik im Freien Radio Querfunk in Karlsruhe. Unter der Rubrik ENPUNKT-Radio spiele ich diesmal halbwegs aktuelle Platten von halbwegs aktuellen Bands aus deutschen Landen – wie immer von 22 bis 23 Uhr.

Wer mag und im Großraum Karlsruhe wohnt, hört die Sendung »on air«. Alle anderen gehen auf die Internet-Seite und schalten den Live-Stream ein.

04 Juli 2013

Neue Hardcore-Siebener

In den vergangenen Tagen sind mir zwei recht neue Hardcore-Bands untergekommen, die ich beide sehr mag. Von beiden habe ich Seveninches gehört, also Vinyl-Platten im Single-Format, auf denen es jeweils vier Stücke gibt. Da es beide Bands auch im Internet gibt, unter anderem mit eigenen Facebook-Profilen, dürfte es ja kein Problem sein, sie ausfindig zu machen – zudem gibt es mit Anchored Records ein gemeinsames Label mit Netz-Präsenz.

Echt großartig finde ich Off The Hook aus Berlin. Das sind fünf junge Typen, die modernen Hardcore spielen, der sehr wuchtig daher kommt, schwungvoll und energisch. Die sind nicht gezwungen hart, sie verzichten auf Metal und Emo-Gejammer, besinnen sich stattdessen auf die Hardcore-Wurzeln.

Im Prinzip nehmen sie den Sound von 1988, verfeinern ihn, spielen halt besser als die Band vor einem Vierteljahrhundert, setzen mehr auf knallige Effekte und setzen den klassischen Sound in die neue Zeit um. Auf der EP »Picture of Yourself« sind vier großartige Stücke, die all das bringen, was mich »damals« bei Bands wie Youth Of Today und anderen begeistert hat.

Ähnliches gilt für Light Your Anchor, eine neue HC-Band aus Hamburg. Die Bursche, die vorher in anderen Bands gespielt haben, mischen melodischen Gesang, wuchtiges Emo-Gebrüll und eine gelegentliche Metal-Kante zu einem furiosen Gebräu zusammen, das keine Sekunde langweilig wird.

Gegen homöopathische Dosen von Metal oder Emo habe ich ja nichts, und eine tüchtige Portion an Aggression benötigt jede Hardcore-Band. Was die Hamburger auf ihrer ersten EP namens »Peter Pan Syndrome« präsentieren, überzeugt zumindest mich auf ganzer Linie. Wenn das der Hardcore des Jahres 2013 ist, wird mir nicht bange.

Der Chantalisator


Immer wieder stolpere ich im Internet über irgendwelchen Unfug, der mich dann doch gut unterhält. In diesem aktuellen Fall handelt es sich um den »Chantalisator«, ein kleines Programm, mit dem man sich Namen umwandeln lassen kann. Zitat aus der Ankündigung: »Wer etwas auf sich hält, gibt seinem Kind einen Namen, der Exotik und Originalität ausstrahlt.«

Es gibt bereits einen Generator für Pornodarstellernamen, und man kann mithilfe eines Hobbit-Generators einen entsprechenden Namen bauen lassen. Der »Chantalisator« ist hier eine hübsche Ergänzung. Okay, das ist Werbung für ein Buch, aber ...

Ich habe das kleine Programm gleich mal ausprobiert. Aus »Klaus N.« wird »Clay-Neo«. Das klingt gut, finde ich. Vielleicht sollte ich mir schon mal Visitenkarten drucken lassen.

03 Juli 2013

Genreleser küssen digital

Es ist immer wieder witzig, Dinge zu lesen, von denen man schon lange Kenntnis hatte, die jetzt aber als große Neuigkeit betrachtet werden. Das einflussreiche amerikanische Magazin »Wired« ist jetzt über das Thema E-Books gestolpert, und hierzulande wird ein entsprechender Artikel dann gleich zum Lesetipp im Buchreport.

Nicht zu Unrecht: Während hierzulande für viele Menschen das Internet an sich völliges »Neuland« darzustellen scheint, sind die Amerikaner beispielsweise bei den E-Books viel weiter. Und man stellt fest, dass gewisse Genres besonders erfolgreich sind, ebenso gewisse Längen und Produktionsweisen.

Verlage wie Random House und HarperCollin setzen jetzt massiv auf »digital-only imprints«, und die wiederum sind fest in Genres angesiedelt. Klar, gemeint sind Science Fiction, Fantasy, Mystery und Liebesromane ... im Prinzip das, was jahrzehntelang hierzulande als Heftroman erschienen ist und teilweise immer noch veröffentlicht wird.

Zudem sei es sehr praktisch, auf Material zu setzen, das »serialized and written to make you want to know what happens next« ist, sprich, auf Fortsetzungsgeschichten, bei denen Woche für Woche etwas neues erscheint. Offenbar seien E-Books optimal für Leute, die viele Bücher lesen, schnell und regelmäßig zudem.

Ich finde es bemerkenswert, dass das jetzt als große Neuigkeit verkündet wird, die man aus den USA importieren muss: Von meinem Arbeitsplatz aus fabriziere ich ja mit Autoren und Redaktionskollegen zusammen eine Fortsetzungsserie, die sich Woche für Woche ganz ordentlich verkauft ...

02 Juli 2013

Spanien knallt gut

Am Sonntag, 30. Juni 2013, setzte ich in meiner Radiosendung im örtlichen Querfunk auf Punkrock und Hardcore aus Spanien; das knallte streckenweise ganz gut. Aus der Hauptstadt Madrid bollerte ich den Querfunk-Hörern unter anderem Zinc um die Ohren, deren vertrackter Hardcore mir mal in der Ex-Steffi auch live sehr gut gefallen hatte. Fehlen durften aber auch nicht Sin Dios, die ich live ebenfalls super fand.

Aus dem Baskenland gab es die Streetpunk-Helden von den Suspenders oder die Punkrocker von Segismundo Toxicomano, die in der »Alten Hackerei« mal live überzeugt hatten. Aus Nordspanien kamen die Von Dänikens, die schon mal für ihren Namen allerlei Pluspunkte verdient haben, aber auch punkrock-musikalisch zu überzeugen wissen.

Ohne Barcelona kommt eine Enpunkt-Radiosendung mit Schwerpunkt Spanien nicht aus. Los Dolares prügelten mit ihrem wütenden Anarcho-Punk auf die Hörer ein – diese Band hätte ich gern mal gesehen ... Und zum Abschluss gab es Arriba D.F., die in den späten 80er-Jahren eher obskuren Punkrock spielten, aber durch ihre originelle Art ziemlich klasse sind.

01 Juli 2013

20 Jahre Feigheit

Es ist jetzt zwanzig Jahre her, aber manche Dinge kommen mir vor, als wären sie erst gestern gewesen: Der Bundestag setzte am 1. Juli 1993 eine Änderung des Grundgesetzes durch; der sogenannte Asylkompromiss, bei dem sich die schwarzgelbe Mehrheit gegen die Opposition durchsetzte. Es war eine erbärmliche, eine schwarze Stunde der Bundesrepublik, nach der vor allem die SPD für mich völlig unten durch war.

Wenige Wochen davor waren erst in Solingen bei einem Hausbrand fünf Menschen ums Leben gekommen. Überall in der Republik brannten Asylbewerberheime, wurden Ausländer angegriffen, verprügelt oder totgeschlagen. Die Reaktion des Staates war, auf die Nazis einzugehen und die sogenannten Asylgesetze zu verschärfen.

Ich erinnere mich noch gut an meinen Hass, den ich damals empfand, an die Auseinandersetzungen mit Nazis auf der Straße, an die Polizei, die rechtsradikale Aufmärsche schützte und diejenigen verhaftete, die sich gegen Nazis wehrten. Das ist jetzt zwanzig Jahre her ... unglaublich!

Übrigens hätte ich es vergessen gehabt. Es bedurfte eines »offenen Briefes« an »liebe Nazis«, der auf der Internet-Seite des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu lesen ist, auf der Seite des NDR. Respekt!