30 Juni 2018

Romantik im Auge des Betrachters

Es macht einen ungeheuren Spaß, mit dem Rad von Karlsruhe aus in die Pfalz zu fahren. Einen großen Teil der Strecke radelt man an der vier- bis sechsspurigen Schnellstraße entlang, die Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verbindet. Das Brausen des Verkehrs, das Dröhnen der Motoren, der Luftzug der vorbeidonnernden Lastwagen – das alles verbindet sich zu einem Sound, der mich dazu bringt, noch schneller zu fahren und mich noch mehr anzustrengen.

Es geht gewissermaßen einen Berg hinauf, weil die Brücke recht hoch gebaut worden ist. Erreiche ich die Brücke, fahre ich langsamer, schaue auf den Fluss hinunter und genieße den Anblick des träge fließenden Wassers. Dann rolle ich vorsichtig auf der anderen Seite den steilen Weg hinab, genau an der Stelle fahre ich, wo ein Schild »Radfahrer bitte absteigen« verlangt.

Dann radle ich auf der anderen Seite weiter, entweder in Richtung Frankreich oder in Richtung Pfälzerwald oder nach Norden. Manchmal bleibe ich aber einfach am Ufer und genieße den Anblick des Flusses und der Stadt, in der ich wohne. Hinter Bäumen und Büschen wirken sogar der Ölhafen und die Raffinerie fast schön.

Romantik liegt halt echt im Auge des Betrachters ...

29 Juni 2018

Die dreizehnte Folge war zäh

Es lag nicht an der Zahl, ganz sicher nicht – aber ich tat mich ungeheuer schwer mit dem Schreiben der dreizehnten Folge meines aktuellen Fortsetzungsromans. »Der gute Geist des Rock'n'Roll« ist in der aktuellen Ausgabe 138 des OX-Fanzines wieder enthalten, und ich hoffe, dass die Leser nichts von meinen Schwierigkeiten spüren werden. Keine Ahnung, woran sie lagen ...

In der Folge 13 des Romans geht's um den Versuch von Peter Meißner – ehemals Peter Pank genannt – und seinen Freunden, in einem Dorf in Rheinland-Pfalz einige Nazis zu verprügeln. Nachdem das gescheitert ist, wollen sie zumindest einen der führenden Prügelnazis der Region angreifen. Ob und wie das gelingen wird, ist ein Thema dieser Fortsetzung.

Beim Nachlesen dieser eineinhalb Seiten im OX wird mir wieder bewusst, wie viel die Geschichte mit der heutigen Zeit zu tun hat. Der Roman spielt 1996, während der Fußball-Europameisterschaft.

In vielen Gemeinden und Städten haben organisierte Banden ihre »national befreiten Zonen« ausgerufen, während Politik und Polizei in der Antifa den Hauptfeind ausgemacht haben. Der Terror in den Straßen richtet sich gegen Ausländer, Linke, Schwule, Behinderte, Punks und Obdachlose, und ständig sterben Leute.

Ob die Versuche meiner Hauptfigur, mit dem Knüppel in der Hand gegen Nazis vorzugehen, wirklich so sinnvoll sind, mögen bitteschön Historiker diskutieren. Aber vielleicht bereitete es mir Schwierigkeiten, die Zeit von 1996 im Sommer 2018 zu beschreiben – weil es in meinem Kopf dann doch einige Parallelen gab ...

28 Juni 2018

Jungmänner in Sinzig

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Die PERRY RHODAN-Tage in Sinzig waren in den 90er-Jahren eine Fanveranstaltung, die ich gern besuchte. Auch eine heute durchaus prominente Politikerin namens Andrea Nahles wurde dort einmal gesichtet. Aber damals konnte man sich weder vorstellen, welche Rolle sie in den Jahren nach 2010 spielen sollte, noch dachte man darüber nach, was man selbst in einer weit entfernten Zukunft sein würde.

Ein Teil des Programms dieser Veranstaltung bestand darin, dass Menschen auf einer Bühne saßen, sich in Diskussionsrunden irgendwelche Sätze an die Köpfe warfen und ansonsten Fragen aus dem Publikum beantworteten. Das Bild hier (wahrscheinlich von Peter Fleissner aufgenommen) zeigt den damaligen Fanzine-Herausgeber Rüdiger Schäfer (links im Bild) und mich im Herbst 1995; ich war zu der Zeit gerade frisch ernannter »Redaktionsleiter« der PERRY RHODAN-Serie. (Ein nicht besser bezahlter Zwischenschritt zwischen »einfachem« Redakteur und Chefredakteur.)

Rüdiger und ich kannten uns zu dieser Zeit seit fast zehn Jahren aus der Fan-Szene. Wir hatten beide Fanzines herausgegeben, wir hatten uns auf Cons getroffen, wir hatten uns gestritten, und wir hatten zusammengearbeitet. Dass wir im Jahr 2018 immer noch zusammenarbeiten würden (ich immer noch als Redakteur, er als Schriftsteller sowie als Exposéautor für eine unserer Serien), das hätten wir uns in jenem Herbst sicher nicht vorstellen können.

27 Juni 2018

Mein zweiter Schlag von Los Pepes

Glaubt man dem Band-Info, so bezeichnen sich Los Pepes aus London selbst als »Motörhead des Powerpop«. Was immer das Label damit meinen mag: Die vier Musiker spielen rasanten Gitarren-Sound zwischen Punk und Pop, schnelle Melodien und einen Schuss Gerotze inklusive. Ich mag so was, auch wenn es sich nach einiger Zeit ein wenig totläuft.

Im April 2017 kam die aktuelle Platte der Band heraus, die den schönen Titel »Let's Go!« trägt. Der Vergleich zu den Buzzcocks und anderen Bands der frühen Punkrock-Tage passt immer noch; daran hat sich seit der Platte davor nichts geändert. Trotzdem wirkt diese Platte kantiger, die Melodien sind in meinen Ohren schroffer.

Das macht nichts: Geboten wird zehnmal klarer und gut gespielter Punkrock mit schmissigen Melodien. Wer mag, darf dazu auch Powerpop oder Indie oder Garage oder sonstwas sagen; da sind ja heutzutage mehrere Schubladen möglich. Die Platte weist weniger Hitqualitäten auf als der Vorgänger, was ich nicht schlimm finde – sie geht dennoch gut ins Ohr.

Los Pepes sind derzeit ein Garant dafür, dass Punkrock noch lange nicht tot ist. Kommt dann eine tüchtige Dosis mit flotten Melodien dazu, kann man bei mir zumindest nicht viel falsch machen!

Intensive Graphic Novel über die Freundschaft

Wie weit geht man für einen Freund? Was bedeutet Freundschaft eigentlich in Zeiten wie diesen, wo alle Welt nur noch mit dem Smartphone zu kommunizieren scheint und man sich oft aus der Ferne kennt? Dieser Frage geht »Die Einladung« nach, eine ungewöhnliche Graphic Novel, die im Splitter-Verlag erschienen ist: als kleinformatiges Hardcover mit Schutzumschlag.

Es beginnt mit einem nächtlichen Anruf – ein Freund ist am Telefon. Er benötigt dringend Hilfe. Sofort kommt die Frage auf: Helfe ich ihm, soll er nicht lieber einen Service anrufen? Und was passiert, wenn dieser Anruf sich als ein Scherz der ungewöhnlichen Art herausstellt?

»Die Einladung« ist eine Geschichte, die im Hier und Jetzt spielt, die sich liest wie das Drehbuch zu einem anspruchsvollen Film. Die handelnden Charaktere sind Männer und Frauen, irgendwo im Alter zwischen 25 und 40 Jahren, die noch nicht ihr »wirkliches Leben« gefunden haben. Freundschaft hat für jeden eine andere Bedeutung – und dieser geht dieser ungewöhnliche Comic-Band nach.

Jim, so der Name des Texters, ist kein Unbekannter in der Comic-Industrie. Unter seinem bürgerlichen Namen Thierry Terrasson und seinem Pseudonym Téhy zeichnete er für Science-Fiction- und Fantasy-Geschichten verantwortlich; so stammt beispielsweise die sehr krachige Science-Fiction-Serie »Yiu« – ebenfalls bei Splitter erschienen – von ihm. Bei »Die Einladung« zeigt er sich von einer ganz anderen Seite: nachdenklich und mitfühlend, meilenweit entfernt von jeglicher Action oder überzogener Szenerie.

Als Comic-Künstler ist Dominique Mermoux noch recht unbekannt. Er begann erst in den Nuller-Jahren mit der eigentlichen Arbeit in diesem Genre, konnte aber recht schnell erste Preise gewinnen. Sein Stil ist eher ruhig, viele Bilder wirken gelassen und trotzdem ausdrucksstark. Er fängt die nächtliche Stimmung am Rand einer stillen Straße in bläulichen Farben ein, er zeigt eine Party in kräftigeren Farben und in Bewegungen, die irgendwann nur noch Silhouetten und Staub sind. Das ist ungewöhnlich, sieht aber gut aus und passt zum eher intellektuellen Charakter der Geschichte.

Seien wir ehrlich: Wer vor allem Genre-Comics mag, für den wird »Die Einladung« womöglich langweilig sein. (Der Comic erschien 2012, ich habe ihn erst dieser Tage gelesen – das spricht ja Bände.) Wer sich aber auf eine Graphic Novel einlassen kann, die von Gefühlen und Freundschaft erzählt, für den ist »Die Einladung« wie geschaffen.

26 Juni 2018

Ein Punk-Treffen der besonderen Art und ohne mich

»Hast du's eigentlich mitgekriegt?« So wurde ich informiert. »In Karlsruhe war am Wochenende ein Punk-Treffen. Im Schlossgarten.«

»Wie früher.« Fast hätte ich geseufzt. »Und wann wurde es denn geräumt?« Die letzten Versuche in den 90er-Jahren, im Schlossgarten meiner Heimatstadt ein Treffen von Punkrockern zu machen, das über die Dimensionen eines Stuhlkreises hinausging, hatten immer mit einem großen Polizeiaufgebot geendet.

»Nichts ist passiert. Aber das waren ja auch eher unkonventionelle Punks. Lauter ältere Damen und Herren, keine jungen Leute. Alle sauber gewaschen und sehr zivilisiert. Sie waren seltsam angezogen, und diese Spielart von Punk nennt sich wohl Steampunkt. Muss ein ganz neuer Trend sein.«

Tja. Steampunk also. Jetzt auch in Karlsruhe. Was in den 80er-Jahren eine aufregende neue Richtung innerhalb der Science Fiction war, ist jetzt zu einem Event geworden, an dem im Schlossgarten einige Dutzend Leute teilnahmen – stilgerecht gekleidet und in bester Stimmung –, zu dem dann auch noch einige hundert Schaulustige kamen, die eifrig staunten und fotografierten.

Das hat in der Tat weder etwas mit Punk zu tun noch etwas mit der Untergattung der Science-Fiction-Literatur, die ich eigentlich sehr mochte und mag. Aber ich finde die Idee von Steampunk einfach schön, und ich freue mich, dass sich die Szene jetzt sogar in Karlsruhe trifft.

Wenngleich ich davon nichts im Voraus mitbekommen habe ... Das ist eben ein weiteres »Fandom«, das sich so weit von dem eigentlichen Fandom entfernt hat, dass die Berührungspunkte nur noch winzig sind. Schade.

25 Juni 2018

Arbeit auf einem Hof

Wie ich zu dieser Arbeit gekommen war, wusste ich nicht. Aber ich war an diesem Tag in einem Hof zugange, der irgendwie zu einem öffentlichen Gebäude gehörte. Mit einer Schubkarre fuhr ich einen großen Berg an Unrat und Pflanzenresten über den Hof; das Rad der Karre knirschte laut auf dem Untergrund aus kleinen Steinen.

Mit einer Heugabel fischte ich die Pflanzenreste aus der Schubkarre und warf sie in einen Container, der schon mit Unmengen von Blättern und kleinen Ästen gefüllt war. Ich stellte fest, dass ein Sack in der Schubkarre lag, den ich vorher unter dem Unrat nicht wahrgenommen hatte. Es war einer der typischen Müllsäcke aus Kunststoff, blau und groß.

Ich zog ihn herunter und öffnete ihn. Keine Blätter oder Äste fielen mir entgegen, auch sonst kam kein Müll aus dem Sack. Es sah aus wie ein großes Netz, aus bräunlicher Farbe, in das jemand braune Klumpen gewoben hatte.

Neugierig breitete ich das Netz auf dem Boden auf und stellte immer mehr Details fest. Die Klumpen waren länglich, sie hatten eine Form, die ich nicht zuordnen konnte. Und je länger ich an dem Netz arbeitete, desto größer schien es zu werden.

Spontan zog ich es zu der Wand hinüber, die sich neben dem Container erhob. Ich befestigte es an zwei großen rostigen Nägeln, so dass es herunterhängen konnte. Verwundert betrachtete ich es. Vor meinen Augen verfärbte es sich langsam, das Braun wurde zu einem Rot.

Eine Frau kam an, groß und blond und stämmig; ich wusste, sie war die Chefin dieses öffentlichen Geländes. Ich zeigte ihr das Netz und fragte sie, was ich damit machen sollte. »Einfach wegwerfen?«

Ihr Gesicht wurde weiß. »Das sind Alraunen!«, rief sie. »Die sind unglaublich gefährlich! Wo haben Sie die hier?«

Ich betrachtete die Netze. Jetzt erkannte ich, dass die rote Farbe nichts anderes war als Blut, das über das Netz lief. Und die Klumpen hatten eine Form, die an die von Menschen erinnerte. Ich nahm die Beine und die Arme wahr, und die Köpfe, in denen Augen und ein Mund steckten. Ein Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei.

»Was soll ich tun?«, rief ich verzweifelt.

»Weg damit, nichts wie weg damit!« Sie wirkte ebenfalls verzweifelt. »Beseitigen Sie die, so schnell es geht.«

Da wachte ich auf.

24 Juni 2018

Fußball am Sonntag

Mein Fußballpartner war nicht sehr ausdauernd. Ich schoss ihm den Ball zu, er gab ihn mir zurück. Beim ersten Mal tat er es noch mit breitem Grinsen, beim zweiten Mal ließ der Elan nach, beim dritten Mal trat er erst nach mehrfacher Aufforderung gegen den Ball.

Mir wurde klar: Es würde nicht so einfach sein, meinen Neffen zu einem Fußballprofi zu erziehen. Vielleicht musste ich auch einfach einräumen, dass ein Junge, der noch keine drei Jahre alt war, dafür bisher nicht genügend Zielstrebigkeit besaß.

Deshalb war ich gespannt darauf, wie es mit dem Fußball am Abend aussehen würde. Das »fünf« in Karlsruhe war zum Spiel der Deutschen gegen die Schweden gut gefüllt. Es war aber nicht brechend voll wie bei früheren Fußballweltmeisterschaften. Dafür schmeckte mir wie immer das Bier und in der Pause das Essen.

»Die deutsche Mannschaft hat das erste Spiel verloren, weil ich nicht zugesehen habe«, versicherte ich dem Barkeeper. »Ich muss ein Spiel nur hier anschauen, damit die Deutschen gewinnen.«

Er zweifelte sichtlich an meiner Überzeugung. Nachdem das erste Tor für die Schweden gefallen war, beugte er sich über die Theke. »Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass du anwesend warst, als die Schweden ihr Tor geschossen haben.«

Zerknirscht konzentrierte ich mich auf den weiteren Verlauf des Spiels. Vor allem die zweite Halbzeit brachte nicht nur mich, sondern auch andere Leute immer wieder einem Herzinfarkt nahe; es wurde gebrüllt und gestöhnt, geseufzt und geklagt. Als der erlösende Treffer fiel, jubelten alle.

Mein Talent als Fußballbeschwörer wurde an diesem Tag auf jeden Fall auf eine harte Probe gestellt. Schauen wir mal, wie es beim nächsten Spiel der deutschen Mannschaft wird ...

22 Juni 2018

Eine Quittung zu viel

Eine Kleinstadtgeschichte

Weil die Temperaturen an diesem Nachmittag so angestiegen waren, blieben viele Leute wohl daheim. Es war ruhig. Auch ich stellte mich langsam auf den Feierabend ein – um 16 Uhr würde der Supermarkt schließen, wie an jedem Samstag.

Es tankten immer zwei, drei Fahrer auf einmal, aber ich hatte keine Autoschlangen vor mir, die sich vor der Tankstelle aufreihten und die ich abarbeiten musste. So konnte ich gemütlich auf und ab gehen, den Tankenden bei ihrer Tätigkeit zuschauen und hinterher das Geld kassieren.

Einer der Männer winkte mich zu sich; ich sah, dass er fertig war. Er steckte den Schlauch zurück in die Zapfsäule, mit einem Klacken war der Tankvorgang beendet. Ich beugte mich nach vorne, um genau abzulesen, wieviel er zu bezahlen hatte.

Das war so üblich, niemand in diesem Jahr 1983 hätte sich ein anderes Vorgehen vorgestellt. Ein Tankwart wie ich hatte die Zahl abzulesen, der Kunde konnte sie schließlich auch sehen. Dann wurde die Summe laut gesagt, es wurde gezahlt, und alle waren zufrieden.

»Fünfundzwanzig Mark«, sagte ich zu dem Mann und machte mich schon bereit, ihm das Rausgeld auszuhändigen.

»Ich brauch dann einen Beleg«, sagte er und gab mir drei Zehnmarkscheine. Er sah völlig durchschnittlich aus, ein Mann, den ich auf Mitte der vierzig schätzte: Er trug eine braune Stoffhose und schwarze Halbschuhe, dazu ein kariertes Hemd. Sein Haar war leicht angegraut.

»Kein Problem.« Ich steckte die drei Zehner ein, gab ihm einen Fünfer zurück und holte den Block mit den Belegzetteln heraus. Diese waren vorgedruckt; handschriftlich musste ich dort eine Summe eintragen, ein Darum hinzufügen und das Ganze mit meiner Unterschrift versehen.

»Schreib fünfzig!«, wies er mich an, in einem ruhigen Ton, ohne einen befehlshabenden Unterton.

Ich schüttelte den Kopf. »Sie haben aber für fünfundzwanzig getankt.«

Er schien verwirrt. »Das kann doch dir egal sein. Schreib die fünfzig drauf.«

Ich schüttelte erneut den Kopf. »Das wäre nicht korrekt. Sie haben für fünfundzwanzig getankt, also schreibe ich fünfundzwanzig.« Ich wusste, dass sein Vorgehen völlig üblich war. Manchmal schrieb ich den Kunden ihre höheren Zahlen auf den Beleg, bei diesem Mann hatte ich aber keine Lust.

»Was bildest du dir ein?«, sagte er scharf. »Schreib schon die verdammte Zahl da drauf.«

Ich schrieb »25,00« in das Zahlenfeld, kritzelte das Datum darunter und unterschrieb. Dann reichte ich ihm den Zettel. »Wenn ich Steuern bezahle, kann ich nicht tricksen«, sagte ich so ruhig, wie ich es mit meinen 19 Jahren konnte. »Also sollten Sie das auch nicht tun.«

Das Gesicht des Mannes verfärbte sich. Während er den Fünfmarkschein und die Quittung einsteckte, erreichte die rote Farbe nicht nur seine Wangen, sondern auch seine Stirn.

Dann brüllte er los. »Du hast keine Ahnung von Steuern, du weißt doch gar nicht, was das bedeutet. Ich werd' mich bei deinem Chef über dich beschweren, so eine Unverschämtheit aber auch.«

Ich unterstückte den Impuls, ebenfalls zu brüllen, sondern blieb ruhig. Der Feierabend stand vor der Tür, und ich musste ohnehin noch eine Abrechnung machen. »Vielen Dank für Ihren Besuch«, sagte ich höflich, drehte mich zur Seite, sah einen anderen Kunden, der zahlen musste, und wandte mich zu diesem um.

Hinter mir brüllte der Mann mit dem karierten Hemd noch eine Weile weiter. Ich achtete nicht darauf. Irgendwann knallte eine Autotür, ein Motor heulte auf, und sein Auto schoss mit überhöhter Geschwindigkeit von der Tankstelle weg und auf den Parkplatz hinaus.

Meine Hände zitterten vor Anspannung.

21 Juni 2018

1992 gab's ein Souvenir-Buch

Dieser Tage blätterte ich mal wieder das »Souvenir Book« durch, das im April 1992 veröffentlicht wurde. Es war eine Zeitschrift, die zum FreuCon '92 herauskam; das wunderbare Covermotiv stammte von Frans Stummer.

Diese Veranstaltung war ein größeres Science-Fiction-Treffen in Freudenstadt, zu dem rund 800 Leute anreisten und bei dem ich als »Chairman« fungierte. Weil es eine Veranstaltung war, die wir teilweise zweisprachig hielten, gab es haufenweise englische Begriffe und Titel. Kein Wunder: Wir hatten Besucher aus ganz Europa, aus Amerika und Asien, aus gut zwanzig Ländern.

Das alles versuchte das »Souvenir Book« wiederzuspiegeln. Von mir stammte im Prinzip nur das Vorwort, bei dessen Foto ich verwundert feststellen muss, wie jung ich vor 26 Jahren aussah …

Von dem englischen Autor John Brunner hatten wir ein Gedicht, von dem amerikanischen Schriftsteller Norman Spinrad ein Essay, dazu kam ein Artikel über »Der stählerne Traum«, das heiß diskutierte Buch Spinrads. Auch die anderen Ehrengäste wurden vorgestellt, sowohl der Schotte Iain Banks als auch der Franzose Daniel Walther.

In weiteren Beiträgen ging es um Ungarn und Italien, das geplante Filmfest und generell die europäische Science-Fiction-Szene. Von der Autorin Uschi Zietsch hatten wir eine Kurzgeschichte – dass ich 26 Jahre danach immer noch mit ihr zusammenarbeiten würde, hätten wir uns damals sicher nicht vorstellen können –, und Hermann Ritter blickte launig auf die FreuCon-Geschichte zurück.

Schaue ich mir heute das 60 Seiten umfassende »Souvenir Book« an, das von Manfred Müller zusammengestellt und layouttechnisch betreut wurde, finde ich es immer noch richtig schön. Und ich blicke immer noch mit einigem Stolz auf diese Veranstaltung zurück. Schöne Erinnerung!

20 Juni 2018

Als Ultravox! noch ihr Ausrufezeichen hatten

Die Band Ultravox wurde in den 80er-Jahren vor allem durch ihren Synthie-Pop bekannt, Stücke wie »Vienna« laufen nach wie vor im Radio, sie wurden zu großen Hits. Als die Band noch ein Ausrufezeichen im Bandnamen hatte und von ihrem Sänger John Foxx geprägt wurde, machte sie Punkrock, und die Platte »ha! – ha! – ha!« ist nach wie vor eine meiner liebsten Schallplatten.

Ich habe natürlich nicht die original-englische Pressung von 1977, sondern eine deutsche Pressung von Island Records, die 1977 veröffentlicht wurde und die ich irgendwann 1979 oder 1980 kaufte. Ich höre sie immer wieder an und finde sie immer noch unfassbar gut. (Es ist die womöglich zweitbeste englische Punk-Platte des Jahres 1977, wobei die beste natürlich immer noch die von The Damned ist.)

Auf der »ha! – ha! – ha!« zeigen Ultravox! verschiedene Stilrichtungen: Mit Stücken wie »Rockwrok« – so richtig geschrieben! – oder »Frozen Ones« liefern sie Punk-Kracher, die bis heute als Blaupause für Punkrock dienen können, schnell und rotzig und mit einer knalligen Melodie, bei denen ich sofort herumspringen möchte.

Genial finde ich immer noch »Hiroshima Mon Amour«, ein episches und trauriges Stück, das man schon in die New-Wave-Ecke stecken kann, ebenso »Man Who Dies Every Day«: ein manisch hämmerndes Schlagzeug, der Stakkatogesang von John Foxx, die treibend-scheppernde Gitarre – das ist immer noch große Klasse. Die Stücke sind dabei nicht kurz; nur acht Lieder sind auf der Platte – für eine Punk-Band sind Lieder, die fünf Minuten lang sind, auch völlig unüblich.

Dazu kommen die Industrial-Elemente. Maschinenlärm mischt sich in die Stücke, die Gitarre klingt zwischendurch fürchterlich verzerrt, monströse Geräusche wabern durch die Melodien. Bei »Distant Smile« wird die Gitarre metallisch gespielt – aber eben nicht so wie bei einer Metal-Band, sondern messerscharf und mit einem fiesen Unterton.

Ultravox! machten 1977 eben nicht nur eine typische Punkrock-Platte, sondern sie schrieben Stücke, die über das Jahr hinausreichten. Höre ich mir die Platte heute an, stelle ich immer wieder fest, wie zeitlos sie klingt. Großartig!

Eine Blonde und ein großer Hund als Comic

Heutzutage ist es keine Sensation mehr, wenn der Comic-Künstler Hermann einen neuen Comic-Band veröffentlicht. In den 80er-Jahren war das Grund genug, sich mit den anderen Comic-Fans darüber auszutauschen und sich an den starken Zeichnungen zu berauschen. Comics haben mittlerweile eine Qualität, dass das Alleinstellungsmerkmal eines Hermann-Bandes nicht mehr existiert.

Mir fiel das an einem ganz wichtigen Punkt auf: Bereits 2014 erschien der Band »Eine Blonde und ein großer Hund«; es ist Band 33 der »Jeremiah«-Serie, ich kaufte ihn, und ich las ihn erst dieser Tage. Das wäre mir früher nicht geschehen; früher wäre so ein Comic bei mir keinen Tag gealtert oder in einem Stapel gelandet.

Und wenn ich heute auf die Seite von Kult Editionen blicke, dem Verlag, der die Serie veröffentlicht, fällt mir mit schamrotem Gesicht auf, wie viele Hermann-Comics ich in jüngster Zeit verpasst habe. Das muss ich alles nachholen ...

Denn wenngleich die ach so gute alte Zeit nicht mehr zurückkommen wird, zeigt auch dieser Band, warum ich die Serie so schätze: Die Dialoge sind lakonisch und trocken, die Figuren verhalten sich in dieser seltsam vertrauten Science-Fiction-Welt recht glaubhaft, und die Geschichte wird spannend erzählt.

Wieder geht es um Jeremiah, der in einer Stadt strandet. Sein Freund Kurdy ist verschwunden, Jeremiah sucht nach Informationen; es gibt eine seltsame Frau, die in dieser Stadt offenbar wichtig ist, und nur langsam passen alle Details für unseren Helden – und den Leser – so einigermaßen zusammen.

Die Bilder beeindrucken mich immer noch: Nebel, Schlick und Dreck füllen sie aus. Kämpfe werden erbarmungslos ausgetragen, es geht hart zur Sache. Trotzdem hat die Story einen leicht ironischen Unterton. Immerhin ist die Idee, dass Jeremiah zum Gespielin einer reichen Blondine werden soll, für sich schon schräg genug ...

Ich mag die düstere Zukunftswelt, die Hermann seit Jahrzehnten mit seinem »Jeremiah« beschreibt, und freue mich schon auf die nächsten Bände dieser Serie. Dass dieser Band 33 nicht mehr den »Boa hey«-Effekt bei mir auslöst wie die ersten zehn Bände, liegt wohl in der Natur der Sache.

(Dass viele Kritiker dem Künstler vorwerfen, er habe seinen Zenit überschritten, dürfte ihm völlig egal sein. Wer seine großen Zeiten in den 70er- und 80er-Jahren hatte, dürfte darüber in diesem Jahrzehnt nur müde lächeln.)

19 Juni 2018

Die Jenseitsinsel zum zweiten Mal

Im November 2004 erschien »Die Jenseitsinsel«, ein Fantasy-Kurzroman, den ich in der phantastischen Welt Magira ansiedelte. (Was Magira ist und welche Rolle ich dort spiele, erkläre ich an dieser Stelle nicht.) Der Roman wurde als kleines Taschenbuch veröffentlicht, die Auflage dürfte im niedrigen dreistelligen Bereich liegen – im Buchhandel konnte man das Büchlein nie kaufen.

Weil ich meine Magira-Geschichten allesamt in einem Buch bündeln und veröffentlichen möchte, arbeite ich sie in diesem Jahr noch einmal durch. Bei der »Jenseitsinsel« hieß das auch, auf die neue Rechtschreibung umzustellen, der ich mich 2004 noch verweigerte. Mittlerweile wäre ein Widerstand dieser Art in meinen Augen eher kindisch und wenig erfolgversprechend.

Nach vierzehn Jahren fallen mir natürlich auch andere Dinge auf. Wortwiederholungen bleiben immer mal wieder stehen, die kann ich entfernen; Füllwörter und unnötige Halbsätze gibt es anscheinend trotz gründlicher Bearbeitung. So gehe ich eben sehr sorgfältig durch das Manuskript und ändere, was zu ändern ist.

Dabei stelle ich fest, dass mir de Kurzroman tatsächlich noch gefällt. Schon klar, ich bin subjektiv; alles andere wäre sehr überraschend. Aber »Die Jenseitsinsel«, ein Text von der Länge eines Heftromans, funktioniert in meinen Augen nach wie vor sehr gut.

Und das ist dann ein echtes Selbst-Kompliment!

18 Juni 2018

Werner mit neuem Start?

In den frühen 80er-Jahren gehörten die »Werner«-Comics zur Grundausstattung meiner Sozialisation. Ich fand die Comic-Bände zwar nicht gerade supergut gezeichnet, mochte aber den seltsamen Humor der knollennasigen Helden. Sprüche wie »Bescheid« oder »Tass Kaff« wurden von vielen jungen Leuten benutzt, auch von mir.

Während der Bundeswehrzeit, die ich größtenteils verdrängt habe, lagen immer »Werner«-Comics auf der Stube. Sie wurden so oft und so lange gelesen, bis sie zerfleddert waren. »Werner« gehörte dazu, und das große Rennen im Jahr 1988 bekam ich aus der Ferne mit – zu jener Zeit reizten mich aber weder die Comic-Figur noch ihr Zeichner noch.

Das ist alles lange her. Einem Artikel in der »Brand Eins« – dieses Magazin empfehle ich immer –, der bereits im April erschienen war, den ich aber erst dieser Tage lesen konnte, entnehme ich, dass es Rötger Feldmann immer noch gibt, dass er mit bald siebzig Jahren an einem neuen »Werner«-Abenteuer arbeitet und dass das große Rennen wiederholt werden soll. Ein gelungener Artikel, den man glücklicherweise jetzt online nachlesen kann.

Es ändert nichts: »Werner« ist für mich kein Thema mehr. Die 80er-Jahre sind, zumindest was diese Comic-Figur angeht, komplett Geschichte. Die alten Storys funktionieren für mich nicht mehr, und eine Neuauflage reizt auch nicht. Aber ich freue mich, wenn es Feldmann noch einmal schafft und neu durchstartet. Dann halt ohne mich ...

17 Juni 2018

Der zweite Tag ist halt gemütlicher

Der Sonntag, 17. Juni 2018, ist deutlich ruhiger für mich als der vorherige Tag: Auf dem LiteraturCamp in Heidelberg ist die Luft nicht mehr so drückend und heiß, sondern deutlich angenehmer. Auch der Stress durch Vorträge und Sessions ist für mich ein wenig geringer. Das führt dazu, dass ich mehr Einzelgespräche führen kann.

Ich weiß beispielsweise nicht, wann ich mich zuletzt mit Jürgen Eglseer so lange und gut unterhalten habe. Er ist Verlagsleiter und Inhaber des Amrun-Verlages, in dem viele Fantasy- und Romance-Romane erscheinen; wir tauschten allerlei Erfahrungen und Informationen aus, was ich sehr interessant fand.

Ich sprach mit dem Autor Martin Krist und anderen Autoren und Verlagsleuten; ich nutzte die Chance, immer wieder Erfahrungen und Ideen auszutauschen. Das LiteraturCamp ist eine Veranstaltung, die spontan und unverbindlich wirkt, in der das Miteinander und Durcheinander zum Programm gehört, in der auch Lebenshilfe und Überlebenstipps für Literaturleute im Zentrum stehen.

(Das Bild zeigt den Außenbereich des LiteraturCamps während der Mittagspause. Jürgen Eglseer ist der Mann im beigefarbenen T-Shirt rechts im Bild.)

16 Juni 2018

Diskussionen über Literatur (und so)

Ich bin an diesem Samstag zum dritten Mal in meinem Leben auf dem Literatur-Camp in Heidelberg. Und ich stelle fest, dass es durchaus schwierig ist, Außenstehenden zu erklären, was man da eigentlich macht. (Sieht man davon ab, dass ich herumsitze und herumstehe, irrsinnig viel rede, vor mich hin schwitze, gelegentlich schreibe und viel Wasser trinke.)

Aus meiner Warte ist das LitCamp HD, wie man es gut abkürzen kann, eine wunderschöne Gelegenheit, über die verschiedensten Varianten von Literatur zu sprechen. Ich rede mit Bloggerinnen und Autoren, mit Verlagsleuten und Personen, die als Dienstleister tätig sind. Und wir alle interessieren uns für Literatur im weitesten Sinn.

Weil die Bandbreite an Themen so groß ist und zehn Programmpunkte – oder »Sessions«, wie es hier heißt – parallel laufen, kann ich unmöglich alles wahrnehmen. Also picke ich heraus und nutze vor allem die Pausen, um viel zu reden und Leute zu treffen.

In einer Session informierten zwei Frauen aus dem Carlsen-Verlag über Impress – ein Imprint bei Carlsen – und ihre Versuche, eine jugendliche Zielgruppe für ihre Bücher zu verteidigen. Das fand ich spannend. In einer anderen Session erfuhr ich viel über aktuelle Romane, in denen »emotionaler Missbrauch« als Thema gibt.

Das alles ist interessant und bereichert meine Kenntnisse über den Literaturbetrieb. Allein dafür lohnt sich eine Anreise für mich.

15 Juni 2018

Zwei Engländer im P8

Die Frau neben mir war textsicher und enthusiastisch zugleich. Lauthals sang sie mit, euphorisch klatschte sie in die Hände. Ich stand neben ihr, grinste bis hinter die Ohren, wippte auf und ab und freute mich.

Dann stieß sie mich an. »Hey, mach mit!«, rief sie mir zu. »Mach doch auch Stimmung!«

Verwirrt guckte ich auf sie hinunter. »Wieso Klatschen?«, fragte ich verwundert. Sie drehte sich empört zur Seite und hielt mich wahrscheinlich für einen grauenhaft langweiligen Spießer.

Dabei brauchte man meiner Ansicht nach keine zusätzliche Stimmung machen. An diesem Donnerstag, 14. Juni 2018, stand TV Smith auf der Bühne; mit seiner Klampfe sorgte er im gut besuchten »P8« in Karlsruhe für einen grandiosen Abend. Unterstützt wurde er von Vom Ritchie, der im wirklichen Leben als Schlagzeuger für die Toten Hosen arbeitet, an diesem Abend aber den auf einem rudimentären Mini-Schlagzeug trommelte.

Der Schlagzeuger hatte sicher für zusätzliches Publikum gesorgt. Neben dem üblichen Volk, das man bei subkulturellen Konzerten in Karlsruhe sieht, waren gut zwei Dutzend Leute anwesend, die eher wie Hosen-Fans wirkten. Der guten Laune schadete das sicher nicht.

TV Smith, den ich schon oft live gesehen hatte, überzeugte an diesem Abend durch einen sehr punkigen Auftritt. Er spielte seine Stücke energisch und kraftvoll, seine Ansagen waren eher kurz, und am Ende bretterte er die Adverts-Klassiker aus dem Jahr 1977 mit voller Wucht ins Publikum.

Wir jubelten und johlten, ich bewegte sogar meinen Hintern ein wenig und war völlig begeistert. Das Konzert war definitiv »mehr Punk« als viele andere, die ich im Verlauf der Jahrzehnte gesehen hatte: zwei Musiker, die sich gut verstanden und sichtlich viel Spaß hatten, und ein euphorisches Publikum, dessen Beifall am Ende kaum enden wollte.

14 Juni 2018

Klappkonn-Impressionen aus Hessen

Im März 1985 reiste ich per Anhalter nach Ehringshausen, einer Landgemeinde nördlich von Frankfurt. Dort fand der Klappkonn statt, also ein Treffen eines eines Science-Fiction-Clubs – die genaue Herleitung des Begriffs möchte ich an dieser Stelle nicht auswalzen. Mit dabei waren viele andere Fans, und ich verbrachte ein recht amüsantes und gelungenes Wochenende mit vielen Gesprächen über Science Fiction sowie über Gott und die Welt.

Zur Unterhaltung der Besucher – wir waren vielleicht zwei Dutzend Leute – standen unter anderem ein Computer und eine Schreibmaschine zur Verfügung. Der Computer wurde zumeist dazu benutzt, irgendwelche Spiele darauf zu spielen. Dass man damit auch schreiben könnte, war 1985 noch kein weit verbreitetes Thema.

Auf der Schreibmaschine wurden die Impressionen getippt: Wer immer wollte, setzte sich daran und schrieb irgendwelche Gedanken nieder. War man fertig, ließ man das Blatt in der Maschine, und eine andere Person schrieb weiter.

Aus diesen Texten entstand ein Fanzine, das den schönen Titel »Klappkonn-Impressionen« trug und das ich dieser Tage in den Händen hielt. Es finden sich verwirrende Texte darin, die ich heute beim besten Willen nicht mehr verstehe, darüber hinaus Berichte – auch von mir – und Text-Experimente.

Viktor Pavel machte Tonbandaufnahmen, die dokumentiert wurden; der heutige Profi-Schriftsteller Achim Mehnert war mit Texten vertreten. Tatsächlich ist das Fanzine ein Zeitdokument, dessen Inhalte sich heutigen Leserinnen und Lesern kaum noch erschließen dürften. Nicht einmal ich verstehe über den Abgrund der Zeit hinweg alle Anspielungen ...

13 Juni 2018

1994 in Darmstadt

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Es muss Ende 1994 gewesen sein, so genau lässt sich das kaum noch festmachen. In Darmstadt spielten in der Öttinger Villa die großartigen Lokalmatadore und die nicht minder großartigen Klamydia aus Finnland. Zusammen mit Freunden aus Heidelberg fuhr ich auf das Konzert, um später in Darmstadt zu übernachten.

Dabei entstand auch ein Foto, das für die damalige Zeit irgendwie typisch ist: Ich stand vor dem Konzert herum und redete viel zu viel Zeug. Ich trank zudem Bier und verkaufte irgendwelche Schmierblättert. Später gab es extrem schweißtreibenden Pogo, vor allem deshalb schweißtreibend, weil in dem Konzertraum skurrilerweise die Heizung aufgedreht worden war ...

Das Bild ist ein Ausschnitt; die Person, mit der ich auf dem Komplettbild spreche, kenne ich nicht. Und ich könnte mir vorstellen, dass es ihr nicht recht wäre, nach 24 Jahren mit dem »Outfit von damals« ohne Rückfrage gezeigt zu werden.

(Auffallend an dem Bild ist übrigens eines: Damals hatte ich keinen Bauch. Das scheint doch irgendwie mit dem Alter zusammenzuhängen und mit dem vielen Bier, das ich seitdem getrunken habe.)

12 Juni 2018

Israel im Zeitschriften-Blick

Bereits im Mai ist die Ausgabe 336 der »Informationen zur politischen Bildung« erschienen. Das Heft erscheint vierteljährlich, ich habe es seit vielen Jahren abonniert und empfinde es immer wieder als lehrreich.

Es gibt Hefte, die blättere ich nur, und es gibt Hefte, die lese ich komplett. Die Ausgabe 336 zum Thema Israel las ich von vorne bis hinten. Veröffentlicht wurde es von der Bundeszentrale für politische Bildung, verschiedene Autorinnen und Autoren lieferten die Artikel.

Ausführlich wird die Geschichte des Staates erzählt, von seiner Gründung bis zur heutigen Zeit. Die einzelnen Bevölkerungsgruppen werden vorgestellt, Kultur und Musik kommen vor. Auch die Probleme in den besetzten Gebieten werden thematisiert, ebenso das Verhältnis zu den Minderheiten im Land.

Insgesamt richtet das 84 Seiten starke Heft einen positiven Blick auf Israel – das kommt meiner persönlichen Weltsicht entgegen. Aber es liefert genügend Fakten und Quellenhinweise, so dass man weitergehende Recherchen anstellen kann. Ich empfand die Lektüre als angenehm unideologisch und an den Fakten orientiert.

Das Gute an dem Heft: Man kann es kostenlos als Print-Produkt erhalten und auf der Internet-Seite der Bundeszentrale ebenso kostenlos herunterladen. Dort kann man zudem einzelne Artikel anlesen. Lohnenswert!

11 Juni 2018

Familiengeschichten aus den fünfziger Jahren

Ganz ehrlich: Wenn jemand von der Comic-Serie »Mausi und Paul« (im Original hieß sie »Modeste et Pompon«) noch nie etwas gehört hat, braucht er oder sie sich nicht zu grämen. Im deutschsprachigen Raum errang die Serie keine große Popularität, obwohl sie von André Franquin stammt. Dessen Serien »Spirou & Fantasio« und »Gaston« sind allerdings auch – das muss ich gleich eingangs sagen – wesentlich besser.

Bei »Mausi und Paul« handelt es sich um eine Serie von Einseitern, die in der Zeitschrift »Tintin« erschienen. Das junge Paar erlebt allerlei Abenteuer im Alltag; in den Geschichten geht es also um die Verwandtschaft und die Nachbarn, um Autos und Gärten, um Radios und Schallplattenspielern. Die beiden Helden sind alterslos; man kann sie sich als junge Erwachsene vorstellen, aber Genaueres erfahren die Leser nicht.

Im Carlsen-Verlag sind unter dem Titel »Die gesammelten Abenteuer von Mausi und Paul« alle Geschichten erschienen, die der Künstler von 1955 bis 1959 zu diesem Paar zeichnete, unterstützt übrigens von berühmten Textern wie René Goscinny, Greg oder Peyo. Sowohl die Zeichnungen als auch die Texte sind dabei klar im Ausdruck, die Pointen sitzen sauber – das ist alles ziemlich klasse. Für den heutigen Geschmack sind manche Witze natürlich veraltet und zu harmlos, aber das schadet nicht.

Dass man anhand von Comics und Romanen sehr viel vom jeweiligen Zeitgeist einfangen kann, beweisen die Comics aufs Vorzüglichste. Kleidung und Autos, das jeweilige Verhalten und Freizeitvergnügen, Kunst und Alltagsgegenstände – in zahlreichen Details fing Franquin das ein, was in den fünfziger Jahren modern war. Es macht Spaß, den Comic-Band nach solchen Aspekten zu durchstöbern.

Die redaktionellen Ergänzungen sind dabei durchaus hilfreich. Im aktuellen Fall nehmen sie gut achtzig Seiten ein: Die Artikel beleuchten die Entstehung der Comics, sie zeigen das zeitgeschichtliche Umfeld, und sie weisen auf Details hin, die einem »normalen Leser« kaum auffallen. Ich lese solche Hintergründe gern, weil sie eine Gesamtausgabe dieser Art massiv aufwerten.

Mit »Mausi und Paul« liegt eine wunderbare Gesamtausgabe vor, die vor allem einen Künstler und sein Werk präsentiert. Wer eine Freude an dieser Art von Comic-Klassikern hat, sollte hier unbedingt zugreifen.

Street Level von 1980

Wann genau ich die Platte mit dem Titel »Street Level« kaufte, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Es muss zu Beginn der 80er-Jahre sein; wahrscheinlich lag sie in einer der »Unter 10 Mark«-Kisten in der »Lerche« in Stuttgart, wo ich bei jedem Besuch in der Landeshauptstadt fündig wurde. Als die erste  Wave- und NdW-Welle rum war, konnte man da schöne Schnäppchen machen.

»Street Level« trägt den tollen Untertitel »20 New Wave Hits«, erschien 1980 und enthält tatsächlich nur Hits; kein einziger Ausfall für mich bis heute. Klar ... was man da so unter New Wave verstand, ist durchaus diskutabel. Trotzdem hörte ich die Platte bestimmt tausend Mal an und legte sie gern in den 80er-Jahren auf, wenn ich im Jugendzentrum »Murgtäler Hof« als DJ aktiv wurde.

Mit den Sex Pistols, den Buzzcocks, den Dickies oder den Plasmatics waren bekannte Punk-Bands vertreten, von denen auch knallige Stücke genommen wurden. Über »Street Level« lernte ich The Skids kennen, deren »Circus Games« ich immer noch großartig finde. Ähnliches gilt für Gary Numan, der zu den ersten »Wave«-Leuten gehörte, die ich mochte, ebenso John Foxx.

Die Stranglers wurden zumindest zum Punk gerechnet, auch wenn sie's streng genommen nie waren. Ihr »No More Heroes« hätte ich sicher auf so eine Platte gepackt. Das gleiche gilt für Blondie oder Public Image Ltd. – die Band zählten zu dieser Szene allerdings schon dazu. Und die Boomtown Rats fingen immerhin als Punk-Band an.

Kniffliger wurde es schon mit Bands wie den Pretenders oder Ian Dury; das zählte für mich nie zu Punk oder Wave, gehörte allerdings zeitlich zu den frischen Bands und Einzelkünstlern, die in der zweiten Hälfte der siebziger Jahren an meine Ohren drangen. Aber die Tom Robinson Band? Oder die Nick Straker Band?

Die Auswahl der Stücke und Bands war also durchaus diskussionswürdig. Aber es war kein einziger Ausfall dabei. Als ich die Platte nach langen Jahren wieder aus dem Schrank fischte und auflegte, hörte ich sie wirklich tagelang. Es waren und sind wirklich zwanzig Hits, und ich liebte sie alle immer noch.

10 Juni 2018

An der Bücherschütte

Nach langer Zeit bin ich mal wieder im »Kaufland« in Karlsruhe, um dort einzukaufen. Ich bereue diesen Entschluss spätestens nach einer Viertelstunde: Der Markt ist völlig überfüllt, und ich finde mich nicht mehr zurecht. Da nützt es auch nicht, dass die Abteilung mit Alkoholika hervorragend strukturiert ist.

Bei den Zeitschriften gibt es eine Schütte mit preisreduzierten Taschenbüchern. Während ich ein wenig bei den Zeitschriften stöbere, um zu sehen, wo »meine« Titel stehen, lausche ich dem Gespräch der Menschen, die sich mit den Büchern beschäftigen.

Vor allem ein Paar fällt auf. Sie ist Mitte dreißig, er Mitte vierzig – zumindest wirken sie so. Beide machen keinen unsympathischen Eindruck.

»Das ist echt ein Spottpreis«, sagt sie und hält einen Roman in der Hand. »Der kostet nur vier Euro, da kannst du echt nichts sagen.«

Der Mann betrachtet das Buch ebenfalls. »Im Laden würde der 9,90 Euro kosten – das ist hier echt viel billiger.«

»Wir sollten einfach mal wieder ein paar Bücher mitnehmen«, schlägt sie vor. »Bei dem Preis kann man ja echt nichts falsch machen.«

Sie nehmen die unterschiedlichsten Bücher heraus: Krimis, Liebesromane, sogar phantastische Literatur. Sie diskutieren über die Titelbilder und Klappentexte. Und ich verkneife mir, mich einzumischen und ihnen etwas von Buchpreisbindung und »Ramsch« zu erzählen, sondern gehe rasch weiter. Ich hoffe, das Paar hat viele Romane gekauft und damit dann viel Freude gehabt!

09 Juni 2018

Beginn mit einem Kyss

»Romance hat ein neues Zuhause« – so titelt der Rowohlt-Verlag auf seiner Werbung für ein neues Label. Unter dem neuen Untertitel »Kyss« möchte man sich ab dem Herbst 2018 mit romantischen Romanen ein weiteres Standbein verschaffen. Geplant sind offenbar Serien, und man möchte mit massiver Werbung in das neue Marktsegment vorstoßen.

Die klare Aussage aus der Informationsbroschüre: »Jeder vierte Paperback-Bestseller ist heute eine Romance.« Das glaube ich sofort, auch ohne dass ich mir die Paperback-Bestsellerliste regelmäßig anschaue. Der Verlag setzt in diesem Fall auf einen Trend, und damit handeln die Verantwortlichen sicher richtig.

Spannend finde ich eines: Man möchte künftig auch andere Genres anbieten. Zumindest schrieb das die Fachzeitschrift »buchreport.express«. Historicals und Romantasy sind geplant, für 2019 soll auch Erotik kommen. Für Genre-Leser und Fantasy-Fans gibt's also künftig einen weiteren Verlag, auf den man achten sollte …

08 Juni 2018

Human Abfall aus Stuttgart

Zu den vielen Bands, die in den vergangenen Jahren aus der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg gekommen sind, zählen Human Abfall. Trotz des Namens macht die Band keinen knalligen Deutschpunk (mehr), sondern orientiert sich mehr in Richtung Noise-Rock oder »Alternative« – dazu mag die räumliche Nähe zu erfolgreichen Bands wie Die Nerven beitragen.

Veröffentlicht wurde die Platte im Spätjahr 2013; die Stücke sind eingängig und rhythmisch. Die lakonischen Texte in deutscher Sprache sind eingängig und erinnern manchmal an die frühesten Tage der Neuen Deutschen Welle.

Wer sich einen Titel wie »Von Biebern und den Bohrern« ausdenkt, ist sowieso auf einem sehr skurrilen Dampfer unterwegs. Das Stück beginnt schleppend, steigert sich dann und endet in einem rasanten Pogo-Rhythmus.

Klar – das ist alles kein Deutschpunk, wie man ihn kennt, und hat wenig mit den gängigen Punkrock-Moden zu tun. Die Band klingt eigenständig, manchmal sperrig, dann wieder recht flott. Die Platte halte ich für gelungen.

Bands wie Human Abfall zeigen, dass man altbekannte Muster durchaus neu interpretieren kann, sowohl der Melodien als auch der Texte. Auf der EP »SNG« findet sich nicht gerade ein Hit, die Platte macht aber richtig Spaß. Lohnenswert!

Panorama eines Dorfes im Dauerregen

Einer der Autoren, die ich vom Namen her seit Jahrzehnten kenne, von denen ich aber noch nie etwas gelesen habe, ist Gabriel Garcia Marquez. Der Mann erhielt 1982 den Nobelpreis für Literatur, seine Romane standen in den 80er- und 90er-Jahren immer wieder auf den Bestsellerlisten, und sie wurden mir oft empfohlen.

Im Urlaub nahm ich mir einen dünnen Roman von ihm vor, den ich recht schnell durchlas: »Die böse Stunde« ist eines der früheren Werke des Schriftstellers, bereits 1962 erstmals veröffentlicht. Anhand eines namenlosen Dorfes stellt er vor, wie Korruption und Machtgier in einer abgelegenen Region in Südamerika die Menschen im Griff haben, während der Tropenregen auf die Häuser herunterprasselt.

Offenbar gab es vor kurzer Zeit einen Militärputsch. Der Bürgermeister ist ein Offizier, der mit einigen uniformierten Banditen das Dorf regiert – einige Menschen gehören zur Opposition und wissen, dass sie jederzeit umgebracht werden können. Es gibt klare Klassenunterschiede, der Pfarrer spielt sein eigenes Spiel, und verschiedene Hetzschriften werden in Umlauf gebracht.

Alle Figuren umkreisen sich gewissermaßen. In der schwülen Hitze sind alle träge und auch aggressiv. Sex und Gewalt brechen auf, ein Gefangener im Polizeigewahrsam bekommt einige Tage lang einfach nichts zu essen, verkaufte Esel sterben unter merkwürdigen Umständen. Das Dorf und seine Bewohner leben unter einer Glocke des Grauens.

Mit 229 großzügig bedruckten Seiten ist der Roman schnell gelesen, und ich folgte der Handlung mit großem Interesse. Das Gesellschaftsbild, das der Autor entwirft, ist spannend und grausig, die Geschichte kann ich mir auch in einem Film sehr gut darstellen.

Im Roman nervte mich so manches. Nicht die Tatsache, dass es keine klare Hauptfigur ist und die Handlung buchstäblich von Kopf zu Kopf springt – das ist in diesem Fall ein Stilmittel und absolut nachvollziehbar. Auch dass keine einzige Figur im Roman vorkommt, die man mag, störte mich nicht im geringsten.

Nervend fand ich, dass die Absätze und Dialoge teilweise völlig erratisch gestaltet sind. Entweder hat das Lektorat »schon damals« geschlampert, oder man dachte bei der Übersetzung, man dürfe einen Literaten von Weltrang nicht lektorieren – teilweise ist nicht klar, wer was sagt, und das ist dann ganz eindeutig nicht »künstlerisch gewollt«, sondern schlichtweg falsch.

Alles in allem fand ich »Die böse Stunde« nicht schlecht, aber eben auch nicht gut. Das Taschenbuch kam nach erfolgte Lektüre direkt in den Bücherschrank bei uns in der Weststadt, wo es hoffentlich jemandem in die Hände fällt, der es eher schätzen wird als ich. Und ich überlege mir, ob ich Marquez mal wieder eine Chance geben soll ...

07 Juni 2018

Goldfieber 1982

Im Spätsommer 1982 hatte ich wohl einen Anfall von Schreibwut; es entstanden unglaublich viele kurze Texte. Vieles davon waren Fingerübungen in Sachen Science Fiction; ich schrieb Dialoge und Szenen, um herauszufinden, was für mich funktionierte. Davon ist nichts erhalten geblieben, ich warf diese Übungen allesamt weg.

Aber ich schrieb auch haufenweise Gedichte, allesamt per Hand, wahrscheinlich in der Schule und während des Unterrichts. Daheim tippte ich sie mit der Kofferschreibmaschine ab – allein am 23. September 1982 tippte ich gut ein Dutzend Gedichte auf A4-Blätter.

Eines dieser Blätter nahm ich mir dieser Tage vor. Die meisten Texte  sind sehr jugendlich, sehr »ausprobierend«. Manche finde ich tatsächlich nicht schlecht, und »Goldfieber« gehört dazu. Deshalb bietet es sich an, diesen Text heute zu präsentieren.

Goldfieber

Überall in den Bächen
glitzert es nach Gold;
das Goldfieber bricht aus
und erfasst alle Menschen.

Auch ich suche
nach den Schätzen,
doch ich finde nur
leere Blechbüchsen,
die im Wasser wie
Gold aussehen.

06 Juni 2018

Wie eine Institution zur Marke wird

Bei der Firma DSP handelt es sich um eine Agentur, mit der ich seit vielen Jahren zusammenarbeite – nicht privat, sondern in meiner Funktion als Redakteur. Weil ich mich immer freue, wenn ich etwas mitbekomme, das meinen Horizont erweitert, freute ich mich sehr darüber, eine Einladung zu einer Veranstaltung am Dienstagabend, 5. Juni 2018, zu erhalten.

Ich war einigermaßen neugierig, als ich am frühen Abend in Ettlingen eintraf. Die Temperaturen waren tropisch, die Getränke immerhin gut gekühlt. Das Thema der Veranstaltung klang ein wenig sperrig: »Was macht eine Kulturinstituion zur Marke?« Tatsächlich stellte sich das Ganze als unterhaltsam und informativ heraus.

Als Referentin war Dominika Szope eingeladen worden. Sie ist die Leiterin Kommunikation und Marketing im ZKM Karlsruhe, damit verantwortlich für die Außendarstellung einer weltweit auftretenden Organisation. Ihren Vortrag übertitelten die Veranstalter mit »Digitale Wende: Kulturmarketing im 21. Jahrhundert«.

Obwohl ich das ZKM ja durchaus kenne und schon gelegentlich dort bin, erfuhr ich viele neue Dinge: Wie werden Kommunikationskanäle genutzt, wie wird eine App-Ausstellung auf Reisen geschickt, wie werden Künstler, Studenten, die Wirtschaft und die Sozialen Medien in die Öffentlichkeitsarbeit eingebunden? Die Marketingfrau stellte verschiedene Beispiele dar, was ich alles sehr interessant fand.

Dem Vortrag schloss sich das gemütliche Beisammensein an. Ich futterte vegane Burger und trank – wegen des Wetters – lieber Limonade und kein Bier. Dabei hätte es auch leckere Gin-Tonic und andere Cocktails und Longdrinks gegeben. Aber eben nicht, wenn man bei über dreißig Grad in der Abendsonne steht und danach mit dem Auto heimfahren will ...

Ich lernte Menschen kennen, die in völlig anderen Branchen arbeiten; wir plauderten über die Arbeit, über das ZKM, über gemeinsame Bekannte oder auch die Schwierigkeiten, die sich bei der Arbeit ergeben. Als ich nach Hause fuhr, hatten wir immer noch 26 Grad, obwohl es langsam dämmerte, und ich hatte den Kopf voller neuer Eindrücke.

Ganz klar: Wenn DSP die Veranstaltungsreihe fortsetzt und ich die Chance habe, noch einmal hinzukommen, werde ich das sicher tun. Mehr Input kann dem Hirn ja nicht schaden ...

05 Juni 2018

Zwei Wochen ganz schön frisch

Ich war im Urlaub. Zwei Wochen lang, also fast ... Und ich flog nach Teneriffa, wo ich 2004 zuletzt gewesen war – damals war es ein Schreiburlaub, und ich hatte mich in ein Drei-Sterne-Hotel in Puerto de la Cruz einquartiert. Diesmal sollte es ein fauler Strandurlaub werden, also buchten wir einen Fünf-Sterne-Palast im Südwesten der Insel – für erstaunlich wenig Geld.

Das Hotel nannte sich »Palacio de Isora« und gehörte zur »Gran Mélia«-Gruppe, ein ziemlich schick aussehendes Hotel, das ziemlich allein stand. Es erhob sich am Rand des Dorfes Alcála, das sehr klein und unscheinbar ist.

Kleine Cafés, einige Restaurants und Pensionen – das war's so ziemlich. Allein deshalb war mir das alles sehr recht; vom Trubel eines touristischen Ortes blieben wir weitestgehend verschont.

Aus Gründen, die ich auch nicht so richtig nachvollziehen kann, hatten wir ein Zimmer in komplett zentraler Lage, mit direktem Blick auf den Infinity Pool und hinüber nach La Gomera. Das Zimmer war vergleichsweise groß, der Balkon ebenso. Mit dem Essen war ich mehr als zufrieden, und die musikalische Unterhaltung am Abend konnte man umgehen, in dem man einen Spaziergang unternahm.

Vor dem Hotel lag das Ufer, von dort aus spazierten wir ins Dorf oder zu einer der nahegelegenen Buchten; alles in allem empfand ich alles als sehr erholsam und ruhig. Zu schwitzen gab es nicht viel. Während der Süden Deutschlands unter einer Hitzeglocke lag, hatten wir an unserem Urlaubsort zwischen 17 und 21 Grad im Schnitt; tagsüber wurde es durchaus einmal heiß, aber weil ein strammer Wind ständig Wolken über die Insel scheuchte, war es auch oft kühl.

Ich fühlte mich rundum wohl. Ich las viel, ich ignorierte die Nachrichten. Weil wir keinen Computer dabei hatten und das Handy nur checkten, um zu schauen, ob jemand eine schlimme Nachricht geschickt hätte, bekam ich nichts von dem ganzen Polit-Generve der vergangenen zwei Wochen mit. Das und die frische Luft dürften zum Erholungserfolg beigetragen haben ...

04 Juni 2018

Eine Tagung und eine Veröffentlichung

Im vergangenen Herbst wurde in der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel die »weltweit erste Eschbach-Tagung« veranstaltet, an der ich auch teilnahm. Am Samstag traf das Belegexemplar des Tagungsbandes bei mir ein, und darüber freute ich mich sehr.

Andreas Eschbach ist ein Autor, den ich fachlich wie menschlich schätze. Seine Romane sind bestes Lesefutter im positiven Sinn, und immer wieder bringt er Themen auf die Bestsellerlisten, die nicht unbedingt jedermanns Geschmack sind. (Das Ende des Öl-Booms ist ein harmloses Thema, die Hardcore-Christen in den USA sind schon ein wenig heikler, und beim Thema Selbstjustiz sorgte der Autor für kontroverse Diskussionen.)

Viele Aspekte seines Werks wurden während der Tagung beleuchtet. Ich sprach vor allem über seine Arbeit für die Science-Fiction-Serie, für die ich als Redakteur tätig bin.

Was Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen zu dem Autor sagen und wie er sich selbst äußert, das lässt sich jetzt alles schön nachlesen. Wulf Dorn, Leonhard Koppelmann, Olaf Kutzmutz, Kathrin Lange und Burkhard Spinnen äußern sich zu einem ungewöhnlichen Autor.

Ich muss das 108 Seiten umfassende Buch selbst noch lesen, möchte es aber schon mal den Menschen empfehlen, die gerne Eschbach-Romane durchschmökern. Oder die gern ein wenig mehr über die Produktion von Literatur wissen möchten. Bestellen kann man das Buch über die Internet-Seite der Bundesakademie.