29 August 2009

Eigene Vorurteile

Ich saß in der Innenstadt von Karlsruhe auf einer Bank am Straßenrand; es war dunkel, ich war vom Radfahren erhitzt und gönnte mir ein Eis. So saß ich am Rand des Geschehens und bekam doch genügend mit, während ich mich über leckeres Eis freute.

Ein Mann und eine Frau kamen vorbei, und mein Blick blieb ebenso an dem Paar hängen wie die Blicke einiger anderer Leute in meiner Nähe. Er war weißhaarig, mit Halbglatze, ich schätzte ihn auf Ende fünfzig; über seinen Bauch spannte sich ein legeres Hemd, das er über die Hose hängen ließ.

An seiner Hand führte er eine junge Frau, vielleicht Mitte zwanzig, die aussah, als ob sie aus Südostasien käme; sie trug einen roten »Fummel«, ein besserer Begriff fiel mir nicht ein, eine Art Kleid, dessen unterer Saum die Oberschenkel zur Hälfte bedeckte und das auch oben sehr viel braune Haut zeigte.

Ich dachte wohl das, was in dem Augenblick die Leute rings um mich auch dachten: »Da hat sich mal wieder ein alter Sack eine junge Thailänderin gekauft.« Und ich suhlte mich in meinem Vorurteil.

Bis mir klar wurde, daß ich genau das tat, was ich stets an anderen Leuten verurteile: Ich verließ mich auf ein Vorurteil.

Woher wußte ich, was die beiden Menschen verband? Vielleicht war sie seine Nichte oder seine Adoptivtochter, und das Händchenhalten hatte auf einmal eine ganz andere Bedeutung? Oder sie waren ein Paar, aber ihre Beziehung war die einer wahren und echten Liebe?

Ich wußte es nicht. Und mir war auf einmal peinlich, daß ich immer wieder in Vorurteile verfalle. Schnell kümmerte ich mich wieder um mein Eis ...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

du bist halt ein mensch....

grüße - A.

(ein unreflektierter mensch ist der, der sich in deinem erlebnis nicht selbst wiedererkennt...)