Irgendwann sagte jemand zu mir, »Westerwelle ist tot«, ich verstand aber im Lärm der Messe nur »Westerwelle ist da«. Und spontan sagte ich, »das ist auch so eine überflüssige Person« und vergaß die Bemerkung wieder. Erst gut zwei Stunden bekam ich mit, dass der Politiker Guido Westerwelle gestorben war – und da tat mir die Bemerkung tatsächlich leid.
Vielleicht kommt echt eine gewisse Milde in einem auf, wenn man vom Tod eines Menschen erfährt. Guido Westerwelle, der nicht viel älter war als ich, gehörte quasi zur selben Generation wie ich. Über Jahrzehnte hinweg bekam ich also mit, wie er als Politiker aufstieg und wieder fiel. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn hasste, aber ich mochte weder sein großspuriges Auftreten noch seine neoliberale Politik.
In der Filterblase der Buchmesse bekam ich seinen Tod nur am Rand mit. Und da fand ich es tatsächlich traurig, dass er gestorben war. Was mich wunderte, weil ich ihn ja nie gemocht hatte. Aber vielleicht liegt es in solchen Fällen schlichtweg daran, dass er quasi mein Leben so lang begleitete. Seltsame Anwandlung.
Irritierenderweise machte mich der Tod von Lothar Späth nicht traurig. Den Politiker mochte ich in gewisser Weise, obwohl er von der CDU war und stets eine sehr konservative Politik betrieben hatte. Aber wahrscheinlich hatte er sein Macher-Image so gut in die Öffentlichkeit gestellt, dass ich es glaubte und deshalb irgendwie Respekt vor ihm hatte. Schwaben unter sich gewissermaßen.
Die Buchmesse ist eine Blase, Eindrücke und Nachrichten von außen kommen gefiltert. In all dem Gesprächswirrwarr über E-Books, Facebook-Aktionen, neue Manuskripte, Agenturwechsel, Verlagspersonalia und privatem Tratsch fällt sogar eine Todesnachricht unter den Tisch, ebenso die Information über Terroranschläge oder Politikerauftritte. Schon seltsam, wie man sich ablenken lässt ...
1 Kommentar:
Interessant, daß es dir genauso ging wie mir. Siehe meinen Blogeintrag.
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