16 Juli 2010

Der freundliche Ire ist tot

1992 veranstaltete ich mit einer Handvoll ähnlich begeisterungsfähiger Menschen (man könnte auch sagen, wir waren reichlich größenwahnsinnig) den FreuCon '92 in Freudenstadt, wo ich zu jener Zeit noch wohnte. Aufgrund politischer Wirren wurde der Con auf einmal zum offiziellen EuroCon, also zum Europäischen Science-Fiction-Kongress, und zudem hielt die Organsation World-SF ihre Versammlung bei uns ab.

Einer der Ehrengäste war ein gewisser James P. Hogan. Der Mann war damals anfangs fünfzig, und ich erlebte ihn als sympathischen Briten, stets höflich und freundlich. Er ließ sich bereitwillig für Programmpunkte einspannen, hielt Reden und Vorträge und erwies sich als einer der nettesten Gäste, die ich jemals offiziell begrüßen konnte.

Am Montag, 12. Juli 2010, ist er auf einmal gestorben. Ich hatte in den letzten Jahren nicht einmal mehr an ihn gedacht, wie ich gestehen muss – und ich erfuhr erst nach seinem Tod, dass er zuletzt mit extrem schrägen Meinungen sympathisierte und sogar über Holocaustleugner freundliches zu sagen wusste.

Das schmälert im Nachhinein sicher seinen Ruf. Hätte ich zu Lebzeiten davon erfahren, wäre ich entsetzt gewesen. Da ich seit Jahren nichts mehr von ihm gehört hatte, war mir das alles neu. Das passte alles nicht zusammen.

In meinem Gedächtnis wird er aber stets der freundliche Ire mit dem rundlichen Gesicht sein, mit dem man sich in Freudenstadt so gut unterhalten konnte. Das Bild bleibt dann.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja leider ist es nun sehr schwierig geworden nachzuvollziehen was in den letzten Jahren mit J.P. Hogan bzw. seinen Auffassungen passiert ist. Ich hab ihn zwar nie getroffen aber als SF Fan einige seiner Buecher (vor allem die Ganymed-Serie) sehr gerne gelesen. Diese zeigten eine voellig andere Weltanschauung.
Da stellt sich nun die Frage, ob man sich nun auch von seinem Werk distanzieren sollte (von seinen merkwuerdigen Auffassungen allemal)?
Dirk (ENPUNKT-Leser aus dem fernen Kanada)

Enpunkt hat gesagt…

Puha. Schwierig. Ist ein bisschen wie bei L. Ron Hubbard. Darf ich seine frühen Werke als unterhaltsame Pulp-Romane betrachten, oder muss ich ihn immer als Scientology-Gründer betrachten?

Ich werde es mit Hogan halten, wie ich es für sinnvoll halte: Er war ein netter Kerl, ich fand ihn sympathisch, und über seine letzten zehn Jahre plus politisch-gesellschaftlichen Ansichten decken wir einen schamhaften Mantel des Schweigens.