14 September 2009

Gesellschaftliche Abgründe


Ich habe in diesem Blog gelegentlich erwähnt, daß ich jetzt alle Maigret-Romane von George Simenon kaufen und lesen werde. So schnell komme ich damit leider nicht voran – wenn ich aber einen Maigret-Roman lese, bin ich danach völlig begeistert und kann es kaum erwarten, mit der Lektüre des nächsten Bandes anzufangen.

So ging es mir am Wochenende, an dem ich mich in »Maigret und der gelbe Hund« vertiefte. Wieder ist der Schauplatz der Handlung eine kleine französische Stadt, wieder einmal herrscht eher mieses Wetter vor: Nebelschwaden und Nieselregen, alle Leute haben schmutzige Füße, weil die Straßen der kleinen Stadt noch nicht einmal gepflastert sind.

George Simenon läßt seine Romane in der Zeit spielen, in der er sie geschrieben hat. Anfangs der dreißiger Jahre ist es eine Besonderheit für viele Leute, in einem Automobil zu fahren, Journalisten sind noch eine relativ neue Erscheinung, und Telefonieren wird zu einer durchaus anstrengenden Sache.

In einer kleinstädtischen Atmosphäre, die von scharfen Gegensätzen der Schichten und Klassen geprägt ist, kommt es nacheinander zu Mordanschlägen und auch zu einem vollendeten Mord. Den Täter glaubt man rasch gefunden zu haben: Es ist ein Vagabund mit einem unglaublich häßlichen Gesicht.

Aber Kommissar Maigret sieht das anders und beginnt damit, seine ungewöhnlichungen Ermittlungsmethoden anzuwenden. Für heutige Fernsehzuschauer ist das nichts neues: Der Kommissar befragt alle Zeugen, sitzt aber auch oft nur in der Kneipe herum, trinkt Bier und raucht Pfeife, bringt durch sein Verhalten die Ereignisse in Bewegung.

Ich bin völlig baff angesichts auch dieses Romans: Da ist nichts besonderes, die Sätze sind schlicht, die Beschreibungen knapp und präzise, die Dialoge schweifen nicht aus. Auf nicht mal 180 Seiten entfaltet sich das Panorama einer spießig wirkenden Stadt, die in ihrer Eintönigkeit zu ersticken droht.

Hammer. Ich glaube echt, ich habe einen neuen Lieblingsautor gefunden.

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