05 September 2025

Zwischen L. A. und Texas

Wenn ich gelegentlich ein Hörspiel aus der Horror-Serie »John Sinclair« anhöre, achte ich selten auf Handlungslogik. Würde ich das tun, könnte ich mir die meisten der Stücke nicht zu Gemüte führen. Mein Lieblingsbeispiel: Dank eines magischen Kreuzes ist John Sinclair praktisch unbesiegbar, aber er setzt es – wenn überhaupt – immer erst im allerletzten Moment ein. Schon klar, sonst wäre die Geschichte nicht so spannend, aber …

Aktuell beschäftigte ich mich mit der Folge, die die Nummer 150 und den Titel »Eisenherz« trägt und in den USA spielt, genauer gesagt, auf der Straße zwischen Los Angeles und einer Klinik in Texas sowie in der Klinik selbst. Dort soll der Freundin des Geisterjägers John Sinclair ein neues Herz eingesetzt werden. Das geht natürlich nicht ohne Komplikationen. Und so entwickelt sich die Handlung auf zwei Erzählebenen bis zu ihrem knalligen Höhepunkt einigermaßen folgerichtig.

Einige der Szenen sind echt brutal; Ghoule spielen schließlich mit, und die essen nun mal gerne Leichen. Geballert wird ebenfalls viel: Amerikanische Soldaten versuchen verzweifelt, einen riesigen Truck zu stoppen, der mit Benzin befüllt ist und über die Autobahn rast. Woher dann auf einmal ein magischer Schutzschirm kommt, der Schüsse ins Nichts leitet oder gar zurückwirft, und warum der nicht bei anderen Gelegenheiten von den Bösewichten eingesetzt werden kann, ist mir ein bisschen schleierhaft – aber zur Handlungslogik schrieb ich eingangs ja schon etwas.

Die Handlung an sich verläuft erwartbar, die Helden siegen am Ende. Es gibt sogar einen Hang zur Eigenironie; mir ist ein echter Insiderwitz aufgefallen: »Diese Folge wurde noch nicht vertont«, heißt es, als die Helden über etwas sprechen, das sie offensichtlich nicht nicht wissen können …

Nett. Wie immer gut gemacht, was die Sprecher und die Geräusche angeht!

04 September 2025

Bei Manu auf der Straße

Wir waren ein bisschen hungrig und wollten vor allem etwas trinken. Die vielen Restaurants, Cafés, Bistros und Brasserien im Gassengewirr von Nantes sprachen uns zwar an, verwirrten uns aber auch: Wo sollte man sich da hinsetzen, wo würde es denn wirklich gut schmecken? Als wir in einer kleinen Straße an »Chez Manu« vorbeikamen, guckten wir interessiert, spazierten dann zuerst weiter und kehrten nach wenigen Metern wieder um: Das sah doch interessant aus!

Einige Tische standen auf der Straße, an denen Leute saßen, miteinander redeten, viel lachten und tranken. Im Innern der klein wirkenden Räumlichkeiten war niemand. Aber der erste Eindruck war der eines Ortes, an dem die Stimmung gut und die Gäste trinkfest waren.

»Chez Manu« war das, was meiner Vorstellung von einer Wein-Bart am nächsten kommt. Der Besitzer erwies sich als großer Mann mit Bauch und längeren grauen Haaren, der viel lachte und viel Wein trank, der ständig rauchte und mit allen Gästen gleichzeitig im Gespräch zu sein schien. Er trug ein verwaschenes schwarzes T-Shirt mit dem Logo einer Metal-Band, eine Jeans, deren Schwarz bereits verblichen war, und schwarze Stiefel, die in ihrem früheren Leben vielleicht einmal bei einer Armee zum Einsatz gekommen waren.

Der Wein, den er ausschenkte, war sehr gut, nicht unbedingt preiswert. Man konnte bei ihm natürlich auch ganze Flaschen bestellen, wir hielten uns an kleine Gläser mit Weißwein aus der Region und tranken uns vorsichtig durch die Karte. Wasser zum Trinken gab es keins: Er habe doch hier eine Wein- und keine Wasser-Bar, machte Manu uns klar.

Immerhin gab es zu essen: Wir bestellten einen Teller mit Käse, mehr nicht. Was wir bekamen, war ein großes Vesperbrett mit leckeren Käsestücken aus verschiedenen Regionen Frankreichs, die wir uns probieren konnte und die allesamt überzeugten. Dazu reichte er Brot, bei dem er auch nachlieferte, nachdem wir das erste Körbchen leergefuttert hatten. Am Ende waren wir pappsatt.

Es war ein richtig schöner Abend vor dieser Weinbar. Wir lachten viel, wir aßen und tranken, die Flugzeuge donnerten dicht über unsere Köpfe hinweg – zumindest gefühlt –, und irgendwann gewöhnten wir uns fast schon an sie. Der Weg zurück zum Hotel war dann nicht ganz einfach, glückte aber.

03 September 2025

Ein Boxer mit feiner Ironie

Robert E. Howard wurde vor allem durch eine Figur bekannt, mit der er bis heute einen Teil der phantastischen Literatur beeinflusst. Gemeint ist Conan der Barbar, der sich mit einem Schwert und knallharten Muskeln seinen Weg durch zahlreiche Fantasy-Länder erkämpft. Dass Howard darüber hinaus viele andere Figuren erschuf und in praktisch jedem Genre seiner Zeit kürzere und längere Texte schrieb, ist weniger bekannt.

Unter anderem verfasste er Geschichten, die im Boxer-Milieu spielten. Diese bietet der Blitz-Verlag in einem Sammelband an, der den schlichten Titel »Steve Costigan – Seemann und Boxer« trägt und als Taschenbuch erschienen ist. Und um es gleich vorwegzunehmen: Die Übersetzung ist leider streckenweise nicht gut, und das Lektorat war auch nicht optimal. Das verdarb mir gelegentlich die Lektüre ganz schön.

Dabei sind die Geschichten an sich unterhaltsam und auf ihre schlichte Art spannend. Steve Costigan ist Matrose und reist mit einem Schiff über die Weltmeere. In den Häfen lässt er sich auf Boxkämpfe ein, häufig, weil er vorher provoziert worden ist. Die Kämpfe werden als sehr hart geschildert: Blut spritzt, Knochen brechen, Gegner gehen verletzt zu Boden.

Howard schafft es, diese Kämpfe sehr realistisch zu zeichnen. Auf eine inhaltliche Distanz verzichtet er. Costigan erzählt in der Ich-Perspektive – außer in der letzten Geschichte des Bandes, in der er nur eine Randfigur ist –, wodurch ein starkes Gefühl für die Realität aufkommt.

Dabei zeigt sich Costigan als ein ziemliches Großmaul, der sich selbst für einen großen Boxer hält und ständig in Raufereien gerät. Das ist amüsant zu lesen, weil der Charakter bei aller Schlichtheit nicht so superheldenhaft erscheint.

Moralisch wird vor allem die letzte Geschichte, in der ein anderer Boxer die Hauptrolle spielt. Bei ihm spielt im Hintergrund eine unglückliche Liebe mit, und diese Geschichte erscheint geradezu vielschichtig.

An heutigen Maßstäben kann man Robert E. Howard nicht messen. In seiner Zeit mussten Autoren in der Unterhaltungsbranche sehr schnell und sehr viel schreiben. Das schaffte der Schriftsteller auf vielen Gebieten – auch als Autor von Boxgeschichten. Wer Howard mag und mehr über ihn wissen möchte als nur die »Conan«-Geschichten, sollte sich dieses Taschenbuch zulegen.

02 September 2025

Die Show feierte ein Jubiläum

Ich weiß nicht, wann ich »The Rocky Horror Picture Show« zum ersten und zum letzten Mal gesehen habe. Ich sah den Kinofilm in den 80er-Jahren zweimal, daran erinnere ich mich sehr gut: Beides Mal saß ich mit Freunden in einem Kino in Freudenstadt und hatte einen großen Spaß an dem skurrilen Streifen und seiner schmissigen Musik. Ich kaufte mir in den 80er-Jahren auch die Schallplatte, die ich mir mal wieder anhören sollte.

Tatsächlich ist der Film ja viel älter; er kam im August 1975 in die Kinos, konnte in diesen Tagen also seinen fünfzigsten Geburtstag feiern. Dass es zu diesem Film eine Vorgeschichte gab, die bereits 1973 in einem Theater in London begonnen hatte, wusste ich damals natürlich nicht. So etwas kann man heute problemlos in der Wikipedia oder einschlägigen Film-Seiten im Netz nachlesen; damals war das kein allgemein verfügbares Wissen.

Ich erinnere mich, dass ich den Film beim ersten Mal verwirrend fand. Die queeren Szenen verstörten mich nicht, ich fand sie eher schräg und witzig. Aber weil mein Englisch so schlecht war, verstand ich die Dialoge teilweise schlicht nicht. Die Handlung erschloss sich trotzdem – und unterm Strich war’s für mich eben ein besonderer Science-Fiction-Film.

Bis heute habe ich den Film erstaunlich gut im Gedächtnis. Ich könnte ihn sicher weder mitsprechen noch die Lieder mitsingen, aber die wichtigsten Szenen kenne ich alle noch. Ob ich ihn mir einmal wieder anschauen würde? Vielleicht wäre es mal angebracht – mehr als vierzig Jahre nach dem ersten Mal …

01 September 2025

Ein Tag in der Touristenstadt

Das Ziel für den Urlaub auf Kreta war im Juni klar und eindeutig: viel schlafen, viel lesen, am Strand herumgammeln und ab und zu ins Wasser springen. Das hielt ich eisern durch, und so wurde der Urlaub sehr faul und sehr gemütlich; wegen des guten Essens, das unser Hotel auf Kreta anbot, war ich am Ende sicher zwei Kilo schwerer.

Einmal aber musste dann doch der Ausflug in die nahe gelegene Stadt Rethymno sein. Mit dem öffentlichen Bus ging es flott dorthin, entlang der Küste war das Gefährt teilweise ordentlich vollgestopft. Da ich es schätze, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, empfand ich das als unterhaltsam; es ist immer wieder nett, anderen Leuten zuzuschauen.

Rethymno selbst erwies sich als ausgesprochen hübsch. In der Stadt gibt es viele alte Häuser zu bewundern, die alte Zitadelle besichtigte ich sogar. Ansonsten bummelte ich durch die Straßen und Gassen, nahm das eine oder andere Getränk zu mir und guckte sogar in den einige Läden hinein.

Man merkt auf Schritt und Tritt, dass die Stadt und ihre Umgebung vom Tourismus leben; nicht allein, das ist klar, aber zu einem großen Teil. Andenkenläden und Souvenir-Shops gab es reichlich, man kam überall mit ein bisschen Englisch durch. 

Trotzdem fand ich die Stadt nicht »übertouristisch«, sondern immer noch lebenswert. Abends dürften die Straßen auch anders aussehen als tagsüber ...

Auffallend waren die vielen Parolen, die Freiheit für Gaza oder ein Ende des aktuellen Krieges forderten; der ist von Kreta nicht so weit entfernt wie bei uns. Ich sah Plakate, die in englischer Sprache und mit hebräischen Schriftzeichen – womöglich die gleiche Aussage – die israelischen Urlauber beleidigten, die es auf Kreta auch gab. 

Ignorierte man die politischen Aussagen, war Rethymno eine hübsche Stadt, in der man sich gut bewegen konnte, auch wenn viel los war. Ich bereute den Ausflug nicht, war dann aber sehr froh, am späten Nachmittag wieder am Strand auf der Liege herumdösen zu können ...