Es war ein seltsamer Augenblick für mich, als Angela Merkel den Raum betrat. Sie erkannte mich sofort, zwinkerte mir aber nicht zu und gab auch sonst nicht zu erkennen, dass sie wusste, wer ich war. Sie verzog ein wenig die Mundwinkel, wie sie das gern machte – ich interpretierte es als freundliches Lächeln.
Ich saß hinten im Raum, aber sie kam an meinem Platz vorbei, eingerahmt von ihren Leibwächtern. Nachdem sie auf dem Podium Platz genommen hatte, stellte sie der Diskussionsleiter als »Frau Dr. Merkel« vor, und die Diskussion begann. Man konnte Fragen stellen, sie antwortete. Das ging eigentlich auch ganz gut, viele Leute meldeten sich und wurden aufgerufen.
Mich juckte es immer wieder, selbst etwas zu sagen oder mich zu Wort zu melden. Ich fand, sie äußerte sich ausweichend; sie hätte bei manchen Fragen klarer antworten sollen. Aber so kannte man sie.
Mein Nebenmann stieß mich an. »Willst du die Merkel nichts fragen? Es machen doch alle mit.« Er wies auf die Finger, die sich in die Höhe reckten. Ich kam mir vor wie in der Schule unter lauter Strebern.
»Nein, nein«, gab ich locker zurück. »So nötig habe ich es nicht. Ich habe letzte Woche ja erst mit ihr zu Mittag gegessen.«
Er schaute mich verwundert an. »Echt?«
»Ja. Das machen wir ab und zu. Meist zu zweit. Das ist echt nett.«
Er starrte mich an. Dann wachte ich auf. Ich brauchte einige Sekunden, um zu kapieren, dass ich mit der Bundeskanzlerin noch nie in einem Raum gewesen war ...
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