In den späten 60er- und frühen 70er-Jahren gehörte es zum »guten Ton« in meiner Familie, den Ostermontagsmarkt in Dornstetten zu besuchen. Die kleine Stadt lag nur einen ordentlichen Spaziergang von dem Dorf entfernt, in dem ich aufwuchs, und so bot es sich an, sich am Ostermontag auf den Weg zu machen. Häufig nahmen wir auch das Auto; schließlich war die kleine Stadt am Ostermontag völlig zugeparkt.
Am schönsten war der Spaziergang. Mein Vater erzählte mir dabei nicht nur einmal, dass man in der Zeit »vor dem Krieg« immer zum Markt nach Dornstetten gegangen war und nicht nach Freudenstadt, in die Kreisstadt – in beide Richtungen hatte man etwa gleich weit zu gehen. Und da Dornstetten die ältere der beiden Kleinstädte war, hielten sich die bäuerlichen Traditionen offenbar über Jahrhunderte hinweg.
Wir spazierten aus unserem Dorf hinaus, entlang des Friedhofs und des Hügels, an dem wir Kinder im Winter immer rodelten, dann die Hügel hinunter, durch das Tal der Glatt hindurch und auf der anderen Seite wieder hinauf. Wir durchquerten Streuobstwiesen und waren nach höchstens sechs Kilometern in den schmalen Straßen von Dornstetten.
Zwischen den Fachwerkhäusern am kleinen Marktplatz drängten sich die Leute; zwischen den Marktständen war kaum ein Durchkommen. Auch die schmalen Straßen außerhalb des Marktplatzes waren von Ständen gesäumt, zwischen denen sich die Leute drängten. Es gab Kleidung zu kaufen, dazu allerlei anderer Kram, der Duft von Gebratenem zog über die Stände hinweg.
Es herrschte ein unglaubliches Gehen und Stehen und Reden und Grüßen; meine Eltern kannten viele Leute und trafen ständig auf Bekannte, teils aus demselben Dorf, teils aus Kirchengemeinden anderer Dörfer. Und wenn wir nach einem erlebnisreichen Tag wieder nach Hause gingen, schwirrte mein Kopf noch stundenlang von all den neuen Eindrücken.
Manchmal vermisse ich den Besuch des Ostermontagsmarktes und all diese Bilder. Aber mir ist klar, dass es nie wieder so sein würde. Also lasse ich die Vergangenheit, wo sie ist und wo sie hingehört: in meinem Kopf und in meinen Erinnerungen.
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