Ende 1989 war die Mauer zwar bereits gefallen, aber es gab nach wie vor eine Deutsche Demokratische Republik und eine Bundesrepublik Deutschland. Wohin sich die beiden deutschen Staaten entwickeln würden, wusste niemand.
Aber ein Haufen von Science-Fiction-Fans, die in Freudenstadt im Schwarzwald einen Con veranstalteten – darunter ich –, entschlossen sich, selbst etwas für »deutsche Belange« zu tun: Wir luden explizit Science-Fiction-Fans aus der DDR ein, nach Freudenstadt zu fahren. Eines der Ziele sollte sein, auf dem FreuCon 10 über die Zukunft der deutschsprachigen Science Fiction zu diskutieren.
Zwei besondere Gäste hatten wir auf unserer Liste: Sie waren staatsfern und kritisch, hatten in der DDR bereits einiges an Science Fiction veröffentlicht, machten zudem in den Briefen einen offenen Eindruck. Also luden wir Karsten Kruschel und Michael Szameit ein.
Unser Angebot: Honorar oder Spesen würden wir nicht bezahlen, der Eintrittspreis für drei Tage Con – inklusive Übernachtung im Schlafsack – betrug gerade mal fünf Deutschmark und deckte keinerlei Extrakosten ab. Aber wir würden selbstverständlich die Unterkunft in einem nahegelegenen Gasthaus übernehmen.
Beide Autoren lehnten ab. Ihr Argument: »Wenn unsere Leser aus der DDR auf dem Fußboden in eurem Jugendzentrum übernachten, tun wir das auch. Wir bringen Luftmatratze und Schlafsack mit.«
Und so schliefen die zwei Science-Fiction-Autoren »aus dem Osten« im Frühjahr 1990 im selben alten Jugendzentrum wie wir auch. Ich pennte hinter der Theke der JuZ-Kneipe, fünf Meter von mir entfernt schlugen die beiden Autoren hinter dem Billardtisch ihr Quartier auf.
An diesem Wochenende lernte ich unter anderem Michael Szameit kennen. Ich fand ihn sympathisch und kompetent. Am 30. Mai 2014 ist er gestorben – er war Jahrgang 1950. Das ist traurig.
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