Als Arthur Conan Doyle im Jahr 1912 seinen Roman »The Lost World« veröffentlichte, war er dank seines Detektivs Sherlock Holmes längst berühmt geworden. Nun aber setzte er mit seinem Professor Challenger eine neue Figur in Szene und ging in eine völlig andere Literaturrichtung: weg vom Krimi, hin zur phantastischen Abenteuergeschichte. Ganz nebenbei begründete er das Unter-Genre »Lost Race« für die phantastische Literatur und wurde so für viele Fantasy- und Science-Fiction-Autoren zu einem inspirierenden Wegbereiter.
»The Lost World« wurde mehrfach veröffentlicht, meist wird der Roman zur Fantasy gezählt. Es gibt verschiedene Übersetzungen in die deutsche Sprache; im Verlauf der Jahrzehnte kamen zahlreiche Hörspiel- oder Filmversionen hinzu. Ebenso gab es Comic-Adaptionen. Unter dem Titel »Vergessene Welt« liegt im Splitter-Verlag die Gesamtausgabe einer modernen Comic-Version vor, die ich durchaus empfehlen kann.
Die Geschichte sollte allgemein bekannt sein, weshalb ich sie hier nur kurz zusammenfasse. Aus Südamerika mehren sich Hinweise, dass dort ein Hochplateau existiert, auf dem sich seltsame Urwesen aufhalten. Sind die Dinosaurier vielleicht doch nicht ausgestorben? Professor Challenger, der mit seinen Theorien in der wissenschaftlichen Welt auf starke Gegenwehr gestoßen ist, rüstet eine Expedition aus.
Die Männer reisen über den Amazonas und tief hinein in den Dschungel Südamerikas. Sie finden das Hochplateau und stellen fest: Es gibt eine vergessene – oder verlorene – Welt, auf der Dinosaurier leben, während Steinzeitmenschen und Indios gegeneinander kämpfen. Riesige Insekten und Schlangen sind in diesem Biotop unterwegs, und nicht einmal die Schusswaffen der englischen Expeditionsteilnehmer können gegen manches Tier etwas ausrichten. Die Expedition endet fast in einem Desaster …
Arthur Conan Doyles Roman muss damals den Nerv der Zeit getroffen haben. Die Welt war zu einem großen Teil erforscht, die Kolonialmächte hatten sie quasi unter sich aufgeteilt. Die letzten »weißen Flecken« wurden in Angriff genommen – es war eine aufregende Vision, eine vergessene Welt zu finden.
Daraus entwickelt Christophe Bec eine spannende Comic-Geschichte in drei Bänden, die in der Gesamtausgabe einen starken Eindruck machen. Bec weiß, wie man Geschichten erzählt, und er rafft den dicken Roman so, dass er genügend Raum für knallige Comic-Szenen lässt. Das ist gut gemacht und unterhält hervorragend.
Fabrizio Faina und Mauro Salvatori sind versierte Illustratoren. Ihre Bilder sind vor allem dann überzeugend, wenn sie die Natur darstellen können: den Dschungel, die faszinierenden Pflanzen und Tiere, vor allem die riesenhaften Dinosaurier. Geht es darum, die Menschen zu zeigen, wirken ihre Bilder gelegentlich ein wenig steif. Insgesamt ist die Illustration aber hervorragend, was man auch am Anhang sehen kann – es werden Skribbles und Skizzen präsentiert, was ich bei so einer Gesamtausgabe ohnehin sehr mag.
Unterm Strich ist »Vergessene Welt« eine gelungene Gesamtausgabe, die einen Klassiker der Abenteuer- oder Phantastik-Literatur zu neuem Leben erweckt. Wer sich für den Band interessiert, kann auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags zudem in der Leseprobe stöbern.
(Diese Rezension wurde bereits im Mai auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Zur Dokumentation bringe ich sie auch in meinem privaten Blog.)
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