Wer gerne liest, kann nachempfinden, wie es mir in den letzten Tagen ging: Ich kaufte am Samstag nachmittag ein Buch, mehr aus spontanen Gründen und weil es mich schon immer interessierte, und ich war übers Wochenende zeitweise kaum ansprechbar, bis ich es in der Nacht von Montag und Dienstag zu Ende lesen konnte.
Die Rede ist von James Graham Ballards Roman »Das Reich der Sonne«. Das Buch wurde sogar verfilmt, unter Regie von Steven Spielberg, aber diesen Film kenne ich nicht. Ich hatte von dem Buch nur immer wieder gehört und gelesen – eigentlich schätze ich Ballard vor allem wegen seiner teilweise genialen Kurzgeschichten.
Bei »Das Reich der Sonne« handelt es sich um einen teilweise autobiografischen Roman. Er spielt in den Jahren 1941 bis 1945 in Shanghai, wo der jugendliche Erzähler Jim (zufälligerweise so alt wie Ballard selbst, der ebenfalls den Krieg in Shanghai überlebte) von den japanischen Truppen in ein Internierungslager gesteckt wird und dort im Prinzip nur deshalb überlebt, weil er sich »nütz-lich« macht und sich gleichzeitig in eine Traumwelt flüchtet, in der es immer wieder um Flugzeuge geht.
Der Roman ist erschütternd. Das allgegenwärtige Sterben beginnt schon auf den ersten Seiten: Der Elfjährige kommt an verhungernden Bettlern vorbei, sieht aufgespießte Köpfe rotchinesischer Sol-daten und andere Scheußlichkeiten. Er wird von seinen Eltern getrennt, schlägt sich auf den Straßen Shanghais allein durch – und als er von den Japanern in ein Lager gesteckt wird, begreift er das Lager sogar als seine Rettung. Doch dort wird das andauernde Sterben noch viel schlimmer ...
»Das Reich der Sonne« ist ein beeindruckendes Werk, dessen Wirkung in mir immer noch anhält. Die Bilder bleiben im Gedächtnis – und das geschieht nicht bei vielen Büchern.
Leider ist der Roman derzeit nicht im Buchhandel erhältlich. Mein heißer Tipp: Schaut auf Flohmärkten, das Ding lohnt sich!
2 Kommentare:
Danke für den Tipp. "Das Reich der Sonne" ist eines der Bücher, um das ich es irgendwie geschafft, viel zu lange einen Bogen zu machen. Das ist umso bedauerlicher, als dass ich Ballard als einen der ganz Großen der SF schätzengelernt habe.
BTW: Wenn man sich anschaut, welche Bücher von ihm heutzutage auf Deutsch verfügbar sind, treibts einem die Tränen ins Gesicht.
Ich finde seine Kurzgeschichten (soweit ich die bei Suhrkamp erschienenen Bände überhaupt kenne) ganz hervorragend! Stories, bei denen es einem Gelegenheitsautor die Schamröte ins Gesicht treibt ...
Demnächst kommt bei Heyne ein dickes Ballard-Story-Buch raus. Das nur als Vorab-Info ...
Kommentar veröffentlichen