17 Oktober 2023

Dialog mit einem Friedensfreund

Die Vorgeschichte ist bekannt: Ein fürchterlicher Angriff von Terroristen der Hamas, der sich fast ausschließlich gegen Zivilisten richtete, führte in Israel zu einem beispiellosen Gemetzel. Ich bekam mit, wie viele Leute diese Taten verharmlosten und relativierten, und war darüber fast noch ehr schockiert als über die eigentlichen Schreckenstaten. Bei Twitter reagierte ich auf entsprechende Äußerungen.

In einem Fall begann es damit, dass ein Mann namens »A« – ich kürze hier nur ab – am 10. Oktober Bilder bei Twitter einstellte, in denen er unter anderem Netanyahu zeigte und von 152.000 Palästinensern schrieb, die Israel seit 2008 getötet und verletzt habe. Ich sah mir an, was der Mann sonst so verbreitete. Bei Twitter ließ »A« gern entsprechende Tiraden gegen Israel los, das »fünf Millionen Menschen unter unwürdigsten Bedingungen wie Tiere behandelt«, oder sprach positiv von Russland.

Ich fragte in einem Tweet: »Und all das rechtfertigt neuerdings den Massenmord an den friedlichen Besuchern eines Musik-Festivals? Weil Netanyahu und die israelische Politik nicht korrekt sind, ist es in Ordnung, Frauen und Kinder zu massakrieren?« Dann kam ein Absatz, und ich ergänzte: »Ich frage ja nur.«

Ein »G« meldete sich nebst einigen anderen Leuten, die ich teilweise sofort blockierte. In seiner Timeline stellte »G« die USA als Kriegstreiber dar oder teilte die russische Sicht manch aktueller Themen. Sein Logo zierte eine Friedenstaube, und er äußerte sich nach wie vor gern zu Corona, wo er über »Klatscher« schwadronierte.

Auf meinen Tweet hin schrieb er: »Den Verantwortlichen für das was passiert ist« habe »die älteste Zeitung Israels am Tag danach« genannt. Ich vermutete, dass er damit erneut den israelischen Präsidenten mit seiner Politik meinte.

Aber ich wollte mehr wissen und ging am folgenden Tag darauf ein: »Oh. Ein Putin-Versteher«, schrieb ich sarkastisch und nicht gerade journalistisch. »Das ist spannend. Danke, dass mir hier erklärt wird, dass ein Israeli schuld am Massenmord an Israelis sein soll!«

Das war für »G« nicht in Ordnung. Schnell reagierte er und verwies erneut auf einen Artikel in der »ältesten Zeitung Israels«. Er verwehrte sich gegen »Zuschreibungen wie Putinversteher«; das belege nur »Denkfaulheit bzw. die eingeschränkte Denkfähigkeit des Absenders«.

Es ging an diesem Tag schnell. Ich reagierte sofort: »Nochmal nachgefragt: Es ist Deiner/Ihrer Ansicht nach also in Ordnung, dass jüdische Kinder, Frauen und Männer ermordet werden, nur weil sie Juden sind? Ich möchte diese Denkweise nur verstehen. Massenmord an Juden ist für Dich/Sie also eine gute Sache?«

Die Antwort kam nun noch schneller: »Mein Gott, bist Du irre? Wie bescheuert muss man sein, um so eine Conclusio zu ziehen? Ich erwarte eine Entschuldigung für eine derart abartige Unterstellung.«

Ich war verwundert, na ja, ich tat so: »Ich frage doch nur. Und ich hätte gern eine Antwort auf meine Fragen. Mehr nicht. –

Das ist doch ganz einfach. Beides Mal ›nein‹, und alles ist gut. – Zudem unterstelle ich ja gar nichts. Wo denn? Ich bin interessiert und frage nach.«

Diesmal reagierte »G« schnell: »Ich werte das mal als Entschuldigung. Danke.«

Ich wollte nachhaken, es war dann schon am nächsten Tag: »Ähm. Das war keine Entschuldigung. Ich habe nachgefragt und tu's immer noch: Ist für Sie/Dich der Massenmord an Juden gerechtfertigt (durch irgendwelchen ›Widerstand‹ oder so) oder nicht? --Auf diese Frage erhielt ich bislang keine Antwort. Ist doch ganz einfach, denke ich.«

Nun wurde er eindeutig sauer: Wenn ich zu »doof« sei, seine Antwort zu lesen, könne er mir auch nicht helfen. Das »Danke« nehme er natürlich zurück. »Und jetzt verpiss Dich mit Deinem Unfug.«

Ich versuchte es noch einmal: »Vielen Dank die Beleidigung«, schrieb ich: »Ich finde es auch nach wie vor interessant, dass ich KEINE Antwort auf meine Frage erhalten habe. Es kann doch nicht so schwer sein, sich auf eine Frage mit ›ja‹ oder ›nein‹ zu antworten. Es ist dann wohl einfacher zu beleidigen.«

Leider hörte ich seitdem nichts mehr von »G«. Ich hatte dann auch nicht die Energie, weiter bei ihm nachzufragen.

6 Kommentare:

Christina hat gesagt…

Warum tust du Dir das eigentlich noch an? Seit ich nicht mehr bei Twitter mitlesen kann, ist mein Leben viel entspannter, weil ich mich nicht mehr über irgendwelche Idioten aufrege. Außerdem habe ich viel mehr Zeit für andere Dinge.

Enpunkt hat gesagt…

Sagen wir so: Es hat mich dann doch interessiert, wie manche Leute ticken. Das finde ich dann immer wieder interessant – und als Pause zwischen zwei Perry-Texten doch auch hilfreich und unterhaltsam ...

MM hat gesagt…

Twitter heisst jetzt X und die Tweets entsprechend Xcreets... Das Thema Nahostkonflikt ist aber zu komplex, um es in einer Kurznachricht (oder auch einem Blog-Beitrag) abzuhandeln. Mich erschreckt eher, wenn jemand, der wie Slavoj Žižek auf der Frankfurter Messe eine fundierte und ausdifferenzierte Meinung äußert, dafür niedergemacht wird.

Enpunkt hat gesagt…

Sagen wir so: Für mich heißt Twitter immer noch Twitter, und ich spreche von Tweets. Das »X« ist mir zu albern.
Die von Dir genannten Äußerungen kenne ich nicht, weshalb ich sie nicht kommentieren kann.
Und es ging mir nicht darum, das Thema Nahostkonflikt irgendwie »abzuhandeln«. Ich habe eine »Diskussion« wiedergegeben, mehr nicht.

Anonym hat gesagt…

Es ist halt leider so, dass heute viel extrem stark durch die Art der Berichterstattung der Medien vorgegeben wird.

Dein Ansatz der anderen Seite zu zuhören oder zumindest zu versuchen finde ich gut. Aber ich habe auch schon gemerkt das es schwierig ist gegen den Hegemon zu argumentieren. Du hast so viele Informationen aus den Medien, dass du glaubst du kennst alle Seiten. Aber ich kann dir versichern, dass ist immer nur die halbe Wahrheit bzw. Sichtweise.

Um z.b. deine Aussage zu beantworten, müsste man sich die Argumente, Bilder und Aussagen auf den pro-Plästinänsischen Kanäle anschauen. Dort gibt z.b. Videoaufnahmen aus einem (israelischen) Hubschrauber gefilmt worden seine, die zeigen wie diese auf fliehende Menschen schießen. Ähnliche aussagen gibt es auch von israelischen Betroffenen, die in das Kreuzfeuer der Armee kamen und berichteten, dass diese recht rücksichtslos vorging. Was auch zu der Hannibal Strategie der isr. Armee passen würde.

Kurz gesagt, wir Wissen nicht was passiert ist. Es sind viele Menschen Tod ob ermordet, im Kampf oder im Kreuzfeuer, dass wird niemand mehr so genau zählen. Das jetzt ein Reservat mit zwei Millionen Menschen bombardiert wird, ist die Folge (und über die aktuellen Vertreibungen im Westjordanland redet niemand). Ob das Kalkül war oder eine gerechtfertigte Reaktion ist, soll jeder selbst beurteilen.

Was aber auffällt ist, dass die Art und Weise wie in der Öffentlichkeit oder genauer in den Medien, darüber berichtet wird. Mit einer grossen Schere im Hinterkopf. Und die pathetische aber rechtlich völlig unhaltbare Rede von Habbeck hat wohl am besten ausgedrückt was wir denken sollen. Mir ist das aber zu wenig. Dafür war ich zu lange Punkrocker als das ich einfach das Glaube was in der Presse steht (frei nach den Newton Neurotics). Gerade heute.

Enpunkt hat gesagt…

Ich habe mir eine Weile überlegt, ob ich den Kommentar von Anonym freigeben soll, weil er ja doch wieder nur den alten Mist wiederkäut: Böse Juden töten harmlose Araber.

Dass das alles extrem einseitig ist und die Ursachen des aktuellen Konflikts ausblendet (das grauenhafte Massakker an Zivilisten), steht in diesem ganzen Kommentar mit keiner Silbe. Und damit ist er für mich auch erledigt.

Ich will das nicht mehr diskutieren. Ich habe das auch mit dem »Friedensfreund« nicht diskutiert. Ich diskutiere nicht mit Nazis. Ich diskutiere nicht mit Judenfeinden. Ich diskutiere nicht mit Menschenfeinden.

So einfach ist das. Ich wollte nur Antworten – die habe ich nicht bekommen.

Oder eben doch. Dieser Kommentar hier gehört dazu.