23 November 2020

Das härteste Weihnachten?

Wenn Politiker zu Aussagen greifen, die etwas mit Superlativen zu tun haben, werde ich immer misstrauisch. Meist vergreifen sie sich im Ton, häufig ist es auch inhaltlich falsch. Und das wird in Zeiten der Corona-Pandemie leider nicht viel besser.

So ist das Beschwören der weihnachtlichen Freuden in meinen Augen sowieso eher peinlich. Als ob wir in diesem Land angesichts der Pandemie nicht andere Probleme hätten!

Richtig ärgerte ich mich aber über die Bezeichnung, es kämen eventuell die »härtesten Weihnachten« seit dem Krieg auf uns zu. Das kommt ein erschütterndes Geschichtsbewusstsein zum Vorschein.

Wir brauchen uns nicht mal einen Kopf darüber machen, dass es viele Menschen weltweit gibt, für die das Weihnachten 2020 sicher schlimmer sein wird als für wohlstandsverwöhnte Mitteleuropäer. Millionen von Menschen sind auf der Flucht, leben unter erbärmlichen Umständen, leiden an Hunger und Krankheiten, sind von Krieg und Terror bedroht.

Aber ein Blick in die deutsche Geschichte belegt, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg sicher »härtere« Weihnachten gab. Schon einmal etwas vom Hungerwinter gehört? So viel Geschichtswissen sollte ein deutscher Politiker aufbringen.

Im Winter 1946/1947 starben allein in Deutschland einige hunderttausend Menschen, im restlichen Europa und auch in Asien gab es sicher ähnlich katastrophale Zahlen. In welchem Elend die Ausgebombten und Vertriebenen, die Flüchtlinge und Gefangenen die Weihnachtsfeiern 1945, 1946 und so weiter verbringen mussten, kann ich mir kaum vorstellen.

Die Corona-Pandemie ist schlimm. Aber falsche historische Vergleiche machen die Lage nicht besser.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Leute haben keine Ahnung. Das härteste Weihnachten ist meines - bzw. das meiner Frau: Dekoorgie, Backorgie, Kochorgie ... Ich wünsche mir immer, ich könnte das Silvester alles in die Luft jagen, aber leider haben wir geräuschempfindliche Hunde :)

My.