Dass Hansrudi Wäscher am 7. Januar 2016 gestorben ist, hätte ich in der medialen Aufregung der vergangenen Tage fast übersehen. Der Schöpfer von Comics wie »Sigurd« oder »Tibor« verstarb im Alter von 87 Jahren in Freiburg im Breisgau. Ich war in den vergangenen Jahrzehnten kein Fan seiner Comics, aber sie zählten zu meiner Sozialisation.
Als Kind im Alter von vielleicht sieben oder acht Jahren entdeckte ich seine Serien; das war Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre. Mein Vater brachte mich oft zu einem Frisör, der praktischerweise seinen Salon gegenüber der Firma hatte, für die mein Vater damals tätig war. Und weil ich gerne las und manchmal stundenlang warten musste – bis mein Vater seinen Auftrag erledigt hatte und meine Haare geschnitten waren –, legte man mir einen Packen von Comics hin.
So tauchte ich in die Welt von Sigurd ein, lernte mit dem blondgeschopften Ritter und seinen Gefährten die fiktive Welt des Mittelalters kennen, reiste mit ihm durch ein seltsames Europa, in dem alle dieselbe Sprache benutzten und die Helden und Bösewichte teilweise merkwürdige Namen trugen.
Ich liebte die Geschichten und fand vor allem die spannenden Enden der Heft so faszinierend – immer ging es »offen« aus, so dass ich begierig auf die Fortsetzung war. Und beim Frisör musste ich stets eine Weile in den Comic-Bergen suchen, bis ich das passende Heft fand.
Am liebsten las ich »Tibor«. Das war eigentlich eine Dschungelserie, also etwas, das ich auch von »Tarzan« her kannte. Bei »Tibor« rannten aber auch Dinosaurier durch den Urwald, es gab Zauberei, und es landeten Außerirdische. Womöglich ist »Tibor« schuld daran, dass ich mich später so für phantastische Geschichten begeistern konnte.
Als ich älter wurde, fand ich die Wäscher-Geschichten nicht mehr ansprechend. Mein Weltbild veränderte sich zuerst durch »Zack« und die frankobelgischen Abenteuergeschichten, später dann durch die Comics des Volksverlags, durch die deutschsprachigen Ausgaben von »Schwermetall« und »U-Comix«. Danach war nichts mehr wie vorher – und Wäschers Geschichten hatten für mich nur noch einen nostalgischen Wert.
Trotzdem halte ich die Wäscher-Comics, die ich besitze – allesamt Nachdrucke aus den 80er- und 90er-Jahren, publiziert vom Hethke-Verlag – in Ehren und würde mich nicht von ihnen trennen. Wenn ich sie allerdings durchblättere, sprang zuletzt der Funke nie mehr über. Ich bin wohl doch erwachsener geworden, als ich dachte.
Hansrudi Wäscher war zu seiner Zeit ein Gigant. Seine Comics begeisterten Millionen von Jungs in Westdeutschland, zu Recht verliehen ihm seine Fans später allerlei Preise. Bis ins hohe Alter war er kreativ. Eine respektable Lebensleistung!
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