19 November 2020

Als X zum Hardrock wechselten

Die kalifornische Band X zählt zu den legendären Gruppen, die bereits 1977 damit anfingen, ihre Version von Punkrock zu spielen. Im Verlauf der 80er-Jahre wurde die Band poppiger und rockiger, sie verließ den klassischen Punk und wurde radiotauglich. 1985 wurde die Langspielplatte »Ain't Love Grand« bei Elektra Records veröffentlicht, die ziemlich hardrockig klingt – dieser Tage hörte ich sie mir mal wieder an.

Mit dem Abstand von über dreißig Jahren heilt ja so manche Wunde: Die Platte gefällt mir nun weitaus besser als zu der Zeit, als ich sie mir kaufte; sie ist tatsächlich gut gealtert. Klar, die Gitarre wird oftmals sehr metallisch gespielt. Klar, die Aufnahmen sind ganz schön aufgemotzt. Und klar, das alles ist oftmals eben IndieRock oder Hardrock, aber eben weit weg vom Punk.

Nur ... schaut man sich an, wie gut oder schlecht oder auch drogenverseucht viele amerikanische Punk-Bands in der Mitte der 80er-Jahre waren, weiß man eben, warum Hardcore um diese Zeit seinen Siegeszug antrat. »Ain't Love Grand« ist eine schmissige Platte mit sehr gelungenen Rock-Riffs, mit oftmals schrammeliger Gitarre, mit teilweise gnadenlos guten Melodien.

Stücke wie »Supercharged« sind durch die Aufnahmen arg geglättet, aber die zickige Stimme der Sängerin und die schroffe Gitarre peitschen das Stück in einer Art und Weise nach vorne, die ich heute wieder richtig klasse finde. Von den elf Stücken auf der Platte ist mehr als die Hälfte richtig gut – und auch die anderen bieten zumindest ordentliche Rock-Musik.

Wobei das Eröffnungsstück »Burning House Of Love« mit allerdings heute noch Schmerzen bereitet; das ist wahrscheinlich gar nicht schlecht, wurde aber völlig überproduziert, inklusive ekligem Gitarrengewichse. Das hätte auch von Styx oder sonst einer der damals angesagten »Rock«-Bands sein können. Aber die zweite Seite der Langspielplatte ist einfach deutlich besser als die erste ...

Ganz klar: keine Platte für die Ewigkeit, sicher kein Meisterwerk der Band. Aber weitaus besser als ich sie in Erinnerung hatte und ein schöner Beleg dafür, wie man Mitte der 80er-Jahre versuchte, aus ehemaligen Punk-Bands einen wie auch immer gearteten kommerziellen Erfolg zu schnitzen. Wenige Jahre gelang das bekanntlich, und heute ist Punkrock in seiner kommerziellen Version gut auf den großen Festivals dieser Welt vertreten.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Interessanterweise hat jemand die Platte »Ain't Love Grand« von X auch bei YouTube eingestellt. Wer also mal reinhören will, kann dies hier tun:
https://www.youtube.com/watch?v=28oqoVUyPG0