30 April 2008

Deutsch-Hardrock

Es ist seltsam, was sich aus dem alten Punkrock alles entwickelt hat. Eine der neueren Abarten ist der neue harte deutsche Rock, von mir jetzt mal als »Deutsch-Hardrock« bezeichnet, der noch leichte Punk-Wurzeln aufweist, der irgendwie im Oi! und Streetpunk verwurzelt ist und der schwer nach der Musik der Böhsen Onkelz riecht. Hier und jetzt ein kurzer Blick auf zwei entsprechende Bands.

Sowohl Kaerbholz aus Sachsen als auch Frei.Wild aus Südtirol werden von dem Label Asphalt Records herausgebracht. Beide Bands machen grobschlächtige, sehr männliche Musik, die von einem gröhlenden Gesang und ruppigem Hardrock sowie einem Schuß Punk beherrscht wird. Das muß nichts schlechtes sein; ich erinnere mich gern an die erste Troopers-Platte, die mir immer noch gut im Ohr ist.

Bei Kaerbholz fallen mir vor allem die Texte auf, die zwischen kraftmeierisch und jammernd frei wechseln: »Ich ertrink in meinem Wahnsinn / ich ersauf in schalem Bier / Scheiß drauf, es wird schon werden / im Suff ist alles halb so schwer.«

Musikalisch rumpelt man sich durch den meist sehr schlichten Hardrock, der gelegentlich an Tempo zulegt, um dann ein bißchen nach Oi! zu klingen, der aber auch vor der grausigen Rockballade nicht zurückschreckt. Die häufig sehr langen Stücke gehen mir meist auf die Nerven; das ist Musik für harte Männer oder diejenigen, die gern welche wären, für frustrierte Jungs, die darüber jammern, daß sie keine Frau abkriegen und deshalb lieber saufen.

Nein, kein Rechtsrock. Politisch kann man bei Kaerbholz nicht maulen. Aber einen Intelligenzpreis wird die Band sicher nicht gewinnen ...

Auch Frei.Wild sind nicht rechts, mögen aber ihre Heimat doch sehr. Zwischen ruppigen Liedern, die immerhin einen stärkeren Oi!-Anteil in den Hardrock mixen, gibt es glatt ein Stück, das an die Heimat Südtirol erinnert und die hohen Berge besingt. Heimatlieder vor Punkrock-Hintergrund – davon habe ich 1981 auch schon geträumt ...

Pathetisch sind die Südtiroler auch; da wird an Gefühle apelliert, da hält man zusammen und ist eine dufte Clique. Musikalisch sind die Burschen aber durchaus versiert, da gibt es durchaus mal ein schönes Gitarrenspiel zwischendurch. Das Intro sollte allerdings jeder Mensch überspringen, der noch an einem 80er-Jahre-Rockmusik-Träume leidet (wie ich) ...

Generell frage ich mich bei CD-Titeln wie »gegen alles gegen nichts« aber auch, ob der Deutsch-Hardrock mittlerweile in bester FDP-Tradition steht: schön liberal und sich überall raushalten, aber gleichzeitig unartikulierte Abneigung in holperigen Reimen in die Welt grölen: »Schlägereien, gebrochene Knochen, hab die Szenen stets genossen, ne Kippe in der Hand, vom Kater überrannt.«

Seltsam ...

28 April 2008

Nazis in 3-D und Print

Man darf den Namen nicht öffentlich benutzen, ohne in einen Prozess hineingezogen zu werden, aber man darf es erwähnen: Hinter dem von mir gelegentlich in diesem Blog erwähnten geplanten NPD-Zentrum in Karlsruhe-Durlach steckt unter anderem ein Rechtsanwalt aus Rastatt (wo ich arbeite), der lustigerweise ein CDU-Mitglied ist. Darüber berichten erfreulicherweise jetzt auch örtliche Medien.

Ebenso erfreulich ist, dass die Polizei am Wochenende in Birkenfeld (30 bis 40 Kilometer von Karlsruhe entfernt) ein Rechtsrock-Konzert gestoppt hat. Sogar die konservativen Tageszeitungen berichteten darüber recht korrekt. Und wer bisher immer noch der Mär anhing, Endstufe seien doch eigentlich ganz nette Jungs im unpolitischen Umfeld, wird seine Meinung jetzt wohl ändern.

In diesem Zusammenhang möchte ich die aktuelle Ausgabe des Antifa-Infoblattes lobend erwähnen. In dem Schwerpunkt-Heft Nummer 78 geht es unter anderem um die aktuellen Aktivitäten der NPD; interessant sind auch die Betrachtungen der Nazi-Szene im Ausland. Wie immer gibt's einige Artikel auf der Homepage zum Lesen; das Heft selbst ist für meine Begriffe eine Pflichtlektüre für diejenigen, die ernsthaft gegen Nazis was tun wollen.

27 April 2008

Lieblings-Fanzine für Science Fiction


Ich habe das Heft schon in den 70er Jahren gelesen und halte es für das derzeit beste Fanzine im Science-Fiction-Bereich. Die Rede ist von »Exodus«, und das Heft liegt seit Monaten die Nummer 22 bei mir zu Hause rum. Endlich habe ich die Ausgabe mal gelesen. Der Untertitel »Science Fiction Stories & Phantastische Grafik« ist hier absolut zutreffend, das Heft sieht spitze aus und bietet meist richtig gute Inhalte.

Einige Ausfälle gibt es immer zu beklagen; so langweilte mich die ellenlange Story »Besucher aus der Ferne«, die irgendwie als Fantasy beginnt und dann bei der Science Fiction endet. Erfreulicherweise gibt es aber auch sehr pointierte und kurze Geschichten, die mir Spaß machten. Mein Lieblingstext stammt von Johanna und Günter Braun, die schon in den 80er Jahren zu den bekanntesten Science-Fiction-Autoren der damaligen DDR zählten.

Das Heft ist hundertprozentig zu empfehlen. Es ist eh schade, daß es diese Art Fanzines praktisch kaum noch gibt, umso unterstützenswerter ist »Exodus« deshalb. Die Einzelausgabe kostet sechs Euro; es gibt auch Abonnements. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage.

Daisy Chain macht Krachmusik

Originalitätspunkte wird die Berliner Band nicht gewinnen, aber dafür umso mehr Sympathie. Schon die LP von Daisy Chain gefiel mir mit ihrem charmant-rotzigen Punk, und das setzt sich bei der CD »She's A Boxer« fort: ruppiger Punkrock, der klingt, als stamme er von 1982, und der sich vor allem durch die klare Stimme der Sängerin auszeichnet.

Die Texte passen dazu, sie sind meist persönlich-politischer Natur, kommen ohne erhobenen Zeigefinger aus und sind größtenteils in englischer Sprache gehalten. Insgesamt eine sehr schöne CD, die auch in einem schön gestalteten DigiPack mit 16 Seiten umfassendem Booklet erschienen ist. (Kostenpunkt übrigens bis zum 31. Mai 2008 für acht Euro inklusive Porto.)

Wer sich die Homepage der Band oder des Labels anschaut, findet übrigens auch noch reihenweise MP3-Dateien von ihren Stücken: sowohl von der neuen CD, als auch von der LP. Ideal zum Antesten – und für diejenigen ohne viel Geld eine praktische Möglichkeit, sich was auf den Rechner zu ziehen.

26 April 2008

Bürger-Demo gegen Nazi-Haus

Über das geplante Nazi-Zentrum in Karlsruhe-Durlach habe ich schon einmal geschrieben. Deshalb hier keine komplette Wiederholung der Fakten, die sind schließlich in einem entsprechenden Text in diesem Blog nachzulesen.

Am Freitag, 25. April 2008, gab's die offizielle Kundgebung gegen das geplante Nazi-Zentrum. Aufgerufen dazu hatten diverse Organisationen, darunter die SPD und die Gewerkschaften; es versprach also von vorneherein, eine sehr brave und bürgerliche Demonstration zu werden. Auch recht, in diesem Fall sogar sehr brauchbar - es kann nicht im Interesse der braven Bürger in Durlach liegen, daß sich die Nazis in ihrem schicken Stadtteil breit machen.

Ich kam natürlich nicht pünktlich um 18 Uhr hin; es war wohl halb sieben, bis ich endlich in der Badner Straße ankam. Die Polizei sperrte großräumig die Straßen ab, buchstäblich hinter jeder Hecke stand ein grünweißes Fahrzeug. Ich war gezwungen, einen kilometerweiten Umweg durch die Schrebergärten zurückzulegen, immer wieder an Polizeikontrollen vorbei. Mich ließen die Beamten stets unkontrolliert passieren - es hat schon Vorzüge, als braver Bürger direkt nach der Arbeit zur Kundgebung zu kommen.

Dafür wurde ich von einigen Bekannten schwer gedisst. »Klaus, du bist ja nackt«, war noch das netteste. »Wo ist denn deine Lederjacke?« Jajaja, macht nur Witze, ihr jungen Hüpfer, pfffff.

Die Rednerin auf der Bühne nervte, indem sie gut eine Viertelstunde lang alle Anordnungen der Polizei herunterbetete. Kommentar eines Bekannten: »Ich hab's noch nie erlebt, daß auf einer Demo jemand den ganzen Kram der Bullen vorgelesen hat.« Bürger-Demos sind halt immer ein bißchen arg bürgerlich, denke ich.

Auf jeden Fall standen und saßen bei bestem Frühjahrswetter rund 700 Leute in der Sonne herum. Die Polizei hatte nichts zu tun, gammelte auf dem Gelände des Gartenbauamtes und in den Nebenstraßen herum. Und irgendwo in einem Gelände zwischen Innenstadt und Schrebergärten sammelten sich angeblich zwei Dutzend Nazis - die tauchten aber nicht auf, und ich bekam sie nicht zu Gesicht.

Das angekündigte Nazi-Konzert fiel auf jeden Fall aus, und jetzt kann in Karlsruhe zumindest niemand mehr sagen, er hätte von dem geplanten Zentrum nichts mitgekriegt. Ob die friedliche und ein bißchen langweilige Kundgebung jetzt ein Sieg war oder sonst was, kann ich nicht beurteilen; sie war auf jeden Fall mal ein positives Zeichen.

Nette Berichte gab's - mit Fotos, seufz - auf ka-news und im »stattweb«.

25 April 2008

Nette Besprechung im »Inka«

Daß das Karlsruher Stadtmagazin »Inka« eine von mir sehr geschätzte Lektüre ist, habe ich in diesem Blog schon mal ausgesagt. In der aktuellen Ausgabe wird erfreulicherweise mein Buch »Das Tier von Garoua« präsentiert und besprochen.

Durchaus kritische Bemerkungen findet Felix Mescoli dazu: »Manche Sprach­bilder sind vielleicht etwas schief, aber Frick erzählt stets anschaulich und spannend.«

Das mit den schiefen Sprachbildern trifft mich selbstverständlich schwer, aber ich habe mich über die Besprechung trotzdem gefreut. Wenn das Buch schon nicht in den Karlsruher Buchhandlungen ausliegt ...

Schon wieder in der »Space View«

Interviews mit mir scheinen in der Zeitschrift »Space View« zur Dauer-Einrichtung zu werden. Ha!, das schmeichelt natürlich dem Ego. Die aktuelle Ausgabe, die dieser Tage an die Kioske enthält, schreibt wieder einmal über Heftromane und andere Literatur, in diesem Fall als »lesen in serie« betitelt.

Unter dem Titel »Kaffeekränzchen im Universum« geht es um neues zu meinem Arbeitsplatz. PERRY RHODAN wird lustigerweise mit dem »berühmten Hasen aus der Batterie-Werbung« verglichen, der laufe ja auch ununterbrochen.

Mit mir wurde ein kurzes Interview auf der Leipziger Buchmesse geführt; es geht um die neue Serie und Hörbücher. Neben mir kommen auch dem Hörbuch-Produzent Hans Greis sowie Axel Ruske von der Computerspielefirma Braingame zu Wort.

24 April 2008

Merkel-Bashing

Das Kongresszentrum in Pforzheim ist ein Musterbeispiel für grausige Architektur. Aber damit steht das Gebäude stellvertretend für die Innenstadt der Schmuck-Metropole, die nach der völligen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg in einem fürchterlich häßlichen Stil wieder errichtet wurde. Am Abend des Mittwoch, 23. April 2008, war uns das egal: Wir wollten ja schließlich lachen.

Und das konnten wir – bis die Bauchmuskulatur schmerzte. Auf der Bühne stand und tobte Urban Priol. Der »Franke mit hessischem Migrationshintergrund« brachte eine über zwei Stunden gehende furiose Mischung aus gnadenlosem Kabarett voll Polit-Witz und haarsträubender Comedy.

Am liebsten prügelte er auf Angela Merkel, seine »Platitüdenmamsell«, ein, die er mit Schwester Ratched aus »Einer flog über das Kuckucksnest« vergleicht. Aber auch andere Politiker wie »der Dicke« oder Guido Westerwelle bekamen ausgiebigst ihr Fett weg. Großartig – ich war kurz davor, in die Hose zu machen.

Das Schlimmste bei so einem politischen Kabarett ist ja trotz alledem: Die Bande, die uns regiert, ist ja noch schlimmer als jedes Kabarett; was denen in Berlin und Stuttgart und sonstwo einfällt, kann von keinem Witzigmenschen auf irgendeiner Bühne übertroffen werden.

23 April 2008

Beeindruckendes SF-Fanzine


Der Hammer: Andromeda Nachrichten 218/19 ist sage und schreibe 250 Seiten im A4-Format dick, ein großformatiges Buch also. Michael Haitel als neuer Chefredakteur krempelt das altehrwürdige Fanzine (existiert seit den fünfziger Jahren ... so in etwa, weil die »Nachrichten« sich später erst entwickelt haben ... aber egal) komplett um und verwandelt es in ein Magazin.

Schwarzweiß zwar, aber cool. Ein himmelweiter Unterschied zu den langweiligen Heften der letzten 15 Jahre, die ich stets nur blätterte und dann zur Seite packte.

Das übersichtliche Layout und der hervorragende Druck garantieren einen Augenschmaus; zahlreiche Illustrationen machen die Lektüre des Heftes zu einem Vergnügen. Es gibt haufenweise Informationen und Besprechungen aus allen Bereichen der Science Fiction und Fantasy; haufenweise Zeugs von mir, das ich fürs Internet verfaßt habe, wird hier nachgedruckt, was meinem Ego schmeichelt.

Der Science Fiction Club Deutschland e.V., den es seit 1955 gibt, hat endlich mal wieder ein richtig tolles Aushängeschild. Darauf hat man als SFCD-Mitglied oder auch - wie ich - als Ex-Mitglied lange gewartet.

22 April 2008

Mein erster Fanzine-Beitrag


Im Nachhinein fällt es mir selbstverständlich schwer, mich in den Jugendlichen hineinzuversetzen, der ich im Oktober 1979 war. Ich hielt in jenem Monat das erste Heft in den Händen, in dem Texte von mir veröffentlicht wurden: Es war die Ausgabe 2 von »solis orbita«. Aus der Wahrnehmung von damals gab es allerdings haufenweise Gründe, stolz auf das Erreichte zu sein.

Ich war 15 Jahre alt, und ich fand mich im Impressum in einer Reihe mit Menschen wieder, deren Arbeit ich bewunderte: der Filmemacher Rainer Erler, der damals sehr bekannte Fan-Autor Manfred Borchard und die Jung-Profis Falk-Ingo Klee und Michael Nagula. Kein Wunder, dass ich glaubte, nun für eine Laufbahn als berühmter Schriftsteller bestens gerüstet zu sein. »solis orbita« wurde in meinen Augen zu einem richtigen Magazin, zu einem Heft, das zwar nur aus schwarzweiß gedruckten Seiten bestand und keine Farbe aufwies, das aber prominente Inhalte bot.

Wer weiterlesen will, muß dies leider auf der PERRY RHODAN-Homepage tun ... da gibt es einen entsprechenden Beitrag von mir.

Ernst Vlcek ist tot

Die Nachricht schockte mich heute richtiggehend: Ernst Vlcek ist heute morgen verstorben. Der österreichische Schriftsteller, mit dem ich jahrelang zusammenarbeitete, ist - so heißt es - friedlich eingeschlafen. Meinen Schrecken mindert das nicht.

Ernst, im Jahr 1941 geboren, schrieb schon in den 60er Jahren Science Fiction. Seit den 70er Jahren hat er haufenweise Romane veröffentlicht: Science Fiction aller Art, eben auch PERRY RHODAN, Horror unter anderem für den »Dämonenkiller«, Fantasy für die MYTHOR-Serie. Er war ein produktiver Autor mit einer riesigen Fantasie, gelegentlich ein bißchen undiszipliniert, aber eben im Zweifelsfall von einer überschäumenden Schaffenswut.

Ich erinnere mich an viele tolle Romane und Kurzgeschichten, an schräge Figuren und bizarre Ideen. Und ich denke an viele Diskussionen zurück, die wir führten. Nicht alle waren positiv; wir haben uns oft über den »richtigen Weg« gestritten, wie das zwischen Lektor/Redakteur und Autor durchaus mal vorkommen kann.

Ich war zu Gast im Hause Vlcek, ich habe ihn auf seiner Hütte in den Alpen besucht, und wir haben zahlreiche Exposé-Besprechungen seit den frühen 90er Jahren miteinander bewältigt. Wir haben lustige Feste erlebt und manches Bier und manchen Schnaps miteinander getrunken, über gemeinsame Bekannte gelästert oder irgendwelche Ideen ausgebrütet.

Zuletzt telefonierten wir alle halbe Jahre miteinander. Nachdem er aus dem Autorenteam ausgestiegen war, nutzten wir die seltene Chance, miteinander zu »plaudern«, wie er es nannte. Das werde ich jetzt nie wieder machen können ...

21 April 2008

Trinken auf des Turmes Spitze

Spät am Abend stolperte ich an diesem Donnerstag noch ins »Top Of Town«; das ist die Bar im Radisson Hotel in Hamburg, direkt am Dammtorbahnhof gelegen. Von hier aus hat man tatsächlich einen grandiosen Blick über das Lichtermeer der Stadt, weit geht der Blick hinaus, bis er am Horizont irgendwann zwischen den Sternen versickert. Beeindruckend.

Die Bar war voll während meines Besuchs; die freundlichen Bedienungen gaben ihr bestes und lächelten glaubhaft, wirkten aber trotzdem schwer gestreßt. Ich wäre ungern durch die Masse an schwitzenden Menschen geeilt, immer wieder frische Getränke auf dem Tablett.

Die Cocktails schmeckten wohl allen, ich blieb trotzdem beim Bier. Das 0,3-Glas mit Jever kostete stolze 4,90 Euro, ich gab Trinkgeld und kam mir sofort pleite vor.

Und dann saß ich da, versuchte den Tag ausklingen zu lassen, während laute Musik im Hintergrund wummerte und das Stimmengewirr immer mehr in meinen Ohren dröhnte. Es ging nicht, und so schüttete ich mein Bier hinunter und machte, daß ich in mein Zimmer kam ...

Auf der Seebrücke im Wind

Als wunderbarer Ort erwies sich die Seebrücke in Heiligendamm, bekannt aus Film und Fernsehen, buchstäblich: Als ich am Freitag dort spazieren ging, wehte ein kühler, strammer Wind, während die Sonne schien.

Die leuchtenden Gebäude von Heiligendamm strahlten geradezu, die alten Villen rechts und links bildeten einen interessanten Kontrast. Hinter mir fuhr ein Schiff vorbei, und ich stellte mir vor, wie mich Touristen fotografierten. Ein seltsames Gefühl, aber mir gefiel es.

Auf Wikipedia gibt es ein tolles Bild, das dieser Empfindung aber kaum gerecht wird.

20 April 2008

Nazi-Zentrum in Karlsruhe

Da ich persönlich nicht dabei war, kann ich selbst keinen Erfahrungsbericht zu den Ereignissen in Karlsruhe-Durlach liefern. In dem Stadtteil kam es am Samstag zu Auseinandersetzungen zwischen Antifas und Autonomen auf der einen sowie der Polizei auf der anderen Seite.

Grund dafür: Die NPD nutzt ein ehemaliges Bordell jetzt als Schulungszentrum oder ist auf dem besten Weg dazu. Nachdem die Stadtverwaltung das Problem über Wochen hinweg entweder ignoriert oder »herunter geredet« hat, ist das doch sehr seltsam ...

Ein schöner Artikel auf der örtlichen Nachrichtenseite ka-news liefert einige Einblicke. Besonders hübsch mal wieder die Argumentation des Karlsruher Oberbürgermeisters: »Man kann nicht die Verteidigung des Rechtsstaates vorgeben, wenn man als gewaltbereite, vermummte Chaoten auftritt und handelt.«

Er vergaß leider die kleine Ergänzung, daß ohne diese Demonstration nach wie vor die Argumentation der Stadt gültig wäre, die NPD wollte sich in diesem bewußten Gebäude eben nicht breitmachen. Die Gleichsetzung rechtsradikaler Schlägertrupps mit den Angehörigen der Antifa hat in Karlsruhe und auch anderswo allerdings eine gewisse Tradition; da darf ich mich nicht wundern.

Wer die Sicht der Antifa kennen lernen will, muß sich die Seite der Karlsruher Antifaschisten direkt anschauen. Da gibt's einen kurzen Bericht mit Links. Einer dieser Links führt zu Indymedia, wo ein ausführlicher Artikel zu finden ist.

Auf der Seite der Freiburger Antifa gibt es zudem eine beeindruckende Fotogalerie. Ich habe schon lange keine Vermummten mehr in Karlsruhe gesehen ...

Trendfarbe Gelb

Glaubt man irgendwelchen Modeschöpfern und Fachleuten in Sachen Farbgebung, wird Gelb die nächste Trendfarbe. Mir wäre das insofern recht, weil dann meine Augen nicht mehr von Blusen in Pink, Lippenstift in Rosa und anderen Grausigkeiten beleidigt würden. Allerdings kann Gelb durchaus seine Probleme mit sich bringen.

Dieser Tage sah ich die absolute Trendsetterin in Sachen Modefarbe: die Lady in Gelb oder so. Eine junge Frau, sorgfältig geschminkt und mit sorgfältig gezupften Augenbrauen, die sich vorrangig in Gelb kleidete. Nicht komplett, aber passend.

Gelbe Schuhe, eine schwarze Hose, eine gelbe Jacke, deren gelbe Knöpfe geschlossen waren. Ein gelber Schal schützte den Hals gegen den kühlen Wind, und auf dem Kopf saß eine strahlend gelbe Mütze. Das sah schon ... nun ... auffallend auf, ich guckte ständig hin, begeisterte mich ein wenig angesichts des Gesamtkunstwerkes vor mir und wartete darauf, daß sich Risse in der Fassade bildeten.

Sie wandte den Kopf und schenkte ihrer Umwelt ein sanftes Lächeln; ich sah, daß unter der Mütze drei sauber abgezirkelte Haarsträhnen hervorschauten, die in einem Bogen bis auf die Wange fielen. Auch da paßte alles: sauber gefärbtes Blond. Nur die Fingernägel enttäuschten mich: Sie waren nicht gelb, sondern strahlten in einem sehr hellen Weiß.

Ich glaube, Trendsetting ist ein ganz schön harter Job ...

19 April 2008

Die Vielrednerin

Als die Frau in der roten Jacke die Straßenbahn bestieg, blickte ich kaum auf; ich las in einer Zeitschrift und wollte eigentlich nur noch heim. Aber dann hörte ich ihre Stimme, ihre im Stakkato hervorgestoßenen Worte, und ich mußte doch kurz hinschauen.

Sie sah unauffällig aus; rotblonde leicht lockige Haare umrahmten das das rundliche Gesicht. Aber sie redete ununterbrochen; sie redete, während sie an mir vorüberging, und sie redete, als sie sich schräg hinter mir niederließ.

»Das ist so ein Scheiß, sag' ich dir, und wenn der mir noch einmal quer kommt, dann kriegt der richtig Ärger.« So ging es los, und so sprach sie weiter, ohne Punkt und Komma und in badischem Dialekt, der sich in Schriftsprache nicht wiedergeben läßt.

Sie schimpfte auf Abwesende und sprach mit jemanden, den es offensichtlich gab. Ein Telefon oder sonst etwas, in das sie hineinsprach, gab es nicht. Sie saß auf ihrem Platz und redete vor sich hin, so laut, daß es garantiert jeder mitbekam.

Dann setzte sich ihr eine Frau mit Kind gegenüber, ich bekam es aus den Augenwinkeln mit. Die Frau mit den rotblonden Haaren sprach weiter, ohne sich um die beiden zu kümmern, eine einzige Abfolge von ohnmächtiger Wut und Zorn, von seltsamen Äußerungen, die zwar vernünftig klangen, aber keinen gesamten Sinn ergaben.

Der Mutter mit dem Kind schien es zu viel zu sein: Sie standen auf und wechselten auf einen anderen Platz. Die Vielrednerin schien irritiert. »Wieso setzt ihr euch um? Habt ihr Angst vor mir? Ich tu' euch nichts, und euer Geld will ich auch nicht. Da, guckt her, ich hab' noch zwanzig Euro in der Tasche.«

Die Mutter reagierte nicht. Ich schaute zu ihr hinüber. Sie starrte zum Fenster hinaus, als spiele sich im Karlsruher Nieselregen etwas unglaublich spannendes ab, und preßte ihr Kind eng gegen sich.

»Ich glaub', jetzt geht's los. Das Mißtrauen wird auch immer schlimmer, niemand vertraut einem mehr. So ein Mist aber auch.«

Der Europaplatz kam, und ich stieg aus. Die Mutter mit dem Kind verließ die Straßenbahn in einer Geschwindigkeit, als sei sie auf der Flucht.

Und die Frau in der roten Jacke redete weiter, als habe sich nichts verändert. Als die Bahn anfuhr, blickte ich zu ihrem Fensterplatz hoch. Ihr Mund bewegte sich hektisch, ihre Augen waren ins Leere gerichtet, ihr gesamter Körper wirkte ruhig und angespannt zugleich.

18 April 2008

Im selben Bett wie Angela

Selten so bonzös einquartiert gewesen: Ich residiere seit drei Stunden und bis morgen etwa um zehn Uhr im Grand Hotel in Heiligendamm. Genau, das Hotel, in dem der G8-Gipfel im letzten Sommer veranstaltet wurde. Ein seltenes Gefühl.

Ich bin dienstlich hier, sprich, die Firma zahlt es. Wahrscheinlich könnte ich mir die prunkvollen Hotelzimmer auch beim besten Willen nicht leisten.

Die Ostsee plätschert reizvoll gegen den Strand, und der Zaun ums Hotel sieht völlig normal aus. Zwischen klassisch-weißen Mauern gehe ich mit Kollegen spazieren, mit Anzug und Krawatte, wie es sich gehört, und habe das Gefühl, an geschichtlich-wichtigem Ort zu sein.

Manchmal habe ich schon ein schizophrenes Leben, denke ich in solchen Augenblicken.

16 April 2008

Anhänger und Bonuskarten

Müde wie an jedem Morgen stolpere ich in die Tankstelle. Betankt habe ich meinen Wagen noch, jetzt muß nur noch bezahlt werden. Vor mir stehen zwei Menschen an der Kasse: Eine Frau kauft »Red Bull« und Schokolade, ein junger Mann in Handwerker-Klamotten ersteht drei belegte Brötchen.

Dann bin ich dran. Während des Bezahlvorgangs fragt mich die junge Frau hinter der Theke, ob ich denn eine »Bonuskarte« hätte.

»Nein, nein«, murmle ich und komme mir sehr übernächtigt vor, »so was habe ich nicht. Zu viele Karten.«

Sie lächelt kurz höflich und redet professionell weiter. »Sie haben für über dreißig Euro getankt. Dann können Sie einen Ferrari-Schlüsselanhänger für zwei Euro statt für acht Euro neunzig kaufen.«

Ich schau' sie an, glaub' nicht so recht, was ich höre, dann blicke ich auf das häßliche Metallding, das auf der Theke liegt und auf das sie zeigt. Dann schaue ich wieder die junge Frau an der Kasse an. »Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?«, entfährt's mir.

Sie lacht auf. »Doch.« Sie lacht weiter, und ich lache auch.

Danach bin ich wach. Mit Skalariak in guter Lautstärke am Ohr geht's leichter voran.

Peter Pank tanzt Pogo

In der aktuellen OX-Ausgabe, immerhin schon die Nummer 77 (yep!), geht mein Fortsetzungsroman »Und: Hardcore!« in eine neue Runde. Immer noch hält sich Peter Meißner alias Peter Pank in der liebreizenden Stadt Ludwigshafen auf, wo er sich an einem Punk-Festival beteiligt.

Ich versuche, diese Fortsetzungen so authentisch wie möglich zu halten, was gar nicht so einfach ist: Welche Klamotten trug man denn 1987 im Januar wirklich? Es verwischt sich im Lauf der Jahre nämlich in meinem Gedächtnis, was wann und wie wirklich genau passierte, und ich möchte es trotzdem genau haben.

Nun denn: Bei Peter Panks Abenteuern stimmt das meiste, ob in der wirklich existierenden Stadt Ludwigshafen oder den frei erfundenen Dörfern auf der Schwäbischen Alb. Und irgendwann wird auch noch die ebenfalls real existierende Stadt Nagold eine Rolle in der Geschichte spielen - ich hab' dazu schon klare Überlegungen.

Wie viele Folgen der aktuelle Punk-Roman haben wird? Keine Ahnung. Aber die Trilogie ist dann im Frühjahr 1987 irgendwann zu Ende, das weiß ich.

14 April 2008

Nihilistische Punkrock-Literatur


Eines der derzeit besten Fanzines überhaupt kommt aus Berlin und haut mich jedesmal um. Die aktuell vorliegende Ausgabe 77 (die Numerierung hat nix mit einer wirklichen Erscheinungsweise zu tun) knallt mit vierfarbigem Titelbild, mit 84 Seiten Umfang und sogar mit einem schicken Anstecker. Das Heft heißt AntiEverything und erfreut sich mittlerweile sogar eines eigenen Merchandisings.

Den Schwerpunkt des Inhalts biltet eine sogenannte Trashromanserie. Die Begriffe »Trash« und »Roman« treffen's dabei knallhart. In der Serie »Glory White Trash« geht's um Gewalt und Sex und Terror. Autos explodieren, Polizisten rennen, Steine fliegen und so weiter. Es kracht und scheppert, und dieser Roman zieht sich in zehn Episoden durchs gesamte Heft. Respekt!

Das ist nicht alles. Darüber hinaus geht es um Filme, in denen Sex und Nazi-Gewalt verbunden werden, oder es wird in einem knallharten Artikel beschrieben, wie es der ehemalige Wehrmachtsoffizier Reinhard Gehlen zum CIA-Agenten und zum Gründer eines bundesdeutschen Geheimdienstes brachte. Alle Texte sind unterhaltsam geschrieben und in einem knalligen Layout gestaltet. Sehr cool, das ganze.

Das Heft gibt's bei diversen Punk-Vertrieben oder direkt bei der Nihilist Justice, die auch als Verleger genannt wird. Heftige Literatur wird garantiert, ich fand's spitze.

13 April 2008

Das doppelte L.A.

Der amerikanische Politikwissenschaftler Benjamin Barber wird in einer deutschsprachigen Zeitung interviewt. Im Verlauf des Gesprächs, das sich vor allem um den »Konsumismus« dreht, spricht Barber die Mobilität in Los Angeles an. Man könne sich ganz viele verschiedene Autos kaufen, um mobil zu sein, aber:

»Aber es gibt ein Ding, das nicht zur Auswahl steht: öffentlicher Personenverkehr. Das gibt es nicht.«

Ich belehre ungern einen amerikanischen Professor (der diesen Text eh nicht zu Gesicht kriegen wird), der sich in seinem Heimatland viel besser auskennt als ich, aber: Der öffentliche Personennahverkehr in Los Angeles ist völlig in Ordnung.

Eine supergut funktionierende schnelle Metro und zahlreiche Buslinien sorgten während meines Aufenthaltes in der Stadt dafür, daß ich überall hinkam, wo ich hinwollte. Das Netz der Stationen ist ein wenig lockerer als - um einen Vergleich zu ziehen - etwa in Karlsruhe, aber das liegt vielleicht auch daran, daß die meisten Leute wie Professor Barber denken und gar nicht auf die Idee kommen, in einen Bus oder in eine Bahn zu steigen.

Macht nichts. Fast alle Menschen, mit denen ich über L.A. gesprochen habe, glauben ja dasselbe, sogar Leute, die monate- oder jahrelang dort wohnten. Es gäbe in der Stadt keinen öffentlichen Personenverkehr, heißt es unisono.

Die einzige Antwort, die mir bisher auf dieses Mißverhältnis zwischen meinen Erlebnissen und den Ansichten von Leuten einfällt, die viel länger in der Stadt waren: Es muß zwei verschiedene Los Angeles geben. Ich war in der Stadt mit Bus und Bahn (und Gehwegen, auf denen man spazieren kann), die anderen in einer anderen Metropole.

Zwei Städte, zwei Universen.

11 April 2008

Blick in die eigene Zukunft?

Keine Ahnung, was die nahe Zukunft für mich bereithält. Hauptsache, ich werde mich nie so entwickeln wie Schmalenbach. Der Mann ist der unfreiwillige Held einer Reihe von Kolumnen, die der Autor Wolfgang Brenner verfaßt hat und die man auch in einem Buch nachlesen kann: Das heißt »Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen« und schildert das Leben eines Durchschnittsmenschen mittleren Alters.

Dieser ist durchaus mit mir vergleichbar: Er trauert gelegentlich alten Zeiten ab, hat aber längst einen gut situierten Job in der Medienbranche gefunden (in diesem Fall ist es die Werbung); gern sitzt er mit seinen Kumpels (in diesem Fall der Schriftsteller Germersheimer und der Zeichner Pfeifenberger) in einer Kneipe herum, philosophiert übers Leben und guckt anderen Frauen hinterher, obwohl er doch in einer glücklichen Beziehung lebt.

Tapfer stellt er sich den Herausforderungen, die der Alltag für ihn – und auch für mich, wie mir scheint – bereithält. Er ärgert sich über die Telefongesellschaft und hat Angst vor dem Zahnarzt, er denkt zu viel über Träume nach und gruselt sich vor den Erwartungen, die bei einem Klassentreffen gehegt werden.

Das alles beschreibt Wolfgang Brenner derart komisch und treffend, daß ich bei den meisten Geschichten ins Schmunzeln geriet. Na klar, ich erkannte mich zu oft wieder ... zumindest manchmal. Ich hoffe ja, daß ich noch nicht auf diesem Weg bin und die schlimmsten Pannen an mir vorübergehen.

Aber zum Erkennen eigener Schwächen und zu einem gruseligen Blick in eine mögliche Zukunft als Durchschnittsspießer bot das Buch eine wahrlich erhellende Lektüre.

10 April 2008

Interview in der SOL-Ausgabe 50

Das Heft ist noch gar nicht erschienen, aber ich habe es erfreulicherweise schon vorliegen: Die Rede ist von der SOL-Ausgabe, dem Jubelheft des Magazins der PERRY RHODAN-FanZentrale. Erfreulicherweise gibt es in diesem Heft ein umfangreiches Interview mit mir.

Das Interview ist sage und schreibe sieben Seiten lang und wurde von Roman Schleifer aus Wien geführt. Der Titel gefällt mir gut, denn er faßt das Interview passend zusammen: »Das Interessanteste an meinem Beruf ist die Mischung.«

Inhaltlich geht es natürlich in erster Linie um PERRY RHODAN und meine Rolle als Chefredakteur bei der größten SF-Serie der Welt. Roman Schleifer versucht mit verschiedenen Tricks, diverse Andeutungen aus mir herauszukitzeln, beißt aber auf Granit. Immerhin plaudere ich genügend Hintergründe aus, von denen ich denke, daß sie den einen oder anderen doch interessieren könnte.

Komplett kann ich dieses Interview hier nicht dokumentieren; so viel Text liest kein Mensch in einem Blog. Im Kommentar bringe ich aber einige Absätze als Auszüge; sie stammen eher aus dem hinteren Teil des Interviews.

09 April 2008

»Nachts am Euro«


Mal wieder ist ein Pankernknacker erschienen, mittlerweile die Ausgabe 18 des Fanzines aus Süddeutschland, dessen Macher es jetzt nach Berlin verschlagen hat. Mit dabei als Mitarbeiter: ich.

Meine Kurzgeschichte heißt »Nachts am Euro«, spielt im Karlsruhe des Jahres 1994 und hat - na klar! - biografische Hintergründe. Es geht um eine »Nie wieder Deutschland«-Demonstration und um meine ersten Stunden in der neuen Heimatstadt.

Wer alles ernst nimmt, hat bei solchen Texten eh verloren. Mir hat es Spaß gemacht, die Geschichte zu verfassen, und ich hoffe, daß sie den Lesern des Fanzines auch gefällt. Schauen wir mal ...

08 April 2008

Geschichten aus der Provinz

Die Zeitschrift Am Erker gefällt mir immer besser. Die »Zeitschrift für Literatur«, wie sich die Publikation bezeichnet, erscheint in Form einer schicken Paperback-Ausgabe, und auch die Nummer 54 bietet mit 168 Seiten richtig viel Umfang.

Inhaltlich beschäftigen sich die meisten Texte mit dem Thema Provinz: Gedichte und Geschichten, die das Aufwachsen auf dem Land thematisieren; das kommt mir selbst natürlich sehr gut bekannt vor ... Viele Texte gefallen mir richtig gut, einige Ausfälle sind stets zu verschmerzen. Aber ein Text wie »Muss ja«, in dem ein Schreiberling vom Dorfjournalistmus erzählt, spricht mich immer an.

Was in den frühen 80er Jahren als Literatur-Fanzine begann, ist im Daedalus Verlag zu einer ernstzunehmenden Publikation geworden, die ich gerne lese und sammle. Schön!

Gratulation zur Nummer 40


Ich erinnere mich düster, wie die Zeitschrift Mephisto anfing: Ziemlich düster sah das Heft im Jahr 1994 aus, was zum Inhalt paßte. Und heute handelt es sich um ein richtig gutes Magazin.

Die Nummer 40 ist ein kleines Jubiläum für eine richtig gute Rollenspiel- und Literatur-Zeitschrift. In Mephisto geht es nach wie vor eher um die düstere Seite der Phantastik; der Schwerpunkt liegt immer noch auf den Rollenspielen.

Aber es wird eben auch der Autor Bernhard Hennen interviewt, oder es gibt umfangreiche Buchbesprechungen. Das alles wird schön bunt und auf hundert A4-Seiten präsentiert. Eine respektable Leistung, so lange durchzuhalten und das Qualitätsniveau zu erreichen! Da kann man nur gratulieren.

07 April 2008

Radau aus den Staaten

Hektisch zusammengestellt, aber dennoch gut krachig: meine gestrige Radiosendung im örtlichen Sender Querfunk. Ich nahm mir die USA als Schwerpunkt-Thema und pendelte mich inhaltlich stark auf die 90er Jahre ein - ohne daß dies im voraus so geplant gewesen wäre.

So gab's vor allem melodische Klänge von Horace Pinker aus Arizona, den Panic Buttons aus Alabama oder MU 330 aus ... ich hab' den Staat vergessen. Die Irokesenpunk-Fraktion kam mit Defiance und Total Chaos auf jeden Fall auf ihre Kosten, da bin ich mir sicher.

Dank der Oi!-Band Cut Throat aus Cleveland, Ohio, dürften ausnahmsweise sogar die Freunde des Glatzkopf-Sounds mit mir zufrieden gewesen sein. Und mit When Tigers Fight gab's noch was ordentliches für die Hardcore- und Metalcore-Fraktion; eine wüst-derbe Breitseite am Ende der Sendung.

War sonst noch was? Kalt war's, und regnerisch war's dazu. Selten ein solches Kackwetter erlebt, um mit dem Fahrrad ins Radio zu strampeln ...

06 April 2008

Millerntaler und anderes Kleingeld


Nach wie vor scheint das Geschehen rings um den FC St. Pauli spannender zu sein als die Spiele selbst. Den Eindruck erhalte ich auf jeden Fall immer, wenn ich den Übersteiger lese, das – laut aktueller Unterzeile – »Sich-nackig-machendesTaler-Hetzblatt rund um den FC St. Pauli«.

Die mir vorliegende Ausgabe 87 zeigt auch prompt zwei nackte Männer aufm Cover, na also! Ob »sex sells« hier unbedingt stimmt, bezweifle ich.

Die internen Diskussionen um das neue Stadtion-Plastikgeld finde ich spannend, die Reise- und Spielberichte ebenfalls. Wieder mal ein lesenswertes Heft, dessen Lektüre einem nicht langweilig wird.

05 April 2008

Ein Tribut an AC/DC

Es gibt diese Abende, da will man nicht gleich heimgehen. So auch nach dem Deutschpunk-Festival in Durlach; danach mußte ein Bier in Karlsruhes gepflegter Punkrock-Kneipe einfach sein. Also strandeten wir noch in der »Alten Hackerei«, wo tatsächlich auch ein Konzert war.

Es spielte Big Gun, eine aus Frankfurt stammende AC/DC-Coverband. Die Haare wedelten, die Köpfe wackelten, die Band spielte die Klassiker der australischen Altherrenrocker wirklich stilecht nach. Sehr hübsch.

Warum ich dafür so viel Eintritt bezahlt hatte - genauer, er wurde für mich bezahlt, und ich gab dafür ein Radler aus -, wurde mir hinterher nicht ganz klar. Von der Band bekam ich nicht viel mit, die meiste Zeit stand ich vor der Tür.

Unter dem Wellblechdach war die Luft frischer, den Lärm aus der Kneipe bekam ich genauso mit, und der Blick in den kühlen Nieselregen hatte auch was.

A bissle Deutschpunk-Chaos

Durlach, die ehemalige badische Residenzstadt, ist heute ein Stadtteil von Karlsruhe. Es gibt die Festhalle Durlach, die für ihre schlechte Akustik berühmt ist, direkt in einem Wohngebiet gelegen, und es gibt ein ehemaliges Bordell, das jetzt im Gespräch ist, weil die NPD dort drin ein Schulungszentrum errichten möchte. Ideale Möglichkeit also, genau dort ein Deutschpunk-Festival zu veranstalten.

Entsprechend sah es aus, als wir am Freitag abend, 4. April 2008, dort eintrafen: genervte Nachbarn, überforderte Dorf- und Stadtpolizisten, dazu hunderte von Punks und Skinheads. Ich kam mir ein wenig vor wie bei Chaostagen, die in den späten 80er Jahren gerne in kleineren Städten ausgerufen wurden ...

Schätzungsweise 500 Leute dürften sich eingefunden haben. Wärthers Schlechte und Staatspunkrott (oder so) hatten wir bereits verpaßt, weil die Veranstalter tatsächlich einigermaßen pünktlich angefangen hatten. Ob da »verpaßt« das richtige Wort ist, mögen andere entscheiden ...

Dafür bekamen wir das letzte Drittel von Rasta Knast mit: Der treibende Deutschpunk der Band aus Hannover hat mir schon immer gefallen, ich hatte mir zu diesem Abend extra mein Asta Kast-Shirt angezogen. Die miese Anlage und die schauderhafte Akustik störten zwar den Hörgenuß, es hielt viele Punks aber nicht davon ab, fleißig Pogo zu tanzen.

Von der Bühne herunter schimpfte der Sänger noch über die schlechte Organisation, dann kam nach kurzer Umbau-, Trink- und Pinkelpause schon die nächste Band. Ich nahm an, daß es Fahnenflucht war: Die Männer an den Klampfen sahen aus wie Hardcore-Leute, der Sänger machte eine gute Show und wurde von einer vollbusigen Dame aus dem Publikum begrabscht. Sieht man vom bereits erwähnten Matsch-Sound ab, war die Band gut - weit besser als auf Platte, finde ich.

Chefdenker aus Köln glänzten danach mit schrecklichen Frisuren; das Volk feierte die Band trotzdem ab. Zwischendurch gingen wir immer mal wieder raus, wo die Stimmung stieg und nicht ganz sicher war, ob es zwischen Festhalle und künftiger Nazi-Kneipe nicht noch eine fröhliche Straßenschlacht geben würde.

Zum Abschluß Eisenpimmel: Anfangs fand das Prollpunk-Schauspiel nur eine Minderheit spannend. Nachdem sich aber die ersten Punks auf der Bühne entkleideten und nackte Schwänze baumelten, stieg die Stimmung; das Bier spritzte, und die Band wurde abgefeiert. Klamotten flogen ins Publikum, Sängerin Mona begeisterte mit unglaublichen Klamotten, und ich lachte Tränen.

Danach lungerten wir noch eine Weile vor der Tür herum. Die großzügig aufgestellte Kiste mit Leergut wurde erstaunlicherweise nicht auf die lockere Polizistentruppe abgefeuert, und als es zu nieseln begann, verzogen wir uns aus der romantischen Altstadt von Durlach.

Ein gelungener Deutschpunk-Abend, sehr schön!

04 April 2008

Sozialstaatsromantiker

Wenn sich jemand dafür einsetzt, daß wenigstens halbwegs Gerechtigkeit herrscht, gilt er gleich als Sozialstaatsromantiker. Wenn sich jemand dafür engagiert, daß die Reichen immer wohlhabender und die Hartz-IV-Empfänger immer schlechter behandelt werden, so ist er realistisch und gehört zur »Mitte unserer Gesellschaft«.

Manchmal darf man keine politischen Kommentare lesen. Es gibt Gründe, warum ich einen großen Teil der Illustrierten-Landschaft hierzulande maile, in der immer mal wieder zur großen Hatz auf Sozialschmarotzer aufgefordert wird.

Damit meint man allerdings weder die regierende Clique in Berlin, Stuttgart und anderswo, die den Steuerzahlern immer mehr Geld aus der Tasche zieht, und auch nicht die Kapiteleigner, die für ihre Verzinsung buchstäblich über Leichen gehen - sondern man meint natürlich irgendwelche im wahrsten Sinne des Wortes armen Schweine, die mit ein bißchen Tricksen versuchen, ein paar Euro in die Tasche zu kriegen.

Vielleicht sollte ich nicht so viel nachdenken. Als ich mich in den 90er Jahren zeitweise stark für die APPD engagierte, erfand ich den Slogan »Dumm und glücklich«, und auf den bin ich noch heute stolz.

03 April 2008

Rezession, Repression, Obsession

Das Feierabendbier an der Theke schmeckt besonders gut. Und so ging es mir am Donnerstag abend, 3. April.

Bis der Typ neben mir mich in ein Gespräch verwickelte. Was ich denn von der internationalen Bankenkrise halte und so. Immerhin spreche man auch schon in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung davon, daß man die Banken verstaatlichen müsse.

Das komme mir sehr bekannt vor, entgegnete ich. In meiner politischen Zeit in den 80er Jahre war das immer mal wieder ein Thema.

Irgendwann, so sagte ich, hätte ich es aber kapiert: In Deutschland werden notleidende Privatunternehmen gerne verstaatlicht, damit der Steuerzahler die Schulden der Kapiteleigner übernimmt. Gut gehende Staatsunternehmen werden aber pivatisiert, damit die von den Steuerzahlern finanzierten Unternehmen zu guten Zinsgewinnen in die Hände der Kapiteleigner gehen.

Darüber dürfe man sich nicht aufregen, fügte ich hinzu, ganz in der Schule des großen Kabarettisten Hagen Rether. »Wir sind ein Volk von Kleinaktionären, und da gehört das Scheitern eben zum Risiko.«

Der Kollege neben mir ließ nicht locker, und ich wollte doch nur in aller Ruhe mein Bier trinken. Ob ich denn glaube, daß in absehbarer Zeit eine Rezession komme, hakte er investigativ nach.

Ich war schon am zweiten Bier und wollte langsam heim. »Mir scheißegal«, versicherte ich, in klassischer Deutschpunker-Manier der späten 80er Jahre, »Politik und all der Mist interessieren mich nicht.«

Er ließ mich wirklich in Ruhe, ich trank mein Bier aus und ging. Als ich mich verabschiedete, war er dennoch freundlich zu mir. Und ich hatte keine Sekunde lang so richtig gelogen ...

01 April 2008

Religionswahn

Ein Thema bewegt derzeit - zumindest ab und zu - die Medien, und das ist jetzt kein alberner Aprilscherz: In einem hinterrussischen Kaff haben sich irgendwelche Sektierer in einer Höhle verbuddelt und warten dort auf den Weltuntergang. Dieser soll sich irgendwann in diesem Frühjahr oder Frühsommer ereignen.

Mittlerweile krabbeln die ersten Leute bei dauerndem Regenwetter aus ihrer Höhle, um nicht zu ertrinken und so den Weltuntergang bei Bewußtsein zu erleben. Für kirchenkritische Menschen und Satiriker ist das Thema natürlich ein gefundenes Fressen.

Mir tun die Leute leid, und das ohne jegliche Ironie. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß man sehr wohl Angst um sein Seelenheil und anderes haben kann.

So erinnere ich mich düster daran, daß meine Eltern irgendwann nicht pünktlich heimkamen - vom Einkaufen oder so. Ich war ein Kind, deutlich unter zehn Jahre alt, und ich glaubte dann natürlich, daß »der liebe Gott gekommen« sei und sie »zu sich genommen« habe, während die Sünder auf der Erde zurückbleiben mußten. Leute wie ich also ...

Religiöse Angst ist was schreckliches. Ich wundere mich immer wieder, daß Erwachsene auf solchen Unfug hereinfallen. Aber diverse Sekten reden auch hierzulande immer davon, daß demnächst der Weltuntergang bevorsteht. Nur buddeln sich deren Mitglieder nicht in Erdlöcher ein, sondern laufen frei und offen durch die Gegend.

Schlimm genug ist deren Paranoia allemal.