30 Juni 2023

Wunderbare Roboter-Comics

Er ist eigentlich »nur« ein Roboter, doch sein robotisches Dasein ist ungewöhnlicher, als man sich so etwas vorstellen würde. Elf-Zehn arbeitet seit ewigen Zeiten in einer Fabrik, die irgendwo im Weltraum schwebt. Er ist eigentlich für die Sauberkeit zuständig, übernimmt aber auch allerlei andere Aufträge. Zusammen mit einer Reihe anderer Charaktere ist dieser Roboter ein »Darsteller« in dem wunderbaren Comic-Band »Ein seltsamer Tag«, der seit dem vergangenen Jahr in einer gelungenen Gesamtausgabe vorliegt.

Verfasst werden die Geschichten von Olaf Brill, der unter anderem als Autor an PERRY RHODAN-Miniserien mitschreibt und als Redakteur die STELLARIS-Geschichten sowie den Report betreut. Für die Bilder ist Michael Vogt zuständig, der seit vielen Jahren im Comic-Geschäft ist und unter anderem die »Mark Brandis«-Serie in bebilderte Geschichten umsetzte. Die beiden arbeiten derzeit an einem Comic, der den PERRY RHODAN-Kosmos für junge Leserinnen und Leser aufbereitet.

Mit der größten Science-Fiction-Serie der Welt hat »Ein seltsamer Tag« aber wirklich nichts zu tun. Die Geschichten sind eigenständig, sie wurden zumeist in der Zeitschrift »phantastisch!« veröffentlicht. Der Sammelband enthält nun alle Geschichten aus der Zeitschrift, dazu aber weitere Storys, die bislang nirgends publiziert worden sind. Dazu zählt eine aus fünf Teilen bestehende Geschichte um die »transuniversale Eisenbahn«, die ich großartig fand.

Viele der Geschichten sind spielerisch – damit meine ich, dass sie eine Science-Fiction-Idee aufgreifen und geschickt in eine andere Richtung drehen. Viele wiederum regen dazu an, sich mehrfach mit ihnen zu beschäftigen, manche enthalten einen Kern von Ernst und Wahrheit, und andere sind ein wenig versponnen, was ich positiv meine. Häufig zählt ein augenzwinkernder Humor dazu, und es gibt immer wieder Zusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden.

Es entsteht aber keine durchgehende Geschichte, und es empfiehlt sich, den Comic-Band nicht am Stück zu lesen, sondern sich immer wieder eine Seite oder eine längere Episode vorzunehmen. Dann wirken die Roboter-Storys stärker, finde ich – das wiederum ist allerdings Geschmackssache.

Sehr gelungen sind die Bilder. Michael Vogt versteht es, die schrägen Phantasien in wunderbare Illustrationen umzusetzen. Ob es eine intelligente Kröte ist oder ein golden glänzender Roboter – die Bilder halten die Waage zwischen phantastisch und humoristisch. Die Weiten des Alls werden ebenso vermittelt wie das Innere einer gigantischen Fabrik oder die Wohnung eines Roboter-Ehepaars. Es wimmelt von Details, so dass es sich lohnt, die Bilder mehrfach anzuschauen, aber die Details lenken nicht von der Hauptsache ab.

Im Jahr 2022 war »Ein seltsamer Tag« sicher einer der besten Science-Fiction-Comics, meiner Ansicht nach sogar der beste aus dem deutschsprachigen Raum. Ich empfehle unbedingt, sich diesen Band anzuschauen; auf der Internet-Seite des Verlags gibt es eine Leseprobe.

Hinweis: Vor einigen Jahren erschien bereits einmal eine Sammlung unter diesem Titel im Atlantis-Verlag. Diese Zusammenstellung hier ist umfangreicher und enthält viel »Material«, das bisher unbekannt war. Das Album ist als Hardcover erschienen, umfasst 104 Seiten und kostet 29,00 Euro. 

(Diese Rezension wurde bereits im April auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Redaktion veröffentlicht. Hier wird sie zur Dokumentation nachgereicht.)

23 Juni 2023

Eine Dosis Theriak

Die Folge 49 der Hörspielserie »Dorian Hunter« hat es in sich. Sie trägt den Titel »Theriak« und setzt die Droge mit diesem Namen auch ins Zentrum der Handlung. Theriak ist offensichtlich ein Elixier, das Dämonen und Vampire benutzen. Es hat durchaus unerwünschte Nebenwirkungen, kann aber auch helfen – man ist gegen den Beschuss mit Silberkugeln so gut wie sicher.

Das alles und noch einiges mehr findet Dorian Hunter heraus, als er sich dem Schluss Alkahest nähert. Dort hausen Vampire, die sich Sklaven halten. Als Dämonenkiller kennt sich Hunter mit solchen Wesen aus, und er geht entsprechend rücksichtslos vor. Doch bei einem seiner ersten Kämpfe mit einem Vampir muss ihm eine resolute Dame mit einer Schrotflinte zu Hilfe eilen ...

Die Geschichte ist wieder ganz schön verzwickt. Dorians ehemalige Frau Lilian spielt eine wichtige Rolle, seine alten Freunde Cohen und Chapman sind zentrale Figuren, es gibt Verbindungen zu seiner eigenen Vergangenheit. Und wenn man es genau nimmt, behandelt dieses Hörspiel die Dreieinigkeit aus Drogen, Monstern und Vampiren. Knallige Geräusche, pointierte Dialoge – wie immer ist das hervorragend gemacht.

Klar, das ist ein Hörspiel für die Fans der Serie, die sich auf die Zusammenhänge freuen können. Neulingen dürften bei den vielen Verwicklungen verwirrt sein; die eigentliche Story um die Vampire und das Schloss ist zwar durchaus verständlich, nimmt aber vielleicht zwei Drittel des Hörspiels ein. Wichtiger sind die Zusammenhänge ... Wer »Dorian Hunter« kennt, kommt hier dennoch auf seine Kosten.

22 Juni 2023

Wie Moewig seine SF präsentierte

Die 80er-Jahre waren für mich eine Zeit, in der ich unglaublich viel Science Fiction las. Verlage wie Heyne und Goldmann, Lübbe und Ullstein veröffentlichten zahlreiche Science-Fiction-Taschenbücher, Klassiker und moderne Romane, Kurzgeschichtensammlungen und Magazine. Auch Moewig mischte in diesem Reigen munter mit.

Wenn ich mir anschaue, was für den Herbst 1986 als Programm vorgestellt wurde, bin ich durchaus beeindruckt. Ich zeige hier einen Ausschnitt aus der Zeitschrift »Aufgeschlagene Seiten«. Diese Seite zeigt nur einen Teil des Herbstprogramms; es gab darüber hinaus Reihen wie »Frauen schreiben Science Fiction« und natürlich die PERRY RHODAN-Taschenbücher und -Silberbände.

Bei den »SF-Highlights« handelte sich um sogenannte Rupfbücher, also Zusammenstellungen von Remittenden, die man neu aufband und für wenig Geld an die Kunden brachte. Aber der PERRY RHODAN-Werkstattband sprach viele Leute an, die die Serie sonst nicht schätzten, der SF-Almanach war eine Art Magazin, und die Majipoor-Chroniken zeigten Robert Silverberg damals auf einer Höhe seines Schaffens.

Ein spannendes Programm, das ich damals schätzte und das die unterschiedlichsten Geschmäcker ansprach …

Mouse Blasters zwischen Grunge und Hardcore

Anfangs bis Mitte der 90er-Jahre wurde allerlei Musik als Punk oder Hardcore vermarktet, die man eigentlich nur mit Mühe in die jeweiligen Schubladen stecken konnte. Kein Wunder: Krachige Klänge waren eine gewisse Zeit lang so modern, dass sie viele Leute ansprachen; nicht nur Nirvana hatten für viele andere Bands die Türen geöffnet.

Deshalb verwundert es mich kaum, dass eine Band namens Mouse Blasters in der Hardcore-Schublade steckten. Was die fünf langhaarigen Männer aus dem Großraum Turin machten, konnte man eher als eine Mixtur aus Grunge und Indie-Rock betrachten, meinetwegen noch mit einem Schuss Hardcore; vom Hardcore-Punk italienischer Prägung waren sie allerdings recht weit entfernt.

Ihre EP »Strange Reaction«, die auf einem eher unbekannten deutschen Label namens Unique Records veröffentlicht wurde, ist dafür sehr typisch: Die Stücke sind eher lang und ein wenig zäh, die englischsprachigen Texte wirken kryptisch, und unterm Strich ist es eine Platte, die höchstens noch als Zeitdokument etwas taugt.

21 Juni 2023

Tolle Aufmachung, schwacher Inhalt

Ich mag phantastische Literatur, ich schätze Fantasy und Science Fiction, und ich bin begeistert davon, wenn Verlage sich besondere Mühe geben, ihre Bücher schön zu publizieren. Ein starkes Beispiel dafür ist der Roman »Schattenthron – Erbin der Dunkelheit« der Autorin Beril Kehribar, das von Carlsen Impress veröffentlicht worden ist.

Die Autorin ist vor allem als Bloggerin bekannt geworden; sie kennt sich mit der Fantasy anscheinend sehr gut aus und hat eine große Gefolgschaft in den Sozialen Medien. Ihr Roman hat sich bislang auch sehr gut verkauft, er landete sogar auf der Bestsellerliste. Rein optisch kann ich das gut nachvollziehen: Das Buch ist toll gestaltet, nicht unbedingt nach meinem Geschmack, aber offensichtlich nach dem Geschmack der Zielgruppe.

Zur Geschichte: Ein Mädchen wächst auf der Straße einer Fantasywelt auf, schlägt sich als Diebin durch, wird dann von einem wohlhabenden Jungen aufgelesen. In der Folge wohnen die beiden zusammen, sie verlieben sich – ohne dass es der eine vom anderen oder der anderen merkt – und haben ihre Geheimnisse. Dann werden die Geheimnisse düsterer, Seelen werden gestohlen, man muss in eine Art Anderswelt reisen und so weiter …

Ich muss feststellen, dass ich da einfach nicht die Zielgruppe bin: Ich habe rund 120 Seiten gelesen und dann abgebrochen. Für meinen Geschmack reihen sich die Klischees aneinander, die Dialoge sind oft gestelzt, und die Handlung ist nicht spannend. Vor allem wirkt der Text oft so, als habe sich die Autorin sehr von anderer Fantasy beeinflussen lassen – unter anderem von der Daevabad-Trilogie. Später tauchen auch noch die Elfen der allgemein bekannten Völker-Fantasy sowie Seelenmagier auf.

Ganz klar: Ich bin nicht die Zielgruppe, ich habe schon zu viel Fantasy unterschiedlichster Art gelesen. Ich erkenne selbstverständlich, warum so viele Leute das Buch mögen, aber ich werde davon nicht gepackt. Das muss ich dann einfach akzeptieren. Ich finde es gut, wie viele neue Aspekte es in der phantastischen Literatur gibt, muss aber einfach nicht alle davon kennen und mögen …

20 Juni 2023

Ein Dreiteiler zu Angst, Schrecken und Batman

Dass ich »Batman«-Comics mag, habe ich häufig genug erzählt. Dieser Tage griff ich mal wieder zu »Die Nacht des Schreckens« und blätterte darin. Dabei handelt es sich um eine Sammlung moderner »Klassiker«, sprich, Geschichten aus den 90er-Jahren – sie lassen sich heute noch mit Genuss lesen.

Der schöne Comic-Band ist bereits im Spätsommer 2012 bei Panini erschienen, was der Qualität ebensowenig schadet wie seiner Lieferbarkeit. Die 188 Seiten kann ich nach wie vor empfehlen. Kein Wunder: Mit dem Kreativgespann Jeph Loeb und Tim Sale sind zwei Personen an dem Werk beteiligt, die über viele Jahre hinweg die Geschichten mit dem »Dunklen Ritter« erzählten.

Die in sich abgeschlossenen Original-Geschichten wiederum stammen aus »Batman«-Sonderbanden, die in der ersten Hälfte der 90er-Jahre veröffentlicht wurden, stets als »Halloween Special«-Ausgaben. Da wird immer wieder viel Quatsch auf den Markt gehauen, bei dieser Zusammenstellung servierte man allerdings Qualität.

Kein Wunder bei den Machern: Von denen stammen unter anderem die Miniserien »Dark Victory« oder »The Long Halloween«, allesamt aus dem »Batman«-Universum, die ich besitze und die ebenfalls in den 90er-Jahren publiziert worden sind.

Klar, es geht um Ängste, und auch ein Held wie Batman kann Angst haben. In jeder Geschichte muss er sich diesen Ängsten stellen, zweimal gegen einen seiner üblichen Gegner, einmal aber den drei Geistern, die man aus der klassischen Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens kennt.

Wie man es von ihm gewöhnt ist, baut Jeph Loeb die Spannung jeweils behutsam auf; die Dialoge sind sauber und treiben die Handlung voran. Der Dunkle Ritter erscheint menschlich, bei allen superheldenhaften Fähigkeiten – für eine Superheldengeschichte ist das sehr glaubhaft erzählt.

Und Tim Sale kann sowieso alles zeichnen, was zur Geschichte passt: die großflächigen Bilder, die Batman als zentrale Figur geradezu zelebrieren, die Gesichter, das Dekor nächtlicher Straße oder Innenräume, die gnadenlose Action.

Ganz ehrlich: Halloween kommt jedes Jahr aufs Neue. Also kann man sich diesen famosen Comic auch zu jeder Zeit besorgen. »Die Nacht des Schreckens« lohnt sich selbst ein Vierteljahrhundert nach der Erstveröffentlichung in den USA!

19 Juni 2023

Pollen im Juni

An diesem Wochenende stellte ich wieder einmal fest: Mein Fahrrad ist wie ein Pollenmessgerät für mich. Ich muss nicht auf eine App schauen, um zu wissen, dass allergene Stoffe in der Luft sind. Ich muss einfach nur aufs Rad steigen und losfahren .dann sagt es mir meine Nase. Verwirrend ist nur, wie sich das im Verlauf der Jahre verändert hat.

Als ich in Freudenstadt damit anfing, intensiver mit dem Rad durch die Gegend zu fahren, hatte ich keine Beschwerden. Okay, der Winter ging auch von Oktober bis April, aber wegen der Höhenlage blieben wohl allergene Belastungen aus. Als ich ins Flachland zog, dauerte es auch einige Zeit, bis sich Allergien ausbildeten. Vielleicht lag es daran, dass ich die meiste Zeit die Berge hoch fuhr.

Dann aber konzentrierten sich die Allergien auf das Frühjahr, und ich rotzte von März bis April. Wegen des wärmeren Wetters kann ich jetzt ab Februar – oder gar wie dieses Jahr: ab Januar – damit anfangen, Antihistamine zu schlucken-

Mittlerweile rotze und schniefe ich auch im Juni. Der Grund: Roggen … ich habe anscheinend eine schwache Allergie gegen Roggen. Beim letzten Test vor einigen Jahren kam heraus, dass ich diese Allergie habe. Mittlerweile scheint sie sich soweit verändert zu haben, dass ich nun auch im Juni meine Tabletten schlucken kann.

Wenn das so weitergeht, kann ich auf eine Jahresbehandlung umsteigen. Die Allergiesaison für das Jahr beginnt an Weihnachten mit der Hasel und endet im Oktober mit irgendwelchen Astern und dergleichen. Na super …

16 Juni 2023

Gedanken an Xao Seffcheque

Während meines Urlaubs verstarb das Multitalent Xao Seffcheque, von dem ich einige Schallplatten daheim habe und dessen Musik mich in verschiedenen Ausprägungen seit den ganz frühen 80er-Jahren begleitet. Seine Platte »Sehr gut kommt sehr gut« erhielt ich sehr früh auf Kassette überspielt, und sie verwirrte mich damals sehr – ich konnte mit der Zusammenstellung nicht so viel anfangen.

Später wurde klar: Die vielen Bands auf dieser Platte waren nur ein einziger Mensch, nämlich Xao Seffcheque. Auf seiner Single »Happy New Wave«, die ich in den 80er-Jahren zu einem sehr guten Preis kaufen konnte, wird das alles dann viel klarer. Aber ich brauchte einige Zeit, bis ich kapierte, dass er auch bei der famosen Band Family 5 mitspielte – die sah ich nie live, aber ihre Platten mochte ich sehr.

Für mich gehörte er fix zu den 80er-Jahren dazu. Ich hatte ihn längst aus den Augen verloren, wusste nichts von seinen Aktivitäten in der Film-Branche. Sein Tod im Mai machte mich trotzdem sehr betroffen.

Der Vater des Schreckens zum Zweiten

Dieser Tage kam ich endlich dazu, die Folge 48.2 der Serie »Dorian Hunter« anzuhören. Diese trägt den Titel »Vater des Schreckens – Lebendig begraben«, ist also der zweite Teil eines Zweiteilers und spielt wieder auf verschiedenen Schauplätzen und zu unterschiedlichen Handlungszeiten. Wer sich mit der Serie auskennt, kann der verzwickten Handlung durchaus folgen; wer neu dabei ist, wird seine Probleme haben.

Dabei fahren die Macher der Hörspielserie, die bekanntlich auf der alten Heftromanserie »Dämonenkiller« aufbaut, allerlei schweres Geschütz auf. Untote und Vampire treiben ihr Unwesen, es wird eine fiese Hochzeit thematisiert, und bei Neapel droht ein großer Vulkanausbruch. Das ist alles sehr verwirrend, und die Hauptfigur – der Dämonenkiller namens Dorian Hunter – spricht zudem mit unterschiedlichen Stimmen.

An dieser Stelle kann das kaum erläutert werden, weshalb ich darauf verzichten möchte. Es geht um vertauschte Seelen, und das ist nicht das einzige, das kompliziert wirkt: Die Handlung spielt an diversen Schauplätzen, man springt durch die Zeit, und letztlich geht es um die Intrigen und Kämpfe der wichtigen Dämonen, in die Dorian Hunter und seine Gefährten verwickelt sind.

Wer sich mit der Serie auskennt, für den ist das ganz großes Kino. Ich folgte der Handlung gefesselt und gespannt – die Machart war und ist wieder einmal hervorragend –, aber mir ist klar, dass ein potenzieller Neuhörer hier sehr überfordert wäre. Es ist die konsequente Fortsetzung einer Serie, die für ihren Ideenreichtum und ihre Komplexität seit Jahrzehnten bekannt ist, in gedruckter wie in akustischer Form.

Klasse gemacht!

15 Juni 2023

Aufgeschlagene Seiten 1986

In den 80er-Jahren arbeitete ich 18 Monate lang als Public-Relations-Assistent im damaligen Verlag Arthur Moewig in Rastatt, also in dem Unternehmen, in dem ich auch heute tätig bin – wenn man die vielen Umbenennungen in den Jahren dazwischen ebenso ignoriert wie den Umzug. Unter anderem war ich für die Zeitschrift »Aufgeschlagene Seiten« zuständig, die das Buchprogramm des Verlags präsentierte.

Ich zeige das Titelbild der Ausgabe vom Oktober 1986; in diesem Heft – es umfasste 16 A4-Seiten –, das sich vor allem an Journalisten und Multiplikatoren richtete, schrieb ich praktisch alle Texte. Welche Auflage das durchgehend in Farbe gedruckte Heft hatte, ist mir nicht mehr bekannt; sie dürfte im niedrigen vierstelligen Bereich gelegen haben. Und inwiefern Journalisten meine Texte wirklich nutzten, weiß ich heute natürlich nicht mehr.

Es gab eine Reihe von größeren Artikeln, in denen ich die wichtigen Bücher des Verlages vorstellte: ein Sachbuch über »Hitlers Geld« beispielsweise oder »Home Front« von Patti Davis, die als – für damalige Verhältnisse – modern gestaltete Hardcover-Bände erschienen. Daneben ging es aber um das ganze Sammelsurium des Verlags: Kochen und Krimis, Sachbücher und Liebesromane, Science Ficction und Klassiker. Der Verlag bildete damals ein Vollprogramm für den Buchhandel ab, das ich teilweise heute noch interessant fände.

Schaue ich mir das Heft heute an, bin ich mit meiner Arbeit ganz zufrieden. Klar, die Texte wurden redigiert, und so kann ich kaum noch sagen, wie gut oder wie schlecht sie im Original waren. Aber die Zusammenstellung, die ich letztlich ja auch steuerte, ist interessant und zeigt den damaligen Verlag ganz gut.

Die Violators und No Future

Zu den Bands, von denen ich früher nie einen Tonträger besaß, zählen die Violators. Die Engländer, die ihre kurze Zeit zu Beginn der 80er-Jahre erlebten, waren zwar relevant, aber ich sah sie nie live, und ich bekam nie eine ihrer Singles in die Finger. Da fand ich es schon gut, dass 1994 die Platte mit dem schönen Titel »The No Future Years« als CD veröffentlicht wurde; ich habe die Vinylscheibe, die bei Mad Butscher Records im Jahr 2016 herauskam.

Man muss klar sagen, dass es sich hier um ein echtes Zeitdokument handelt. Die Band gründete sich 1979 und löste sich gegen 1983 wieder auf. Man machte den rumpeligen Punk, der um diese Zeit üblich war, mit den entsprechenden Texten über Konflikte mit der Polizei und dem Staat. Es gab einen gewissen Hang zum Oi!, vor allem auch optisch feststellbar, in ihrer späteren Phase klang die Band fast nach Wave. Man wandelte sich also innerhalb weniger Jahre.

Das Ganze wurde auf EPs und Samplern veröffentlicht. Die Zusammenstellung ist also gut, wenngleich es leider kein Beiblatt und keinerlei weitergehende Informationen gibt. Das finde ich bei so einer Platte schade; so ein Informationsblatt hätte geholfen, die Stücke besser in die Zeit einzuordnen. 1981 ist nun mal doch einige Tage her …

Mir gefallen vor allem die Stücke, bei denen die Sängerin am Mikro ist. Helen Of Oi! war für ihre Zeit großartig, und das kann man heute noch gut nachvollziehen. Singt der Mann, wird es rüpeliger, aber auch das passt. So klang halt der authentische Punk dieser Tage.

Seien wir ehrlich: keine Platte, die man haben muss. Wer aber wissen will, wie Punk zu Beginn der 80er-Jahre klang, kann hier nicht viel falsch machen.

14 Juni 2023

Eine Hauerei und ihre Folgen

In der aktuellen Ausgabe 168 des OX-Fanzines hat mich vor allem die Geschichte über The Damned angesprochen. Im Detail gelesen habe ich sie noch nicht, das werde ich aber sehr genau tun: Die englische Band zählt seit Jahrzehnten zu meinen Favoriten, und ich finde die ersten zwei Platten der Band immer noch sensationell.

In dieser Ausgabe ist wieder eine Folge meines Fortsetzungsromans »Der gute Geist des Rock'n'Roll« zu finden. In der Folge 43 geht es noch mal um eine Schlägerei und ihre Folgen. Mein Held, der Ich-Erzähler, bekommt ordentlich eingeschenkt, wird aber gerettet.

Ich bin sehr froh, dass ich seit vielen Jahren nicht mehr in eine Auseinandersetzung dieser Art verwickelt wurde. Womöglich wüsste ich nicht einmal mehr, mich irgendwie zu wehren, ginge so ein Prügelheini auf mich los. In den 80er- und 90er-Jahren war es zeitweise sinnvoll, auch mal schnell das eine oder andere Argument mit der Hand austauschen zu können.

(Mein Fortsetzungsroman ist ein Roman, keine Lebensbeichte. Schon klar. Aber ganz ohne biografischen Hintergrund geht es natürlich nicht. Das muss ich an dieser Stelle wohl wieder einmal erwähnen ...)

Eine Fülle von Gedanken und Gesprächen

Das Buch ist bereits im Jahr 2022 veröffentlicht worden, ich habe es aber erst dieser Tage gelesen: der zweite Teil der aus drei Teilen bestehenden Reihe »Die Weltenschöpfer«. Wieder wurde ich mit vielen Informationen versorgt, amüsierte mich bei der Lektüre gelegentlich und staunte auch an manchen Stellen gebührend über die Aussagen von Autoren, deren Werke ich gerne gelesen hatte.

Zum Hintergrund: Der Autor und Journalist Charles Platt führte zwischen 1978 und 1982 zahlreiche Interviews mit Science-Fiction-Schaffenden Diese wurden in einem Sammelband veröffentlicht, in Deutschland kam ein Auszug in Buchform heraus. Die Version, die nun vom Memoranda-Verlag publiziert wird, enthält alle Interviews dieser Zeit, allesamt neu übersetzt, die der Autor durch aktuelle Anmerkungen und Text erweitert hat.

Beim zweiten Buch fällt mir etwas auf, das mir in den frühen 80er-Jahren nicht so ins Auge gestoßen wäre: Es enthält so wie ausschließlich männliche Gesprächspartner. Das ist klar zu kritisieren, entspricht aber dem Stand der damaligen Dinge: Wer damals Science Fiction veröffentlichte, war üblicherweise weiß und männlich. Ich finde sehr wichtig und gut, dass sich das seitdem sehr geändert hat, das Buch entspricht allerdings seiner Zeit.

(Das kann man heute zu Recht kritisieren. Das dem Buch vorzuwerfen, halte ich für ein wenig ungeschickt.)

Die Diskussionen der damaligen Zeit schlagen sich auch in den eigentlichen Texten nieder. Oft geht es um den Wert oder Unwert von Science Fiction im Gegensatz zur sogenannten Mainstream-Literatur. Berühmte Autoren wie Ray Bradbury, Michael Moorcock oder Robert Silverberg werden dazu befragt, neue Talente jener Zeit wie Gregory Benford oder Ian Watson treten auf, sogar ein Autor klassischer Pulp-Literatur wie E. C. Tubb kommt zu Wort. Gewissermaßen zum Ausgleich werden sogar ein Lyriker wie D. M. Thomas oder Alvin Toffler, der Autor des Sachbuchs »Future Shock«, interviewt.

Wer sich mit dem Genre auskennt und es liebt – so wie ich –, findet in den alten Interviews immer noch lesenswerte und wichtige Passagen.

Ich fand alle zwanzig Texte lesenswert, auch wegen der Kommentar, die Platt nachgereicht hatte. Von den meisten Autoren hatte ich schließlich im Verlauf der Zeit einiges gelesen; bei einem Autor wie Keith Roberts fällt mir auf, dass ich den vom Namen her kenne, aber nie etwas von ihm in der Hand hatte. Wieder eine Lücke, die ich schließen kann. (Aber nicht muss …)

Auch der zweite Band der »Weltenschöpfer«-Reihe ist lohnenswert; das Paperback werde ich sicher immer mal wieder zur Hand nehmen. Spannende Lektüre!

13 Juni 2023

Aus den erfolgreichen 70er-Jahren

Im Verlauf ihrer langen Geschichte erlebte die Comic-Serie »Rick Master« zahlreiche Höhen und auch einige Tiefen. Sicher zählt die zweite Hälfte der 70er-Jahre zu den Epochen, in denen die Serie inhaltlich auf einem sehr guten Weg war und zudem richtig viele Fans hatte. Das lässt sich ganz gut im Band neun der Gesamtausgabe nachvollziehen, der im Splitter-Verlag erschienen ist und den ich dieser Tage zu Ende lesen konnte.

Enthalten sind drei lange Geschichten sowie drei Kurzgeschichten; sie wurden zu der Zeit erstmals veröffentlicht, als ich als Junge auf die Serie aufmerksam wurde. »Rick Master« wurde im »Zack«-Magazin dem deutschsprachigen Publikum nahegebracht und begeisterte mich: Die Geschichten fand ich spannend, und toll gezeichnet waren sie ebenfalls. Schaue ich mir das heute an, sind diese Geschichten immer noch sehr gut – ein Beispiel für die Qualität der frankobelgischen Comic-Kultur.

Gleich die erste Geschichte ist wie geschaffen für die 70er-Jahre: »Attentat im Zirkus« spielt im Umfeld eines Zirkus, und in einer Zeit lange vor dem Internet und vor billigen Reisen war ein Besuch im Zirkus immer noch die tollste Gelegenheit, die »große weite Welt« kennenzulernen. Der Journalist und Detektiv Rick Master ist – wie wir durch diese Geschichte erfahren – ein großer Zirkus-Freund. Er lernt die Leute kennen, er findet sie sympathisch, und natürlich greift er gleich ein, als es zu merkwürdigen Unglücksfällen kommt ...

Die zweite lange Geschichte macht am Anfang den Eindruck, es sei ein phantastisches Thema: In »Verfolgung durch die Jahrhunderte« glaubt ein Mann, er habe vor 2000 Jahren im Römischen Imperium einen Mann verraten und werde seitdem von diesem durch die Zeiten verfolgt und immer wieder angegriffen. Anfangs glauben alle, der Mann sei verwirrt, doch dann kommt er doch ums Leben. Und Rick Master beginnt in Südfrankreich mit seinen Ermittlungen …

In »Hals in der Schlinge« erhält Rick Masters Vater Richard eine wesentliche Rolle. Der ältere Herr mit dem markanten Schnauzbart wurde Jahre davor eingeführt und bot den »Rick Master«-Machern die Möglichkeit, ein wenig mit den Rändern des Gesetzes zu spielen. Diesmal ist Richard aber ein richtig fieser Gangster, wie es aussieht: Er begeht Überfälle und sogar eine Entführung. Aber natürlich glaubt Rick Master daran, dass sein Vater nicht böse geworden ist …

Dazu kommen drei Kurzgeschichten, die – seien wir ehrlich – nicht so berauschend sind. Es sind halt typische Comic-Geschichten, die auf eine Pointe zulaufen. Das ist gut gemacht, klar, aber nicht wirklich genial. In so einer Gesamtausgabe müssen sie natürlich ihren Platz erhalten.

Der neunte Band der »Rick Master«-Gesamtausgabe ist ein besonders gelungenes Exemplar: Die langen Geschichten sind spannend erzählt und richtig gut gezeichnet; sie passen wunderbar in die Zeit, aus der sie stammen. Die Reihe ist insgesamt eh zu empfehlen – aber dieser Band machte mir besonders viel Freude.

12 Juni 2023

Faul sein auf Sal

Sal ist eine der Inseln, die zu Cabo Verde gehören, hierzulande allgemein als »die Kapverden« bezeichnet; ein afrikanischer Staat, der vor der Küste Westafrikas liegt. Dort war ich in den vergangenen Tagen in einem Urlaub, der unglaublich entspannend und faul war, so ganz anders als frühere Urlaube in afrikanischen Ländern, die von Reisen und viel Kommunikation gekennzeichnet waren.

Es war nötig, und es war die klare Absicht, so faul wie möglich zu sein: keine Verpflichtungen, kein Stress, keine Hektik, keine unnötigen Aktivitäten. Ich verbrachte die Tage damit, am Strand entlangzuspazieren und den Wellen zuzuschauen – zeitweise sehr allein oder maximal zu zweit, weil es so viele Touristen gar nicht gab –, Bücher zu lesen oder im Pool zu planschen. Ab und zu sprang ich auch ins wunderbare Wasser des Atlantischen Ozeans; mithilfe der Schnorchel konnte ich immerhin einige Fische und einen Seestern betrachten.

Ich genoss das Essen im Hotel, ich ignorierte praktisch alle weiteren Angebote, die man dort unweigerlich bekommt, trank in einem überschaubaren Maß portugiesischen Weißwein und brach – immer mal wieder ein Stück Fisch essend – mal wieder meinen Vegetarismus. Und ich schaffte es schnell, bei all diesen tranfunzeligen Aktivitäten jeglichen Gedanken an die Arbeit aus dem Kopf zu bekommen.

(Ach ja: Smartphone und Fernseher blieben aus, den Computer und das Tablet hatte ich daheim gelassen. Ich guckte keine Nachrichten, ich las keine Zeitung, ich bekam nichts mit. »Wie früher«, wenn ich irgendwo unterwegs war.)

Ob und wie ich dazu irgendwelche Texte schreiben werde, weiß ich gar nicht. Viel erlebt habe ich schließlich nicht bei meiner »Mission Faulheit«. Was im übrigen auch ein guter Titel für diesen Text gewesen wäre …