31 Oktober 2018

Schönen Dank an Kepler

Ich bekam es heute erst mit, und es machte mich für einen Moment fast traurig: Die Kepler-Mission geht zu Ende – der Treibstoff ist ausgegangen. Ich finde Grundlagenforschung gut und bin als alter Science-Fiction-Fan immer daran interessiert, mehr über das Weltall zu erfahren.

Das Kepler-Weltraumteleskop war seit 2009 im Einsatz, es lieferte eine irrsinnige Menge an Daten. Dabei lieferte das Teleskop haufenweise Belege dafür, dass es in der bekannten Milchstraße wohl noch viel mehr Planeten gibt, als man sich vor zehn Jahren nur vorstellen konnte.

Laut Angaben der NASA hat das Teleskop mehr als 2600 Planeten entdeckt, dazu kamen zahlreiche Beobachtungen, aus denen man schließen kann, dass sich noch weitere Himmelskörper um Sonnen in der Galaxis drehen. Zu glauben, dass die Erde dabei der einzige Planet ist, auf dem sich Leben entwickelt hat, kommt mir da doch sehr egozentrisch vor.

Das Ende für das Teleskop kam wohl nicht zu überraschend, die Fachleute haben schon länger damit gerechnet. Wissenschaft hat halt auch ihre Grenzen. Also schaue ich heute nacht mal zum Himmel hoch und sage freundlich ein »Mach's gut, Kepler!«


30 Oktober 2018

Zweimal Punk aus Oslo

So mag ich es: Die Langspielplatte präsentiert zwei coole Bands, und wer unbedingt trotzdem die CD haben will, bekommt sie »für umme« mit der Vinylscheibe mitgeliefert. So kann ich mir zweimal guten Punkrock aus Norwegen auch im Auto anhören.

Um was geht es eigentlich? Danger!Man habe ich schon zwei-, dreimal gesehen, ich schätze die Band aus Oslo sehr. Die Mixtur aus Punk und Hardcore, die auf der Bühne echt zündet, klingt auch auf der Schallplatte sehr dynamisch und mitreißend; das sind Stücke, die mich unweigerlich zum Zappeln und Hüpfen bringen.

Das ist bei den Stücken auf dieser Split-LP auch nicht anders. Die fünf Lieder sind nicht unbedingt neu – mir kommen sie von anderen Platten bekannt vor –, knallen aber sogar in einer neuen Version immer noch richtig gut. Irgendwie kann die Band mit ihrem treibenden Sound in meinen Ohren echt nichts falschmachen.

Und die andere Band? Das sind Lucky Malice, ebenfalls aus Oslo und nicht so bekannt. Die Band versteht sich als Riot-Girls-Trio, die drei Frauen spielen seit 2004 zusammen und machen feministische Texte zu rotzigem Punkrock.

Das ist durchaus melodisch, knallt aber immer wieder auch sehr rotzig nach vorne. Ihr Sound ist nicht so eingängig wie der von Danger!Man, zieht einen dann doch immer stärker rein. Die Texte in englischer und norwegischer Sprache sind kämpferisch und machen keine Kompromisse. Klasse gemacht.

(Die Vinylscheibe mit den insgesamt zehn Stücken wurde von diversen Labels veröffentlicht. Das bekannteste davon dürfte Boss Tuneage sein.)

Eine Legende über Dunkle Ritter und Drogen

Das »Batman«-Universum ist so ungeheuer groß, dass ich wohl nie einen kompletten Überblick erhalten werde – so viel Lebenszeit habe ich nicht. Vor allem sind im Verlauf von Jahrzehnten unglaublich viele Geschichten entstanden, in denen unterschiedlichste Autoren und Zeichner sich an diesem Universum versucht haben, ohne dass es eine Kontinuität gibt – das alles kann nur ein Ultra-Hardcore-Fan komplett kennen.

Umso besser, wenn dann Einzelbände wie »Venom« erscheinen, die als Sammelband besondere Ausschnitte präsentieren. In diesem Fall handelt es sich um einen Auszug aus der Serie »Legends of the Dark Knight«; die Hefte für »Venom« wurden 1991 als Fünfteiler veröffentlicht. Autor der Geschichte ist Dennis O’Neill, für die echten Fans einer der »Batman«-Helden; als Zeichner treten verschiedene Künstler in Erscheinung.

Die Geschichte behandelt eigentlich das Thema Leistungsdrogen. Natürlich die Art und Weise, wie Superhelden so etwas nutzen würden … Und sie beginnt mit einer Schwäche des Helden: Weil Batman in einer schwierigen Situation versagt hat, will er mithilfe eines Medikaments seine Leistung steigern. Das klappt – doch natürlich hat so ein Medikament seine Schattenseiten.

Der Dunkle Ritter wird allen Ernstes von einer Droge abhängig. Mit dieser Geschichte wagt sich Dennis O’Neill fast an eine Demontage des Helden heran. In früheren Jahrzehnten wäre es unmöglich gewesen, eine solche Comic-Idee umzusetzen, in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren änderten sich eben die Superhelden-Geschichten.

Klar enthält die Geschichte die üblichen Schwächen einer Superheldenserie, trotzdem ist sie spannend und nachvollziehbar. Vor allem wird klar, dass Drogen nicht etwas sind, das »die anderen« betrifft: Man könnte sie ja beispielsweise einsetzen, um beispielsweise Supersoldaten zu erzeugen oder bei Menschen systematisch die Gefühle abzutöten. Das liest sich spannend und hat auch in der heutigen Zeit einiges an Aktualität.

Künstlerisch zählen die Zeichner Trevor von Eeden und Russell Braun sowie der Tuscher José Luis Garcia-Lopez eher zum Durchschnitt ihres Metiers. Ihre Zeichnungen sind gut, gefallen mir vor allem dann, wenn sie zu Großaufnahmen greifen, etwa zu Übersichten über Gotham, haben bei den Figuren aber oftmals diese Superhelden-Zerrbilder, mit denen ich nach wie vor nicht viel anfangen kann. Damit muss man halt leben.

Der Anfang der 90er-Jahre ist ganz schön lange her, und die Comics sind in dieser Zeit auch einen Weg der Entwicklung gegangen. Das merkt man an dieser Geschichte aus dem »Batman«-Universum. Sie ist nicht spektakulär, sie verändert nicht die Comic-Welt, aber sie war für die damalige Zeit echt modern und lässt sich heute noch richtig gut lesen.

Wer »Batman« erst durch die neueren Verfilmungen kennengelernt hat, für den ist dieser Band übrigens eine schöne Gelegenheit, eine spannende Episode aus diesem Universum kennenzulernen. Schön, dass Panini solche Stoffe neu in den Handel bringt. (Ich hab’ mir die Hardcover-Ausgabe besorgt.)

29 Oktober 2018

Eine Umfrage gefällig?

Die junge Frau trug die blaue Uniform einer Flugbegleiterin, dazu zeigte sie blonde Locken und ein strahlendes Lächeln. Sie steuerte direkt auf mich zu, ein Klemmbrett unter dem Arm. Ich stand innerhalb der Begrenzung, die dazu gedacht war, dass wartende Passagiere nicht irgendwo im Flughafengelände herumlungerten, sondern sich exakt in der dafür vorgesehenen Reihe platzierten.

»Guten Tag, ich bin Nadja«, begann sie und strahlte mich an. »Wie heißen Sie?«

Ich nannte meinen Namen, müde vom frühen Aufstehen und arglos wegen ihres Lächelns.

Sie strahlte weiter. »Das ist sehr schön, Klaus«, redete sie weiter, »wir führen eine Kundenbefragung durch. Dabei können Sie auch etwas gewinnen. Haben Sie Zeit und Interesse?«

Ich nickte. In der Tat hatte ich nichts zu tun. Es ging in der Schlange nur langsam weiter, weil am Schalter eifrig diskutiert wurde. Und ich war zu müde, um mein Buch aus der Tasche zu fischen und im Stehen zu lesen.

»Wie alt sind Sie, Klaus?«, fragte die Dame. »Ich stelle zuerst einige allgemeine Fragen. Aus welcher Region in Deutschland sind Sie? Was waren die Gründe für Ihre Reise?«

Immer kombinierte sie das Siezen mit der Nennung des Vornamens. Ich fand das überzogen, aber es ärgerte mich nicht. Brav gab ich die Dinge zur Antwort, die sie wissen wollte. Gegen so eine Statistik hatte ich nichts.

»Kann ich Ihre Telefonnummer haben, Klaus?«, fragte sie dann.

»Wofür das denn?« Auf einmal war ich wach. Hellwach sogar. Das bisherige Einlullen war vorüber.

»Nichts Schlimmes!«, sagte sie und strahlte noch mehr. »Wir wollen Sie nach der Umfrage später einmal anrufen, wenn wir Rückfragen haben.«

»Nein. Meine Telefonnummer erhalten Sie nicht«. Ich fand, dass ich höflich klang, höflich, aber bestimmt.

»Aber Klaus, die brauchen wir für diese Aktion.«

»Sie erhalten die Nummer aber nicht.« Ich lächelte höflich.

Sie nickte mir zu. Ihr Lächeln war verschwunden, als hätte es jemand ausgeknipst. »Dann noch einen schönen Tag«, sagte sie, diesmal ohne meinen Namen zu nennen. Ohne ein Wort des Grußes drehte sie sich zur Seite und ging davon.

Ich seufzte. Es wurde Zeit, dass ich mein Buch aus der Tasche holte.

26 Oktober 2018

Glauben und Züge

Zwischen den Wagen herrschte leichtes Gedränge. Reisende hatten sich mit ihren Koffern in den Bereich zwischen den Türen und Abteilen gestellt, weil es keine freien Sitzplätze mehr gab. Ich schob mich vorsichtig durch, bat immer wieder um Entschuldigung.

Wenn ich mit der Bahn reise, habe ich üblicherweise eine Platzreservierung. Dann sitze ich da, lese oder arbeite oder schlafe. Aber ab und zu muss ich doch aufstehen und beispielsweise zur Toilette gehen. So auch an diesem Abend …

Ich kam an einer Frau vorbei, klein und rundlich, die recht bürgerlich aussah, mit Kostüm und Perlenkette und sorgfältig wirkenden Haaren. Aufgeregt sprach sie auf eine andere Frau ein, die ein wenig größer und schlanker war als sie. Es ging um die Weltpolitik, um alle Probleme, die derzeit durch die Medien geistern, und um Jesus Christus.

»Wer glaubt, der wird gerettet«, sagte die Frau, und sie strahlte über das ganze Gesicht. »Das ist das wichtigste. Wer nicht glaubt, der kann nicht gerettet werden, und der wird in die Verdammnis stürzen.«

Manchmal beneide ich Menschen um ihren festen Glauben, dachte ich, als ich in die Toilette ging und die Tür hinter mir abschloss. Da fällt mancher Blick auf die Welt offenbar leichter.

25 Oktober 2018

Detektiv Schmidtchen im Jahr 1980

Schon in meiner frühesten Comic-Zeit beschäftigten sich vor allem die kleinen Verlage damit, Klassiker des Genres zu veröffentlichen. 1980 trat der Buzemi-Verlag auf den Plan, der damals in Brühl ansässig war – liegt in Nordbaden – und diverse Alben publizierte. Ich kaufte mir, obwohl ich nur wenig Geld hatte, den ersten Band von »Detektiv Schmidtchen«, den ich dieser Tage in der Hand hielt.

Bei solchen Comics fragt sich der Sammler und Archivar in mir, in welche Ecke er sie stecken soll. Ist das ein professioneller Comic, oder muss ich das eher als Fanzine behandeln? Das Impressum ist eher bescheiden, eine ISBN wurde damals nicht vergeben. Für den Vertrieb an die Handvoll Comic-Fachgeschäfte jener Zeit genügte das wohl. (Ich bestellte damals solche Comics bei einem Händler in Berlin, wenn ich mich nicht irre.)

»Detektiv Schmidtchen« selbst war tatsächlich ein Klassiker. Der Illustrator Friedrich Wilhelm Richter zeichnete die Abenteuer des Kommissars Klaus Schmidt und seiner Maus Schmidtchen für die »Bild«-Zeitung, wo sie von 1954 bis 1962 veröffentlicht wurden. Es waren Bildstreifen oder »Tages-Strips«; der Begriff ist ja letztlich egal. Jeden Tag zeichnete Richter seine drei bis vier Bilder, die Texte lieferte Frank Lynder, der damals ein Schwager von Axel Springer war, dem Verleger der »Bild«-Zeitung.

Seien wir ehrlich: Weder künstlerisch noch inhaltlich konnten sich diese Comics mit den amerikanischen und britischen Vorbildern messen. Für deutsche Verhältnisse war es sicher ein Kracher – so etwas kannte man nicht. Und 1980 war es ein echter Kracher. Heute betrachte ich die schwache Druckqualität mit einigem Staunen. Ein interessanter Comic aus meiner Jugend, der damals schon richtig alt war …

Übrigens sammelten zu jener Zeit einige junge Leute ihre ersten professionellen Comic-Erfahrungen, die heute noch aktiv sind. Den Titelentwurf gestaltete Gerhard Förster. Später zeichnete er selbst viele Comics, heute ist er Herausgeber der Fachzeitschrift »Die Sprechblase«.

Eckart Schott stellte den Comic laut Impressum zusammen, heute leitet er den Verlag Salleck Publications, der in seinem Programm viele Klassiker neu in den Handel bringt. Da schließt sich offenbar ein Kreis – nicht zum ersten Mal.

24 Oktober 2018

Porno oder Phantastik?

Einen ungewöhnlichen Comic präsentieren der Autor Zep und der Zeichner Vince. Ihr »Esmera« ist ein grafischer Roman, wie man ihn sich nur wünschen kann: die Geschichte einer Frau, die den Zeitraum von 1965 bis 2015 überdauert, wobei zeitgeschichtliche Aspekte wie die Studentenunruhen der 60er-Jahre eine Rolle spielen.

Was das heißt? In den 60er-Jahren geht das Mädchen Esmera auf ein katholisches Internat, entdeckt dabei seine Sexualität und eine Besonderheit, die ins Phantastische spielt und die ich an dieser Stelle nicht verraten will. Esmera experimentiert, findet allerlei heraus, und sie entwickelt sich.

An der Person eines Mädchens, das mit sich und seiner Rolle immer wieder hadert – vor allem angesichts mancher »Wechsel« – wird die Entwicklung von Sexualität und Moral seit den 60er-Jahren gezeichnet. Das klingt ein wenig theoretisch, aber seien wir ehrlich: Der Comic lässt es nicht an ausgiebigen und extrem realistischen Sex-Darstellungen mangeln, ohne allerdings ins Pornografische zu rutschen.

Ausgerechnet der Comic-Autor Zep, sonst eher bekannt durch alberne bis witzige Comics, vor allem durch seine Serie »Titeuf«, schuf die Geschichte der jungen Esmera. Er fängt den Zeitgeist der jeweiligen Jahrzehnte ein, er legt gleichzeitig eine Geschichte vor, in der Sex die Handlung voranbringt.

Stilistisch bleibt Vince im klassischen Comic-Stil. Die Sex-Szenen sind nicht übertrieben erotisch, meist rückt der Künstler große Penisse und schwere Brüste ins Zentrum. Die Bilder sind in Grautönen gehalten, es gibt keine Farbe. Damit verleiht er auch ausschweifenderen Sex-Szenen einen künstlerischen Charakter.

»Esmera« ist ein Comic, der mich überraschte. Blättert man ihn nur durch, sieht man vor allem viel nackte Haut und große Brüste. Schaut man ihn sich genauer an und lässt sich auf die Geschichte ein, macht sie Spaß. Sie ist witzig, sie ist unterhaltsam, sie macht Laune.

Klar, das ist keine Geschichte, die man unbedingt haben muss. Aber ein Comic, der unterhält und ganz nebenbei ein schönes Sittenbild zeichnet. Was will ich eigentlich mehr?

»Esmera« ist – wie von Splitter gewohnt – sehr schön gestaltet; ein Schmuckstück im Comic-Regal. Er umfasst 80 Seiten im Hardcover-Format, die 19,80 Euro kosten. Wer mir übrigens nicht glaubt, sollte die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages anschauen.

Xit und die Rockmusik der Navajos

Warum ich mich seit früher Jugend immer wieder für Indianer interessierte, hat wahrscheinlich seinen Grund darin, dass ich gern die »Winnetou«-Geschichten gelesen hatte. Für mich war klar, dass die amerikanischen Ureinwohner diejenigen waren, die den amerikanischen Traum als besonders widerwärtig erlebt hatten. Also fing ich irgendwann an, nach der Musik zu schauen, die Indianer gemacht hatten.

Womit ich bei der Band Xit landete – ihre Platte »Plight of the Redman« hörte ich dieser Tage nach langen Jahren mal wieder an. Die Band kam aus Albuquerque, New Mexico; wenn ich mich recht erinnere, kamen ihre Mitglieder vor allem aus dem Volk der Navajos. Ihr Name war eine Abkürzung für »Crossing of Indian Tribes«, was schon mal auf die Absichten der Band hindeutete: Man wollte auf die amerikanischen Ureinwohner hinweisen.

»Plight of the Redman« kam als erste von zwei Platten heraus, die in den 70er-Jahren von Motown veröffentlicht wurden, eigentlich einem Label für Soul-Musik. Meine Vinyl-Version stammt aus dem Jahr 1985 und wurde in Deutschland lizenziert – leider ohne Textblatt oder weitere Information. Das kann man sich ja glücklicherweise heute aus dem Internet zusammensuchen.

Aber auch so wurde klar, dass die Platte ein Konzeptalbum darstellte: Die Musik passt in den Stil der damaligen Zeit, ein wenig »progressiv«, ein wenig anspruchsvoll, eigentlich also Rock-Musik mit durchschnittlichem Tempo, immer wieder mit indianisch klingenden Gesängen und Schlagzeug-Rhythmen unterlegt, ansonsten aber in englischer Sprache gesungen.

Die Musik hat nichts mit dem zu tun, was ich zumeist höre, ist eigentlich »einfach nur gute Rock-Musik« der 70er-Jahre, die durch die Gesänge und Trommeln aber sehr eigenständig wirkt. Ihre Bedeutung erlangt die Platte tatsächlich durch die Geschichte der Band und ihres Volkes – dann wird sie zu einem spannenden Album, das ich mir auch heute gern anhören kann.

(Die Band hat sich übrigens wieder zusammengetan, zum dreißigjährigen Jubiläum gab es 2002 eine »Reunion«, und seither wurden mehrere Platten veröffentlicht. Wer sich für so etwas interessiert, sollte also mal nach Xit suchen.)

23 Oktober 2018

Ein Pop- und Subkultur-Archiv in Berlin

Ich weiß nicht mehr genau, seit wann ich Mitglied im Archiv der Jugendkulturen bin; ich erinnere mich aber gut an das Gründungstreffen. Also müsste ich bei der Gründung vor gut zwei Jahrzehnten dabei gewesen sein, damals auf Initiative von Klaus Farin. Einer der Gründe für das Archiv war, dass man dort Fanzines aus Jugend- und Subkulturen sammeln wollte.

In der Folge schickte ich über Jahre hinweg das nach Berlin, was ich daheim doppelt hatte oder nicht brauchen konnte. Mein eigenes Fanzine-Archiv – man darf darüber ja nicht nachdenken ... – füllt im Haus meiner Eltern, in dem jetzt meine Schwester lebt, den ehemaligen Hobbyraum meines Vaters. Das ist zwar ganz okay so, weil ich daheim den Platz für viele tausend Fanzines nicht hätte, gleichzeitig aber auch heikel: Die Hefte fangen im Verlauf der Jahre an zu müffeln.

Seit August gibt es nun ein Projekt im Archiv der Jugendkulturen, das den schönen Titel »Pop- und Subkulturarchiv International« trägt. Ich warte noch auf die Abkürzung und entscheide mich dann zwischen »PUSI« oder »PUSKI«. Aber egal: Künftig werden sich also vier bis fünf Leute um Fanzines kümmern, Menschen also, die im Gegensatz zu mir gelernte Bibliothekare sind oder wissenschaftlich orientiert. Darüber informierte mich ein entsprechender Text im Blog des Archivs.

Schauen wir mal, wie sich die Angelegenheit entwickelt. Ich finde es spannend, dass ein solches Archiv gefördert wird, also echtes Geld ausgegeben wird, und finde es auch gut – immerhin sind Fanzines für mich ein Stück Kulturgut.

Andererseits habe ich immer eine gewisse Furcht, dass szenefremde Leute mit dem »Blick von oben« auf Subkulturen schauen und sie entsprechend »verarbeiten« könnten. Verstehen sie den Witz in manchen Science-Fiction-Fanzines der 50er- und 60er-Jahre, falls sie diese überhaupt als subkulturelle betrachten? Kapieren sie die »Pseudo«-Hefte der frühen 90er-Jahre? Wie kommen sie mit dem rüpeligen Stil der Punk-Fanzines früherer Jahrzehnte klar? Oder gehen sie »aufklärerisch« und intellektuell an das Thema heran?

Schauen wir mal ...

22 Oktober 2018

Die sogenannten Hater und ich

Ich sagte früher immer gern, der Prozentsatz an Arschlöchern sei überall gleich groß; es gibt Leute, die meinen heute, die Arschlöcher versammelten sich vor allem im Internet. Dort nennt man sie neuerdings »Hater«, was ich für einen sehr unglücklichen Begriff halte. Sie greifen auf Plattformen wie Facebook oder Twitter gerne andere Menschen an, beleidigen und beschimpfen sie unentwegt.

(Ich selbst habe nur einen ganz persönlichen Hater, der mir in pathologischem Hass folgt und ständig anonyme Beleidigungen in der Kommentarspalte meines Blogs hinterlässt, wie ich nicht freischalte. Und dann gibt es einen, der immer mal wieder zu nächtlichen Zeiten oder Facebook bei Twitter seine blödsinnigen Kommentare postet. Es scheinen aber unterschiedliche Personen zu sein.)

Auffällig ist bei diesem Hass im Netz ja eins: Er richtet sich vor allem gegen Frauen. Und er wird von Menschen vorangetragen, die sich mittlerweile trauen, ihren Hass mit vollem Namen und nüchtern voranzutragen. Die Beschimpfungen, die politische Aktivistinnen ertragen müssen, sind meist unerträglich und überschreiten jegliche Grenze. Wünsche zur Massenvergewaltigung und zum Mord gehören ebenso dazu wie oberlehrerhaftes Herabwürdigen.

Man kann ja meinetwegen darüber diskutieren, ob eine Politikerin eine teure Uhr tragen sollte. Aber das rechtfertigt nicht, sie zu beleidigen und in wüstesten Beschimpfungen anzugreifen. Es rechtfertigt noch viel weniger, die Frauen anzugreifen, die es wagen, für die genannte Politikerin in einem Sozialen Netzwerk Partei zu ergreifen.

In solchen Fällen schäme ich mich. Mir ist es peinlich, dass es – und hier schreibe ich das jetzt auch mal – vor allem weiße, mitteleuropäische Männer in durchschnittlichen Verhältnissen und in durchschnittlichem Alter sind, die solche Sachen von sich geben. Bei Jugendlichen hätte ich in gewisser Weise ja Verständnis; da gehört – ich erinnere mich schamrot an eigene Peinlichkeiten – ein gewisser prolliger Ton offenbar dazu, wenn man ein toller Jungmann sein möchte.

Bei Erwachsenen hört bei mir jede Toleranz und jedes Verständnis auf. Ich halte Menschen, die im Netz solche Beschimpfungen von sich geben, für feige und widerwärtig. Sie üben bewusst Druck aus, sie wollen andere Menschen – in diesem Fall vor allem Frauen – aus einer vorgeblich sicheren Position heraus angreifen und vertreiben.

Mir ist nicht klar, was ich in solchen Fällen tun soll. Ein solches Verhalten macht mich ratlos. Bisher versuche ich solche »Hater« zu ignorieren. Das kann ich gut machen, weil sie mich weitestgehend in Ruhe lassen. Müsste ich mich mehr mit den Opfern solidarisieren oder gar mit den »Hatern« diskutieren?

21 Oktober 2018

Eine Hausaufgabe für die Autorinnen und Autoren

Am Sonntag beenden wir traditionell die Seminare für Autorinnen und Autoren in Wolfenbüttel mit einer letzten Diskussionsrunde. Eigentlich wollten Kathrin Lange und ich noch einmal Grundsätzliches besprechen – aber auf einmal war keine Zeit mehr dafür. Also gab die Kollegin den Teilnehmern des Seminars eine »Hausaufgabe« auf.

Es ging darum, welche Richtung man als schreibender Mensch eigentlich einschlagen kann und darf. Ist es in Ordnung, wenn ich beispielsweise einen Roman aus der Sicht einer muslimischen Frau schreiben würde – oder müsste man sagen, ich betriebe in einem solchen Fall »kulturelle Aneignung«? Darf man über die Zeit des Dritten Reiches schreiben und wie muss man in einem solchen Fall vorgehen?

Das sind grundsätzliche Fragen, die man sich als schreibender Mensch stellen sollte. Die Antworten sagen viel über den Menschen aus: Lehnt man schon die Frage als Zumutung ab? Kann man sie für sich einschätzen und beantworten? Ich wäre sehr gespannt darauf, die eine oder andere Antwort zu hören.

Aber natürlich ging es im Verlauf des Seminars, das am heutigen Sonntag sein Ende fand, vor allem um stilistische Details, um Erzählperspektiven und die Heldenreise, um Dialoge und Ideen. Viel Spaß hatten wir dabei auch; es wurde viel gelacht.

(Das Bild zeigt mich, wie ich die Hand hebe und eine »Fünf« zeige. Ich bestelle nicht fünf Bier, sondern kündige eine Pause von fünf Minuten an. Kathrin Lange, in der Bildmitte, grinst vor sich hin, Olaf Kutzmutz, rechts im Bild, lacht wohl über meinen naiven Glauben, die genannte Zeit würde eingehalten ...)

20 Oktober 2018

Leckereien im Seminar

Die Bundesakademie in Wolfenbüttel gibt sich redlich Mühe, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihren Seminaren gut und ordentlich zu versorgen. Das gleiche gilt für die Dozentin und den Dozenten.

Morgens gibt es ein vernünftiges Frühstück, mittags geht man in eine Pizzeria oder zu einem vietnamesischen Restaurant, abends gibt's Salat und Käse und gebratenes Gemüse. Dazwischen kann man sich Wasser und einen Kaffee kostenlos besorgen, abends stehen gegen eine geringe Gebühr allerlei Getränke wie Bier und Wein zur Verfügung.

In diesem Jahr werde ich darüber hinaus mit Leckereien versorgt, die meinen Bauch sicher anschwellen lassen. Ein Bekannter, den ich aus der Fan-Szene kenne – nennen wir ihn Holger –, brachte am Freitagabend selbstgebackene Kekse und einen Stollen. Darüber freuten sich alle, und am ersten Abend wurden dem leckeren Essen schon kräftig zugesprochen – am zweiten Abend wurde es dann rasant weniger ...

Ich bekam noch ein privates Geschenk. Eine Autorin und Seminarteilnehmerin – nennen wir sie einfach Christina – versorgte mich unter anderem mit einem Buch, mit einem Bier und einem Einhorn. Das freute mich sehr. Das Bier trank ich gleich, das Einhorn fand ich super, das Buch lese ich daheim.

Wer das mit dem Einhorn jetzt nicht versteht, möge sich nicht grämen; das muss ich bei einer anderen Gelegenheit erläutern. Es hat etwas mit dem Fantasy-Verein FOLLOW zu tun, mit dem »Clan«, dem ich angehöre, und der Figur, die ich in der sogenannten Magira-Simulation verkörpere.

Das hat tatsächlich etwas mit phantastischer Literatur zu tun und passt vollständig zu diesem Seminar, an dem ich dieses Wochenende teilnehme. Schön!

19 Oktober 2018

Wolfenbüttel im Oktober

Normalerweise fahre ich zweimal im Jahr in die kleine, aber sehr schöne Stadt Wolfenbüttel. Dort gibt es die Bundesakademie für kulturelle Bildung, in der ich als Co-Dozent an Seminaren mitwirken darf. In diesem Jahr arbeite ich mit Kathrin Lange zusammen, es geht um Science-Fiction- und Fantasy-Romane.

Der erste Tag ging am heutigen Freitag sehr flott und angenehm vorüber. 16 Autorinnen und Autoren saßen ab 16 Uhr mit uns – unter der Ägide von Dr. Olaf Kutzmutz von der Bundesakademie – in einem Saal des Schlosses der Stadt. Wir stellten uns gegenseitig vor, Kathrin und ich erläuterten im Wesentlichen, wie wir uns das Seminar ausgedacht hatten, und dann legten wir recht flott los.

In diesem Fall hieß das: Texte, die von den Teilnehmern eingeschickt worden waren, wurden von der Gruppe intensiv besprochen. Wir versuchten, nicht zu sehr auf grammatikalische Fehler und stilistische Schwächen zu achten, sondern uns mehr auf die Inhalte zu konzentrieren. Welches Ziel hatte der Text, wurde es erfüllt, wie kam er bei uns als »Publikum« an?

Bei solchen Fragestellungen entspannten sich auch dieses Jahr sehr schnell Diskussionen über Literatur im Allgemeinen und die Phantastik im Besonderen. Dabei habe ich immer den Eindruck, dass alle davon profitieren, auch wir Dozenten, die so auf neue Eindrücke und Gedankengänge geführt werden.

Und abends? Ab 22 Uhr sitzt man zusammen und trinkt Bier oder Rotwein. Wie es dann am Samstag in aller Herrgottsfrühe weitergeht, muss man sehen ... (Das Bild zeigt – von links – mich, Kathrin Lange und Olaf Kutzmutz.)

18 Oktober 2018

Das erste Quark-Heft

Was einen immer wieder wundert, wenn man sich mit Comics im deutschsprachigen Raum beschäftigt, ist die Tatsache, dass dieses Medium hierzulande nie so richtig erfolgreich war. Bis in die 70er-Jahre hinein galten Comics als etwas, mit dem sich Kinder beschäftigten oder eben sehr schlichte Leute. In den späten 70er-Jahren änderte sich das langsam, wie man heute gut nachvollziehen kann.

Ein Heft namens »Quark« war ein früher Versuch, hierzulande französische Comic-Kultur bekannt zu machen. Die erste Ausgabe erschien unter dem Untertitel »Bildstreifen für Erwachsene« bereits im Jahr 1977, veröffentlicht von einem in Paris ansässigen Verlag, in Frankreich gedruckt und von Hamburg aus vertrieben. Das Heft umfasste 36 Seiten im Schwarz-Weiß-Druck, und es war mit 2,50 Mark für die damalige Zeit ganz schön teuer.

Wenn ich das Heft heute durchblättere, ist mir schleierhaft, nach welchem Konzept es zusammengestellt wurde. Der erste Comic mit dem schöänen Titel »Wachtraum« fällt vor allem durch die Zeichnungen von Voss positiv auf, erzählt ansonsten aber eine krude Fantasy-Geschichte. Später wurden solche Geschichten im »Schwermetall« veröffentlicht.

»Sonniger Morgen« ist eine typische Geschichte von Gotlib – sie wurde später mehrfach nachgedruckt –, in der Gotlib in seiner bekannten Art die bürgerliche Welt verhöhnt; später erschienen solche Storys in »Pilot«. Ebenfalls von Gotlib stammen zwei Seiten mit »Witzbold«-Comics, die hierzulande später als eigene Publikation veröffentlicht wurden.

Und dann gibt es noch die Geschichte ohne Titel, bei der mir nicht klar ist, wer sie gezeichnet und erzählt hat – keinerlei Angaben sind dazu veröffentlicht worden. Es gibt sowieso kein vernünftiges Impressum in diesem Heft, weder ein Inhaltsverzeichnis noch ein Vorwort. Die Geschichte lässt sich am besten als »SM-Porno« zusammenfassen: leicht bekleidete Frauen mit kurvenreichen Körpern, die mit allerlei Schnüren gefesselt, ausgepeitscht und sonstwie gequält werden (ohne Blut, dafür mit extrem klar gezeichneten Körperformen).

»Quark 1« glänzte mit einer seltenen und seltsamen Mixtur aus Witz, Porno und Fantasy. Das galt im Jahr 1977 wahrscheinlich pauschal als »Erwachsenen-Comic« und wurde in ein Heft gepackt. Wer es las, fühlte sich womöglich sogar als Anhänger einer Gegen- oder Alternativkultur. Schaue ich mir das heute an, fühlte es sich an, als müsste ich mich dauernd für das Durchblättern schämen …

17 Oktober 2018

Wasserstoffbrennen und ich

Zur Frankfurter Buchmesse erschien in dem kleinen, aber feinen Amrun-Verlag eine Science-Fiction-Anthologie, die den schönen Titel »Wasserstoffbrennen« trägt. Es ist der erste Teil der Reihe »Nukleosynthese«.

Vertreten sind in diesem Buch verschiedene Autorinnen und Autoren, die meisten von ihnen kenne ich persönlich. Gelesen habe ich das Buch, das 126 Seiten umfasst, noch nicht – aber das werde ich nachholen.

Ich selbst bin mit einer Kurzgeschichte vertreten, bei der ich sicher bin, dass sie wegen ihrer groben Art nicht vielen Lesern gefallen wird. »Die Erben der steinernen Burg« spielt in einer nicht zu fernen Zukunft und im Süden von Spanien. Ergänzend wurde eine Biografie von mir veröffentlicht, die leider ein wenig inaktuell ist.

Mir ist völlig klar, dass niemand mit einer solchen Anthologie auch nur einen Cent verdienen wird. Ich finde es dennoch hervorragend, dass Jürgen Eglseer mit seinem Verlag eine Reihe von Anthologien herausbringen möchte. Das kann ich nur als mutig bezeichnen – sehr gut!

16 Oktober 2018

Ein Regional-Pop-Roman

Wie fühlen sich die 80er-Jahre für eine junge Frau an, die 1993 geboren worden ist? Lena Hofhansl ist die Autorin des Romans »B 14 revisited«, der in Stuttgart spielt und alle Bestandteile eines Pop-Romans enthält: Junge Leute konsumieren Drogen, hören viel Musik und verlieben sich. Das Interessante dabei ist, dass die Handlung auf zwei Ebenen spielt – einerseits im Jahr 1986, einerseits im Hier und Jetzt. Aus dieser Parallele zieht das Buch einen Teil seiner Spannung.

Kritisch fand ich vor allem zu Beginn, dass der Roman offenbar nur höchst oberflächlich redigiert worden ist. Unsaubere Perspektiven, durch den Raum wandernde Augen und völlig willkürliche Absätze machten’s für mich ein wenig schwierig.

Aber seien wir fair: Wer bei solchen Dingen nicht so pingelig ist, wird das nicht merken. Ich brauchte halt einige Zeit, bis ich in das Buch reinkam, fand es dann immer besser. Denn eigentlich bekommt der Leser des Romans zwei Beziehungsgeschichten geboten – auf jeder Zeitebene eine –, die durch ein altes Haus miteinander verbunden sind.

Dieses Haus wird 1986 besetzt; ganz in der Nähe der Schwabstraße in Stuttgart. Und in der aktuellen Zeit bekommt es eine junge Frau vererbt. Sie erfährt, dass ihr Vater, den sie nie kennengelernt hat, in diesem Haus einen Plattenladen betrieb – und in einem spontanen Entschluss versucht sie, diesen in der Gegenwart fortzuführen. Der im Keller lebende Typ, der sich selbst nur Rotze nennt, hat dabei keinen geringen Anteil.

Wie die Hausbesetzung in den 80er-Jahren und eine junge Frau von heute zusammenhängen, das wird im Verlauf des Romans immer klarer. Lena Hofhansl lässt viele Begriffe aus beiden Zeiten in den Roman einfließen.

Das Café Soho, in dem ich in den 80er-Jahren gelegentlich frühstückte, das besetzte Haus in der Schwabstraße, das ich gelegentlich besuchte, und das LKA, in dem auch heute noch Konzerte veranstaltet werden – das alles verbindet sich zu einem schönen Reigen, der alternde Konzertbesucher wie mich auf der nostalgischen Ebene abholt und jüngere Leser hoffentlich ebenso packt.

Klar: Der Blick der Autorin auf die Kämpfe in Wackersdorf, auf das Festival in Burglengenfeld, auf Punks und Hausbesetzer – dies alles wirkt auf jemanden, der »damals« dabei war, manchmal ein wenig bemüht. Man spürt, dass sie noch nie auf einer Demonstration war, bei der es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Autonomen gekommen ist.

Was sie gut hinbekommt, ist die persönliche Sicht ihrer Figuren. Ob das der ziellos wirkende Emilio in den 80er-Jahren ist, der eigentlich nur zeichnen möchte und mehr aus Zufall in die Hausbesetzer-Szene gerät, oder die junge Isa, die in der aktuellen Zeit versucht, mehr über ihren Vater herauszufinden und deshalb sogar auf eine gut bezahlte Stelle verzichtet – das hat mir immer gut gefallen.

Der Roman entfacht einen gewissen Sog, und »B 14 revisited« macht nach einiger Zeit richtig Spaß. Mir hat er gefallen, ich würde ihn eingeschränkt empfehlen. Wer über die eine oder andere Schwäche hinwegsehen kann, sollte auf seine Kosten kommen.

Erschienen ist der Roman im Schmetterling-Verlag als Taschenbuch mit Klappcover. Die 196 Seiten kosten 12,80 Euro, und zu beziehen ist »B 14 revisited« überall im Buchhandel. (Eine stark gekürzte Version dieser Rezension hab ich vor einer halben Ewigkeit im OX veröffentlicht.)

Notgemeinschaft Peter Pan rotzen

Keine Ahnung, wann und warum in jüngster Zeit die Idee aufkam, Deutschpunk solle in irgendeiner Weise staatstragend sein. Deutschpunk-Bands haben Festivals gegen Nazis aufzuspielen und sich idealerweise zu wichtigen sozialkritischen und umweltpolitischen Themen zu äußern. Zumindest wirkt das so, wenn man sich die aktuelle Berichterstattung über Punk ansieht.

Da freut es mich dann doch, wenn eine Band wie die Notgemeinschaft Peter Pan ein wenig dagegen bollert. In ihren Texten, untermalt von klassischem Deutschpunk-Gerotze, geht es auch mal um Gewalt, werden »Gewalttäter_innen links« bejubelt oder auch mal klar eine Null-Bock-Haltung verkündet.

Gleichzeitig aber hört sich die aktuelle Platte ein wenig so an, als müsste sich die Band an den aktuellen Szene-Themen abarbeiten. Es geht um männliche Privilegien, verbunden mit dem Wunsch, die »Kollegen« mögen auf der Bühne trotz aller Hitze das T-Shirt anlassen; es geht aber auch um Konsumverhalten und dergleichen.

Das politische »Wir« finde ich manchmal anstrengend – da äußert sich der Politpunk der Hamburger Band in einer Weise, die mich schon in den 80er-Jahren bei mancher Band störte. Und so stresst mich der erhobene Zeigefinger manchmal schon, der erhobene Mittelfinger in anderen Stücken ist mir lieber.

Musikalisch erfindet die Band das Rad nicht neu. Sie ist schon stark von den aktuelleren Bands beeinflusst, klingt eher nach Nein Nein Nein aus den Nuller-Jahren als nach Razzia aus den frühen 80er-Jahren. Die Gitarre rattert, der Bass wummert, der Sänger schreit und keift – ich finde diesen rotzigen Sound aber meist sehr gut.

Die »Notgemeinschaft Peter Pan« – die Band dachte sich keinen Namen für die Platte aus – liefert keine echten Überraschungen, ich mag sie aber und kann sie auch mehrfach anhören. Mit der dritten Platte sorgt die derzeit dreiköpfige Band auf jeden Fall dafür, dass man sie wahr- und ernstnimmt.

Und eigentlich ist der Pogo-Sound, der hier serviert wird, streckenweise richtig klasse. Ich bin mir aber einigermaßen sicher, würde ich zu dieser Musik so tanzen, wie das in den 80er-Jahren zeitweise üblich war, wäre mir ein »Straf-Plenum« sicher. Aber das wiederum ist dann eher geschmäcklerisch …

15 Oktober 2018

Mal ernsthaft, SPD …

Ich gehöre zu den Menschen, die Politik verabscheuen, obwohl – oder gerade weil – sie sich für politische Zusammenhänge interessieren. Sieht man von den Phasen ab, in denen ich bewusst ungültig wählte oder mich für die Anarchistische Pogo-Partei engagierte, war die SPD theoretisch eine Partei, die ich wählen würde. Zwei-, dreimal war sie das auch praktisch, seit langem aber nicht mehr. Als Arbeitnehmer, der aus der Arbeiterschicht kommt, wäre ich ein idealer Wähler für eine Partei, die sich für soziale Themen sinnvoll einsetzt.

Bei den letzten Wahlen habe ich mein Kreuz entweder bei den Grünen oder bei der Linkspartei gesetzt. Die Grünen sind eigentlich nicht wählbar, weil sie sich an den Interessen des gehobenen Bürgertums ausrichten, das mit dem dicken SUV beim schicken Biometzger vorführt, und die Linken sind eigentlich wegen ihres teilweise grausigen Personals ebenfalls nicht wählbar.

Nur gibt es dann für Menschen wie mich gar nichts mehr, wo sie ohne mörderische Bauchschmerzen ihr Kreuz setzen können. (Mein Alptraum wäre eine Situation wie in Frankreich, wo man sich zuletzt zwischen dem Front National oder einer »bürgerlichen Alternative« zu entscheiden hatte.)

Ich versuch's mal mit einigen Punkten zum Mitschreiben ...

Eine Sozialdemokratie muss sozial und demokratisch denken. Dass man das überhaupt noch aufschreiben muss, sagt mehr als deutlich, welche Wahrnehmung ich von der SPD habe.

Sozial geht nicht ohne ökologisch: In einer Welt, die durch die Gier von ganz vielen – nicht nur der Oberklasse, sondern der von den meisten in der »westlichen Welt« – an den Rand des Untergangs gedrängt worden ist, muss ganz schnell umgesteuert werden. Das ist eine große Aufgabe, und diese Aufgabe kann nur mit sozialen Aspekten angegangen werden. Die Klimaschock würde schließlich alle treffen.

Sozial geht nicht ohne international: Wer glaubt, man könnte nur die Grenzen gegen unerwünschte »Billig-Arbeitnehmer« dicht machen, damit es der Arbeiterschaft besser geht, tickt meiner Ansicht nach nicht richtig. »Hoch die internationale Solidarität« oder noch besser »hoch die antinationale Solidarität« dürfen halt nicht nur Schlagworte sein, sondern die sollten ernsthaft gemeint werden.

Sozial geht nicht ohne transparent: Ich kann nur dann für soziale Gerechtigkeit kämpfen, wenn ich meinen eigenen Laden transparent führe und auch sonst für Transparenz sorge. Woher kommen unsere Nahrungsmittel, wer bezahlt unsere Politiker, welche Mauscheleien gibt es in den Sicherheitsapparaten?

Das klingt alles ganz einfach. Eine Partei, die sich um soziale Themen kümmert, die sie international, ökologisch und transparent führt – das könnte eine »erneuerte« SPD sein. Allein mir fehlt der Glaube ...

14 Oktober 2018

Der BuchmesseCon 2018

Als ich das Bürgerhaus in Dreieich betrat, war ich schon ein wenig gestresst: Die Fahrt über die Autobahn hatte viel länger gedauert, als ich geplant hatte. Zwischen Heidelberg und Darmstadt hatte stockender Verkehr geherrscht, ohne dass ich einen Grund dafür gesehen hatte. Aber in Dreieich ging es mir rasch besser.

Der BuchmesseCon hat sich verändert, seit er in Dreieich ist. Nicht nur, dass er professioneller geworden ist – was ich positiv meine –, er wurde auch stärker durchmischt. Fantasy- und Science-Fiction-Fans tummelten sich in den Räumlichkeiten, viele Lesungen waren brechend voll, und die Stände der Kleinverlage und Zeitschriften waren dicht umlagert. Sicher waren mehr als 500 Besucher anwesend, und ich bekam ebenso sicher nur einen Teil des Geschehens mit.

Ich plauderte mit Autorinnen und Autoren, mit Fans beiderlei Geschlechtes, ich stöberte an den Ständen diverser Verlage und ließ mich – mit großem Interesse – über den überraschenden Erfolg von Steampunk-Anthologien belehren, und so raste der Nachmittag und der frühe Abend in einem Affenzahn ohnegleichen an mir vorüber. Diesmal hatte ich keine eigene Lesung, weil ich auch kein neues Buch veröffentlicht hatte, und war nur als Redakteur einer Science-Fiction-Serie vor Ort.

Immerhin hatte ich damit auch einen Programmpunkt zu absolvieren, ging hinterher noch essen und fuhr später über die Autobahn in Richtung Süden. Der BuchmesseCon war 2018 erneut eine wunderbare Veranstaltung, bei der ich mir manchmal vorstelle, dass sie sogar mehrere Tage dauern könnte – aber dann wäre es nicht nur für die Veranstalter mehr Arbeit, sondern der außergewöhnliche Charakter wäre ebenfalls perdu.

Mein Dankeschön an die Veranstalter und ihr Engagement; das finde ich großartig. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf 2019!

13 Oktober 2018

Polizeisperren in Halle 4

Man bekommt, wenn man auf einer Buchmesse ist, verständlicherweise nur einen sehr kleinen Eindruck von dem mit, was in den vielen Messehallen los ist. So wusste ich beispielsweise, dass rechtsradikale Verlage mit Ständen vor Ort sein würden, und ich hatte auch gehört, dass Politiker von rechtsradikalen Parteien auf die Messe kommen würden – aber ich sah und hörte davon eigentlich nichts. Wenn ich in meiner Science-Fiction-Filterblase unterwegs bin, habe ich ohnehin genügend zu tun ...

Als ich am Samstagmittag in die Halle 4.1 wollte, wurde es seltsam. Ich ging über den Hof, genoss die Sonne und betrat die Halle 4.0 an der Stelle, wo die großen Rolltreppen sind. Eine Traube von Menschen füllte den Innenraum aus, kaum jemand kam mehr vorwärts oder rückwärts.

Polizisten in »Riot-Cop«-Ausrüstung standen vor den Zugängen zur Rolltreppe und sperrten diese ab. Das zentrale Element der Halle 4, über das die Stockwerke verbunden sind, war auf einmal eine Sperrzone. Die meisten Menschen wussten nicht, was los war – vor allem Ausländer waren sichtbar verwirrt angesichts der Präsenz der Polizei –, und irrten ein wenig herum.

Ich fragte einige Leute, ob sie wüssten, was los sei. Einer meinte dann, »der Höcke ist da«, aber das war auch eher eine Vermutung als eine Tatsache. Wie sich was weiter entwickelte, bekam ich nicht mehr mit. Ich ging zur Treppe – auch die Fahrstühle waren allesamt gesperrt –, die eigentlich nur für Notfälle gedacht ist, und eilte diese hoch.

Auch im Treppenhaus standen Polizisten in Ausrüstung, ließen mich aber passieren. So kam ich dann doch in die Halle 4.1, wo aber die anderen Personen meines Termins mit einiger Verspätung eintrafen. Und auch dort herrschte eher Verwirrung vor. In meiner Wahrnehmung sorgten die bewaffneten Polizisten also nicht gerade für ein Gefühl der Sicherheit ...

12 Oktober 2018

Wandeln in fremden Hallen ...

Wenn ich früher den normalen Dienst am Messestand unseres Verlages absolvierte, klagte ich gern darüber, dass ich keine Zeit hätte, durch andere Hallen zu bummeln. Dabei gäbe es dort so vieles zu entdecken und zu bestaunen. Es klappte praktisch nie – für mich bestand die Buchmesse im Wesentlichen aus der Halle, in der wir unseren Stand hatten.

An diesem Freitag, 12. Oktober 2018, ergab es sich auf einmal, dass ich ein »Loch« in meinem Terminplan hatte. Ich bummelte durch die Sonne, ich aß gemütlich zu Mittag, und ich beschloss, mir die Halle mit den ausländischen Verlagen anzuschauen. Und das war wieder einmal eine Reise in eine ganz andere Welt.

Verlage aus den USA und aus Kanada, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und aus Saudi-Arabien, Verlage aus – buchstäblich – aller Herren Länder: Es war ein Spaziergang zwischen den unterschiedlichsten Kulturen, und das manifestiert sich eben auch in der Gestaltung von Titelbildern oder Messeständen. Da ist ein Stand eben mal quietschebunt, ein anderer präsentiert sich nüchtern und zurückhaltend.

In solchen Minuten geht der »Privat-Klaus« auf Reisen. Ich kann die Bücher, die von diesen Verlagen ausgestellt werden, zum größten Teil nicht lesen. Aber es ist ein bereicherndes Vergnügen, sie zu betrachten, auch mal zur Hand zu nehmen und durchzublättern. Allein dafür hat sich der Besuch der Buchmesse gelohnt ...

11 Oktober 2018

Bei Sonne in die Halle

Ich bin sehr froh, einen Beruf gewählt zu haben, der meinen Interessen entspricht: Da kann ich viel Zeit mit dem Lesen und dem Schreiben von phantastischer Literatur im weitesten Sinn verbringen. Und ich kann auf Buchmessen fahren, bei denen ich dann Leute treffen, die ähnlichen Interessen wie ich folge. So auch in diesem Jahr auf der Frankfurter Buchmesse.

Wobei es schon hart ist: Im Hof zwischen den Messehallen herrschen sommerliche Temperaturen, die Sonne knallt auf den Platz herunter, und mit dem Anzug komme ich mir vor, als sei ich zu warm angezogen. Viel schöner wäre es, mit einem Buch in der Hand gemütlich auf dem Platz zu sitzen, zu lesen und zu dösen. Das entspräche auch eher dem Sinn und Zweck einer Buchmesse.

Aber gut: Wir sind ja nicht zum Spaß hier. An diesem Donnerstagmorgen, 11. Oktober 2018, fuhr ich mit der Bahn nach Frankfurt; es klappte alles recht gut, und der Zug hatte nur 28 Minuten Verspätung. Den Fußweg vom Bahnhof zur Messehalle genoss ich, die Taschenkontrollen waren absurd kurz – ich hätte wahrscheinlich eine Maschinenpistole einschmuggeln können, und es wäre niemandem aufgefallen.

Und dann ging es gleich ins Getümmel. Ich traf Bekannte, die ich mochte, und ich wich Leuten aus, die ich kannte, die ich aber nicht treffen wollte. Und ich hatte auch gleich den ersten Termin, wenngleich der zur Hälfte aus »privatem Gelaber« bestand und eher mit Musik und tiefhängenden Gitarren zu tun hatte. So muss es sein!

10 Oktober 2018

Ein paar Gedanken zur Werbewirkung

Zu den Dingen, die ich im Verlauf der Jahre gelernt habe, zählt eines: Glaube keiner Aussage in Sachen Werbewirksamkeit – man kann das alles nicht vernünftig messen. Dazu zählt auch der Wert von Kampagnen im Umfeld von Social Media, über die ja immer wieder diskutiert wird.

Als ich in den frühen 80er-Jahren in einem Supermarkt jobbte, waren manche Aktionen klar messbar: Räumte man Ware an spezielle Positionen – etwa am Rand des Ganges –, verkaufte sie sich besser. Änderte man das Licht im Obst-und-Gemüse-Bereich, verkaufte man dort mehr. Machte man die Butter so billig, dass man sie zum Einkaufspreis anbot, kamen die Leute in Scharen und machten den Einkaufswagen nicht nur mit Butter, sondern vor allem mit den normalpreisigen Produkten voll.

Das war und ist sofort messbar. Am Abend sieht man anhand der Kassen, was man mehr verkauft hat. So einfach und so klar.

Der Wert von Bauzaun-Plakataktionen – in den 80er-Jahren der absolute Hit – oder von umfangreichen Facebook-Kampagnen, was einem heute stets empfohlen wird, ist allerdings nicht zu messen. Ich finde Kampagnen in Sozialen Netzwerken dennoch gut, weil ich da immerhin sehen kann, wie viele Besucher ich hatte. Bei einer Anzeige, die ich in einer Zeitschrift schalte, kann ich das nicht seriös feststellen.

Ich habe auf der Internet-Seite der Zeitschrift »Horizont« ein spannedes Interview gelesen, das mit Julia Scheel geführt worden ist. Sie ist Geschäftsführerin der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GiK), arbeitet für den Burda-Konzern und steht natürlich auf Kampagnen, die in gedruckten Medien ablaufen.

Sie sagt, Werbung in einem gedruckten Medium – etwa einer Zeitschrift – gelte als viermal glaubwürdiger und dreimal so kaufanregend wie in Social Media. Sie misstraut den grundsätzlichen Aussagen von Facebook und Google, weil sie diese als Aussagen aus einer Black Box betrachtet. Ein Verlag könne schließlich eine gedruckte Ausgabe präsentieren, das könne man belegen.

Das Interview halte ich für spannend und lesenswert, auch wenn ich denke, dass »Anzeigen« in Sozialen Medien sehr wohl etwas bringen. Ich kann Menschen erreichen, die ich sonst nicht mehr erwische, und ich kann mein Anliegen so verbreiten, wie ich es für richig halte. Das kann ich mit einer statischen Anzeige kaum.

Warum ich mir darüber Gedanken mache? Natürlich aus »fachlichen« Gründen; ich muss ja rein beruflich immer mal wieder über einen Werbe- und Marketing-Etat diskutieren. Aber auch aus privaten Gründen: Mich interessiert einfach, ob und wie jemand wie ich beispielsweise mehr von seinen eigenen Büchern verkaufen könnte ...

09 Oktober 2018

Monsteralarm in Paris und in den Alpen

Wollte man die Geschichten von »John Sinclair« verfilmen, müsste man echt sehr viel Geld ausgeben – allein schon für die Kulissen. Das merkte ich, als ich nacheinander die Folgen 90 und 91 der Hörspielserie anhörte; die beiden bilden eine Doppelfolge, inklusive eines Cliffhangers, und man muss sie als dramaturgische Einheit behandeln.

Der erste Teil hat den dramatischen Titel »Belphégors Rückkehr« und beginnt in Paris. Vor der beeindruckenden Kulisse des Montmatre kommt es zu dramatischen Ereignissen: Ein Mann verbrennt von innen, die Kirchenkuppel wird gespalten. Mit dabei ist eine Wahrsagerin, die mit irgendwelchen magischen Dingen zu tun hat.

Es wird klar, dass ausgerechnet in Paris irgendwelche Höllenmächte ihr schreckliches Regime errichten wollen – ein knalliger Endkampf beginnt dann auf dem Eiffelturm. Wo auch sonst? Allerlei Bösewichte geben sich ein Stelldichein, die Polizei fliegt mit einem Hubschrauber hektische Einsätze ...

Der zweite Teil spielt vor allem in den Alpen, unweit des Mont-Blanc-Massivs. Im Hörspiel mit dem schönen Titel »Der Höllenwurm« werden dann alle möglichen Mythen verwurstet. Die Großen Alten von Atlantis werden erwähnt, die geheimnisvolle Lady X spielt ebenso eine Rolle wie der Herr der Zombies und der Kaiser der Vampira, Erdgeister und der titelgebende Höllenwurm.

Auf der Seite der Guten tauchen dann die Geisterjäger John Sinclair und Suko auf, dazu kommen die eingangs erwähnte Wahrsagerin sowie ein Eiserner Engel. Für viel Krachbumm ist also ebenso gesorgt wie für viele mythische Berichte. Das Problem dabei: Wenn so viele Gegner auftauchen, wird das nicht spannend oder gar gruselig, sondern zu einer Nummern-Show mit viel Gebrüll und noch mehr Zufällen.

Ich könnte jetzt und an dieser Stelle einen längeren Text darüber schreiben, ab wann ich etwas gruselig finde. Aber ich hatte nur als ganz junger Jugendlicher bei der Lektüre von »John Sinclair«-Heften und anderen Romanheften irgendwie Angst; später fand ich ihren Inhalt eher albern.

Bei den Hörspielen mag ich die Abfolge von schnellen Dialogen, erklärenden Sequenzen, den übergreifenden Zusammenhängen und den toll gemachten Geräuschen. Das ist nicht hochgeistig, macht aber Spaß.

Wobei ich die in diesen zwei Hörspielen aufgebotene Anzahl von Monsterwesen keine Sekunde lang ernstnehmen konnte– der Denglisch-Begriff von »too much« war hier absolut zutreffend. Das können die Hörspielmacher allerdings nicht ändern; so ist die Serie eben. Und sie findet seit vielen Jahren ihre Fans.

Comet Gain machen herzzerreißenden Pop

Dass es immer noch richtig schönen IndiePop gibt – fast ein wenig zu schön, fast ein wenig zu poppig –, der von der Insel kommt, erfreut mich oft. In diesem Fall ist es eine Band namens Comet Gain, die schon seit 1992 in wechselnder Besetzung existiert, von der ich aber bislang trotz mehrerer Tonträger nichts mitbekommen habe. (Eigentlich ist es immer nur David Feck, der sich wechselnde Musiker sucht.)

Ganz neu ist eine Single der Band, die es nicht nur digital gibt (was für mich nach wie vor nicht so viel wert ist), sondern auch als Vinyl-Single. Sowohl das Titelstück »If Not Tomorrow« als auch die B-Seite mit »I Was More Of A Mess Then« gefallen mir sehr gut: Sie sind sehr melodisch, die Gitarren schrammeln trotzdem ordentlich, und die Sängerin hat eine hohe, aber sehr treffende Stimme.

Manchmal erinnert mich das, was die Band so macht, an die Musik, die zu Beginn der 90er-Jahre auf Sarah Records veröffentlicht worden ist. Das kann ich mir nicht jeden Tag anhören – bei Comet Gain aus London funktioniert es auf jeden Fall. (Laut Plattenfirma soll eine »große« Platte im Jahr 2019 kommen. Danach sollte ich wohl mal Ausschau halten.)

08 Oktober 2018

Der gute Geist zum fünfzehnten Mal

Wie kritisch kann ich zu der Szene sein, der ich mich jahre- und jahrzehntelang verbunden fühlte? Das frage ich mich immer wieder, wenn ich meine Fortsetzungsgeschichte für das OX-Fanzine schreibe. In der aktuellen Ausgabe 140 bin ich mit der fünfzehnten Fortsetzung meines Romans »Der gute Geist des Rock'n'Roll« vertreten.

Wieder einmal verarbeite ich biografische Elemente, wie ich das seit Anfang meiner »Peter Pank«-Romane mache. In diesem Fall geht's um Konfrontationen mit der eigenen Szene, die mir in den 90er-Jahren häufig unterliefen: Wenn die politischen Punks zu politisch waren, konnte ich damit nicht viel anfangen. Und mit den »verasselten« Straßenpunks hatte ich meiner Ansicht auch nichts gemein.

(Die Folge war ja, dass wir uns als »Disco Punx Karlsruhe« verstanden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die mit meinem Roman nichts zu tun hat.)

In diesem Roman kommt das zum Tragen. Die aktuelle Folge spielt im Sommer 1996 – wie der gesamte Roman – und vor dem Eingang eines besetzten Hauses. Der häufig betrunkene Held möchte das tun, was er gern tut: ein Bier trinken, vielleicht auch mehr. Dass aus dem Keller irgendwelcher Elektro-Krach dröhnt, interessiert da viel weniger. Aber vielleicht interessiert die Leser heute, wie unsereins solche Konfrontationen vor über zwanzig Jahren empfunden hat …

07 Oktober 2018

Für immer in Pop zur Hälfte

Man kann nicht behaupten, dass Martin Büsser und ich beim ZAP zusammengearbeitet haben. Wir schrieben für das gleiche Blatt: er die eher anspruchsvollen Artikel über Musik, ich eher erlebnisorientierte Berichte über Musik und Demonstrationen. Lese ich aber die Texte, die er für das ZAP und andere Zeitschriften verfasst hat, nach all den Jahren wieder, merke ich erst so richtig, was für ein schlauer Kopf er war.

Im Ventil-Verlag erschien zum Jahresanfang das Sachbuch »Für immer in Pop«, das zahlreiche Texte des Autors, Journalisten und Herausgebers enthält. Ich lese es stückchenweise, immer mal wieder einen Artikel oder einen kürzeren Text. Deshalb wird es zu einer kompletten Rezension noch eine Weile dauern – sicher ist, dass es sich um ein Sachbuch handelt, bei dem ich die potenzielle Zielgruppe bin und das sicher für alle Menschen lesenswert ist, die sich für Pop und Punk im weitesten Sinne interessieren.

Wenn sich Martin Büsser über Nirvana oder Exploited ausließ, kann ich das immer nachvollziehen. Oft schrieb er über Bands und Musiker, von denen ich noch nie gehört habe – das zeichnete seine Schreibe schon in den späten 80er-Jahren aus. Manchmal macht mich das neugierig, manchmal denke ich eher »Och nö«, und insgesamt fühle ich mich durch solche Texte bereichert.

Zu großer Form lief er immer auf, wenn er einen längeren Text liefern konnte. Oft bezog er sich auf Punk, auch wenn er – wenn ich mich recht erinnere – nie punkrockig im engeren Sinne aussah. Seine Texte waren vom Punk beeinflusst, und wenn er über neue Musik schrieb, bezog er sich immer wieder auf Punk.

So ist das Buch, von dem ich bislang die Hälfte gelesen habe, eine Fundgrube für interessante Texte. Man muss sich für Popmusik im weiteren Sinne begeistern können, man muss ein Vergnügen daran haben, über Musik und Texte nachzudenken. Dann ist »Für immer in Pop« super, und ich freue mich auf die zweite Hälfte der Textsammlung.

06 Oktober 2018

Das Jahresprogramm der Akademie

Dass ich die Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel schätze, habe ich schon oft genug geschrieben. Als Dozent war ich an dieser Akademie einige Male tätig, als Besucher war ich immerhin bei einer Tagung dabei. Ich würde öfter nach Wolfenbüttel fahren, wenn es zeitlich ginge – es gibt viele Seminare und Angebote, die ich spannend finde.

Dieser Tage wurde ich darüber informiert, dass das Jahresprogramm 2019 online zu finden ist. In allen sechs Programmbereichen gibt es Tagungen und Seminare sowie viele andere Angebote. Leider gibt es kein gedrucktes Programm mehr, was ich sehr bedauere – ich habe immer gern darin geblättert und gestöbert –, aber nachvollziehen kann.

Ich kann Leuten, die sich weiterbilden wollen, die Akademie nur empfehlen. Das gilt für Literatur und Bildende Kunst ebenso wie für Musik und andere Bereiche. Aber das kann jeder Mensch auch selbst herausfinden. Das Stöbern im Programm lohnt sich auf jeden Fall!

05 Oktober 2018

Das Beziehungsgeflecht um einen Cop

Der Polizist Jesse Stone ist ein ungewöhnlicher Cop: Er hat einen moralischen Kompass, der ihn leitet, auch wenn er selbst voller Fehler und Komplexe steckt. Wenn er also mitbekommt, dass sich eine Lehrerin aus der gehobenen Schicht gegenüber ihren Schülerinnen nicht korrekt verhalten hat, ist das für ihn ein »Fall«. Dann stört es ihn nicht, dass ihn ein wichtiger Rechtsanwalt oder sogar einflussreiche Leute aus dem Stadtrat dazu bewegen wollen, das Thema fallen zu lassen.

Selbst ist Jesse Stone recht locker, was den Sex mit wechselnden Partnern angeht. Als er aber erfährt, dass Kinder zu unfreiwilligen Zeugen von Swinger-Partys werden, interessiert ihn das ebenfalls. Als zu allem Überfluss auch noch ein »Spanner« nachts durch die kleine Stadt Paradise zieht, der Frauen beobachtet oder bedrängt, hat Stone damit immerhin einen echten Fall.

Ich liebe die Romane von Robert B. Parker. Bei »Verfolgt in Paradise« bricht der Autor mit mehreren Regeln, die ansonsten für Krimis gelten. So gibt es keinen Mord, und die Fälle haben vor allem mit sexueller Belästigung zu tun und würden für viele Leute nur als Bagatelle gelten. (Die betroffenen Kinder und Frauen dürften das anders sehen.) Der Autor zeigt aber, wie sein Held ermittelt und wie er versucht, die Verbindungen zwischen den einzelnen Fällen herzustellen.

Es gibt die üblichen lakonischen Dialoge, die alle Romane von Robert B. Parker auszeichnen, diesmal bekommen die Beziehungen und Gefühle aber einen weiteren Raum als üblich. Der Held ist ein Trinker, und er muss versuchen, mit dem Alkohol umzugehen oder ihn sich ganz abzugewöhnen. Er will sich keine Schwächen eingestehen, und seine größte Schwäche ist seine Ex-Frau, zu der er sich immer noch hingezogen fühlt.

Damit entsteht eine ganz andere Art von Spannung, als man sie sonst in Krimis kennt. Klar gibt es auch ein wenig Action, und der Autor schildert die übliche Ermittlungsarbeit – aber ich fand die Beziehungen diesmal am interessantesten.

»Verfolgt in Paradise« ist ein typischer Parker-Roman, der alle Elemente enthält, die ich an den anderen Werken dieses Autors schätze. Doch sein gewisses Etwas zeichnet ihn ganz besonders aus. Spannend!

04 Oktober 2018

Ecrasez l'Infame

Franz Rottensteiner war vor allem in den 70er- und 80er-Jahren einer der Herausgeber und Lektoren, die dafür sorgten, dass die phantastische Literatur im deutschsprachigen Raum an Bedeutung gewann. Er präsentierte im seriösen Suhrkamp-Verlag Autoren aus einem breiten Spektrum der Phantastik, die er in schönen Taschenbüchern sowohl den Literatur-Snobs als auch den Science-Fiction- und Fantasy-Fans nahebrachte. Zusammen mit Walter Ernsting und Wolfgang Jeschke dürfte er zu den Leuten gehören, die meinen Literaturgeschmack prägten.

Aber er fing – wie viele andere seiner Generation – damit an, dass er Fanzines veröffentlichte. Das war in den späten 50er- und frühen 60er-Jahren kaum anders möglichen. Heutigen Zeitgenossen kann man das ja kaum erklären.

Dieser Tage hielt ich die fünfte Ausgabe seines »Ecrasez l'Infame« in den Händen, das im Rahmen einer sogenannten APA erschienen war. Im Dezember 1964 kam es heraus, und es war für die damalige Zeit sehr typisch aufgemacht: Der spätere Herausgeber und Lektor ging auf die Aussagen von anderen Fans ein, stellte seine Meinung zu aktuellen Themen dar und plauderte über seine »Entwicklung im Fandom«. Jahrelang hatte er sich – bis zu dieser Zeit – auf Distanz zur Szene gehalten und keinerlei Freundschaften gepflegt.

Manches von dem, was er in seiner Biografie schreibt, veränderte sich nicht; das hätte ich auch über mich schreiben können: »Meine Eltern wußten beispielsweise auch nie, was ich las, und es kümmerte sie auch nicht; genauso habe ich auch nie über schulische Dinge gesprochen.« Viele Dinge in diesem sieben Seiten umfassenden, per Umdruck hergestellten Fanzines kann ich also nachvollziehen, obwohl ich zu der Zeit, als es verfasst wurde, gerade einmal ein Jahr alt war. Schon interessant …