31 Juli 2015

Ohne Brille kein Spaß

Der Abschluss des Abends fand im Schwimmbad statt. Ich war völlig erschöpft nach den Tagen der Arbeit; an diesem Tag hatte ich morgens daheim geschuftet, war tagsüber ganz normal ins Büro gegangen und hatte abends noch einmal ein Dutzend Eimer mit Schutt durchs Haus geschleppt. Jetzt wollte ich nur noch im Schimmbad planschen – und es war mir nicht so wichtig, dass es irrsinnig viel Geld kostete.

Da ich Brillenträger bin, legte ich meine Brille in die Nähe des Schwimmbeckens in eines der offenen Fächer, in die man allerlei Kram packen kann. Sicherheitshalber stellte ich mein Duschgel davor, damit niemand versehentlich die Brille beschädigte.

Um 22.30 Uhr kam die Durchsage. Es sei bald Feierabend, man möge das Schwimmbad verlassen. Wir folgten der Aufforderung.

Den Weg zur Ablage fand ich ohne Brille. Dann starrte ich auf das Fach. Mein Duschgel stand mitten in dem Fach, jemand hatte es bewegt – und dahinter war nichts. Keine Brille, kein Staub, kein Wasser, immerhin Luft. Aber meine Brille war weg.

Ich fragte das Personal, ob vielleicht jemand das Ding versehentlich eingesammelt hatte. Niemand hatte meine Brille gesehen. Niemand hatte eine Brille als »gefunden« an der Kasse abgegeben.

Das fand ich zuerst irritierend – was fing jemand mit einer alten Brille an, die sicher nur zu meinen Augen passte? –, dann stinkesauer. Ich merkte, wie sehr ich von der Brille abhängig war: Wie ein Halbblinder stolperte ich durch das Schwimmbad, später dann auch daheim durch die Wohnung. Dort konnte ich dann immerhin eine Zweitbrille nutzen, die ich normalerweise nur vor dem Computer aufsetze.

Aber meine gute Laune war futsch. Noch am Tag drauf – als vom Schwimmbad die klare Aussage kam, dass man nichts gefunden hatte – konnte ich mich über den unsinnigen Diebstahl aufregen ...

30 Juli 2015

52 Eimer Schutt

Der Bohrhammer knatterte, Steinsplitter flogen durch die Luft, der Lärm war ohrenbetäubend. Mit der Schaufel arbeitete ich in der Nähe – aber weit genug, damit ich nicht versehentlich einen Splitter an den Kopf bekam. Ich füllte Eimer um Eimer mit Schutt; insgesamt hatten wir 13 Eimer im Einsatz. Erst wenn die Eimer alle gefüllt waren, begann ich mit dem nächsten Schritt.

Wenn ich vor die Wohnungstür trat, wischte ich mir vorsichtig die Schuhsohlen mit einem feuchten Lappen ab. Bevor ich die Treppen hinunter ging, wischte ich noch einmal die Schuhe sauber. Ich wollte keinen unnötigen Stress mit den Nachbarn.

Und ich schleppte immer sechs oder sieben Eimer hinterinander hinunter: bis zu einem Wagen, auf den sie passten. Diesen zog ich durch den Hof bis zu einer »Mulde«, wie man so einen halb offenen Container nennt – und dort kippte ich den Schutt aus.

Vier mal schleppte ich alle dreizehn Eimer die Treppen hinunter. Machte 52 Eimer mit jeweils ordentlich Gewicht. Ich war ziemlich beeindruckt von mir selbst – und war am Abend immer noch nicht fertig mit allem.

Das Interessante daran: Die ungewohnte Arbeit machte mir Spaß. Zumindest einen Tag lang. Müsste ich jeden Tag so hart arbeiten, würde ich es sicher hassen – aber es schadet nicht, wenn man als »Bürofurzer« auch mal körperlich werkelt und weiß, wie hart viele Leute ihr Geld verdienen ...

28 Juli 2015

Morde von Rechts

Wenn man sich manchmal die Nachrichten so anhört und anguckt, kommt man aus dem Staunen nicht raus. Da haben also irgendwelche Polizisten und Ermittler die vielen ungeklärten Morde der letzten 25 Jahre angeguckt und festgestellt, dass bei dem einen oder anderen Mord ein rechtsradikaler Hintergrund nicht auszuschließen ist.

Ooops. Nazis bringen Leute um? Ganz was neues.

Und das tun sie auch außerhalb des NSU? Das ist ja noch verblüffender.

Dabei hatte man uns zuletzt doch schön eingeredet, dass nur der NSU mordete, während die anderen Nazis brav ihren Nazidreck in Form von Demonstrationen, Hassbotschaften im Internet und Propagandaaufklebern verbreiten.

Die töten auch, die tun nicht nur so? Da sind die braven Polizisten, Journalisten und Politiker völlig baff.

Seit der Wiedervereinigung wurden zahlreiche Menschen von anderen Menschen umgebracht, weil sie nicht in deren Weltbild passten. Punks wurden von Boneheads totgetreten – die Polizei stellte fest, dass es sich um unpolitische Bandenkriege handelte. Ausländer wurden durch die Straßen gehetzt und starben – die Polizei stellte fest, dass es sich um eine unpolitische Schlägerei handelte.

Schwule, Behinderte, Obdachlose, Ausländer, Punks, Hiphopper, Skater – die Liste der Opfer ist lang. Es gibt seit den 90er-Jahren entsprechende Auflistungen. Das Thema ist bekannt. Nur wollte in der Politik niemand etwas davon wissen. Weil: Was nicht sein darf, kann nicht sein.

Jetzt aber hat man festgestellt, dass der eine oder andere Mord doch ein rechtsradikales Motiv hatte. Wahrscheinlich schrie der Täter dabei lauthals »Sieg Heil!« oder posierte anschließend mit dem Deutschen Gruß. Sonst würde die Polizei doch nie darauf kommen, dass eine rassistische Mordtat einen rechtsradikalen Hintergrund hat ...

Ganz ehrlich: Manchmal möchte ich nur noch kotzen, wenn ich die Nachrichten angucke.

27 Juli 2015

Kritisch-wissenschaftlicher Blick auf die Schuldenkrise

Staatsschulden sind seit einigen Jahren ein Thema, das alle beschäftigt – davor hatte es so gut wie niemanden interessiert, dass die Schuldenberge überall immer weiter wuchsen. In seinem Sachbuch »Die Billionen-Schuldenbombe« erklärt Daniel Stelter die Hintergründe, unterstützt unter anderem durch den Thriller-Autor Veit Etzold sowie Ralf Berger und Dirk Schilder.

Der Untertitel des Buches sagt schon viel über den eigentlichen Inhalt aus: »Wie die Krise begann und warum sie noch lange nicht zu Ende ist«. Stelter, der von seinem Verlag als »Finanzkrisenexperte« vorgestellt wird, verdient sein Geld als Journalist und Sachbuchautor; er schreibt seit Jahren über Wirtschaftsthemen und ist in der Lage, komplexe Sachverhalte so darzustellen, dass zumindest der interessierte Laie sie versteht.

Ohne Vorkenntnisse hat man allerdings wenig Chancen, das Buch mit Genuss zu lesen – soviel sei vorgewarnt ... Stelter erzählt, wie die Schulden in den westlichen Industrieländern entstanden sind, wie sie sich gesteigert haben und wie es ab 2008 zur aktuellen Schuldenkrise kam. Diese ist noch lange nicht vorüber, und das liegt beileibe nicht nur an Griechenland allein.

In seiner Analyse ist Stelter sehr klar und direkt. Mit vielen Statistiken untermauert er die Fakten, es gibt zudem einen umfangreichen Anmerkungen-Teil. Wer will, kann das also alles im Detail nachlesen.

Aus aller Analyse resultieren für Stelter und seine Koautoren eine Reihe von Entscheidungen, die getroffen werden sollten. Das ist dann sehr spannend, weil er Entscheidungen fordert, die nicht jeder mag – ein späteres Renteneintrittsalter beispielsweise.

Stelter ist ein Autor, der nicht in allgemeine Schuldzuweisungen verfällt. Das finde ich gut. Gut finde ich darüber hinaus, dass er nicht in ein Links-Rechts-Schema einzuteilen ist. Manche seiner Vorschläge würden eher als »links« betrachtet werden, manche wären für die Gewerkschaften und die »linken« Parteien nur schwer zu schlucken.

Aber vielleicht muss man so an die Krise rangehen: nicht ideologisch, sondern pragmatisch. Und das heißt, dass man sich anguckt, woher die Schulden kommen und wie man ihnen sinnvoll begegnen kann. Leider ist nicht damit zu rechnen, dass bei den Politikern und Wirtschaftsfachleuten diese Weisheit in absehbarer Zeit ankommen wird ...

Das macht das Buch aber umso lohnender: für die eigene politische Meinung ebenso wie für den Hintergrund. Es ist sogar als Nachschlagewerk brauchbar, finde ich – und bei der nächsten »großen Krise« kann ich's wahrscheinlich gleich noch mal lesen.

Erschienen ist das Buch bereits im Frühjahr 2013. Dass es immer noch so aktuell ist, finde ich geradezu erschütternd. Ich habe mir die Hardcover-Version besorgt, es gibt aber auch ein E-Book. Und verlegt wurde es von Wiley-VCH in Weinheim, auf deren Internet-Seite sich einige weitere Informationen zum Buch finden.

24 Juli 2015

Peter im OX 120

Ich weiß selbst, dass man in diesen Tagen in den Räumlichkeiten der OX-Redaktion eifrig an der Ausgabe 121 werkelt. Die Nummer 120 liegt seit Wochen vor, aber ich habe es bislang versäumt, ein wenig über meinen »Peter Pank«-Beitrag zu schreiben. Das hole ich heute endlich nach ... nachdem ich diese Woche die aktuelle Fortsetzungsgeschichte geliefert habe.

Veröffentlicht wurde die Folge 56, erneut geht es um den Dauerkonflikt des Helden mit den Wirren des Alltags. Immerhin hat Peter Meißner alias Peter Pank endlich einen Plan – und mit diesem beginnt er in der aktuellen Folge. Wie dieser Plan aufgelöst wird und ob überhaupt alles klappt, das ist dann sicher Thema für weitere Fortsetzungen.

Direkt-Link zur OX-Ausgabe: http://www.ox-fanzine.de/web/aktuelles_ox.217.html

23 Juli 2015

Nach vierzig Jahren Pause

Wie ich der Jubiläumsausgabe 250 des Fanzines »Andromeda Nachrichten« entnehmen kann, hört Hermann Urbanek auf. Der Hinweis findet sich ein wenig versteckt im Innenteil, mir stach er dennoch geradezu ins Auge: 1975 hatte der Science-Fiction- und Fantasy-Experte die Rubrik »Literatur« in diesem Fanzine übernommen, im Jahr 2015 streicht er die Segel.

Ich ziehe meinen Hut vor dieser respektablen Leistung. Als ich Ende der 70er-Jahre meine ersten Kontakte zur Science-Fiction-Suchte suchte – und dann auch fand –, war Hermann Urbanek schon ein »alter Hase«. Seine Sachkenntnis beeindruckte mich, viele seiner Artikel und Buchbesprechungen waren für mich damals wichtig und wegweisend. Er schrieb für Bücher und Magazine, er kannte sich richtig gut aus.

Das gilt heute ebenfalls; nach wie vor schreibt er, liest er, sammelt er, ist im persönlichen Gespräch stets ruhig, verbindlich und höflich, strahlt einen guten Humor und viel Sachkenntnis aus und wirkt bei alledem nie abgehoben. Wer mehr als vier Jahrzehnte seiner Begeisterung für die phantastische Literatur in derart positiver Weise ausdrückt, ist in gewisser Weise besessen – wobei die Besessenheit eine positive ist.

Wobei ich ja sicher bin: Man wird von Hermann Urbanek nicht zum letzten Mal gelesen haben. Vielleicht hat er jetzt Zeit, mal ein Buch über eines der »großen« Themen der SF und Fantasy zu schreiben; eine vernünftige Geschichte der deutschsprachigen Fantasy-Szene fehlt beispielsweise ...

22 Juli 2015

Einige Sätze zu Griechenland

Ich bin ja nur der Sohn eines einfachen Arbeiters, komme vom Land und habe nie studiert. Also sind mir komplizierte politische Vorgänge meist zu komplex. Aber wenn ich mir die Rettungspolitik und das Brimborium rings um Griechenland so anschaue, stelle ich mir halt meine Fragen.

Da ist also ein Land, das schlecht gewirtschaftet hat und voller Schulden steckt. Um dem Land zu helfen, hat man seinen Bewohnern ein Programm verordnet, das seit fünf Jahren andauert. Im Verlauf des Programms stiegen die Armut und die Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft brach ein, und Steuern zahlte praktisch keiner mehr.

Damit das Land wieder auf die Beine kommt, werden die sogenannten Maßnahmen noch weiter verschärft. Das soll also helfen, sagt man uns, damit die »Pleitegriechen« nicht unser hart erarbeitetes Geld verschwenden.

Wenn also ein Rentner nur noch halb so viel Rente erhält, floriert nach dieser Logik die Wirtschaft. Wenn ein Student weiß, dass er hinterher keine Arbeitsstelle bekommt, wird er sich nach dieser Logik noch mehr anstrengen. Und ein Unternehmer, dessen Kunden kein Geld mehr haben, wird zu horrenden Bedingungen neue Kredite aufnehmen, um zusätzlich zu investieren.

So »alternativlos« stellen sich das unsere Politiker vor. Ich habe ja nicht so viel Ahnung wie die, ich hab' ja nicht studiert, weder Jura noch Politikwissenschaften oder was immer die Politiker so auf der Uni zusammenstudiert haben. Aber dass die eben geschilderte Rechnung nicht aufgeht – dafür brauche ich kein Studium.

HWS aus Coburg auf Vinyl

Irgendwann in den Nullerjahren taten sich vier junge Männer aus Coburg zusammen; seither machen sie unter dem Namen HWS ihren Punkrock. Ich habe ihre EP »Lost In Shanghai« angehört und finde sie ziemlich gut; eine echte Empfehlung – drei Stücke, die einfach gut ins Ohr gehen.

Vom Tempo bleibt die Band im Mittelfeld, man prügelt nicht wild drauflos. Die Musik ist melodisch und mitreißend zugleich; die rauhe Stimme des Sängers trägt die Stücke vor allem. Das ist alles in allem sehr emotional, ohne dass es Emoore oder Emopunk wäre. Vor allem das Titelstück der Platte geht gut ins Ohr.

Auch die Stücke auf der B-Seite gefallen mir, sie sind schneller und knackiger, wenngleich es immer noch kein Hochgeschwindigkeits-Punk wird. Die Gitarre singt geradezu, ohne dass es irgendwie hardrockig wird.

Ein gelungener Vinyl-Start der Band, von der es davor nur eine »Digital-Platte« im Internet zum Anhören gab!

21 Juli 2015

Deutsche Männer, halbnackt

Wenn ich an mir hinuntersehe, stelle ich fest, dass sich zwischen Brustbein und Kniescheibe etwas wölbt, das für meinen Geschmack zu viel an Wölbung ist. Anders gesagt: Ich habe einen Bauch. Der ist nicht sonderlich schlimm, weil ich in meiner Altersgruppe zum »guten Durchschnitt« zählen dürfte. Aber ich finde, dass es zu viel des Guten ist.

Deshalb weiß ich auch, dass es sinnvoll ist, mit bekleidetem Oberkörper auf die Straße zu gehen. Ich möchte den Menschen den Anblick meines weißen Bauches ersparen; es genügt, dass man ihn durchs T-Shirt hindurch wahrnehmen kann.

Das sehen allerdings andere Männer ganz anders. Und so sehe ich immer wieder, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, echte Prachtexemplare, die ihre nackten Oberkörper der Öffentlichkeit präsentieren.

Ganz ehrlich: Schön ist meistens anders.

Ich verliere gelegentlich die Fassung, wenn ich besonders sportliche Männer sehe. Deren Bäuche sind so groß und ihre Rücken sind so gebeugt, dass der Bauch gewissermaßen auf der Fahrradstange abgelegt werden kann. Ein solcher Anblick müsste eigentlich durch irgendwelche Konventionen und militärische Absprachen verboten werden ...

20 Juli 2015

Spannung in der Triton-Passage

Als Jugendlicher liebte ich die »Mark Brandis«-Romane, als Erwachsener finde ich die »Mark Brandis«-Hörspiele richtig klasse. Sie setzen den Charakter der spannenden Science-Fiction-Romane in beeindruckende Akustik-Erlebnisse um. Das gilt auch für die Folge 23, die ich dieser Tage hörte und die den Titel »Triton-Passage« trägt.

Der Titel ist ein wenig irreführend, weil Triton – also der Mond des Planeten Neptun – keine sehr große Rolle spielt. Okay, der Raumfahrer Mark Brandis und seine Leute müssen auf dem Triton notlanden; ansonsten handelt es sich aber vor allem um eine Rettungsmission im All. Die wird mit viel Elan und extrem spannend erzählt.

Was ich bei diesem Hörspiel besonders toll finde: Eigentlich geht es ständig um technische Probleme. Steuerdüsen funktionieren nicht, die Sauerstoff-Versorgung stottert, das Raumschiff steckt in Schwierigkeiten.

Das alles wird aber so unterhaltsam erzählt, weil immer Menschen handeln, weil es immer um emotionale Konflikte geht, durch die jede Szene vorangetrieben wird. Die Angst und Verzweiflung der Raumfahrer, ihre Streitereien, das Gerangel um Kompetenzen und Ziele – das alles wird in diesem Hörspiel durch packende Dialoge, hervorragende Sprecher und unterstützende Geräusche so präsentiert, dass ich extrem gefesselt war.

Ein tolles Hörspiel, das ich allen Science-Fiction-Fans nur empfehlen kann. Meiner Ansicht nach ist es auch ohne jegliche Vorkenntnisse gut verständlich – und auf der Internet-Seite des Verlages gibt es eine schöne Hörprobe. Checkt das mal an!

17 Juli 2015

Lob aus dem Multiversum

Als »ausdrucksstarke Antikriegsnovelle« lobt Christina Hacker in ihrem Blog »Christinas Multiversum« meinen Fantasy-Kurzroman »Der Schatten des Friedens«. Dieser ist in diesem Sommer als E-Book sowie als Hörbuch im Verlag in Farbe und Bunt neu erschienen, und selbstverständlich freut mich so ein Lob sehr.

Wobei die Rezensentin durchaus ihre Probleme mit dem Text hat: »Hier wird nichts verklärt, im Gegenteil es fühlt sich alles erschreckend echt an.« Die »nicht enden wollenden Gewaltexzesse im Laufe der Handlung« führten dazu, dass sie sich als Leserin zunehmend distanzierte, »um die Lektüre erträglich zu machen«.

Sie sieht die Geschichte als »unbequem« an, und das ist sie sicher auch. Mal schauen, ob ich es mal hinbekomme, eine Fantasy-Geschichte zu schreiben, die ein wenig »netter« daherkommt ...

16 Juli 2015

Swing-Punk in den 90er-Jahren

Ich weiß noch, wie cool und gleichzeitig überraschend ich es in den 90er-Jahren fand, als auf einmal altgediente Punkrocker ihr Herz für den ollen Swing entdeckten. Die Royal Crown Revue aus Kalifornien war die erste Band, die diesen Stil ins Hier und Jetzt brachten und eine Art Swing-Punk entwickelten.

1999 brachte das Label Frankie Boy Records den wunderbaren Sampler »Swing On The Wild Side« heraus, der mich begeisterte. Als ich ihn dieser Tage mal wieder anhörte, lief er tagelang im CD-Player des Autoradios. Grund genug, diesen absolut gelungenen Sampler endlich auch einmal an dieser Stelle vorzustellen.

Viele von den Bands sind heutzutage schon gar nicht mehr bekannt. Die Mixtur aus Punk und Swing blieb irgendwie eine kurze Epoche; derzeit stehen viele Leute auf die Swing-Mixturen mit HipHop oder Elektro, die offenbar tanzbarer und deshalb beliebter sind. Von einigen der damaligen Bands wie etwa den Dino Martinis oder Hipster Daddy-O gab's auf jeden Fall auch Schallplattenproduktionen, die hierzulande ebenfalls von Frankie Boy Records lizenziert wurden.

Die Musik ist auf jeden Fall klasse. Schwungvolle Rhythmen, mit viel Spaß zelebriert, schnell und schlagzeuglastig, nicht so sauber gespielt wie in der klassischen Swing-Zeit, sondern immer mit einer tüchtigen Punkrock-Note.

Da kratzt die Stimme des Sängers zwischendurch einmal, da wird nicht nur »schön« gesungen, sondern auch mal gebrüllt; da knallen die Gitarren, da poltert das Schlagzeug. Der Rhythmus bleibt derselbe, die Linie ist Swing – aber er klingt definitiv mehr nach Punk als manche MelodyCore-Band, die mich in den späten 90er-Jahren langweilte.

Die Platte ist super, sie begleitet mich schon seit vielen Jahren und hat manche Autofahrt trotz Stau positiv gestaltet. Das wird sie wohl auch in den folgenden Jahren tun: Mit »Swing On The Wild Side« bleibt die schlechte Laune weg.

15 Juli 2015

Nazis gegen Nazis

Auf die regelmäßigen Aufmärsche der Nazis in der Innenstadt von Karlsruhe reagiere ich mittlerweile immer hilfloser. Sie nennen sich jetzt »Widerstand« und nicht mehr »Pegida«, was an ihren hasserfüllten Parolen nichts ändert.

Es war auch am Dienstag, 14. Juli, wieder ein eher kleiner und vor allem sehr erbärmlicher Haufen, der zwischen Polizeisperren hindurchgeschleust wurde. Die Geschäftsleute lehnen sie ab, die Demonstranten brüllen ihnen von überall ihren Abscheu entgegen, und sie glauben nach wie vor, für die »Mehrheit« zu sprechen.

Weil ich arbeitete, nahm ich an der Gegendkundgebung nicht teil; ich ließ mir aber berichten, was passiert war. Diesmal war's wohl besonders lustig: Die Nazis brüllten »Nazis raus!« Ich hätte mich weggeworfen vor Lachen, wäre ich dabei gewesen.

Nach der Pegida-Logik sind ihre Anhänger die »bürgerliche Mitte«, während die Gegner ihrer Hass-Aufmärsche ja »Antifanten«, die »rote SA« oder »vom Staat bezahlte Jugendbanden« sind. Wer sich die von Angst und Hass zerfressenen Aussagen anschaut, die Pegidioten auf ihren jeweiligen Facebook-Seiten hinterlassen, kann sie irgendwie verstehen.

Für mich sind diese Leute ein Fall für den Psychiater. Eigentlich tun sie mir leid. Aber ihre Aufmärsche und der Aufwand, der ihretwegen betrieben werden muss, machen mich echt hilflos.

14 Juli 2015

Kulturell in Karlsruhe

Dass ich in einer Stadt wohne, in der sich in punkto Kultur alles mögliche tut, weiß ich schon lange. Am Samstag, 11. Juli 2015, fiel mir das besonders auf – ich nahm auch einiges davon mit. Bei strahlend schönem Wetter war ich mit dem Fahrrad unterwegs, um mir am frühen Abend einiges anzuschauen.

Auf der Hirschbrücke, in deren Nachbarschaft ich vor über 15 Jahren noch gewohnt hatte, wurde an diesem Abend eine Reihe von Lesungen veranstaltet. Die Brücke war für den Autoverkehr gesperrt, es standen Bänke und Lesebühnen herum, dazwischen gab es einen Buchladen im Zelt.

Ich bekam die Lesung von Wolfgang Fleischhauer als einzige mit; mehr war zeitlich nicht möglich. Der in Karlsruhe lebende Autor ist recht bekannt, er las aus seinem aktuellen Roman »Drei Minuten mit der Wirklichkeit«.

Da es darin um den Tango geht und auch eine Reise nach Argentinien thematisiert wird, ließ er sich in den Pausen von einem Paar unterstützen, das auf der Bühne einen Tango präsentierte. Eine schöne Idee, die vom rund 80 Köpfe umfassenden Publikum mit viel Applaus bedacht wurde.

Von der Literatur zum Punk: In der Südstadt war an diesem Abend das Werderstraßenfest. Durch die Auswahl der Bands war es in diesem Jahr sehr punkrocklastig, was sich auch im Publikum zeigte. Ich kannte viele Leute, unterhielt mich mit vielen, trank zwei Bier – davon war eines schön lauwarm ... – und futterte einen veganen Burger.

Die Band Scheiße Die Bullen lärmte auf der Bühne herum. Die Hamburger knallten ihren bollernden Deutschpunk in die Menge, die sich bei der Hitze eher sparsam bewegte. Musikalisch war's mir unterm Strich zu schlicht, das bollerte halt vor allem wie blöd; textlich war die Band mit ihrem Polit-Punk ganz in Ordnung.

Auf die Kaput Krauts hatte ich mich die ganze Woche über gefreut, leider hatte ich dann doch ein Zeitproblem. Ich bekam den Anfang des Auftrittes hin, den die Jungs aus Berlin hinlegten: knalliger Deutschpunk mit schlauen und ironischen Texten, das war schon alles sehr cool. Aber leider musste ich weiter.

Am Café Bleu traf ich mich mit Freunden aus Stuttgart, die dann in den Stunden zwischen 23 und ein Uhr eine Karlsruhe-Führung mit nochmal anderer Kultur bekamen: Heaven's Carousel, Schlosslichtspiele und Marktplatz-Baustelle mit künstlerischem Haus. Ich fand: Das war ein gelungener Ausklang ...

13 Juli 2015

Das Klang-UFO von Karlsruhe

Wenn ich derzeit Besuch habe, mache ich mit den Besuchern stets einen kleinen Rundgang durch Karlsruhe. Ich beginne beim »Heaven’s Carousel«, ich spaziere weiter zum Schloss und erfreue mich der Schlosslichtspiele, bevor es dann zum Marktplatz geht: Die Baustelle ist einschüchternd, das Haus am Kran sieht auch abends oder in der Nacht witzig aus.

Für Science-Fiction-Fans oder Menschen mit Fantasie ist allerdings das Himmelskarussell beeindruckend: Es steht vor dem Naturkundemuseum, und es ist eine irrwitzige Konstruktion. 36 leuchtende Lautsprecher drehen sich im Kreis, mal schneller, mal langsamer, und jeder Lautsprecher gibt Geräusche von sich.

Wenn man davor steht, ist es faszinierend, und stellt man sich in die Mitte, wird die Mixtur aus Geräusch und Optik erst recht abgedreht. Echte Fans legen sich auf den Rücken und starren nach oben; die Profis kommen mittlerweile mit Decken und Picknickkörben.

Das Beste daran ist ja, dass es sich um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, die im Auftrag der ESA entstanden ist. Letztlich wird mit dem Kunstwerk dser Doppler-Effekt dargestellt und auch für Laien verständlich gemacht.

Bisher wurde die Installation in Baltimore und Rom gezeigt; da ist Karlsruhe eine vernünftige weitere Station ... Wer mehr darüber wissen will, schaue auf der entsprechenden Informationsseite im Netz nach.

Wenn Zustände aus Mannheim knallen

Manchmal denke ich im Sommer 2015, dass es nur noch neue Hardcore-Bands gibt. Doch Pustekuchen!, die Band Zustände aus Mannheim beweist, dass junge Bands auch rotzigen Deutschpunk spielen können.

Auf ihrer ersten EP, die im Frühjahr 2015 erschienen ist, hauen die Burschen fünf Knaller aus dem Rohren, die schnell und dynamisch klingen und überhaupt nicht nach ollem Deutschpunk riechen. »Irgendwas läuft falsch« und andere Stücke machen textlich alles richtig, und bei der Musik verzichtet man auf auf Metal-Soli und andere Peinlichkeiten.

Ein starker Start für die Band – so ein Vinyl-Debüt mag ich natürlich. Wer sich einhören mag, findet alles auf der entsprechenden Bandcamp-Seite; ich habe mir natürlich das Vinyl mit schöner Gestaltung gesichert ...

10 Juli 2015

Wie ein Projekt erneut veröffentlicht wurde ... Teil drei

Wie ich schon gelegentlich geschrieben habe, ist im Verlag In Farbe Und Bunt mein kurzer Fantasy-Roman »Sardev – Der Schatten des Friedens« erschienen: als E-Book sowie als Hörbuch. In zwei Teilen habe ich an dieser Stelle darüber geschrieben, wie die Geschichte sich entwickelt hat – zuerst in den 80er-Jahren, dann in den 90er- und Nuller-Jahren. Heute schließe ich das Rückblickthema dann auch schon ab.

Die dritte und vorerst letzte Phase für meinen Kurzroman wurde erst vor wenigen Monaten eingeleitet. Zu Beginn des Jahres 2015 telefonierte ich wieder einmal mit Mike Hillenbrand vom Ifub-Verlag. Wir sprachen über Projekte und Ideen, und dabei kamen wir auf den Gedanken, diesen Kurzroman erneut zu veröffentlichen – diesmal als E-Book.

Was 2009 noch ein absolutes Randgruppenthema gewesen war, hatte sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt: E-Books waren das Medium für kürzere Romane schlechthin geworden. Der Verleger wollte gleich eine erweiterte Idee umsetzen: nicht nur ein E-Book, sondern auch gleich ein Hörbuch, das Ganze mit einem neuen Titelbild.

Das alles hätte ich mir nicht träumen lassen, als ich vor bald dreißig Jahren an den ersten Seiten für den Kurzroman schrieb. So verändern sich nicht nur die Zeiten, sondern auch die Produktionsbedingungen. Und ich weiß natürlich nicht, wie sich das künftig weiter verändern wird ...

09 Juli 2015

Heilbronn und der NSU

Wir leben in einem seltsamen Land. Wir leben in einem Land, in dem eine Polizistin mitten in einer Stadt erschossen wird und danach lauter seltsame Dinge passieren. Kämen die in einem »Tatort«, wäre das Geläster über unglaubwürdige Geschichten groß.

Nur einige Beispiele ... Ein Zeuge, der zu dem Sachverhalt aussagen wollte, verbrennt in seinem Auto – die Polizei erkennt einen Selbstmord. Eine andere Zeugin stirbt plötzlich an einem Blutgerinnsel. Ein Zufall.

Kollegen der Polizisten gehörten teilweise dem Ku-Klux-Klan an und bemerkten trotz judenfeindlicher Schwüre und eindeutiger Reden nicht, dass sie es mit Rassisten zu tun hatten. Zu allem Überfluss gibt es eindeutige Verbindungen zwischen der Ermordeten, ihren mutmaßlichen Mördern und ihrer eigentlichen Heimatregion.

Unglaubwürdig? Glaubhaft? Ich weiß es nicht.

Eben weil es so viele Fragen gibt, will sich der Filmemacher Peter Ohlendorf der Sache annehmen. Mit seinem Film »Blut muss fließen. Undercover unter Nazis« hat er gezeigt, dass er auch heikle Themen angeht – jetzt recherchiert er im Mordfall Kiesewetter.

Ich denke, das ist dringend nötig – denn dass die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt wird, scheint mir eindeutig zu sein. Deshalb finde ich das Interview sehr lesenswert, das die Fachzeitschrift »M« mit ihm geführt hat. Es trägt den klaren Titel »Der NSU-Schlüssel liegt in Heilbronn«.

08 Juli 2015

Ein Artikel ausm Jahr 2000

Manchmal muss man sich schon wundern, wie sehr sich manche Szenerien und Gedanken gleichen. Aus diesem Grund habe ich hier und jezt einen Artikel herausgegriffen, der im Frühjahr 2001 in meinem Fanzine ENPUNKT erschienen ist. Verfasst hatte ich ihn Ende 2000, und er trug den klaren Titel »Nazis? War da was?«

Er ist wortwörtlich identisch; ich habe mir nur erlaubt, die Rechtschreibung anzupassen und die schlimmsten Vertipper auszubügeln. Und ja – man merkt, dass er vor dem »Nine-Eleven« gekommen ist. Hier ist er ...

Es ist noch nicht mal so lange her, ich kann mich sogar gut daran erinnern. Ich wohnte in einem Kaff namens Bischweier, und in meiner Küche hatte ich ein Poster aufgehängt, das sich damals in Antifa-Kreisen einiger Verbreitung »erfreute«. Es listete in Form eines Gräberfelds die Toten auf, die der Straßenterror der Nazis seit der sogenannten Wiedereinigung gekostet hatte. So holte ich mir jeden Morgen meine Prise Hass und wusste, auf welcher Seite ich zu stehen hatte, falls es krachte.

Damals krachte es reichlich oft. Nachdem der Nazi-Mob in Hoyerswerda und Rostock zu Pogromen geblasen hatte, nachdem es in Stuttgart und Solingen sowie in vielen anderen Städten zu ermordeten Ausländern »gekommen« war (wobei in Stuttgart »unpolitische« Skins den Albaner tot trampelten), versuchten antifaschistische Gruppen, Punks und die politisierten Teile der Hardcore-Bewegung, Front gegen den Terror der Nazis zu machen.

Das war so etwa 1993. Lang ist’s her. Wer die alten ENPUNKT-Ausgaben kennt, kann sich vielleicht noch an Berichte erinnern. Auch im ZAP standen damals ständig Berichte »von der Front«, zeitweise war das ZAP eher ein Antifa-Kampfblatt denn eine Hardcore-Illustrierte. Der Feind stand rechts, und wir waren die anderen – und zum Feind gehörten zu jener Zeit ganz eindeutig die Polizei und die regierenden Parteien in Bund und Ländern.

Ob ich Anfang 1992 im CSU-regierten Passau von der USK-Truppe zusammengeschlagen wurde oder ob im SPD-regierten Solingen die Polizei eine friedliche Kundgebung angriff, damit hinter der SPD-Innenminister vom »Terror von links und rechts« faseln konnte, war gleichgültig. Ob wir, um in Rastatt Front gegen den Republikaner-Parteitag machen zu können, einen Kleinkrieg nicht nur gegen 1700 Polizisten, sondern eben auch gegen die »guten Bürger« der Stadt führen mussten, deren Sympathien mehr auf Seiten der Nazis waren, oder ob der Polizeipräsident von Bonn mit dem SPD-Parteibuch am »Tag X« seine Polizei-Kohorten auf die Demonstranten gegen den widerlichen Asylkompromiss ins Gefecht führte – es war gleichgültig.

Im Zweifelsfall schützten die »guten Bürger« in CDU und SPD, bei Grünen, PDS und FDP, in den Gewerkschaften und vor allem bei der Polizei die Nazis und ließen mit wahrer Begeisterung die Antifa-Demonstrationen auseinandertreiben, antifaschistische Gruppen wie in Göttingen kriminalisieren und immer wieder von der »Brutalität der Linken und Rechten« faseln. Als ob Straftaten wie Graffiti sprühen oder »Eingriffe in den Straßenverkehr« – typische »Vergehen« der Antifa – in irgendeiner Art und Weise vergleichbar wären mit den mörderischen und häufig tödlichen Angriffen der Nazis auf Ausländer und Behinderte, auf Schwule und Obdachlose.

Klar. Es ist ja auch ein Unterschied, ob »gute Deutsche«, die leider die falsche Gesinnung haben, von unsereins auf die Fresse kriegen, oder ob »unnütze Ausländer«, die eine »durchrasste Gesellschaft« erzeugen könnten, von deutschen Bürgern mit wenig Haaren auf dem Kopf durch die Straßen gejagt werden. Das war Anfang der 90er Jahre.

Und jetzt? Wir schreiben das Jahr 2000, wenn ich diese Zeilen schreibe, wir schreiben das Jahr 2001, wenn dieses Heft hier erscheint. Und es gibt eine unglaubliche Koalition der guten Bürger gegen die bösen Nazis. Ob SPD oder CDU, ob FDP oder Grüne, ob PDS oder Republikaner – alle in irgendeiner Art und Weise »staatstragenden« Parteien haben sich gegen den Terror der Rechten ausgesprochen, sie fordern zu allem Überfluss auch noch schärfere Gesetze und Einschränkungen des Demonstationsrechtes.

Als ob man so etwas brauchte. Auch bisher war es einfach Mord, wenn man jemand aus einer fahrenden S-Bahn schmiss und er sich dabei alle Knochen brach. Auch bisher war es Mord, wenn jemand ein Haus abfackelte, in dem Menschen schlafen. Nur in Deutschland musste man da irgendwelche Unterschiede machen und ausgerechnet in den brutalen Tätern irgendwelche armen Opfer sehen, die ja – oh, jetzt bitte heulen! – zum Opfer der brutalen Gesellschaft geworden sind.

Schärfere Gesetze nützen nicht den Opfern, sie nutzen nur dem Staat und seinen Schergen. Und der Staat und seine Schergen waren in den letzten zehn Jahren zu oft die Täter. Ganz ehrlich: Ich konnte in den letzten zwölf Monaten nicht so viel kotzen, wie ich es am liebsten getan hätte ...

07 Juli 2015

Teuflische Schädel im Einsatz

Manchmal muss man sich schon über die sinistren Pläne von irgendwelchen Hexern und Dämonen wundern. Da gibt es also einen, der harmlosen Menschen die Köpfe abschlägt. Das kann man nachvollziehen, das kommt auch jeden Tag im Fernsehen und in den Zeitungen.

Dann aber verwandeln sich diese Köpfe. Sie schrumpfen ein, gleichzeitig erwachen sie zu einem unheimlichen Leben. Sie können fliegen, mit welchem Antrieb auch immer, flitzen durch die Gegend und greifen dann andere Leute an. Vorzugsweise verbeißen sie sich dann in deren Körper, um sie so umzubringen.

Aha.

Man muss nicht alles verstehen, was in der Gruselserie »John Sinclair« präsentiert wird. Das merkte ich, als ich das Hörspiel »Die teuflischen Schädel« anhörte. Erschienen ist es als Nummer 17 in der Reihe »Sinclair Classics«; der ursprüngliche Roman kam schon 1974 heraus.

Wie immer gibt es tolle Effekte. Dank der Sprecher und der Regie des Produzenten-Teams ist die Geschichte sehr unterhaltsam und wird rasant erzählt. Der haarsträubende Blödsinn, der als Hintergrund der Story dient, regt zum Kopfschütteln und Lachen an, bringt einen Erwachsenen aber kaum dazu, sich auch nur ansatzweise zu »gruseln«.

Aber kein Gejammer hier: Das ist der trashige Geist der goldenen 70er-Jahre. In jener Zeit feierte der Gruselroman im deutschsprachigen Raum fröhliche Erfolge; von Stephen King und anderen modernen Horror-Autoren war noch lange nichts zu spüren. Mir macht der alte Kram in gedruckter Form ja keinen Spaß, als Hörspiel finde ich es aber echt witzig.

06 Juli 2015

Alter Punk aus der Neuen Welt

Ich weiß, ich weiß: Wenn der Querfunk schon zwanzig Jahre feiert, wäre es angebracht gewesen, in meiner Radiosendung auf dieses Jubiläum hinzuweisen. Und richtig gut wäre es gewesen, hätte ich eine Sendung gemacht, die sich nur auf dieses Jubiläum bezieht.

Aber leider kam ich nicht selbst auf den Gedanken – und deshalb gab es eine vergleichsweise konventionelle Sendung mit alten Punkrock- und Hardcore-Scheiben aus den USA. Aufgrund der Mischung fand ich das dann aber auch schön.

Dass im Studio die Temperatur so hoch und die Luftfeuchtigkeit so treibend war, dass mir das Wasser von der Stirn auf die Platten tropfte, wenn ich mich drüberbeugte, darf hier nicht verschwiegen werden. Ich war nach der Sendung echt triefend nass ...

Mit den Weirdos, mit den Ramones und den Reactors brachte ich Bands, denen man anhörte, dass sie noch den normalen Punkrock spielten. Aber schon die Germs aus Los Angeles spielten eine Vorstufe zu Hardcore, was dann mit Black Flag – ich spielte Stücke ausm Jahr 1980 – einen rabiaten Höhepunkt erreichte.

Channel 3, The Vectors, Rikk Agnew und die Adolescents standen für den Sound aus dem Orange County, der sich in den späten 70er- und ganz frühen 80er-Jahren entwickelte und den ich heute immer noch mag. Und Live-Aufnahmen der Adolescents machen sich am Schluss einer Radiosendung sowieso gut ...

05 Juli 2015

Querfunk feiert, Karlsruhe brodelt

Karlsruhe brodelte an diesem Samstag abend, 4. Juli 2015. Vor Hitze und vor Menschen. Als ich gegen halb elf Uhr abends über den Zirkel radelte, hatten wir noch 32 Grad. Überall waren Trauben von Menschen unterwegs. Sie spazierten zum Schloss, wo die Musik dröhnte, oder zurück in die Innenstadt; überall herrschte eine angenehme Stimmung.

Das traf auch auf das Gelände des AKK zu, das ich ansteuerte. Der Club auf dem Gelände der Universität war früher immer wieder Schauplatz von Punk-Konzerten gewesen; an diesem Abend feierte der Querfunk dort sein Jubiläum.

Der Querfunk ist das freie Radio in der Stadt, es gibt ihn seit zwanzig Jahren, und das musste gefeiert werden. Da ich seit zwanzig Jahren meine Radiosendung betreibe, war es also eine Pflichtveranstaltung, der ich mit viel Unsinnreden und Biertrinken nachkam.

Es spielten sogar zwei Bands. Die erste hatte ich verpasst, die zweite bekam ich mit, ohne den Namen zu kennen. Sie spielte Stoner-Rock: langhaarige Männer auf der Bühne, die einen Bastard aus frühen Led Zeppelin und ebenso frühen Black Sabbath spielen.

Das ist nicht meine Tasse Bier, aber es hatte durchaus was – die meiste Zeit hörte ich mir das Konzert aber von außen an. Im Innern des Konzertraums herrschten saunaartige Bedingungen, das wollte ich mir nicht geben.

Danach kam ein sogenanntes DJ-Battle, das ich allerdings kaum mitbekam. Ich genoss kühles Bier und laberte viel Zeugs, und als ich gegen drei Uhr mein Fahrrad sattelte, war ich nicht mehr ganz so hundertprozentig klar im Kopf. Da immer noch Temperaturen herrschten, die sich wie knapp um die 27 Grad anfühlten, machte das nichts.

Und die Stadt brodelte nach wie vor: Gegen drei Uhr waren noch haufenweise Leute unterwegs, das Laufbier in der Hand und einen verstrahlten Ausdruck im Gesicht ... großartiger Sommerabend!

04 Juli 2015

Als Daily Terror doof waren

Es gab eine Phase, da zählte die Deutschpunk-Band Daily Terror zu den Bands, die man kennen musste. Das war anfangs der 80er-Jahre, da war der Deutschpunk noch neu, und die Band spielte mit ihrem Sound auf der Höhe der Zeit: mal rockig, mal mit einem Offbeat-Rhythmus, mit klaren Texten und schlichten Mitgröl-Rhythmen.

Zehn Jahre später war aus der Rebellion irgendwie eine Attitüde geworden. Die Langspielplatte »Apocalypse« kam 1992 heraus und ist ein schönes Beispiel dafür: angefangen vom Poser-Foto der Band auf der Rückseite über das gelegentliche Gitarrenspiel à la Dire Straits wie in »Andere Zeiten« bis hin zu schlichten Texten.

»Diese Welt ist ein Irrenhaus / und hier ist die Zentrale / doch der Mehrheit ist das schnuppe / sie gafft nur auf Randale.« So rumpelreimt es im Titelstück, in dem ansonsten Bildungspolitik, Aids, Mord und Todschlag in eine völlig undefinierbare Masse gerührt werden.

Der einzige Inhalt, den die Band auf dieser Platte zu bieten hat, ist ein wirres »ich bin halt dagegen«, gepaart mit »ich will saufen«. DBöhse-Onkelz-Songs, die zu der Zeit gerade dazu beitrugen, eine andere Band aus der Vergangenheit in die 90er-Jahre zu bringen.
as war im Zeitalter brennender Asylbewerberheime genauso unpolitisch-politisch wie der schlichte Inhalt der

Daily Terror waren 1992 noch nicht ganz auf ihrem Tiefpunkt angelangt. Die Platte »Apocalypse« belegt aber, warum man anfangs der 90er-Jahre mancherorts dem Deutschpunk eher skeptisch bis ablehnend begegnete ... Ich behalte sie in der Sammlung, als abschreckendes Beispiel quasi, werde mir dann doch aber lieber klassische Stücke der Band wie »Countdown« anhören.

03 Juli 2015

Verlagsrezepte

Aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, wurde ich dieser Tage mal wieder an eine wunderbare Veranstaltung erinnert, die sich vor vielen, vielen Jahren in einem Verlag zutrug. Der Geschäftsführer stand am Tischende, seine Mannschaft saß erwartungsfroh auf den Stühlen; alle warteten, was er zu sagen hatte.

Der Mann beugte sich vor und sagte, er habe herausgefunden, woran der mangelnde Erfolg liege, und er habe vor allem das Rezept für mehr Erfolg. Alle waren gespannt auf das, was nun wohl kommen würde. Auch ich, der ich nur als Gast zugegen war.

Er hob die rechte Hand, den Zeigerfinger ausgestreckt, als dozierte er an der Uni: »Wir müssen einfach mehr Bestseller machen.«

Das war keine Satire. Das war blutiger Ernst. Und ich erkannte, warum ich nie Geschäftsführer werden und immer Redakteur bleiben würde ...

02 Juli 2015

1000 Jahre Cotzraiz

Gesehen habe ich die Band mit dem klassischen Deutschpunknamen Cotzraiz meiner Erinnerung nach nie; dafür habe ich ihre Platten mehrfach gehört. Ich stehe durchaus auf den schrabbeligen und bewusst un-intellektuellen Sound vieler Deutschpunk-Kapellen, weshalb ich die Band aus Nordrhein-Westfalen nicht unsympathisch finde.

Ihre Platte »1000 Jahre« ist zudem sehr gut aufgemacht: Klappcover, Fotos, Texte – das ist alles ordentlich gemacht. Dass die Musik dann eher schlichtes Geschrammel ist, passt zum Konzept. Die Band, die ihren Sound selbst gern als »Cotzrock« bezeichnet, hat nun wirklich nicht vor, auch nur ansatzweise intellektuell zu wirken.

Bei den Texten ist man manchmal pathetisch (»so sollen sie schlagen, unsere Herzen«), manchmal auch platt (»Cotzrocker, Punks und Skinheads«), unterm Strich aber immer klar. Die Band äußert sich selten klar politisch; man weiß aber auch so, wo sie steht.

Seien wir ehrlich: Weder die Band noch die Platte sind so richtig relevant; man verpasst nichts, wenn man sie nicht kennt. Wer aber Deutschpunk mag, wird daran seine Freude haben. Und wer sie live gesehen hat, dürfte sowieso eine andere Ansicht zu der Band haben ...

01 Juli 2015

Reise ins Mutschelland

Dieser Tage beendete ich die Arbeit an der Erzählung »Reise ins Mutschelland«. Diese war ursprünglich in einer Ausgabe meines Fanzines ENPUNKT erschienen, irgendwann in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre. Für mein geplantes Buch mit Punkrock-Erzählungen passte sie ganz hervorragend.

Es geht in der Geschichte darum, dass der Ich-Erzähler mit seinem Kumpel einen Auftrag zu erledigen hat. Sie müssen für ein »Oldie-Rock-Konzert« in einem Möbelhaus die Anlage liefern und aufbauen. Dabei kommt es zu einen seltsamen Begegnungen und vor allem realistischen Beobachtungen – aus Punkrock-Sicht werden Konzertbesucher und Angestellte betrachtet.

Beim Bearbeiten des Textes strich ich große Teile der Einleitung sowie die letzte halbe Seite. In der Mitte führte ich viele Dialoge ein, änderte die Original-Namen der beteiligten Personen und machte den Text tatsächlich einer Erzählung ähnlicher.

Am Ende hatte ich einen Roh-Text von rund 42.000 Anschlägen inklusive der Leerzeichen. Das war ordentlich. Schauen wir mal, was nach der Bearbeitung übrig bleibt, schauen wir vor allem auch mal, ob es der Text überhaupt in das geplante Buch schafft.