»Ist doch ein tolles Ambiente hier?«, lallte die Dame jenseits der 70, die neben mir an der Bar saß und ein schwarzweiß gemustertes Jackett trug. Gegenüber der geschwungenen Bar, an der ich gerade an meinem zweiten Pils nippte, knutschte ein vielleicht 60 Jahre alter Mann mit einer Frau herum, die höchstens 25 Jahre alt war.
Ich kam mir vor wie im Zoo. Ich war im Casino in Baden-Baden. Und das am Samstag abend, 16. Mai.
Wie es mich dahin verschlagen hatte, ist eine Geschichte für sich: Ich wurde gewissermaßen gezwungen, und wenn ich schon hinfuhr, zog ich mir auch einen Anzug an und band mir eine schicke Krawatte übers rote Hemd. Ich sah ziemlich cool aus für einen Schlipsträger, fand ich.
Besser auf jeden Fall als das teilweise schlecht aufgebrezelte Proletenvolk mit erbärmlich mies gebundenen Krawatten, das durch die bonzigen Säle des Spielcasinos schlich. Ich hörte verschiedene Sprachen; nebst deutsch gab es französisch und englisch, türkisch und russisch.
Das Publikum war großartig, das Verhalten der Leute teilweise zum Schreien. Damen in Pelz setzten 500-Euro-Jetons und zuckten nicht mit der Wimper, wenn der Croupier sie nach verlorener Runde einkassierte. Stiernackige Männer in engen Anzügen rauchten Zigarette und schauten wachsam über die grünen Tische. Junge Spieler mit lockerem Mundwerk setzten Zwei- und Fünf-Euro-Jetons im Dutzend.
Und dazwischen wir. Ich spielte nicht; irgendwie interessierte mich das schon vor vier Jahren in Las Vegas keinen Millimeter, und in Baden-Baden noch weniger. Das Bier schmeckte und war mit 3,40 Euro (für ein Drittel ...) nicht so teuer, wie ich geschätzt hatte.
Und für den Eintritt von drei Euro bekam ich einen Einblick in die Subkultur, die ich sonst nie zu Gesicht bekomme. Museumsbesuch inklusive; die Räumlichkeiten mit all dem Stuck und den bombastischen Gemälden haben ihren eigenen Charme.
Hinterher waren wir uns dennoch einig. Lieber mal wieder in die »Alte Hackerei« und dort saufen. Das hat mehr Stil.
1 Kommentar:
Hi Klaus,
das Wort "Zoo" passt so richtig gut. Ich durfte das auch schon erleben - in der Hohensyburg bei Dortmund. Zum Guggen und Lachen prima, aber einmal reicht ;o) In Vegas habe ich genau 3 Dollar "verspielt" und hab mir dann von meinem riesen Rest-Spiel-Budget von 10 Dollar lieber einen Drink gegönnt und beobachtet.
Liebe Grüsse nach Rastatt,
Ute *immernochimInsolvenzstress*
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