Ich kam mit meinem Rad aus einer Grünanlage heraus und fuhr in ein Viertel von Karlsruhe hinein, in dem ich mich nicht auskannte. Wenn mich mein Orientierungssinn aber nicht völlig im Stich gelassen hatte, würde ich auf diese Weise durch Dammerstock hindurch und dann in den Oberwald kommen.
Auf dem Weg, den ich überquerte, kam ein Mann von rechts. Er war ein wenig kleiner als ich, vielleicht einige Jahre jünger – aber sein Gesicht erkannte ich sofort. Es ging ihm wohl ebenso.
Er lachte auf, ich grinste. Beide hoben wir grüßend die Hand, ich rief ihm ein »Hallo, Christian!« zu und flitzte mit meinem Rad weiter. Erst rund hundert Meter später, als ich immer noch mit ordentlich Tempo unterwegs war, wurde mir so einiges bewusst.
Hieß der Mann wirklich Christian? Wir hatten uns in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre kennengelernt. »Kennen« bedeutete in diesem Fall, dass wir uns bei zahlreichen Punk- und Hardcore-Konzerten gesehen hatten, bei winzigen Konzerten im Keller in Nagold oder sonstigen kleinen Konzertorten. Geredet hatten wir nicht so viel miteinander.
Er sah immer noch so aus wie damals. Klar, ein paar Jahre waren vergangen, und hätte ich genau hingesehen, wären mir sicher Falten im Gesicht und graue Haare aufgefallen. Auf die Entfernung und bei der Geschwindigkeit aber – alles war genauso wie damals. Und ich hatte ihn zuletzt vor bestimmt gut einem Dutzend Jahren gesehen.
Auch in Karlsruhe, wie mir in diesem Augenblick einfiel. Entweder war mein Gedächtnis besser, als ich dachte – seit 1986 waren doch schon einige Jährchen vergangen –, oder ich hatte ihn mit einem falschen Namen gegrüßt.
Vielleicht würde ich ihn in einem weiteren Dutzend Jahren wiedertreffen; dann konnte ich das ja überprüfen. Ich nahm mir vor, dann aber auf jeden Fall anzuhalten, um ein Schwätzchen zu halten.
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