Das Fanzine »Wüstenkurier« eröffnete für mich ab 1980 eine buchstäblich neue Welt: Unter der Ägide von Jörg Schukys veröffentlichte in diesem kopierten und zusammengetackerten Heft eine kleine Gruppe von engagierten Leuten ihre Texte, die allesamt in dem Fantasy-Land Esran angesiedelt waren. Sie erzählten von kleinen Stämmen, die in einem wüstenhaften Land angesiedelt sind, von einer Religion, in der ein einziger Gott angebetet wird, von Mythen und Legenden, von Reisen und Kämpfen, von Abenteuern und Gottesträumen.
Das Land wiederum zählte zur sogenannten Magira-Simulation – die Fantasy-Welt Magira wurde von wirklichen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum gewissermaßen gespielt. Ich hatte mir den Namen »Ghazir en Dnormest« gegeben, den ich phantastisch fand und der mit meinem eigenen Namen in gewisser Weise verbunden war. Als solcher war ich ein Esraner und zählte zum Volk der Bekassiden.
Schon 1980 entstanden meine ersten Texte, die in dieser Welt und in diesem Land spielten. Einige wurden im »Wüstenkurier« veröffentlicht, viele warf ich aber weg, weil sie mir zu schlecht erschienen, aus vielen wurden nur Fragmente. Teilweise schrieb ich die Geschichten in der Schule oder im Bus zur Arbeit.
Ich hatte im Sommer 1980 nach der zehnten Klasse das Gymnasium verlassen und einen Lehre als Bürokaufmann angefangen, die ich im Frühjahr 1981 erfolgreich schmiss. Für die Erwachsenen war ich sicher sehr anstrengend: ein sturer Jugendlicher mit verwirrendem Zeugs im Kopf, der am liebsten seltsame Musik hörte und seltsame Heftromane las. Die Fantasy-Welt von Magira und das geheimnisvolle Land Esran fand ich spannender als die bundesrepublikanischen Zustände, die mich 1981 reichlich anwiderten.
Die Ausgabe 15 des Fanzines »Wüstenkurier« präsentierte meine erste »große« Fantasy-Geschichte. Sie hieß »In den Salzstöcken von Bekassan« und erzählte von einem jungen Sheik, der mit einigen Getreuen ein Abenteuer in einem Sandstock erlebt. Ich war irrsinnig stolz auf diese Veröffentlichung im Sommer 1981.
Für das Buch, das ich in diesen Tagen zusammenstelle, griff ich diese Geschichte noch einmal heraus. Ich packte sie in einen neuen Zusammenhang, um sie an meinen heutigen Stil anzupassen – sonst hätte ich sie entweder eins zu eins im damaligen Stil veröffentlichen müssen, der mir mittlerweile doch ein wenig peinlich ist, oder eben komplett neu schreiben. Blättere ich das alte Fanzine heute durch, kann ich den Stolz von damals trotzdem gut nachvollziehen …
1 Kommentar:
Servus, Klaus.
Wie ich gerade lese, hat es Dich auch nach der Zehnten aus der "Heiligen Bildungsstätte" Gymnasium getrieben. Mit der Lehre hatte ich dann allerdings Glück; ich werkle heute noch in dem Metier.
Scheinbar ist es heute mit der Gymnasitis schlimmer geworden, wenn manchen Realschule als Prestigeverlust gilt. Vielleicht sollten Über-Eltern wieder Hermann Hesses "Unterm Rad" lesen - nur um ihre Vorstellungen einmal gründlich zu hinterfragen.
Sorry - ein wenig off topic... :-)
bonté
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