Seit es die Hotline gibt, finde ich sie absurd: Der Bundesverfassungsschutz richtete bekanntlich vor zweieinhalb Jahren eine Telefonnummer ein, bei der sich ausstiegswillige Linksradikale melden konnten. Dann würde man sich um sie kümmern und ihnen dabei helfen, aus der linksradikalen Szene auszusteigen.
Mittlerweile hat auch der dümmste Journalist – und womöglich sogar Politiker – gemerkt, dass diese Sache völliger Unfug ist. Sieht man von einigen Spaßvögeln an, die die Verfassungsschützer eher verarschten, rief praktisch niemand bei der geheimnisvollen Nummer an. Das lässt sich mittlerweile in diversen Medien nachlesen. Kein Wunder: Warum sollte das auch jemand tun?
Ich stellte mir in dieser Zeit immer wieder vor, wie das in der Praxis ablaufen sollte. Wieso sollte ein Autonomer so eine Nummer anrufen? Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte hatte ich gelegentlich Kontakt zu Menschen, die sich im linksradikalen Milieu bewegten, um es vorsichtig zu sagen. Und fast jeder von denen ist längst im bürgerlichen Leben gelandet, geht einer geregelten Tätigkeit nach und zahlt brav seine Steuern.
Das ist etwas, das die Verfassungsschützer offenbar nie kapiert haben: Wer sich in der autonomen Szene bewegt, ist nicht in einem Verein mit Mitgliedsbeitrag und Nichtausstiegsklausel. Er kann einfach nicht mehr hingehen. Er besucht keine Plena mehr, er geht auf keine Demonstrationen mehr, er liest keine Zeitschriften mehr. Und weg ist er – oder natürlich auch sie.
Mag sein, dass das bei »echte« Terroristen anders ist. Bei »normalen« Autonomen und Linksextremisten ist und war es aber so: Wer keinen Bock mehr hat, bleibt einfach weg. Ohne großes Trara, ohne Krimskrams.
Die ganze Sache beweist letztlich nur, wie viele Schlafmützen im sogenannten Verfassungsschutz und den übergeordneten Behörden tätig sind. Rechtsradikale Gewalttäter und Mordbanden werden als Einzeltäter verharmlost, bei sogenannten Linksradikalen glaubt man an klandestine Verbände. Man vermag sich nicht auszudenken, welcher Art von Gedankengängen in den Hirnen dieser Beamten ablaufen ...
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