22 Januar 2013

Brillanter Roman über einen seltsamen Jungen


Was ist das für ein seltsamer Roman? Der Ich-Erzähler hat eine Gedankenwelt, in die man sich erst einfühlen muss; die Kapitel werden nicht nacheinander nummeriert, sondern folgen den Primzahlen von 2 bis 233; enthalten sind Zeichnungen und Skizzen, und der Anhang besteht aus der Erläuterung einer mathematischen Frage.

Dennoch ist dieser Roman brillant, zog mich unweigerlich in seinen Bann – die Rede ist von »Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone«, verfasst von dem englischen Schriftsteller Mark Haddon. Er ist schon einige Jahre im Handel, es gibt ihn in den unterschiedlichsten Varianten; ich las in einem Rutsch die Taschenbuch-Ausgabe durch, die es für kleines Geld im Goldmann-Verlag gibt.

Hauptfigur des Romans ist ein 15 Jahre alter Junge namens Christopher. Er ist Autist, gleichzeitig super-intelligent. Aus seinen Augen betrachtet er die Welt, und diese ist für ihn sowohl fremdartig als auch gefährlich. Mit Gefühlsregungen kann er ebensowenig anfangen wie mit Metaphern oder Wortspielen; er versteht sie entweder gar nicht oder völlig falsch.

Als in der Nachbarschaft ein Hund getötet wird, beschließt er, den Mörder zu jagen. Dabei kommt er aber nicht nur dem Täter auf die Spur, sondern auch dem Geheimnis um seine angeblich tote Mutter. Zuletzt beginnt der Junge, der sein Leben zwischen Ängsten und strengen Regeln eingerichtet hat, eine mutige Reise in das ferne London: ohne Plan, ohne Geld und ohne jegliche Menschenkenntnis.

»Supergute Tage« ist kein Jugendroman, auch wenn der Held ein Jugendlicher ist. Selbstverständlich kann der Roman von Jugendlichen verstanden werden, darum geht's nicht, aber er richtet sich eigentlich nicht an ein junges Publikum. Ganz im Gegenteil: Der Autor nimmt den autistischen Jugendlichen und hält ihn den erwachsenen Lesern wie einen Spiegel vor.

Das ist manchmal witzig, oftmals dramatisch, gelegentlich todtraurig und immer wieder spannend. Das Buch wurde seit seinem ersten Erscheinen von praktisch allen Kritikern sowie vielen Schriftstellern gelobt, und diesem Lob möchte ich mich anschließen.

Der Roman kann nicht zu einem Genre gezählt werden, obwohl er Krimi-Elemente aufweist. Wer ungewöhnliche Literatur schätzt, wird ihn lieben. Absolut empfehlenswert, sehr eigenständig und sehr unterhaltsam!

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