Seit Monaten hält das Gejammer hierzulande an: Zeitschriften und Zeitungen sind kein lukratives Geschäft mehr, sie werden derzeit eher eingestellt, Journalisten werden entlassen. Als Grund wird immer wieder angegeben, dass die heutigen Mediennutzer ihre Informationen vor allem über das Internet erhalten und deshalb nicht bereit sind, für Zeitungen irgendwelches Geld auszugeben.
Das mag ja alles sein, ich glaube es allerdings nicht. Vielleicht muss man hierzulande mal wieder klarmachen, welchen Nutzen eine Zeitung haben kann. Nicht nur zum Einwickeln von frisch gekauften Blumen auf dem Wochenmarkt ... nein, sondern zu einer bewussten Entschleunigung von sowieso viel zu stressigen Tagesabläufen.
In Belgien hat eine Agentur einen hübschen Werbespot entworfen, der das Thema Zeitungssterben ironisch aufgreift. Das Newspaperswork, eine Art Marketing-Plattform für die belgischen Zeitungsverlage, hat die Agentur Dubal Guillaume beauftragt, einen Spot für die Zeitungskultur zu entwerfen. Die Agentur hat einen guten Namen, von den Leuten stammt das göttliche »Push To Add Drama«, das ich aller Welt empfehlen möchte.
Bei dem aktuellen Spot unter dem Titel »6 things you can miss while reading a newspaper« wurden drei Werbekunden von großen Firmen in ein Auto gesetzt, das durch die Gegend fuhr. Die Leute lasen eifrig die kostenlos ausliegende Zeitung und vergaßen dabei ganz die Welt um sich herum. Das ist witzig gemacht und bringt einen »Aha«-Effekt mit sich: Hat man eine gute Zeitung vor sich, liest man auch Dinge, die einen vielleicht gar nicht interessieren würden, und ignoriert einen Indianerhäuptling.
Ich kann das gut verstehen: Komme ich abends von der Arbeit heim, gehört es fast zum Ritual, irgendwann mit der Zeitung im Sessel herumzulungern und einen schönen Artikel zu lesen. Gern eine Reportage zu einem abseitigen Thema, gerne mal eine Glosse oder auch die Leserbriefe. Aktuelle News interessieren mich nicht, die bekomme ich über Twitter schneller vermittelt – aber wo kann ich in aller Ruhe schmökern und mich informieren lassen.
Ich hoffe, dass es auch weiterhin Qualitätszeitungen gibt, die ich lesen kann; mir würde sonst etwas fehlen. Ob und wie man das heutige Zeitungssystem nötigenfalls durch staatliche Subvention erhalten muss, ist eine andere Frage – die sollte ich vielleicht mal separat diskutieren ...
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