Unter einem buschigen Schnauzbart erkannte ich dicke Lippen; das Gesicht des Taxifahrers sah aus wie eine Mischung aus Günter Grass und einer gestrandeten Seekuh. Immerhin waren seine Sätze verständlicher als die des SS-Nobelpreisträgers, und er benutzte korrekteres Deutsch als irgendwelche Tiere, die am Meer vor sich hin blöken.
»Wissen Sie«, schnodderte er mich an. »Man muß in Deutschland nicht alles mitmachen, man kann auch in kleinen Dingen seinen Widerstand leisten.«
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und machte mich auf das übliche Gesabbel gefaßt. Manchmal ist mir das Radioprogramm lieber als ein schwätzender Taxifahrer, aber an manchen Tagen kann man einfach nicht alles haben.
Wie ich es gewohnt war, schnallte ich mich an. Der Fahrer grinste. »Sie machen's genau«, greinte er. »Immer schön an die Vorschriften halten.« Er griff in das Seitenfach seiner Tür. »Aber an die Regeln muß man sich ja immer halten, vor allem dann, wenn die Kiste hier die ganze Zeit piept.«
Aus dem Seitenfach zog er das abgeschnittene Schließteil eines Sicherheitsgurtes. Er wuchtete es über seinen Wanst und steckte es in das Gurtschloß; hörbar rastete es ein.
»Man muß in kleinen Teilen Widerstand leisten«, betonte er. »Und ich leiste Widerstand gegen die lästige Gurtpflicht, die ich hasse.« Dann startete er den Wagen.
1 Kommentar:
Geil! Mir passiert sowas nie. Sämtliche Taxifahrer, mit denen ich es jemals zu tun hatte, waren so stinknormal, wie nur was. OK, außer der eine in Berlin, der mir den Stadtplan in die Hand drückte, bevor er im Geschwindigkeitsrausch plus Desorientierung sämtliche seiner Passagiere fast tötete.
Oder war das jetzt ein Kürzest-Prosa-Experiment Deinserseits?
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