02 Dezember 2005

Assis, Hippies, Touris

Haight-Ashbury ... in den 60er Jahren das Zentrum der Hippie-Bewegung. Heute das Zentrum der unabhaengigen Schallplattenlaeden. Also fuhr ich hin.

Mit der Buslinie 71 ging es durch unaufhoerlichen Nieselregen aus dem Financial District in die ehemalige Hippie-Hochburg. Der Bus war voll mit schraegen Leuten: Obdachlose, die vor sich hinstanken und einen erbarmungswuerdigen Eindruck hinterliessen, eine unglaublich bunt geschminkte Frau, die sich total aufgestylt hatte, deren Hosen aber zu lang waren und so unten voellig verdreckt wirkten, ein Mann, der angestrengt Soduku-Raetsel loeste, ohne eine Miene zu verziehen, eine alte Frau mit drei Einkaufstueten, die unaufhoerlich vor sich hinbrabbelte - in diesem Bus sah ich mehr als man in einem durchschnittlichen deutschen Unterhaltungsspielfilm zu Gesicht kriegt.

Und: Es war alles in allem ganz schoen verasselt. Ich kann verstehen, dass es Leute in dieser Stadt gibt, die die Busse meiden.

In Haight-Ashbury hausen heute wirklich noch die Hippies. Ich futterte in einem Laden, der sich "The People's Caffee" nannte und extrem oekomaeesig wirkte; auf der Strasse waren wirklich seltsame Menschen in noch seltsameren Klamotten unterwegs, und zwischen all den bunten Haeusern gab es allerlei an spirituellen Moeglichkeiten, Organic Food und anderem Kram.

Soviel zu den Hippies.

Nachdem ich bei Amoeba Records schaetzungsweise 30 bis 40 Punkrock-Singles gekauft hatte, fuhr ich mit derselben Bahn zurueck. Es goss wieder in Stroemen, also nahm ich das Cable Car, das quer ueber den Huegel zur Hafenanlage fuhr, wo ich eine Tour buchen wollte.

Jetzt hatte ich es mit Touristen zu tun. Eine blonde Frau, die angestrengt im Reisefuehrer las und einen Poncho mit dem Aufdruck "Expo 2000 Hannover" trug, schmallippig und Typ deutsche Studienraetin. Haufenweise Japaner, die mit dem Blitzlicht in die Nacht fotografierten.

Aber cool war es trotzdem. Die Cable Cars machen Spass, vor allem, wenn die Fahrer noch ihre zusaetzlichen Witze reissen. Nach zwei Dritteln stieg der Fahrer aus, der Beifahrer verankerte die Karre, und dann meinte der Fahrer: "Wenn jemand von Ihnen will, kann er ja weiterfahren, ich gehe jetzt heim." Er verschwand irgendwo in der Taylor Street.

Natuerlich kam der Ersatzfahrer bald. Aber schraeg war das Gefuehl trotzdem, in so einem Cable Car am Hang zu haengen, hinter sich den Hafen, vor sich den Russian Hill.

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