Die Krimis von Robert B. Parker schätze ich, aber ich lese sie nicht in der »richtigen Reihenfolge«. So kam ich erst dieser Tage zum dritten Band der Reihe um den Polizisten Jesse Stone. Vordergründig handelt es sich um einen Mordfall, in dem die Polizei ermittelt; die persönlichen Angelegenheiten des Helden nehmen aber einen großen Raum ein.
Jesse Stone ist nämlich Alkoholiker. Er hat seinen Suff einigermaßen unter Kontrolle, leidet dazu aber auch darunter, dass er immer noch seine Ex-Frau liebt. Die beiden sind geschieden, treffen sich aber immer wieder – und diese Treffen werfen ihn oft aus der Bahn. Wie soll er unter solchen Bedingungen herausfinden, wer ein junges Mädchen ermordet hat, dessen Leiche man aus einem See gefischt hat?
Die Leiche liegt schon lange im See, weshalb die Polizei einige Tage benötigt, um sie zu identifizieren. Als klar wird, um wen es sich handelt, stellt Stone zu seiner Überraschung fest, dass die mutmaßlichen Eltern behaupten, keine Tochter mit dem genannten Namen zu haben. Nach einiger Zeit wird klar, dass das Mädchen noch zur Schule ging, aber einen sehr lockeren Lebenswandel hatte – offenbar spielt auch ein wenig Prostitution eine wichtige Rolle. Spätestens da wird ein Polizist wie Stone besonders neugierig …
Bei den »Jesse Stone«-Krimis führte Parker immer wieder die »Nebenbei-Aspekte« ins Zentrum des Geschehens. Die Gespräche des Polizisten mit seiner ehemaligen Frau und seine Versuche, nicht zu viel Alkohol zu trinken, haben stets mit dem Fall zu tun. Sie beeinflussen ihn mal negativ, mal positiv, sie helfen dabei mit, den Charakter des Polizisten stärker auszubilden. Ich empfang die »menschelnden« Szenen deshalb nie als Unterbrechung des Krimis oder gar als Nebenhandlung, sondern stets als zentrales Element.
»Die Tote in Paradise« ist ein typischer Parker-Roman: lakonische Dialoge, knappe Beschreibungen, wenig Action, die dann aber zutreffend. Der Einblick in die Polizeiarbeit wirkt auf mich glaubhaft, die Figuren sind stimmig, ob sie nun auf der guten oder auf der schlechten Seite stehen. Jesse Stone als zäher und zielstrebiger Ermittler funktioniert für mich auch in diesem Krimi.
Man kann den Roman lesen, ohne einen der anderen Bände aus dieser Reihe zu kennen. Ich lese die Reihe ja auch durcheinander. Aber sicher wäre es besser, sich alle »Jesse Stone«-Krimis in der richtigen Reihenfolge vorzunehmen.
3 Kommentare:
Man sollte sich möglicherweise auch den Genuss der Verfilmungen mit Tom Selleck in der Hauptrolle des Jesse Stone gönnen. Er ist die perfekte Besetzung für diese Rolle, und die Filme strahlen mit ihm und mit den durchgängig glänzend besetzten Nebenrollen genau das aus, was die Romane erfolgreich vermitteln (und was du, Klaus, hier einmal mehr sehr treffend beschrieben hast).
Ich sah einmal – beim Herumzappen, was ich sonst nie mache – einen Ausschnitt aus einem der Jesse-Stone-Filme. Da fand ich Tom Selleck richtig gut, die Szene fand ich auch überzeugend. Ich muss das doch mal genauer recherchieren ... danke für den Hinweis!
Wer kein Problem mit englischen Texten hat, dem seien auch die neuen Bände der Reihe empfohlen, die in den USA nach Parkers Tod von anderen Autoren verfasst wurden und werden. Sie sind schon etwas anders, aber (überwiegend; den Brandman kann man sich schenken) auf ähnlichem Niveau. Und sie machen Freude.
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