Ich hörte das Geschrei schon, als ich das Paar noch nicht sehen konnte. Mit meinem Rad fuhr ich durch die Grünanlagen von Daxlanden und Grünwinkel zurück in die Weststadt. Und wer da brüllte, war eindeutig eine Frau – sie benutzte badischen Dialekt, den ich an dieser Stelle ins Deutsche übertrage.
»Du lügst mich die ganze Zeit an!«, schrie sie. »Und dann sagst du immer, du hilfst mir, und dann sitze ich wieder allein im Dreck.«
»Wo lüge ich dich an?«, brüllte ein Mann im gleichen Dialekt zurück. »Ich bin doch immer anständig zu dir.«
Ich bog um eine Kurve, und dann sah ich die beiden. Sie saßen auf einer Parkbank, romantisch im Grünen, während der leichte Nieselregen auf uns herunterfiel. Beide waren höchstens dreißig Jahre alt; sie hatte einen hellblonden Pferdeschwanz, er einen modisch-akkuraten Kurzhaarschnitt. Beide hielten Bierflaschen in der Hand, beide hatten gerötete Gesichter und fuchtelten mit der freien Hand durch die Luft.
Sie beachteten mich nicht, was mir recht war. »Du bist so krank, das tut mir echt weh, und du merkst es nicht mal selbst!«, schrie sie voller Wut, während ich an ihnen vorüberfuhr.
Seine Antwort hörte ich noch, dann bog ich um eine weitere Kurve, und das Rauschen der Alb links von mir wurde lauter. »Wer von uns beiden ist denn krank? Du bist besoffen, das ist alles!«
Ich schüttelte den Kopf und machte, dass ich schneller vorankam. Und ich machte mir eines klar: Als ich jung war, sahen Leute, die sich am hellichten Tag in einem Park besoffen und dann Streit bekamen, immer älter aus als ich; grauhaarige Männer und Frauen mit dicken Wänsten und dem Geruch nach altem Schnaps und billigen Zigaretten.
»So wird man älter«, knurrte ich. »Schon die Trunkenbolde sind nur noch halb so alt wie ich.«
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